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8- Wochenblatt und Anzeiger .2 Neueste Nachrichten Bezirks- und General-Anzeiger Erscheint Dienstags, Donnerstags und Sonnabends abends. Bezugspreis: monatlich -zo pfg., zweimonatlich so Psg., vierteljährlich I,2o Mark. O Einzelne Nummer w pfg. W S Annahme von Anzeigen bis spätestens, Mittags (2 Uhr des Erscheinungstages. Preis für die Spaltzeile io Pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach besonderem Tarif. Bei Wiederholungen Preisermäßigung.^ 8 A M wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel". „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag non Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Okrilla. No. 95. Freitag, den 7. August 1908. 7. Jahrgang. Bekanntmachung. Dir am 1. dieses Monats fällig gewesene VW" Grundsteuer auf 2. Termin 1908 "WU ist zur Vermeidung des Beitreibungsverfohrens bis längstens den 12. August d. I. an die hiesige Ortsstniereinnahme (Gemeindeamt, Kaste) abzuführen. Otttznäork-Aloritiräork, den 5. Äugust 1908. — Der Gemeindrvorstand. Leppelinr LuttschM vernichtet. Noch am Mittwoch früh ein glänzender Renner der Lüste, ein Wunder der Technik und des Erfindergeistes, überall von brausendem Zobel empfangen auf der Fahrt, wie man sie noch vor kurzer Zeit für unmöglich gehalten hätte, ein Bahnbrecher im Kampfe um die Herrschaft über das weite Luftmeer, zu den schönsten Hoffnungen be echtigend für die Zukunft. Und Nachmittag ein elendes Wrack, ein Haufen weltloser Trümmer, vernichtet von den Kräften des Elementes, da? er soeben noch meisterte. Wahrlich, ein tragisches Schicksal, dost das Luft- ichiff des Grasen Z ppelin getroffen hat, um Io tragischer, als Gelingen und Mißlingen sich in einer so kurzen Spanne Zeit abspielen, als der höchste Triumph und das klägliche Ende so nahe beieinander lagen. Die Nachtfahrt, die Graf Zeppelin non Mainz aus Dienstag abend um 11 Uhr anvat Und die ihn nach Friedrichshafen zurückbringen sollte, verlief bis kurz hinter Stuttgart dnrckauS glücklich. Um l Uhr 45 Min. nachts passierte btt Ballon Mannheim, dann verließ Graf Zeppelin das Rheintal und wandte sich land einwärts. Kurz hinter Stuttgart, über das der Ballon um 6 Uhr 20 Min. früh dahinflog, »folgte dann die zweite Landung. Graf Zeppelin landete kurz vor 8 Uhr wegen Motor- desekts bei Echterdingen auf freien Felde. Echterdingen liegt etwa 10 Kilometer südlich von Stuttgart. Dos flache Gelände von Echterdingen erschien den Grafen zur Landung besonder» geeignet. Der Motordefekt wird durch Monteur« der Daimlerschen Werke beleitigt. die ib Automobilen und mit den nötigen Werkzeugen versehen zu der Landungsstelle gefahren sind. Kurz vor 3 Uhr ereignete sich die Katastrophe, i>K im Verlaus von Sekunden das stolze W rk vernichtete. Das Luftschiff des Grafen Zeppelin ist 5 Minuten vor 3 Uhr durch Explonon des Ballons vollständig zerstö t worden. Das Luft schiff wurde erst vom Sturme nach rechts ge lrieben und in die Höhe gerissen. Da-n sinke sich der vordere Teil und aleichzeilig schlugen die Flammen empor. Gleichzeitig hob sich nun der Ballon auch an der andern Seite, Und im Nu stand das Lustschiff in Flammen Zn wenigen Sekunden war das Zerstörungs- v>erk vollend-t. Einer der Monteure der am Hintern Motor saß wurde schwer verletzt, ^raf Zeppelin, dem die Unglücksbotschaft als bald zuging, eilte vollständig gebrochen nach bir Unglücksstelle. Ueber den Brand des Zeppelinschen Luft schiffes wird noch folgendes gemeldet. Es »hob sich plötzlich ein starker Windstoß von Westen, der den Ballon von der Seite faßte und nach Südosten gegen Bärenhausen zu trieb, ^ie Soldaten, je 30 Monn an j-der Gondel, Uthen auf Kommando, nachdem sie acht Meter Mit in tue Höhe geiisten woiden waren, los Und der Ballon flog über die Ebene, etwa KOO Meter weit fort. Der vordere Teil senk Nffolge Gasverlustes tief und blieb an einigen ^bstbaum n hängen, die zum Teil umger.st n Kurden Der Ballon drehte sich infolge dessen vus die Vorderseite, die von den Bäumen los- geriffen wurde und schlug aus den Boden auf. Ein Monteur, der sich in der Hinteren Gondel ^i dem defekten Motor befand, eilte durch den ^ng nach der vorderen Gondel, um den dort befindlichen Motor in Betrieb zu setzen, und sv das Luftschiff in di« Gewalt zu bekommen, ^urch den Anstoß der Vorderseite wurde das Luftschiff in Brand gesetzt und in wenigen Sekunden war die Hülle völlig zerstört. Ein Monteur wurde schwer, ein Soldat leicht v-r- etzt. Von dem stolzen Werke d s Grasen Zeppelin ist nunmehr nur noch ein schwaches, rauchendes Gewirr von Rippen übria. Nachdem Gras Zeppelin von der Unglücksstätte in sein Standquartier zurückgekehrt war, begab er sich durch die spalierbitdende, schweigende Menge, sichtlich niedergedrückt, in sein Zimmer, be gleitet von seinem Oberingenieur Dürr. Da die versammelte Menge nach dem Grafen verlangte, ließ er sich nach einiger Zeit bewegen, wieder herunterzukommen, ur.d hier hielt ein Herr eine Ansprache, invem er dem Grafen das Mitgefühl ausdrückte für das Unglück, das ihn betroffen hat Er sprach die Hoffnung aus, daß bald der „Zeppelin Nr- 5" wieder steigen werde und forderte zu einer sofortigen Sammlung auf. Der Graf erwiderte, das würde wohl nicht nötig sein. Das Reich würde ihm zweifellos an die Hand gehen. Er freue sich aufrichtig, über die reichen Svmpathien und werde mit frischem Mute an das neue Werk geben Tann kehrte er auf sein Zimmer zurück. Als ihm eine Dame auf dem Wege abermals Mut zusproch, sagte er: „Deswegen fällt einem der Mut noch nicht in die Hosen tasche!" Es ist ein tragisches Geschick, daß während des Brandes Zeppelin in seinem Zimmer ein Telegramm an seine Tochter aufgab, in dem er ihr Mitteilung von der glücklich verlaufenen Fahrt machte. Von Mannheim bis Echterdingen war das Luftschiff größtenteils nur mit einem Motor gefahren und es war beabsichtigt, morgen früh wieder aufzusteigen. Graf Zeppelin Hal um 5 Uhr Echterdingen wieder verlaffen Die Zahl der Verwundetem steht noch nicht fest. Oertliches und Sächsisches. Gttendorf-Gkrilla, den 6. August zyos. 8. R. L. Cafes und Obstweinstuben in den Dörfern. Daß es in den größeren und lecher auch kleineren Städten unseres Landes infolge einer allzu großen Nachsicht der Be hörden eine ganze Anzahl von Weinstuben, Cafes und Obstweinstuben, mit „flotter, chiker, freundlicher" usw. Bedienung gibt, in denen fick unerfahrene und leichtsinnige, meist jüngere Männer nicht nur ihr Geld aus der Tasche locken, sondern auch ihre Seele vergiften lassen und oft den »Grund zu schwerer, leiblicher Erkrankung legen, ist bekannt genug. Häufig liest man in den Berichien über Gerichts verhandlungen, daß lediglich zu dem Behufe gestohlen, unterschlagen und betrogen wurde, daß das Geld in solchen Lokalen verpraßt werde. Seil einigen Jahren sucht man nun aber auch in gewissenloser Weise solche Cases auf das flache Land zu verpflanzen. Zuerst wiro die Konzession um Kaffeeschank nachgesucht und spat.r die Erlaubnis, sogenannte alkoholfreie G tränke und Obstweine zu verschenken. Eine Kellnerin wird nicht angestellt, aber eine V rkäuferin und diese ist, in 9 unter 10 Fäll n vorher Kellnerin gewesen und nimmt später wieder Stellen als Kellnerin an. Nur der Name ist geändert, die Sache ist dieselbe. Sol man ruhig zusehen, wie die Sünden und Lüste, die Krankheiten und Laster der Städte in die Kreise de, Landbewohner getragen werden? ES ist mehr als einmal bebaktet worden, wie anständige Leute, die in Unkenntnis der Sach lage in einem Dorfe in ein solches Cafe ge raten waren, infolge von Flegelelen und Zoten der halbwüchsigen Gäste und der „Verkäuferin" öimlich gezwungen waren, es schleunigst wieder u verlaffen. Wenn Völlerei und Unzucht, Nachtleben und Entnervung nicht in unserer zum Glück noch gesunden Landbevölkerung verbreitet werden soll, ist es, wie die „Sächs. Ev. Korr." schreibt, Aufgabe der Behörden, umal der Bezirksausschüsse, derartige Konzessionen unerbittlich zu verweigern, und Aufgabe der Polizeibehörden. Gendarmerie und Gemeindevorstände, dort, .wo solche Lokale schon existieren, sie auf dos schärfste zu beobachten und bei der ersten Gelegenheit unnachfichtlich einzugreifen. Manches Unglück, mancher Fehltritt kann dadurch verhütet werden. —* Die Tageslänge nimmt im August schon wieder um eine Stunde 45 Minuten ab. Die Abende werden also merklich länger und so dürfte es angebracht sein, die Hausbesitzer an ihre gesetzliche Pflicht der Beleuchtung von Fluren und Treppen zu erinnern, da sie bei etwaigen Unglücksfällen infolge mangelhafter oder unterlassener Beleuchtung haftpflichtig sind und zu hohen Entschädigungen herangezogen werden können. —* Unsere Verbündeten im Kampfe gegen die Nonnen Nicht nur aus den Reihen rer Menschen erwachsen dem verhaßten Schädling unserer Wälder todbringende Feinde, auch unter den gefiederten Waldbewohnern und in der Jnsektenwelt finden wir bei aufmerksamer Beobachtung manchen wackeren Bundesgenossen, der uns vielleicht zum Siege verhelfen könnte. Da ist zunächst der Kuckuck, der freilich ein so seltner Gast wird, daß er kaum mit in Betracht kommt. Der Eichelhäher ist als Nesträuber nicht gut angeschrieben bei den Forstleuten, er stellt aber in Nonnen-Jahren recht wacker seinen Mann. Ebenso der Pirol. Weiter sind die zahlreichen Finken, sogar die Sperlinge, mehr noch der Ziegenmelker, und vor allem unsere brave Schwalbe ganz vortreffliche Hiifs- truppen! Auf das Heer der Fink n, Schwalben und der sonst vielgeschmähien Spatzen wäre also schon zu rechnen in diesem gewaltigen Vernichtungskriege. Befände,s nützlich ist aber unsere zierliche Meise, weil diese auch den Winter hindurch in unseren Gegenden bleibt und auf das Wichtigste, die Eier der Nonne, so eifrig in den Spalten der Rinde fahndet, wo die Brut in sogenannten Spiegeln, Eier- Häufchen von 30 bis 50 Stück, beisammen liegt. Auch in der Jnsektenwelt begegnen der Nonne, besonders der Raupe und dec Puppe, beutegierige Feinde in Menge. Die Raupen fliege und die Schlupfwespen gehen allem schädlichen Volk in grausamster Weise zu Leibe. Die Raupenfliege bereitet den Raupen der Nonne ebenso wie die krumme Schlupf- oder Sichelwespe durch das Einbohren ihrer Eier den Tod. Leider sind sie keine Bewohner des Nadelwaldes, sie bedürfen der Laubbäume. Daher schlug man an Stelle der niedergeholzten Nadelwaldung vielfach gemischten Bestand vor. Der Weichkäfer, schwarz mit rotgelben Flecken, zerbeißt den Raupen der Nonne den Kopf. Der grünlich glänzende Goldlaufkäfer und der schönblaue Puppenräuber machen als wahre Mordgesellrn der verpuppten Nonne handwerks mäßig den Gargus. Die wunderlich seitwäcts- sch, eilende kleine Krabbenspinne, ein rötlichgelbes Tierchen von 7 Millimeter Länge, greift die Puppe mit scharfen Zangen an. Ganz seltsam muß uns der harmlose Flechtenspinner oder Bärspmner erscheinen. Dieser Schmetterling lebt in normalen Jahren nur von den Flechten der Baumrinde. Seine borstige Raupe vertilgt aber in Nonnenjahren auch die Puppen des gefährlichen Ungeziefers. —* Die diesjährige Honigernte ist im ganzen bester als die im vorigen Jahre ausgefallen. Wenn sie auch strichweise, wo keine Feldtracht war, zu wünschen übrig ließ, so ist sic doch in anderen Gegenden meist gut, zum Teil recht gut gewesen. Besonders waren es alle Arten von Obstblütten, Rap«, Hedrich Kornblumen Klee, Akazien, die die Stöcke füllten. Die Linden taten weniger ihre Schuldigkeit, da sie in der langen Dürre blühten und der Nektar ihrer Blüten an heißen Tagen stets rasch ein. trocknete. So kehrten die Bienen aus der Lindenblüte meistens nur leicht heim, Das Aroma des Honigs wurde durch die hohen Wärmegrade während der Trachtzeit sehr be günstigt; namentlich ist der Lindenhonig in diesem Sommer auffallend schön. —* Gewarnt sei vor verschiedenen Gift pflanzen, die jetzt wieder zur Reif- kommen. Vor allem sind es die Beeren des Nachtschattens, vor denen man die Kind r zu hüten hat. Der Nachtschatten ist auf Schutthaufen, in Gärten und an Wegen zu finden, er sieht dem Kartoffelkraut sehr ähnlich und seine Beeren, deren Genuß den Tod herbeisübren, sehen wie Heidelbeeren aus. Auch die Herbstzeitlose ist giftig, ebenso enthalten die Buten des Oleanders ein starkes Gift, und ferner sei vor Pilsenkraut, Stechapfel, Tollkirsche Fingerhut, geflecktem uno Wasserschierling, sowie der Hunds- petsrslie gewarnt. —* Die Heilsarmee ist in Sachsen an manchen Orten so rücksichtslos aufgelreten, daß nicht selten der Schutz der Behörden zur Ein schränkung ihrer Agitation hat erbeten werden müssen. So hat sich die Heilsarmee mehrfach der Schuljugend bedient, um ihre Schriften zu verkaufen und noch nicht konfirmierte Mädchen oder kaum der Schule entwachsene Mädchen müssen des Nachts in Gastwirtschaften für die Heilsarmee tätig sein. Dies hat dazu geführt, daß in einigen Orten Sachsens unmündigen Kindern ohne Begleitung Erwachsener das Betreten von Gastwirtschaften in den Nacht stunden untersagt wird. In anderen Orten haben sich die Gastwirte und Saalinhaber zusammengetan und beschlossen, den männlichen und weiblichen Mitgliedern der Heilsarmee das Betreten ihrer Lokale, wohl in der Haupt sache wegen deren Agitation für die Abstinenz- bewegung zu verbieten. Es sind hierzu Plakate mit entsprechender Aufschrift gedruckt worden, die an den Eingängen zu den Lokalen auf gehängt werden sollen. Königsbrück. Aus dem Gefechtsschießplatz bei Königsbrück wird vom 10. bis 15. August das 1. Bataillon des 3. Infanterie-Regiments Nr. 102 täglich von 7 Uhr Vorm, bis halb 3 Uhr Nachm. Schießen in größeren Abteilungen abhalten. Neugersdorf. An der elektrischen Hoch spannleitung waren zwei Arbeiter mit Reparaturen beschäftigt. Plötzlich hörte man einen der beidm laut um Hilfe rufen und sah, wie er mit den Händen an den Leitungs drähten sesthing. Sofort wurde die Zentrale telephonisch von dem Vorfälle in Kenntnis gesetzt. Es dauerte eine ganz geraume Zeit, ehe der Strom von der Station Neusalza aus abgestellt worden war. Nun erst konnte man den Unglücklichen aus seiner schrecklichen Lage befreien. Er kam mit schweren Verbrennungen an den Händen davon; der zweite Arbeiter wurde nur gering verletzt. Ebersbach. Unzählige tote Fische konnte man in diesen Tagen im Dorfbach vom Kretscham abwärts beobachten. In verwerflicher, leichtsinniger Weise war von Arbeitern Kalk- waster in einen Graben geschüttet worden, welches dann in den Bach gelangte und die Ursache des großen Fischsterbens war. Der Kalk ist jedenfalls nicht in mutwilliger Weise in dm Graben gelangt. Radeberg. Ein Hochstabler ist am Montag durch die Aufmerksamkeit der Polizei fest- g-nommen worden. Er nannte sich Dr. Rebling aus Wien, hatte sich in einem hiesigen Hotel einlogiert und ging in elegantem Reit kostüm umher. Als die Polizei auf ihn aufmerksam wurde entpuppte er sich als ein simpler Rebling aus Zittau. Seine eleganten Reitkostüme hatte er in Dresden entliehen. Er wurde verhaftet.