Suche löschen...
Ottendorfer Zeitung : 29.11.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-11-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190711298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19071129
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19071129
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Vorlagebedingter Textverlust.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-11
- Tag 1907-11-29
-
Monat
1907-11
-
Jahr
1907
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 29.11.1907
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
lächelnd ein Geldstück, damit sie stch an den „fetten faulen Burschen" erinnern möge, und ehe sie in ihrer Verblüffung Worte gefunden hatte, war er bereits wieder in sein Automobil gestiegen und davongefahren. Seine Liebe zum Sport hat ihn schon manchmal in schwierige Lagen gebracht. In seiner Umgebung kam eines Tages das Gespräch auf die Stierkämpse, und hierbei äußerte er sich, daß er die Rolle eines Stierkämpfers spielen könnte, auch wenn das Tier nicht, wie es sonst in Portugal üblich ist, mit Polstern an den Hörnern in der Arena erschiene. Er unternahm das Wagnis auch wirklich; obwohl er es inkognito zu tun beab sichtigte, wurde sein Vorhaben doch bald ein öffentliches Geheimnis, und in der Arena drängte sich eine dichte Menge zusammen, als der König als Stierkämpfer erschien. Ter Stier ging ohne weiteres aus den alleinstehenden Mann los, der ihn mit einem Spieß erwartete. Ms das Tier näher kam, machte der König einen Seitensprung, glitt dabei aber aus und stürzte zu Boden. Die Menge schrie entsetzt auf, und ein Gehilfe eilte herbei und lockte den Stier fort, indem er seine scharlachrote Mütze schwenkte. Aber nur für einen Moment gelang dies; ehe der König sich noch ganz erheben konnte, fiel ihn der Stier von neuem an, und es blieb ihm keine andre Rettung, als sich mit einem kühnen Sprung über die Barriere in Sicherheit zu bringen — einen Augenblick später fuhren die Hörner des wütend gewordenen Tieres krachend in die Holzwand. Seinen Mut bewies König Karlos auch bei einer andern Gelegenheit. Als er vor einigen Jahren einmal eine Spazierfahrt durch die Um gegend von Lissabon machte, iah er einen Strolch, der mit gezücktem Messer aul einen jungen Mann losging. In einem Moment war der König vom Wagen herabgesprungen und hatte den Angreifer mit einem Stock niedergeschlagen. Dann sandte er seinen Kutscher zur Polizei, während er selbst den Raufbold festhielt, bis die Polizisten kamen und den Mann verhafteten. Zweimal hat der König auch Menschen vom Tode des Ertrinkens ge rettet; aber hierin wird er doch von seiner Ge mahlin übertroffen, die drei Menschen aus dem Wasser gezogen hat. > kumes « Die Sprache des Diplomaten. Von dem neuen amerikanischen Gesandten in Berlin, Mr. David Jane Hill, dem Rachfolger von Charlemagne Tower wird in einer französischen Zeitschrift eine amüsante kleine Anekdote erzählt. Es war zu der Zeit, da Mr. Hill noch Unter staatssekretär im Auswärtigen Amt war. Eines TageS erscheint ein Reporter und bittet um In formationen über eine delikate politische An gelegenheit; aus politischen Gründen wird dem Besucher die Auskunft verweigert, aber der Reporter ist zäh und zudrinolich und will nicht weichen. „Also gut," sagt Mr. Hill schließlich, „ich werde Sie züsriedenstellen; aber Sie werden einsehen, daß ich mich dabei einer sehr diplo matischen Ausdrucksweise bedienen muß . . ." Und Mr. Hill fängt an Lateinisch zu sprechen. Der Journalist hatte keine humanistische Ver gangenheit. „Aber verzeihen Sie." sagt er lächelnd, „ich »erstehe kein einziges Wort." „Ich werde mich näher erklären," antwortet Mr. Hill und beginnt nun griechisch zu reden. Nach zwei Minuten bittet der unglückliche Reporter um Gnade. Mr. Hill bleibt unbarmherzig und setzt seine Erklärung auf Französisch fort. Das war zuviel: der Reporter ergreift endlich die Fluch: und am nächsten Tage erscheint der Ver leger der Zeitung im Auswärtigen Amt, um sich bei dem Unterstaatssekretär zu erkundigen, warum dem Reporter die Auskunft verweigert worden sei. Mr. Hill aber konnte daraus lächelnd erwidern: „Aber ick habe ihm ja die größten Staatsgeheimnisse offen anvertraut." * * -r- Annonce. Eduard Tugendsam, Heirats vermittler, bringt sein Bureau in empfehlende Erinnerung. Weihnachtsausträge baldigst er beten. l,M°gg.tz Ein folgenschwererDampferzAfammen- stotz, bei dem vier Menschen das Leben ver loren, wird aus Cartagena gemeldet. Dort stießen der italienische Dampfer „Helvetia" und der belgische Dampfer „Cap Negro" zusammen, worauf die „Helvetia" ^ank; drei Mann der Be satzung und ein Pasi >r ertranken, die übrige Mannschaft sowie d. Passagiere konnten in Cartagena gelandet werden. Der „Cap Negro" erlitt erhebliche Beschädigungen am Vorderteil. Stuventsnuurnhen in Barcelona. In folge von Kundgebungen und Sachbeschädi gungen, die sich Studierende zuschulden kommen ließen, wird die Universität in Barcelona, die erst in diesen Tagen wieder geöffnet worden war, von neuem geschlossen werden. Entdeckung einer Diebeshöhle. In Petersburg förderte die Polizei bei einer Haus suchung eine Menge eingeschmolzenes Gold und Silber, sowie Juwelen und zahlreiche Lombard quittungen zutage. Die Sachen waren von einer Diebesbande zusammengsschafft worden. Die ganze Bande wurde bei der Haussuchung verhaftet. S Die Gefahr des Geldes. In Amerika hat sich eine Gesellschaft gebildet, die den Kampf gegen alle gefährlichen Mikroben und Bakterien, die sich an den Geldmünzen und Banknoten angesetzt haben, auf ihre Fahnen ge schrieben hat. Man hat zunächst eine Statistik über die mit dem Geld kursierenden Bakterien veranstaltet und die Ergebnisse mögen ängstliche Seelen mit Entsetzen erfüllen. Denn auf einem Zentstück entdeckte man durchschnittlich 26 lebende Mikroben, auf einem 10 Zentstück 40, auf einer verhältnismäßig sauberen Banknote 2250, auf einer schmutzigen gar 7300 Krankheitserreger. In Boston hat ein bekanntes Damenmoden geschäft sich die Argumentation der Bakterien- verfotger zu eigen gemacht; nur funkelnagelneue Geldstücke werden herausgegeben, ältere Münzen passieren ein antiseptisches Bad. Gerncbtskalle Halle a. S. Der cand. pharm. Wilhelm Z., der sich schon einmal wegen groben Unfugs eine Geldstrafe von 50 Mk. zugezogen hat, schlug in der Nacht zum 13. Juni in schwer betrunkenem Zu stande eine Fensterscheibe im „Bratwurstglöckle" ein und sprang auf die Straße. Hier lärmte er sehr laut und rief nach einem Schutzmann, der ihm den Hut aufheben sollte. Vor Gericht erklärte er, sich absolut an nichts mehr erinnern zu können. Der Amtsanwalt beantragte gegen ihn wegen Beleidi gung, Widerstandes gegen die Staatsgewalt und Verübung groben Unfugs Geldstrafen von insgesamt 280 Mk. Das Gericht hielt aber mit Rücksicht auf den damaligen Zustand des Angeklagten eine Geld strafe von 120 Mk. für ausreichend. X München. In dem Beleidigungsprozesse Dr. Peters gegen die Münchener Post', der gegen wärtig vor dem Landgericht in der Berufungsin stanz schwebt, hat das Gericht die Vernehmung des Leutnants Bronsart v. Schellendorff in Mombassa durch die dortige zuständige Behörde angeordnet. — In Sachen Dr. Peters gegen Major v. Donat war Verhandlung über die Berufung des letzteren bereits anberaumt; sie ist indessen bis auf weiteres ver schoben worden. men sür- und nnr- lens nteu er- issen 1 in men Ge sner dem lon- nzen ahin uern die >!ich- , als hrem hat ons- hasi- mrch Uzu- :ung wir men. ; fest, tigen eien. >8 für letzte noch msche er m orcisc m in bens- land- iein. vürde oder b sich tt iich s der mich, und iußert enden erigen daß t den rzeugt liege. > Ein- elluug m am wenn rochen urung er zur sichen- t auch Inder- diesen st dü treidc- uchteri >erden. o rüber Zoll- Krisis kisen- d ver- Kreis- mende )e um- ' Zug lering- xheim- le aus liieren- mf die r auf- ! ein: x Einen abenteuerlichen Fluchtversuch von Helgoland unternahmen die Matrosen- Artilleristen Bilke und Winkelmann der zweiten Matrosen-Artillerie-Abteilung; sie hatten in der Narbt zum Bußtag in einem kleinen Boote die Station verlaffen. Obgleich die Flüchtigen so fort durch das Motorboot der Biologischen Station, einen Marinekutter und mehrere Tor pedoboote verfolgt wurden, gelang es nicht, ihrer habhaft zu werden, da infolge des be wölkten Himmels eine Fernsicht unmöglich war. Erst am 23. d. sind die Ausreißer von dem Finkenwärder Kutter „Edelweiß" zwanzig Meilen Nordwest ausgenommen und wohl behalten wieder in Helgoland gelandet worden. Sie werden sich demnächst wegen Fahnenflucht vor dem Kriegsgericht zu verantworten haben. Der Einsturz einer Strastenüber- führuug bei Harburg hat in der Nacht eine größere Betriebsstörung auf der Linie Ham burg-Köln verursacht. In Buchholz brach die im Bau begriffene Überführung kurz vor Mitter nacht zusammen, wodurch eine Rangiermaschine aus dem Gleis geschleudert wurde. Der Kölner V-Zug erlitt eine erhebliche Verspätung; der Verkehr mußte für längere Zeit durch Um steigen aufrechtcrhalten werden. Der Schaden ist bedeutend. X Ei« steckbrieflich verfolgter Knabe. Der in Frörup, Kreis Hadersleben, am 3. August 1894 geborene Knabe Peter Mor tensen, der kürzlich von der Strafkammer in Flensburg wegen Diebstahls zu vier Wochen Gefängnis verurteilt wurde, hat sich durch die Flucht der Strafvollstreckung entzogen und wird jetzt seitens des Ersten Staatsanwalts in Flensburg steckbrieflich verfolgt. Iw flüssigen Eisen verbrannt. An einem Hochofen des Hüttenwerks zu Ottingen in Lothringen traten plötzlich Risse ein. Durch die ausströmenden Eisenmassen wurden drei Arbeiter erfaßt und furchtbar verbrannt. Einer war sofort tot, die beiden andern starben kurz darauf. Das Ende. Der Hasenmeister Hänsel in Weihwasser ertränkte sein fünfjähriges Töchterchen, sein siebenjähriges Söhnchen und schließlich sich selber in einer mit Wasser gefüllten Grube. Der Bräutigam als Vatermörder. Der Arbeiter Risch in Anklam wurde von seinem Sohn erschlagen. Kurz vorher hatte sich der Mörder mit einer Polin standesamtlich trauen lassen, trotzdem der Vater gegen die Heirat gewesen war. Als der Pfarrer zur kirchlichen Trauung in der Rischschen Wohnung erschien, fand er den alten Risch tot vor. Der Mörder wurde verhaftet. Vor dem fünften Hochzeitstage ge storben. Bei ihren Hochzeitsvorbereitungen Dom Tode ereilt wurde in Heiligenhaus die 74 jährige, vor einigen Monaten zum vierten Male verwitwete Frau Heesen. Frau H., die in einigen Tagen zum fünften Male vor den Traualtar treten wollte, wurde plötzlich vom Schlage gerührt und verschied sofort. Ein furchtbares Verbrechen verübte der 17 jährige Schreiber Georg Szabor in Konychnau bei Namslau. Er hatte im Gast hause beim Kartenspiel sein Geld versoielt und hierauf von seiner Mutter neues Geld ge fordert. Da sie es ihm verweigerte, erwürgte er sie. Beim Versuch, die Leiche im Garten zu vergraben, wurde er beobachtet und verhaftet. Verbrüht. In einer Münchener Apfel weinkellerei verlor ein Küferlehrling, der sich auf den Rand einer mit siedendem Wasser gefüllten Waschkufe gesetzt hatte, das Gleichgewicht und fiel in das Gefäß, wobei er sich derart ver brühte, daß ihm die Haut tatsächlich vom Leibe abging. Der arme junge Mensch wurde sofort in ein Krankenhaus geschafft; trotz aller erdenklichen ärztlichen Hiltfe konnte ihm aber das Leben nicht erhalten werden, von dem er erst nach achtstündigem qualvollen Leiden durch den Tod erlöst wurde. Ein verurteilter Spion. Unter allen Formalitäten des militärischen Gerichtsver fahrens, bei offenen- Türen und Fenstern und unter Trommelwirbel wurde in Wien dem Ober leutnant Waldemar Fierbas vom Jnf.-Regt. Nr. 3, zuletzt dem Generalstabe zugeteilt, das Urteil des Kriegsgerichts bekanntgegeben, durch das er wegen Spionage, Betrugs und Miß brauchs der Amtsgewalt zu acht Jahr schweren Kerkers und Degradation verurteilt wurde. Fierbas hatte, um sich die Mittel zur Flucht mit einer von ihm geliebten Frau zu verschaffen, für Italien eine umfangreiche Arbeit aus geheimen Akten zusammengestellt, für die ihm eine große Summe versprochen worden war. Er ließ seine Arbeit bei einer Maschinen schreiberin in Wien abschreiben, wo ein Frag ment von einem Polizeibeamten gesehen wurde. Dadurch wurde die Sache bekannt. Sieben Personen verschüttet. In dem galizischen Dorfe Bialoboznica kam bei Erd- Heinrich Dernburg ch. Als Verfasser bedeutender juristischer Lehrbücher — es sei nur an seine für jeden jungen Juristen unentbehrlichen Pandekten erinnert — hat er sich einen berühmten Namen gemacht. aushebungen ein Brrgabhang ins Rutschen, wodurch große Erbmassen sieben dort arbeitende Personen verschütteten. Zwei Arbeiter konnten noch lebend ausgegraben werden, dagegen erlitten fünf andre, darunter drei Bäuerinnen, den Tod. Brovdkatastrophe im Pariser Auto- mobil-S^lon. Das „Grand Palais" an den Champs Elysees in Paris, wo gegenwärtig die zehnte Internationale Automobilausstsllung zu finden ist, wurde von einem Feuer heimgesucht. Die ganze herrliche Dekoration der großen Kuppel des Automobil-Salons wurde durch Feuer zerstört. Zum Glück war die Kuppel mit einer Essenz getränkt, die ein größeres Umsichgreifen des Brandes verhinderte. So konnte der Brand leicht gelöscht werden. Als Ursache der Entstehung wird Kurzschluß ange geben. Die Menschenmenge strömte zum ge öffneten großen Tore hinaus; von einigen leichten Verletzungen und Toilettenschäden abge sehen, vollzog sich die Räumung ziemlich glatt. Die entstandene Verwirrung dauerte nur wenige Sekunden und wurde durch die Ohnmächten einiger Damen hervorgerufen. Ei» Zusammenstost französischer Unterseeboote hat sich vor Toston während eines Angriffsmanövers der Boote gegen ein von einer Übung zurückkshrendss Panzer geschwader ereignet. Die beiden Boote „Souffleur" und „Bonitö" fuhren in einer Tiefe von etwa 30 Meter gegeneinander; eine Luke des „Souffleur" wurde zertrümmert, so daß Wasser eindrang. Beide Unterseeboote konnten in den Hafen zurückkehren. Die Ursache des Zusammenstoßes ist, daß das sogenannte „Periskop" die Unterseeboote wohl befähigt, wahrzunehmen, was sich auf der Meeresfläche, aber nicht, was sich unter dem Wasserspiegel vollzieht. Der eingeleiteten Untersuchung liegt es ob, festzustellen, welcher von beiden Unter seebootskommandanten die Instruktionen, die jedem einen bestimmten Bewegungskreis an wiesen, unbefolgt ließ. Offiziere und Mann schaften zeigten während der sehr kritischen Augenblicke eine anerkennenswerte Geistes gegenwart. Amülante Anekäoten von skömg Karlos, der durch seinen Konflikt mit dem portugiesischen Parlament die Aufmerksamkeit auf sich qelentt hat, werden in einer englischen Zeitschrift er zählt. Es war auf einer Automobilfahrt durch Portugal im vorigen Sommer, als er in eine kleine Stadt kam, in der die Leute zusammen gelaufen waren, um den König durchfahren zu sehen. Man bemerkte ihn jedoch nicht, da alle eine alte Bauernfrau beobachteten, deren Eier korb durch die sie umgebende Menge umgestoßen war. Der König verließ seinen Wagen und fragte, was es gäbe. „Ach, sie sagen, der König käme heut hier durch," antwortete sie, „und diese Dummköpfe warten auf ihn. Man kann nicht einmal ruhig seinem Geschäft nach gehen, weil diese Leute einen fetten faulen Burschen sehen wollen, der nichts tut und seine Zeit mit Essen zubringt I" Der König gab ihr l Grund- ch. Aber Wenn inehmen Ind ioi iders zu die iw ngestrast arteilich- n dabei rt gegen handeln Ahausen, Herzens irrenden geröteten schlüpften b zornig sie leiser t geführt gte mehr ch mir st wollte! e Edgar, mtgegen: ater ver- en er st ipfehlen/ 1ha noch sie darge* botene Land und einige Minuten später verließ er in schariem Galopp den Hof. 18, „Martha, ich möchte wohl noch mit dir über meine Angelegenheiten ieden, aber sag' ehrlich, wenn dir die Stimmung dafür fehlt l Es war ein merkwürdiger Abend, wie ich noch keinen auf Bendorf erlebt." Mit diesen Worten führte Olga sich in Marthas Zimmer ein, als diese eben ihre Toilette für die Nacht beendet hatte und sich zur Ruhe begeben wollte. „Komm nur," erwiderte Martha, und Olga, die unschlüssig an der Tür stehen geblieben war, trat ein, setzte ihren Leuchter auf den Tisch und warf sich auf das Soja, Martha mit einer bit tenden Gebärde zu sich einladend. „Und darf ich nun von mir sprechen?" be gann Olga, „ich weiß, daß dich und deine Eltern heute etwas stark erregt haben muß. Es ist egoistisch, wenn ich dennoch auf deine Aufmerk samkeit rechne, nicht wahr? — aber —" Olga, die zerstreut vor sich hingeblickt, unterbrach sich, schlang den Arm um Martha und fuhr zärtlich fort: „Du bist ja so gut, hast mich so ver wöhnt! O, wenn ich dich und Thalheim nicht gehabt hätte, wäre ich wahnsinnig geworden." Martha schüttelte den Kopf Md sagte: „Sprich dich aus, ich höre." „Martha, ich muß sort von hier, ich will nach Berlin! Die Wahrscheinlichkeit spricht noch immer da,ür, daß er sich dort verborgen hält. — Laß er seinen Namen ablegen wollte, zeigt uns ja, wie völlig er aus seinen Kreisen aus scheiden zu müssen glaubte — er strebt danach, unentdeckt zu bleiben — in Berlin kann er das am leichtesten, dort findet er auch am besten Beschäftigung, und seine Mittel konnten ja nicht danach sein, daß er viel weiter hätte kommen können. Genug, Thalheim hat mich überzeugt, daß er dort sein muß, und mich hält's hier nicht mehr — und Thalheim gab mir auch zuletzt nach und meinte, ich könnte es ja ver suchen, dort etwas zu erreichen." „Aber Kind, du allein in Berlin!" „Der Doktor, Lei dem Sibylle wohnt, nimmt auch andre Kostgängerinnen auf — ich gehe zu ihm! Thalheim meint auch, das sei der verständigste Plan, wenn ich überhaupt ent schlossen wäre, dorthin zu wollen." „Thalheim, Thalheim, das ist dein drittes Wort!" sagte Martha still lächelnd. „Ja, ja, das ist auch kein Wunder! Er ist einer unter Tausenden — mcht nur mit tröstenden, ratenden Worten, sondern auch mit der helfenden Tat bereit, obgleich ihm ja, wie jeder weiß, Arbeit für zehn auf den Schultern liegt. O Martha, wenn dn mit meinen Äugen fehen —" „Aber ich widerspreche ja gar nicht —" „Nein aber du weißt, mich ärgert's so — ich darf's ja nur nicht sagen —" „Spielst du auf Edgar an? Olga, jetzt erst recht will ich nichts gegen ihn hören!" „Also wirklich l" rief Olga, „so nimm meine allerherzlichsten Wünjcke hin und — und ich will auch versuchen, Pt Freund mit ihm zu sein! Aber —" sie stockte und sah erstaunt und fragend Marcha an, „warum ist er denn so eilig fortgeritten? Warum die trübe Stim mung ?" „Eben deshalb, weil die Eltern sich schwer hineinfinden, ihren Herzenswunsch aufgeben zu sollen, und weil ich aufrichtig betrübt bin, einen so ausgezeichneten Mann —" „Du hast ihm einen Korb gegeben?" „Wie ungestüm du bist und fast schadenfroh, Olga, du solltest endlich gelernt haben, ver nünftiger und unparteiischer zu urteilen. Von dir muß man wahrlich sagen, du übst nicht aus, was du von andern verlangst." „Ja, ja, es mag wohl sein — aber ich muß dich umarmen! Martha, Martha, wie danke ich Gott — mit ihm hättest du niemals glücklich werden können! Die höchsten Ehren dieser Erde, der beste Verstand, die größte Rechtschaffenheit, können doch kein mangelndes Herz ersetzen!" „Herz und Charakter sind gleich unentbehrlich — bitte, laß uns aber abbrecheu. Willst du schon bald fort? Wie werde ich dich entbehren! Selbst das gelegentliche Zanken war zur lieben Gewohnheit geworden uno es ging ja nur zoll tief," sagte Marcha lächelnd, „im Gmnde sind wir einig." „Hm ja," meinte Olga, und sah die Freundin mit einem, eigentümlichen Ausdruck an. „Was hast du denn nur?" fragte diese. „Oiga schmiegte ihren Kopf an Marthas Schulter und erwiderte: „Ich weiß von einem, der selbst den Boden liebt, der deine Füße trägt, und ihn für dich mit unvergänglichen Rosen bestreuen möchte — dem die Sonne nur scheint, wenn dein Auge lacht — der die schönsten Regungen deines Gemüts errät, bevor sie die selbst „Olga, was soll das? Wie kommst d« M diesem neuen Talent der Dichtung?" „Weil ich dich herzlich lieb habe und trotz meines Jammers mr dich und alles, was dich angeht, ein offenes Auge behalte. Martha, wie wirst du geliebt I Und bei einem solchen Manne kann es doch nichts ausmachen, ob er ein paar Jahre mehr oder weniger zählt!" Als Marth« still und ernst vor sich hinblickte, fuhr Olga fort: „Einen selbstloseren Menschen kann M nicht geben! Er meint augenscheinlich, daß dem Geschick entschieden ist und zwingt sich neidlos, ja vertrauensvoll, deine Neigung für «MSN andern anzusehen — dein Glück ist ihm die Hauptsache l" Olga schwieg und nach einer kleinen Pans« sagte Martha in leichtem Tone: „Du hast die Eigentümlichkeit, alles «st einer gewissen Exaltation auzusehen und zu be treiben. Man mutz nie vergessen, von dem, was du sagst, eine kleine Hälfte abzuziehen!" Olga schüttelte den Kopf und versetzte: „Meine Träume sind wohl Schäume — wie ich sehe — der Altersunterschied —" Martha lachte leise. „Unsinn, Olga! AN ob du den für entscheidend hieltest, unv bin ich nicht von jeher vernünftiger als du gewesen?" „Martha, du bist ein Engel! Ja natürlich, du bist solch' verständiges Mädchen. Ich tonnte es mir ja schon Lenken, aber lieber höre ich'K doch von deinen eigenen Lippen! So. rum reise ich ruhig ab!" Zrr rs cForlieyunq wtgtu
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)