Volltext Seite (XML)
MsdmfferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmaunschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen ,MI-drnffrr Tageblatt' ettcheint tSgllch nachm. S Uhr für den folgenden Tag. Ve,ng«prrto. - >»» GcjchäftrftkSe »nd den Auagabeftellen 2 Mk. im Manat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mb., bei für Dürgerlum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die »gesoattrn« «anmzeilc 2V Loldpsennig, die llgespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Dold- bie3 gespnUencRebiam-ieNe im textlichen Teile 100 GoldPsennig. Nachw-isungsgedLdr 2V Goldpfennige. Bor- LL'n'achM^ZL Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 -nnadmebisoorm.louhr —— — Für di- Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. IederRabaNanspruch erlischt, wenn derBetrag durch «läge eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs geriit. Anzeigen nehmen alle Dermittlungsstellcn entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, s2 .Wilsdruffer Tageblatt- erscheint täglich »achnu 5 Uhr für den folgende« Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in . . _ " ' ' , . . . Postbestellung b »^.SVÄanL Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Eger UN» «efchästsftellen — nehmen zu jeder Zeit Be« HoLunger ent^ge». Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder fonftiger Betriebsstörungen besteht Kei» Anspruch auf Lieferung d" »er Zeitung oder Kürzung »es Bezugspreises. — ALcksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wen» Porto beiliegt. Nr. 1. — 84 Jahrgang Telcgr.-Ndr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag den 1 Januar 1925 Jahresbeginn. Betrachtungen zum 1. Januar 1925. Man Hane geglaubt, datz dieses Mal zu Neujahr ver Rückblick aus das vergangene Jahr ein etwas trostreicherer sein würde, hat es noch geglaubt vor ein paar Monaten, als das Verhältnis zwischen uns und dem Auslands ein besseres geworden zu sein schien, als wir das vernom men hatten, was die Führer der beiden größten europäi schen Staaten, Englands und Frankreichs, in Genf der Welt gesagt hatten. Der Welt, die noch immer die Fol gen des Weltkrieges nicht überstanden hat. Der Welt vor allem, die mühselig und beladen unter den schweren Lasten dahinächzt, die den Unterlegenen das Machtgebot der Sieger auferlegt hat. Waren auch die Lasten nicht leicht, eher schwerer geworden, so hatte es doch den Anschein, als ob endlich das brutale Machtverhältnis zwischen Siegern und Unterlegenen, das Diktieren mit dem Bajonett, all die unzähligen Taten ein Ende gesunden hätten, deren Be rechtigung lediglich aus der Macht hergeleilet war. Kurz, man hatte geglaubt, daß der Wille zur Verständigung zwischen den Völkern, die sich Jahre hindurch aus blu tiger Wahlstatt gegenübergestanden haben, sich doch endlich unter dem Zwang der Verhältnisse hervorwagen und emporblühen würde. Die Deutschen haben die Hoss- unng auf das Entstehen eines Verständigungswillens zu einer wirklichen Besserung unseres Daseins nicht aufge- geben, obwohl auf der Gegenseite der Verständigungswille sich zu Taten kaum verdichtet hatte. Diese Hoffnung hat nun wieder vorläufig getrogen, und die zarten Keime, die hervorgesprossen waren, sind ge- fährdet worden durch die Weigerung der Entente, die Ver pflichtungen selbst des Versailler Vertrages zu erfüllen. Immer und immer wieder haben wir gerade die Räumung der K ö! ner Zone als den Prüfstein für die Absicht der Entente betrachtet, endlich einmal unter jene Machtpolitik einen Schlußstrich zu ziehen, die Worte, die man in Gens gesprochen hatte über den Frieden der Versöhnung und das Zusammenarbeiten der Völler untereinander, zu Taten «erden zu lasten. Aber nicht einmal das, was uns Deutsche im Laufe -er letzten zwei Jahre innerlich hätte zusammenschnneden sollen, was durch die Schicksalsschläge der letzten Wochen noch fester, zäher hätte werden mästen, nämlich der Wille, als Ration zusammenzustehen gegen das, was an Uder- grifsen und Verbrechen vom Ausland über uns herab rollt, — diese Einhri 1, sie ist auch jetzt noch nicht da. Der zweimalige Wahlkampf des Jahres Hai das gezelgt. Här ter und schärfer vielmehr, eckiger und kantiger sind die Gegensätze in unserem Volke geworden, und man sieht kaum einen Hoffnungsschimmer, wie das anders werden soll. Ganz ungewiß ist unsere politische Zukunft nach draußen wie nach drinnen; und in dieser Zett, die nicht nur äußer lich, sondern vielleicht auch innerlich eine Wende in unse rem Schicksal bedeutet, wissen wir nicht einmal, wie sich dle verantwortliche Regierung gestalten soll, die unser Fühlen als Nation zujammenjaßt und nach außen und innen ver tritt. Darum ist das diesmalige Neujahr nicht hoffnungs reicher als die frühere Zeit. Gewiß hat es den Anschein, als ob es uns wirtschaftlich besser gehl, aber wenn wir daran denken, was wir an schweren Lasten wirtschaft licher und finanzieller Art schon für das nächste Jahr über nommen haben, so hängt das alles wie eine schwere graue Wolke am Himmel unserer Zukunst, und diese Wolke ist drohender geworden, bat sich höher hlnausgeschoben an diesem Himmel durch den eisigen Wind von London und Varis her. Unendlich schwer ist der Cchicksalsgang des deutschen Volles. Doch eins gibt unS die tröstliche Gewißheit, daß Deutschland leben wird, auch wenn wir sterben müssen, und das ist der Rückblick auf das Furchtbare der vergangenen zehn Jahre, durch das wir uns trotz unsüg- ltcher Mühsale hlndurchgerungen haben. Viele Wunden haben wir dabei erhalten, doch immer blieb uns die Kraft zum Weiterkämpsen und Weiterarbeiten. Sei es kne Groß tat der Z e p p e l i n f a h r t oder das viele andere, was von deutschem Geiste im letzten Jahre ersonnen wurde, sei es der innere wirtschaftliche Wiederaufbau nach der Sturm flut der Inflation des vorhergegangenen Jahres, — all dres stützt unsere Hoffnung, daß der Geist des deutschen Volkes noch die Fackel seiner Weiterentwicklung fest m Händen hält. Entartung. Eine Laienpredigt bei Jahresbeginn. Gewiß, vieles ist besser geworden in Deutschland, seil Der große Zusammenbruch im November 1018 ein Chaos auslöste. Aber immer noch ist der Sumpf nicht ausge- trocknet, steigen aus ihm Blasen empor und platzen mii üblem Duft. Äußerlich, nämlich in unserem Geldwesen, sind wir saniert, langsam vermag sich unsere Wirtschaft aus den Folgen der Inflation wieder herauszuarbeiten. — aber weite Strecken des Geistes unseres Volkes müsse)» «och trockengelegt und verbessert werden. Solch eine üble Blase, und zwar eine ganz besonders große mit dementsprechenden Gestank, ist die Angelegen heit Kutisker — Preußische Staatsbank. Besser gesagt: es sind eine ganze Reihe von Blasen, die hier emporgestiegen und geplatzt sind. Der 1819 als armer Tischler aus Litauen eingewanderte Zeitgenosse gewann Einfluß bei dem Institut, von dem man immer geglaubt hatte, daß in ihm nur alte Ehrlichkeit und Sachlichkeit herrsche. Jetzt kommt es heraus, daß mit Kutisker zu sammen ein wirklicher Direktor der Staatsbank eine Reise nach Paris machte und dabei einen andern Mann ähnlich Kutisker, Herrn Holzmann, mitnahm. Aus die Geschäfts reise natürlich, deren Spesen von der Staatsbank ge tragen werden. Und daß sie dabei natürlich auch ihre Stenothpistinnen mit auf die Reise nach Varis nahmen. Mir wandern eilig durch die Zett, wu suchen Stück und finden Leid. Ve» Tages kurze Stunden rollen wie bunte Kugeln rasch vorbei und ihre Spur ist bald verweht. Wir wühlen in der Erde Schollen nach dunklem Stein und stumpfem Slet, wen« Sonnengold am Simmel steht. Wir hasten um ein Stückchen Naum und seh n der Blumen Karbe kaum. Minuten dünken uns verloren, wo wir nicht gierten nach Gewinn, doch flüchtig huscht das Lahr dahin. Ein neues wird uns jetzt geboren: ^Wohlan, wohlan, nun kommt dos Glück! Wer wendet wohl den Blick zurück? Wir wandern suchend durch die Zeih tmr wandern in die Ewigkeit. In deiner Seele tiefem Bronnen, do liegt das Glück und harret dein, das dir von je bereitet war. And schöpfst du dort, so wird's gewonnen, erbebe es und pfleg« sein — das walte dieses neue Jahr! U was allen Teilen wohl sehr angenehm, sem preußische» Steuerzahler aber wohl weniger erfreulich sein mag. * Entartung ist das, eine Blase in vem großen Schieber- sumpf, den Deutschland Jahre hindurch darstellte. Leider hat mancher diesen Sumpf als grüne Wiese angesehen und gar nicht bemerkt, wie die Düfte dieses Sumpfes uns allen den Sinn trübten ,den ruhigen, objektiven Blick ver schleierten. Vorzuwerfen haben wir uns alle nicht viel, namentlich die vom Parteigeist gebauten Glashäuser stehen recht zahlreich in Deutschland herum, so -daß das Lteinewerfen auf den anderen oder auf die andere Partei eine recht gefährliche Sache ist. Links wie rechts und in der Mitte gibt es, wie der Studentenwitz sagt, Exempla von Beispielen. Und für den Wissenden ist es oarum Gegenstand ungetrübter Heiterkeit, wenn man die andere Partei als einen Abgrund von Schlechtigkeit hin stellt, weil sich ein mehr oder weniger bedeutendes Mit glied von ihr als übel enthüllte. Wir wandeln schon längst ans Pfaden, die das Zerrbild wirklicher, ernsthafter Meinungsauseinandersetzung sind! Das alles kann man weder verstehen, noch verzeihen. Auf allen Seiten wird va gesündigt und nur ein Beispiel soll angeführt werden. Es wurde kürzlich ein Vergleich gewagt zwischen zwei „Massenmördern-, nämlich zwischen Haarmann und Hindenburg. * Das ist parteipolitische Entartung, der auf anderer Seite ähnliche gegenübersteht, gegen die sich der gesunde Sinn des deutschen Volkes doch zur Wehr fetzen soll und muß — abgesehen natürlich von den Leuten, die ein par teipolitisches Brett von erheblicher Stärke vor dem Kopf haben. Übrigens haben — man mißverstehe das nicht — der Fall Haarmann und jetzt wieder der des schlesischen Menschenfressers ihre unfreiwillig bessernde Er kenntnis: wenn so etwas inmitten unseres Volkes passieren kann, so muß uns vielleicht doch „vor unserer Gottähn lichkeil- bange werden. Dann stellt sich die Auflehnung gegen die so ost laut hinausposaunte „Forderung- ein. Daß das Sichausleben des Daseins letzter Zweck sei. Denn schließlich haben sich Haarmann und Denke auch bloß „auSgelebt-, hemmungslos, triebhaft. Vielleicht stellt sich die Besinnung ein, daß die Organisation des Volkes, der Staat, nicht bloß eine Nachtwächterrolle zu spielen, sondern vorbeugende Pflichten auszuüben hat. Und daß wir alle Glieder dieses Staates mW ihm verantwortlich sind als einer über dem einzelnen stehenden Idee. Das Trübste an dem Fall Haarmann ist die Art seiner Opfer: die Jugendlichen und Halbstarken, die ohne väterliche Zucht und schließlich in bewußter Auflehnung gegen diese Zncht ausgewachsen sind. Ist unsere Jugend entartet oder sind die Opfer Haarmanns nur Ausnahmen? Hier wird uns erst recht in unserer Gottähnlichkeii bange, wenn wir an die Zukunft denken. * Aber es ist doch, und das ist der Trost dabei, vieles bester geworden. Besser geworden, weil große Teile der Jugend selbst es merkten, wie sie mit Riesenschritten auf dem Wege der Entartung einhereilten, blöden Schlag worten nachjagend und nach Irrlichtern, die über dem Sumpfe tanzten, mit gierigen Händen greifend. Gewiß, vieles ist besser geworden und darunter das Wichtigste: das Empfinden in unserem Volke diesen politischen, sozialen, sittlichen Entartungen gegenüber hat sich znrnckge- fnndcn, ist gewachsen. Und das gibt uns Hoffnung, be gründete Hoffnung für die Zukunft. -e— AersMIgW Ver die MWssmgMe. Paris, 31. Dezember. Havas veröffentlicht folgendes ! Londoner Telegramm: Der diplomatische Meinungsaustausch über die Vorbereitungen der Note an Deutschland über die Räumung Kölns hat gestern nachmittag, also viel früher, als angenommen werden konnte, zu einer Verständigung geführt. Die englische Regierung hat den in Paris ausgearbeiteten Ent wurf der Note zurückgeschickt, ohne nennenswerte Aenderungen daran vorzunehmen. Das Ergebnis entspricht allen Erwarlun- ! gen. Die Gründe für die Nichlräumung am 10. Januar s nd z folgende: I. Erbringung des Nachweises durch die Verbündeten, i daß Deutschland seine militärischen Verpflichtungen nicht erfüllt i hat; 2. Deutschland ist außerstande, sie bis zum 10. Januar zu erfüllen; 3. Deutschland hat seine Verpflichtungen bisher in un- gem'igendem Maße erfüllt; 4. Die Verbündeten mästen den Schlußbericht der Kontrollkommission abwarten, um festzusttllen, was von Deutschland künftig erwartet werden kann. Es unter- l'egt keinem Zweifel, daß, wenn Deutschland seinen militärischen Verpflichtungen nachkommt, es für sich den 8 429 in Anspruch nehmen kann. Die Botschafterkonferenz wird also bereits mor gen eine Entscheidung über die Wftndung der Note an Deutsch land fasten können. Alle Pariser Pressemeldungen, die sich aus ' eine zweite Note beziehen, die nach Erhalt des Schiußber'Ms der Kontrollkommission abgeschickt werden soll, sind als verfrüht s zu betrachten. Die Beratungen über den Entwurf noch nickt beendet. Eigener Fernlprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 31. Dezember. Der Meinungsaustausch de» Alliierten über die Note, die Deutschland vor dem 10. Januar zugchrn soll, ist nach den hier vorliegenden Meldungen noch nicht abgeschlossen. In Brüssel hat sich gestern ein Ministerrat mit dem Entwurf der Note beschäftigt. Die Botschafterkonferenz wird auf jeden Fall am Mittwoch vormittags 11 Uhr zur Prüfung des Notenentwurfes zusammentreten. Man glaubt, daß voraussicht lich die Note aber noch n'cht sofort an Deutschland äbgesandt werden wird, da wahrsclMnlich neue Aenderuugen in dem Text notwendig sein werden. In hief'gen Kreisen bestätigt man die engl sche Meinung, wonach es sich um eine provisorische Note handle, der in kurzer Zeit eine neue Note folgen werde. Hoesch b i Herriot. Eigener Fernsprechdiensl des „Wilsdruffer Tageblattes". Parks, 31. Dezember. Der deutsche Botschafter v. Hoesch hatte gestern nachmittags 4 Uhr mit dem Ministerpräsidenten Herriot in besten Krankenz'mmer eine Unterredung, die eine Stunde dauerte. Die Besprechung halte das Problem der Räu mung der ersten Rheinlandzone zum Gegenstand.