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6 PAPIER-ZEITUNG. NO. 1. *e Fig. 1. ist als allegorische Gruppe für ein landwirthschaftliches Fest gedacht. Ein thronender fürstlicher Genius breitet schützend seinen Mantel über Weib und Kind eines herantretenden Landmanns. Das schräg eingefügte Wappen mit dem sagenhaften Pelikan, der mit dem eigenen Blute seine Jungen nährt, deutet auf selbstlose Hilfsbereitschaft. Fig. 2 ist eine übermüthige Karnevals Vignette in Form einer Kopfleiste. Ein knabenhafter Harlekin tanzt auf einem kreisförmig gelegten Bandstreifen, auf welchem die Anfangstakte eines lustigen Musikstückes stehen. Im Hintergründe erscheint ein Korb mit Cham pagnerflaschen, deren eine soeben »explodirt«. Schon an diesen beiden Beispielen lässt sich erkennen, dass Wüst ein ausgezeichneter Künstler und ein eben so guter Feder zeichen-Techniker ist. So elegant, sauber und reizvoll, wie diese herausgegriffenen Bildchen, sind auch die übrigen Kompositionen der Mappe. Besonders bemerkenswerth ist der aristokratische Zug, der in diesen Kompositionen zum Ausdruck kommt, jene eigenthüm- liehe Vornehmheit der Darstellungsweise, wie sie z. B. auch Doepier und Thumann zu Gebote steht, vielen andern tüchtigen Künstlern aber versagt ist. Lithographen und graphische Zeichner finden in dem prächtigen Werk ein sehr werth volles Studien- und Vorbilder-Material. proben der verschiedenen lithographischen Verfahren, sowie eine Tafel mit den Abbildungen zweier Druckpressen angehängt. Ein Vorwort Cotta’s leitet das Werk ein. Der Erfinder der Lithographie selbst stand dem Buche fern; er war bei Abfassung desselben nicht betheiligt und gab erst acht Jahre später sein grosses, 370 Quartseiten um fassendes Lehrbuch heraus. Diese seltsame Erscheinung bedarf einer kurzen Erklärung: Der Erfinder der Steindruckerei, Alois Senefelder, ursprünglich Schauspieler und von Haus aus unbemittelt, beschäftigte sich mit der Schriftstellerei, und der Gedanke, seine Geisteserzeugnisse selbst zu drucken, führte ihn zur Erfindung der Lithographie. Seine ersten Versuche machte er mit Kupferplatten, auf welche er Schrift zu ätzen versuchte. Der hohe Preis der Kupferplatten und seine nicht dazu stimmenden Geldmittel veranlassten ihn, zu seinen Schreib übungen auf Aetzgrund Steinplatten zu verwenden. Da spielte der Zufall die grosse Rolle, welche im Erfinderleben so oft bedeutungsvoll geworden ist. Zunächst fügte er es, dass Senefelder zu seinen Ver suchen gerade diejenige Steinart gewählt hatte, welche zum litho graphischen Verfahren fast einzig geeignet ist: den Solnhofener Schiefer. Sodann gab er Anstoss, dass Senefelder ein Verfahren ent deckte, welches zwar noch keine Lithographie im heutigen Sinne des Wortes war, dennoch aber ein Hochätzverfahren, welches Notendruck vom Stein in ziemlich sauberer Ausführung gestattete. Dieses Hochätzverfahren entdeckte er im Jahre 1796, wendete von Fig. 2. an das älteste aller über den Steindruck erschienenen von mannigfaltigem Interesse sein. älteste Lehrbuch erschien im Jahre 1810 im Verlag der Buchhandlung, die damals noch in Tübingen ihren Sitz ist nicht vom Erfinder der Lithographie selbst verfasst, Erinnerung Lehrbücher Dieses Cotta’schen hatte. Es sondern von einem Kaufmann Heinr. Rapp in Stuttgart, welcher sich der Lithographie aus Liebhaberei in seinen Freistunden gewidmet hatte. Es führt den Titel: »Das Geheimniss des Steindruckes in seinem ganzen Umfange praktisch und ohne Rückhalt nach eigenen Erfahrungen beschrieben von einem Liebhaber.« Dem 83 Seiten starken Quartbuche sind 11 Tafeln mit Druck ¬ einige Proben der vignettenartigen Kompositionen zu geben, welchen die Mappe auf 24 Tafeln etwa 54 enthält. Figurale Kompositionen. von Ferd. Wüst. In Nr. 97, Seite 2645 wiesen wir bereits auf die unter obigem Titel im Verlage von Josef Heim in Wien erschienene interessante Veröffentlichung des Meisters Wüst hin. Heut sind wir in der Lage, Das älteste Lehrbuch der Steindruckerei. Die Steindruckerei steht noch kein Jahrhundert im Dienste der Menschheit. Trotzdem hat sie bereits ungeheure Verbreitung und vielseitige Anwendung gefunden und ist nächst dem Buchdruck der wichtigste Zweig der vervielfältigenden Künste geworden. In Deutsch land sind über 1300 Steindruckereien vorhanden, in denen nahezu 9000 Druckpressen in Betrieb sind. Dazu kommen noch eine Anzahl Pressen, welche vereinzelt im Dienste der Behörden, der Blechver arbeitungs-Geschäfte, Kartonnagenfabriken und anderer Zweige stehen. Ist es uns nicht vergönnt, die Erfindungsgeschichte der Buch druckerei bis an ihre Uranfänge sicher zu verfolgen, so ist das mit ihrer Schwesterkunst, der Steindruckerei, anders. Hier hat uns der Erfinder haarklein selbst die Erfindungsgeschichte erzählt; schon in früher Zeit erschienen Lehrbücher, und besonders diese zeigen uns durch beigegebene Lithographieen die Anfänge der jetzt erstaunlich vervollkommneten Steindruckerkunst. Diese alten Lehrbücher schmelzen, wie dies mit Büchern nun einmal der Fall ist, immer mehr zusammen, gehen auf diese oder jene Weise zu Grunde und sind schon jetzt zu Seltenheiten geworden. Daher dürfte eine kurze Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme; Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Fig. 1-