Suche löschen...
Ottendorfer Zeitung : 29.12.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-12-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190712292
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19071229
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19071229
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-12
- Tag 1907-12-29
-
Monat
1907-12
-
Jahr
1907
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 29.12.1907
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
politische Auncilcbrm. Deutschland. "Kaiser Wilhelm hat eine Verfügung erlassen, in der er auf die Notwendigkeit hin weist, der Marine-Literatur mehr Pflege ange deihen zu lassen. Besonders soll dabei die aus ländische Literatur berücksichtigt werden. "Der Entwurf der neuen Bestimmungen über die Sonntagsruhe im Handels gewerbe ist den verbündeten Regierungen zugegangen. "Die Ergänzung zur Gewerbe ordnung, die jetzt dem Reichstag zuge gangen ist, ist durch folgende Änderungen be merkenswert. Es wird 'zunächst eine Umge staltung des Lohnbuches in ein Abrech nungsbuch vorgeschlagen. Weiter ist zu be merken, daß der Besuch einer Fortbildungs schule auch für weibliche Handlungsgehilfen und Lehrlinge unter 18 Jahren zur Pflicht ge macht werden soll, über die Auszahlung des Gehaltes, bezüglich des Lohnes, sowie der Kündigungsverhältnisse strebt der Entwurf eine möglichst gleichmäßige Gestaltung der Rechts verhältnisse bei den Handlungsgehilfen einerseits, sowie bei den Technikern und Werkmeistern anderseits an. Zur Regelung der Arbeitszeit soll zur Durchführung der Berner Konvention sür Arbeiterinnen die elfstündige ununterbrochene Nachtruhe eingesührt und die elfstündige Höchstarbeitszeit auf zehn Stunden herabgesetzt werden. Von Wichtigkeit ist auch für dis Anwendung der Schutzbestimmungen, daß sür die Frage, ob ein Fabrikbetrieb vor liege oder nicht, lediglich die Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeiter als Maßstab dienen soll. Für die Dauer der täglichen Arbeitszeit für Arbeiterinnen über 16 Jahre wird zwar der zehnstündige Arbeits tag als erstrebenswert bezeichnet, es wird zu gleich betont, daß eine Übergangszeit nötig sei, um die Industrie vor Schaden zu bewahren. Jedenfalls aber soll eine elfstündige tägliche und eine sechzigstündige wöchentliche nicht überschritten werden. "Wie verlautet, bat der Staatsanwalt auf Ersuchen des Fürsten PhilippEulenburg gegen Maximilian Harden und seinen Verteidiger Justizrat Bernstein ein Verfahren wegen Beleidigung eingsleitet. *Der Hamburger Senat fordert sür drei neue großartige Hafenanlagen 5V- Millionen Mark, die durch eine Anleihe aufgebracht werden sollen. Ofterreich-Nugarn. "Der ungarische Ministerpräsident Wekerle hat mit der Waffe in der Hand seinen Zwist mit Polo nyi ausgesochten und nach un blutigem Verlaufe des Zweikamvfes volle Ge nugtuung erhalten. Bei dem Säbelduell erhielt Polonyi einen Flachhieb; danach übergab ec seinen Säbel einem Sekundanten, trat vor Wekerle hin und bat ihn um Verzeihung. Wekerle reichte Polonyi die Hand, worauf die Gegner sich versöhnten. Frankreich. 00- Wie aus Paris gemeldet wird, ist die Einrichtung einer deutschen Handels kammer in der Hauptstadt der Republik von der französischen Regierung noch nicht ge nehmigt. Wie es heißt, soll der deutsche Ge sandte in Paris Fürst Radolin darauf hinge wiesen haben, daß in Berlin die Errichtung einer ausländischen Handelskammer auch nicht gestattet sei. Die französische Regierung wird demnach kaum dieser Einrichtung ihre Zustimmung er teilen, wenn sie auf Gegenseitigkeit nicht rechnen kann. "Auf Vorschlag des Kolonialministers be schloß der Ministerrat die Einleitung einer Untersuchung über den Verbleib ver mißter Aktenstücke, die sich mit dem Ergebnis einer von der Zeitung ,Mann' aus gerüsteten Expedition nach dem Innern Afrikas befassen. * Die Deputiertenkammer stimmte mit 354 gegen 177 Stimmen sür das Gesetz über den! Heim fall der Kirchen güt er an den Staat. England. "Wie aus London gemeldet wird, soll bei der Admiralität die Absicht bestehen, im nächsten Jahre im Stillen Ozean eine gewal tige Flotte zu stationieren, deren Stütz punkt stch an der kanadischen Westküste befinden soll. Falls fich das Gerücht bewahrheitet, so würde diese Maßregel eine völlige Verschiebung des Machtverhältnisses auf dem Stillen Ozean im Gefolge haben. > "Konter-Admiral Scott hielt in London eine Rede, in der er auf die kürzlich erfolgte Änderung der Verteilung der Flotte zu sprechen kam. Er meinte, die Standorte der verschiedenen Geschwader und einzelnen Geschwaderschiffe würden nicht länger feste sein, sondern sich nach der politischen Lage ändern. * Der Prozeß Harden, dem man in Deutschland diesmal nicht soviel Aufmerksamkeit schenkt wie beim erstenmal, erregt in England das gleiche Interesse wie die Verhandlung vor dem Schöffengericht. Die Zeitungen veröffent lichen lange Darstellungen über die Vorgänge im Gerichtssaal. Man lobt Harden für die Selbstüberwindung, die er an den Tag legte, indem er vom Krankenbett aufstand, um sich seinen Richtern zu stellen. Holland. "Die ZweiteKammer verwarf mit 53 gegen 38 Stimmen das Krieg 8 budget des neuen Kriegsministers van Rappard. Da durch ist aufs neue eine Ministerkrise ausgebrochen. Die letzte Ministerkrisis, die durch die Ablehnung des Kriegsbudgets in der Ersten Kammer bedingt war, hatte nach mehr als zweimonatiger Dauer im Avril d. ihren Abschluß damit gefunden, daß der Kriegs- Minister Staal zurücktrat, während in der Zu sammensetzung des liberalen Kabinetts im übrigen nichts geändert wurde. ittuMand. * Die Angeklagten im Prozeß Stössel, wegen Übergabe Port Arthurs, sehen dem Ausgange der Verhandlung vor dem obersten Militärgericht mit großer Zuver sicht entgegen. Nach Ansicht der Angeklagten war die Kapitulation Port Arthurs unaufhalt bar, die Soldaten leisteten übermenschliches. Die größte Schuld treffe die Flotte, ohne die eine weitere Verteidigung unmöglich ge wesen sei. Als General Nogi in Port Arthur einzog, hatte er ausgerufen: „Wehe meinem Kriegsryhm, daß eine so schlechte Festung unserseits so viel Opfer und Zeit verlangte!" Afrika. * Dem endgültigen Frieden in Marokko scheinen nach den letzten Meldungen keine ernst- basten Hindern'ffe mehr entgegenzustehen. Die Unruhen in Fez sind durch Vermittelung des Gouverneurs beigelegt. Auch sollen die Verhandlungen zwischen dem Sultan Abd ul Aziz und seinem Bruder Muley Hafid, der ibm den Thron streitig machen wollte, einen günstigen Verlauf versprechen. Asien. * DieVerhältnisse in Persien find immer noch recht ungewisse. Das neue Kabinett, das im Einvernehmen zwischen Schah und Parlament gebildet wurde, könnte unter fried lichen Verhältnissen wohl über die Krisis hin weghelfen. Nun erhebt aber die Volsver- tretung bestimmte Forderungen, besonders die Regelung der Thronfrage. Hierüber wird nur schwer eine Einigung herbeizuführen sein, da die beiden nördlichen Grenzprovinzen sich entschieden weigern, Mohammed Ali als Schah anzuerkennen. persischen schreibt der ,Rb.': Mohammed Ali, der gegen wärtige Schah von Persien, war nie ein sonderlicher Freund der Verfassung, die sein Vater Muzaffer-eddin dem Volke gegeben. Ruf Grund dieser Verfassung, die dem im September 1906 einberufenen persischen Parla ment zuging, und von dem früheren Gesandten in Brüssel, Sad-eddauleh, teilweise nach belgi schem Muster, ausqearbeitet war, soll das Parlament u. a. das Recht haben, über die Abschließung von Anleihen zu bestimmen, ferner übt es die oberste Aufsicht über die Staatskasse aus, und gibt das Parlament dem Ministerium ein Mißtrauensvotum, soll sich der Schah fügen und ein neues Ministerium nehmen. Nach dem Wahlgesetz, das Muzaffer-eddin Ende August 1906 ausgestellt hatte, besteht das persische Parlament — Medschüs — aus zwei Kammern, dem Senat und der Deputiertenkammer. Von den 60 Mitgliedern des Senats werden 30 vom Schah, 30 vom Volk gewählt. Die Zahl der Deputierten beträgt 162. Muzaffer-eddin, der die Verfassung am 31. Dezember 1906 unter schrieben hatte, starb bereits am 8. Januar 1907. Schon damals hatten Kenner der Verhältnisse in Perfien die Vermutung ausgedrückt, daß der neue Schah versuchen würde, die freie Ver fassung aufzuheben, und diese Vermutung erwies sich auch als richtig. Mohammed Ali hatte ebenfalls seinen Namen unter die Verfassung gesetzt, aber als Herrscher suchte er sofort >em Senat und der Deputiertenkammer zu mponieren. Indessen sah er sich doch bald durch die Verhältnisse gezwungen, den Eid auf die Verfassung abzulegen, und die Deputiertenkammer begann unter Leitung ihres neuen Präsidenten, des früheren Gesandten in Berlin, Mahmud Chan, ihre Arbeiten. Hierbei entfalteten die persischen Medschlismitglieder eifrige Gesetzgebungsarbeit. Sie führten eine Menge Reformen ein, dekretierten die Aufhebung des Budgetunterschusses, wenn auch nur auf dem Papier. Indessen blieben die Verhältnisse in Persien fortfahrend unruhig. Die Türken benutzten die Gelegenheit, um ihrer Meinung nach umstrittenes Grenzgebiet zu besetzen und verschiedene politische Morde kamen vor. Am 31. August ermordete man den Premier minister, als er das Parlament verließ, der neue Ministerchef fand keine Gnade beim Parlament, und zwischen diesem und dem Schab kam es zu einem scharfen Konflikt. Daß der Schah gern vom Parlament und von der Verfassung befreit sein möchte, darüber konnte kaum ein Zweifel bestehen; aber ein zielbewußter Herrscher ist Mohammed Ali jeden falls nicht. Am 5. November ernannte er den englandfreundlichen Nassir El-Mylk zum Mi nisterpräsidenten, der sich am nächsten Tage dem Parlament vorstellte, wo er eine lange Ermahnungsrede über die wahren konstitutio nellen Grundsätze anhörte. Am 12. November fuhr der Schah in großem Aufzuge zum Parlament und gelobte wieder, die Verfassung aufrechtzuerhalten. Damit halte er sich abermals vor dem Parlament gebeugt, aber die jüngsten Vorgänge in Teheran zeigten, daß er nur auf eine Gelegenheit wartet, dis Verfassung auf zuheben. Mit dem englischen Dazwischentreten ist die Stellung des Parlaments und seiner Anhänger wieder gestärkt worden, indessen liegt es noch im Dunkeln, wie sich die persischen Verhältnisse weiter entwickeln. Gefahren von politischer Tragweite werden indessen kaum ent stehen, da die neue russisch-englische Überein kunft hier ein willkommenes Feld zur Be tätigung findet, und in der Tat wird auch von London gemeldet, daß die englische und die russische Regierung zusammenarbeiten, um zur „Beruhigung der Lage" beizutragen. Von I^ak uncl fern. Die Taufe des jüngsten Hohenzollern- sohnes, des zweiten am 9. November d. geborenen Sohnes des deutschen Kronprinzen paares, das Sakrament der heiligen Taufe emp fangen hat und die Vornamen Louis Ferdinand Viktor Eduard Adalbert Michael Hubertus erhielt, vollzog sich am 21. d. im trauten Heim des glücklichen Elternpaares, dem prächtigen Marmor palais am Heiligen See in Potsdam. Es war eine kleine und glänzende Schar von Fürstlich keiten und Würdenträgern, die sich dort um den Tauialtar versammelt hatte, war es doch der Wunsch der hohen Eltern und des Großeltern paares, kurz vor dem Weihnachtsfest die Taufe in möglichst engem Familienkreis zu begehen. Als Paten traten zum Täufling der Kaiser, die Kaiserin, ferner das Großherzogspaar von Mecklenburg-Schwerin, die Großherzogin Marie von Mecklenburg-Schwerin, die Prinzessin Eitel- Friedrich von Preußen, die Prinzen Adalbert und August Wilhelm von Preußen, Prinzessin Emanuel zu Salm-Salm, Oberst Frhr. von Richthofen, der Kommandeur des Regiments der Gardedukorps, Botschaftsrat Graf de Salis als der Vertreter des Königs von England und der Prinzessin Viktoria von England, Prinz Ferdinand von Bayern als Vertreter des Königs von Spanien, Prinz Ludwig von Bayern als Vertreter des Prinz-Regenten, und Gesandter Graf v. Berkheim für den Prinzen Max von Baden. Weiter hatten noch die Kaiserin-Mutter, von Rußland, Großfürst Michael von Rußland, die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen und die Gräfin Sophie zu Tönning-Jettenbach eine Patenstelle bei dem kleinen Prinzen über nommen. OSkar Laffar Universitätsprofessor Dr. med. Oskar Laffar ist in seiner Wohnung zu Berlin, Tiergartenstr. 10, an den Folgen einer Blutvergiftung in fast vollendetem 59. Lebens jahre aus dem Leben geschieden. Ein an Ar beit und Mühen, Erfolgen und Ehren über reiches Leben, ein Leben voll Güte und Menschen liebe hat mit dem Tode Oskar Laffars ein Ende gefunden. Wohl selten ist es einem Menschen vergönnt gewesen, als Arzt und als Mensch ein so ausgedehntes Feld erfolgreicher Tätigkeit zu finden wie ihm. Er war aber auch ein außergewöhnlicher Mensch; mit großer wissenschaftlicher Begabung, die er im Dienste der Menschheit zu nuüen verstand, verband er ein bewundernswertes Verständnis sür das soziale Leben der Gegenwart. Er wußte wie kaum ein andrer aus seinem Beruf das zu machen, was die Ideale desselben darstell!: ein guter Arzt und ein guter Mensch zu sein, ein wahrer Freund der leidenden Mit menschen, opferwillig bis zur Generosität im edelsten Sinne. Mnstirri eines Wsengerüstes auf der Berliner Stadtvahn. Bei der Auswechse lung der Stadt- und Ringbahnbrücken über den Humboldthafen ereignete sich ein Betriebsunfall, der eine vorübergehende Verkehrsstörung zur Folge hatte. Beim Niederlassen des neuen Oberbaues riß ein Drahtseil. Der Oberbau stürzte infolgedessen auf die östliche Seite herab. Personen wurden glücklicherweise nicht verletzt. In der Morgenfrühe wurde der Vorsicht wegen zunächst ein Ferngleis gesperrt, so daß die Fernzüge zwischen Bahnhof Friedrichstraße und Zoologischer Garten eingleisig verkehren mußten. Gin Student von einem Schutzmann erschossen. Ein Vorfall, der überall großes Aufsehen erregen wird, hat sich in der Nacht in München abgespielt. Der 25 jährige Student der Chemie Friedrich Moschel aus Lambsheim griff in der Trunkenheit auf dem Heimweg von einer Weihnachtsfeier einen von zwei ihn zur Ruhe verweisenden Schutzleuten tätlich an, würgte ihn und wurde von ihm durch einen Revolverschuß in die Stirne getötet. Der be zechte Student hatte dem Schutzmann den Helm vom Kopse geschlagen, den Mantel zer rissen und um sich gebissen. Während der Rauferei mit dem Studenten war dem Schutz mann der Säbel nach hinten gerutscht, so daß er sich der wütenden Angriffe des Betrunkenen nicht mehr erwehren tonnte und in ter Auf regung zum Revolver griff. Die Leiche des Studenten wurde in das pathologische Institut gebracht. Die aus den Wirtshäusern herbei eilende Menge nahm eine gefährliche Haltung gegen die Schutzleute an, es ist jedoch zu keinen weiteren Exzessen gekommen. — Wie die.Münch. N. Nachr/ auf Grund von Aus sagen von Augenzeugen mitteilen, bestand sür den Schutzmann kein zwingender Grund, von seinem Revolver Gebrauch zu machen, da der Student unbewaffnet war und die Schutzleute zu zweien waren und auf einen Angriff der Studenten vorbereitet gewesen sind. Anderseits wird über den Studenten ausgesagt, daß er einen gewaltäiigen Charakter hatte und so z. B. im Rausche einmal eine brennende Lampe zum Fenster hinausgeworfen hatte. O In goläenen betten. 2) Roman von F. Tut au. >F°rNe?»ng.) Ein berückendes Bild stieg vor den Augen des jungen Oifisiers auf. Er saß am Flügel, das einzige kostbare Besitztum, das er sein Eigentum nannte und wozu ihm ein kleiner Lotteriegewinn einst verholfen. In der Fenster nische des trauten Gemachs aber, wo Blumen j dufteten, da lehnte sein junges schönes Weib, dem er alle seine Lieblings lieber vorsang. Vielleicht trug er nicht mehr des Königs Rock, vielleicht warf Frau Sorge schon ihre § Schatten auf das endlich erreichte Glück, es sollte ihn alles nicht kümmern, wenn er nur das holde Gefchöpl hier neben ihm sein eigen nannte, sich ihm allein diese Blüte erschloß, an seiner Seite zur vollen Weiblichkeit aufblühte, j Die Verwirklichung solcher Träume lag nun zwar noch in weiten Fernen, aber er war Mannes genug, den Kampf aufzunehmen mit all den Mächten, die sich zwischen ihn und sein Lebens glück drängen wollten. 2. Wie berausch' wanderte Valeska, nachdem sie sich von Adloff getrennt, durch die Straßen, jedes Wort sich wiederholend, was er zu ihr gesprochen. Am liebsten wäre sie noch stundenlang hier in der Abenddämmerung herumgestreift, aber da stand sie schon vor ihrer Wohnung, spät war es auch geworden, so stieg sie denn langsam die Treppe hinaus und trat in das hell erleuchtete Wohnzimmer. Unglücklicherweise mußten Klaras ! die Bälle. Was die kann, kann ich schließlich j Majors und seiner tanzlustigen Tochter wegen, Blicke, die soeben ihr schönes, dunkles Haar jauch!" fuhr die Frau Amtsgerichtsrak ent- ' hatte er ihr gesagt und dann Halle er noch schlang, „das kann doch unmöglich dein Ernst ins Haar gesteckt, das genügt für ein so junges Geschäft bei Müllers." erklärte LeSka und hüpfte ausgelassen im Zimmer Erna und Klara warfen sich nur noch einen verständnisvollen Blick zu. Sie war doch bis weilen ganz unberechenbar, diese Mama, aber wenn sie so entschieden austrat, dann duldete sie keinen Wiederspruch, also hieß es, sich fügen, das wußten sie aus Erfahmng. „Müde Lin ich auch nicht ein bißchen!" bei den Schwestern hervorriefen. > erharre Leklu uno yupsie «usgera-ien IM Himmer „Einmal mußt du ja doch in die Gesellschaft j herum. Was würde Adlow sagen, wenn er sie eingesührt werden. Frau Doktor Berger bringt i schon heute wisdersah im BaLkostüm. C , , ... . .. . .... schon den ganzen Winter ihre drei Töchter auf scheinen müsse er schon aus dem Ball, des sollte eine brillante Partie sein. Über die erste dem blauen, schon etwas abgetragenen Tuch kostüm, worin er sie bis jetzt nur geschaut, enl- puppte, das konnte er freilich kaum ahnen. DaS getbweiße Kaschmir'leid, das Hals und Arme freiließ, stand ihr entzückend, das aschblonde, träumten Augen blickte sie um sich. „Was hast du nur? Wie siehst du aus?" fragte die Frau Amtsgerichtsrat, ihre jüngste einmal seine Empörung darüber ausgesprochen, daß sie, Valeska, die holdeste der Ball- erscheinungen, den Ball nicht verherrlichen solle. Zu welch einer reizenden Ballfee Leska stch auS Tochter ganz erstaunt betrachtend. Das Mädchen sah ja bildschön aus, diese prachtvollen Farben, diese leuchtenden Augen, und dazu der erste Jugendschmelz, den keine Kunst je wieder ersetzen konnte, wenn er erst dahin war. Wie schnell er schwand, das konnte man an ihren beiden ältesten Töchtern sehen. Ein schneller Entschluß reifte in dem Innern der kleinen, leichtlebigen und doch klugen Dams. Valeska mußte den Ball im Kasino heute mit besuchen, ihre taufrische Schönheit durste nicht länger im Verborgenen blühen. „Wenn du nicht müde bist vom Schlittschuh laufen, kannst du ja heute mitkommsn," sagte die Frau Amtsgerichtsrak plötzlich und gar nicht beachtend, welch maßloses Staunen ihre Worte „Hast du denn Ballhandschuhe?" fragte da Prinzessin Tausendschönchen! Der Major Erna spitz. „Und welche Robe wirst du denn > von Decken hatte Valeska selbst bei ihrem Gr aus deinem reichen Vorrat von Ballkleidern ! scheinen auf dem Balle so genannt und nun ging wählen?" j der Name von Mund zu Munde. Sie war die „Sie wird ihr weißes Kaschmirkleid anziehen,! Ballkönigin, der heute alle huldigten, ihre un- es ist noch wie neu," sagte die Frau Rat sehr! vergleichliche, taufrische Jugendschönheit hatte das entschieden, „ein paar Blumen oder eine Schleiss Wunder vollbracht. ' ... „ . . „ Die Frau Amtsgerichtsrat schwamm in Mädchen, und Handschuhe gibt es drüben im einem Meer von Wonne und Seligkeit. Es war der beste Einfall, den sie als spekulierende Ballmutter je gehabt, Leska heute mit auf den Ball zu nehmen. Daß die jungen Offizier« ihr huldigten, darauf legte die Frau Rat aller dings keinen großen Wert weiter, aber daß der reiche Fabrikant und Großgrundbesitzer aus Schlesien, der fei! einiger Zeit bei Verwandten hier zum Besuch war, fortwährend in Leskas Nähe zu erbsickcn war, das erweckte die kühnsten , Hoffnungen in dem Mutterherzen. Er- j Brandhorst, so hieß der reiche Schlesier, aufgelöst hatte, sofort auf ihre Handschuhe fallen. > schlossen fort. „Aber Leska, meine Handschuhe!" rief sie inj „Aber Mama!" rief da Klara, indem sie Heller Empörung. „Du hast sie dir richtig an- ihr Haar vor dem Spiegel in einen Knoten gepreßt und aus aller Fasson gebracht!" schlang, „das kann doch unmöglich dein Ernst Etwas erschrocken zog die Sünderin die sein! Valeska soll wohl zur Belohnung dafür, Handschuhe von den Fingern und stotterte eine daß sie sich meine Handschuhe angemaßt hat, Entschuldigung, daß sie auch nicht daran gedacht auf den Ball geführt werden?" hatte, es vorher zu tun. Ihr war es, als er- j „Von Anmaßen ist gar keine Rede," sagte wache sie aus einem wunderschönen Traum, als ! Leska, plötzlich wieder sehr mutig werdend, „und „ käme sie aus einer andern Welt. Mit ver-! angepreßt habe ich sie auch nicht; meine Hände wellige Haar ward in einen leichten Knoten anan- j sind kleiner wie deine!" Triumphierend hielt sie giert, und wie verloren lagen darin ein paar ihre kleinen Finger hoch. ! Tausendschönchen.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)