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Vi „Vitend >rfer Zeitung- «scheint Lnr.irtag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen l,20 Mark. Lokalzeitung für d?s Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltnngsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Bandel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. x«n«hm« »«» Insseat« bi, ».«mittag t» Uhr. Jnsrrate wrrdrn mit >o Pf für di« Spaltzeil« b««chn«t Tabellarisch« Satz nach besonderem Taris Druck und Verlag vsn Hermann Rühl« in Groß-Gkrilla. Lür die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla No. 133. Mittwoch, den 6. November 1907. 6. Jahrgang. Bekanntmachung. Der am 1. November d. I. fällig gewesene H. Termin Gemeindesteuer ist baldigst und längstens bis zum 10. <1. an die Ortssteuereinnahme (Gemeindeamt) ab- zusühren. Nach Fristablauf beginnt das mit Kosten verbundene zwangsweise Beitreibungs- Verfahren. Ottenäork-Aloriträork, am 4. November 1907. - Der Gemeindevorstand. NN" Wegen Reinigung "MF der AmiSräume bleibt das hiesige Gemeindeamt Freitag, den 8. und Sonnabend, den 9. November 1907 geschlossen. Otteuäork-Aloriträork, am 4. November 1907. .Der Gemeindevorstand. Oertliches und Sächsisches. Vitendorf-Vkrilla, den s. November ^or. —* Der Oktober 1907 ist der wärmste seit etwa 200 Jahren gewesen. Seine Temperatur Mit mehr als 13 Grad Celsius überstieg die normale nm rund 4 Grad und kam derjenigen des Mai nahe. Der November aber bracht; Nun schon das erste Winterweiter, denn in der Nacht zum Montag waren 2 Grad Kalle. Dresden. Die Nachricht von der Ver haftung des Schrittmachers CeurremanS hat in der Dresdner Rennfahrer- und Schrittmacher welt eine lebhafte Erregung hervorgsrufen. lieber den Sachverhalt selbst sei mitgeteilt: CeurremanS erlangte bald wieder klares Be wußtsein und war ein unruhiger Kranker. Schon im Verlaufe des Dienstag erbat er sich ungeachtet seiner schweren Verletzungen, seine Entlassung für Donnerstag, da er an diesem Tage Verbist in Leipzig führen solle. CeurremanS erhielt schließlich seine Entlastung unter Uebernahme der für ihn daraus er stehenden Gefahr auf eigen- Verantwortung. Als nun CeurremanS seine Heilstätte am Freitag verließ, nahmen zwei Geheimgendacmen ihn außerhalb des Gebäudes in Haft. Es ist demnach anzunehmen, daß das Gericht gegen Ceurremann» einschreiten wird, und zwar ver mutlich wegen Fahrlässigkeit. Laußnitz. Hier entwendete der vorbestrafte 29 Jahre alte Handarbeiter Gustav Alwin Jungmichel aus Olbersdorf dem Gastwirt Riehme einen Beutel mit 230 Mark. Er wurde dabei ertappt und jetzt von der Straf kammer des Landgerichts Bautzen zu 1 Jahr 6 Monaten Gefängnis und 3 Jahren Ehren- tkchtüoerlust verurteilt. 2 Wochen gelten als verbüßt. Königsbrück. Aus dem Gefechtsschießplatz bei Königsbrück hält in der Zeit vom 11. bis mit 16. November das König!. 4. Infanterie- Regiment Nr. 103 täglich von einhalb 8 Uhr Vormittags bis einhalb 3 Uhr Nachmittags Schießen in Gruppen ab. Eisenberg-Moritzburg. Ein neues Post gebäude soll neben dem Gemeindeamt erbaut werden. Der Preis für die Baustelle ist auf 8 800 MI- festgesetzt worden. Die RcichSpost- verwaltung gewährt als Mietzins 6 Prozent der Bausumme und eine 4prozentige Ver zinsung der Baustelle. Der Mietvertrag soll auf 15 Jahre abgeschlossen werden. Hermsdorf bei Königstein Dir im Biela- tale gelegene neuerbaute Koppraschmühle, eine große Mahl- und Schneidemühle, ist in der Nacht zum Sonntag vollständig niedergebranut. Neusalza. Der steckbrieflich verfolgte, aus Dehrsdorf stammende Rekrut Lehmann vom Dresdner Gardereiterregimcnt wurde in Tauben heim f-stgenomm-n und vorläufig ins hiesige AmtSgerichtSgcsängniS ci'gcliefert. Bautzen. Die 63 Jahre alte Ehefrau des AmtSgerichtS-BotenmeisterS Heink fiel infolge eines Schwindelanfalles auf den brennenden Petrolsumkochofen und erlitt dadurch so chwere Brandwunden am Oberkörper, daß sie m Stadtkrankenhause, wohin man sie gebracht hatte verstarb. Zittau. Ein jähes Ende nahm das am Freitag Abend in den Festräumen deS Hotels zur Sonne von der Zittauer Bürgerschaft veranstaltete Wohltätigkeitsfest. In dem mit Girlanden reich dekorierten Saale, in dem eine Anzahl Grotten und Vsrkaussstände hergerichtet worden waren, waren etwa 300 Personen ver- ammelt, als plötzlich aus einer der Grotten eine Flamme hervorschoß. Im Nu fingen die Papiergirlanden Feuer, daß sich rasch über den ganzen Saal ausdehnte. Unter den An wesenden begann sofort eine Flucht nach dem SaalauSgange, der noch dazu durch eine dem Charakter des Festes angepaßte „Zollbarriere" gesperrt war. Die Barriere wurde sofort niedergeristen und alle Festleilnehmer konnten, ohne daß glücklicherweise eine Panik eintrat, den Saal unverletzt verlasten. Das Feuer breitete sich mit rasender Schnelligkeit aus, und obwohl die Feuerwehr sofort auf dem Platze erschien, brannte das 400 Jahre alte Hotel, das älteste der Stadt vollständig aus. Bei den RetiungSarbeiten stürzte ein Giebel des Gebäudes ein, wodurch der auf einer Leiter stehende Feuerwehrmann Wartenberger herab- geristen und schwer verletzt wurde. Er ist in zwischen seinen Verletzungen erlegen. Ein anderer Feuerwehrmann, namens Schultze, er litt einen Schädelbruch. Bemerkenswert ist, daß das Feuer ganz in der Nähe des Not- ausganges ausbrach, der allerdings vernagelt war. Man hatte gerade an der Stelle eine der Grotten hergerichtet. Hohenstein-Ernstthal. Zwischen Wüsten- branb und Grüna ist Sonntag früh gegen 5 Uhr im Bahngleise liegend der Sohn eines Bahnwärters tot aufgefunden. Ob ein Unfall oder Setbstmord vorliegt, konnte bis jetzt noch nicht festgestellt werden. Leipzig. Nachdem die Staatsanwaltschaft festgestelll hat, daß die Gasexplosion in Leipzig-Lindenau, die den teilweisen Einsturz eines Hauses, sowie schwere Verletzungen von acht Personen und den Tod eines Kindes nach sich zag, durch Ausströmen von Gas bei Legung einer neuen Gasleitung verursacht worden ist, wurde am Sonnabend der GaS- schloster Lindner unter dem Verdachte, das Unglück verschuldet zu haben, in Haft ge nommen. — Der 19 Jahre alte Bahnarbeiter Michal Crasnick ist Montag morgen während der Arbeit am Brückenbau in Gohlis von einem Schnellzug überfahren worden. Er war sofort tot Zwickau. Vor einigen Tagen wurde spät abends in der hiesigen Kaserne ein junges Mädchen bewußtlos aufgefunden. In der Hand hielt sie eine halb geleerte Flasch« sest- umklammert. Der herbeigerufene Arzt stellt« fest, das sie Sublimat genommen hatte. Das Mädchen, eine 18 jährige Kellnerin von aus wärts, unterhielt mit einem Offizier der hiesigen Garnison eiu Liebesverhältnis und war von diesem eingeladen worden, ihn auf seinem Zimmer in der Kaserne zu besuchen. Als sie abends die Wohnung ihres Liebhabers betrat, traf sie hier bereits eine Rivalin an. Dies nahm sich das Mädchen so zu Herzen, daß sie zum Gist griff, um ihrem Leben ein Ende zu machen. Sie wurde in bedenklichem Zustande ins Krankenhaus geschafft. Buchholz. Das an der Schlettauer Straße stehende, früher Sühnelsche, jetzt der Stadt gehörige Wohnhaus nebst Hintergebäude ist in der Nacht zum Montag ein Raub der Flammen geworden. Von den Bewohnern werden leider noch zwei alleinstehende Mannespersonen ver mißt. von denen befürchtet wird, daß sie in Flammen umgekommen sickd. Adorf. Vor 4 Monaten ließ sich hier ein amerikanischer Unternehmer, Mr. Block, nieder, dessen Absicht dahin ging, Streichinstrumente vornehmlich Geigen, fabrikmäßig herzustellen und diese billiger und „den besten Markneu kirchener Violinen weit überlegen. Diese Gründung „Falero-Fabrik" genannt, hat dem Amerikaner natürlich ein schönes Stück Geld gekostet, ec erwarb sogar ein Patent für Massenherstellung von Keigenböden zum Preise von 50 000 Mark und suchte die besten Markneukirchener Jnstrumentenarbeiter an sich zu ziehen, indem er ihnen außerordentlich hohe^ Entlohnung versprach. Nun wird dem „Obervogtl. Anz." gemeldet, daß Mr. Block, der bereits mit dem obenerwähnten Erfinder wegen des Kaufpreises im Streite liegt, mit der Absicht umgehe, die fabrikmäßige Her stellung seiner Instrumente aufzugeben und einen Bedarf anderweit zu decken, Jedenfalls st, so bemerkt das Markneukirchner Blatt weiter, Mr. Block um eine Enttäuschung und unsere Industrie um eine Erfahrung reicher. Es ist der Beweis erbracht, daß die fabrik mäßige Herstellung guter Streichinstrumente undenkbar erscheint. Hierbei ist eine vollendete Arbeit undenkbar, und daran mußte der ganze Plan des Unternehmens scheitern, trotz der skrupellosen Reklame, die selbst die alten Cremoneser Meisterinstrumentt zu diskreditieren versuchte. — Da in diesem Herbste außergewöhnlich lange andauernde freundliche Witterung ist den unter den hohen Fleischpreisen seufzenden Konsumenten nicht günstig. Im Vogtlande trifft man nämlich in jedem Herbste, solange die Witerung es nur irgendwie erlaubt, auf Feldern und Wiesen vielköpfige Schafherden die von den Fleischern auf den bayrischen Schasmärkten eingekauft und so lange auf die Weide getrieben werden, bis Regen, Schnee und Kälte dies verbieten. Tritt dieser Fall frühzeitig ein, so müssen die Fleischer, um Futter zu sparen, die „weidefetten" Schafe schnell wegschlachten und dadurch wird der Preis des Schöpsenfleisches und mehr oder weniger auch der anderen Fleischsorten, die seltener gekauft werden, wenn man billiges und gutes Schöpsenfleisch haben kann, her untergedrückt. In den letzten Jahren konnte man um diese Zeit in Adorf, Oelsnitz, Schöneck usw. das Pfund Schöpsenfleisch für 30 bis 40 Pfg. kaufen, Heuer, wo man zu Anfang des Monats November Rinder, Ziegen und Schafe noch in großen Herden auf der Weide sieht, beträgt der SchöpsenflcischpreiS immer noch 60 bis 80 Pfg. pro Pfunds Aus der Woche. Herr Maximiliay Harden, der Freund Bismarcks, der bestgehaßte Journalist Deutsch lands, der bisher noch jeden Kanzler seit Bismarckstagen mehr oder minder heftig be kämpft und mindestens einen Stümper im politischen Geschäft genannt hat, erfocht in Moabit in seinem Streite mit dem Grafen Moltke vorläufig, wenn man «S rein äußerlich betrachtet, «inen Sieg. Er schaute überrascht drein, als er, sonst ein Verächter der Menge, plötzlich zum Gegenstand stürmischer, nicht enden wollender Ovationen ward; aber der Vielseiliige fand sich auch mit dieser ihm aufgedrungenen Rolle leidlich ab. Muß sonst noch etwas über den Prozeß gesagt werden? Ströme von Tinte sind um ihn geflossen. Die gesamte Tagespresse, die Harden eines Tages ver dächtigt hatte, er wolle kneifen, lobte ihn an fänglich wegen seines schneidigen Vorstoßes und tadelte ihn endlich heftig und beinahe ein stimmig. Hinter diesem jEceigniS schwand so ziemlich alles, lind doch steht die Weltgeschichte nicht einen Angenblick. Im Vordergrund des Interesses stand, von der Presse nicht genügend beachtet, der Besuch, den der spanische König auf seiner Reise nach England dem Präsidenten Fallieres in Paris machte. Wie verlautet, sind nunmehr alle Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Ländern, also auch wohl die Verstimmung wegen des marokkanischen Aben teuers endgültig beseitigt. Fallieres wurde von König Alfons für nächstes Frühjahr nach Spanien eingeladen. Die üblichen Trinksprüche die die Presse mit Heller Freude erfüllten, fehlten auch nicht, kurz, die Wolken am Himmel der spanisch-französischen Freundschaft sind zerstoben. Dennoch ist den Regierenden am Seinestrande nicht wohl zu mute. In der Kammer war zwar vom Kriegsminister unter den Jubel der Mehrheit verkündet, die Wehr kraft der Republik sei über jeden Zweifel er haben und (was das wichtigste für jeden Franzosen ist und darum immer gern in der Kammer gehört und gesagt wird) der deutschen bei weitem überlegen. Aber in denselben Tagen ließen sich doch auch die Stimmen einiger alter Generale vernehmen, die schließlich auch von diesen Dingen eine leise Ahnung haben. Sie sagten anders als der Kriegs minister. Ihrer Meinung nach lockert sich die Disziplin im Heere bedenklich, vermindert sich die Wehrkraft und löst sich die Armee unter dem Einfluß des Antimilitarismus mehr und mehr auf. Härt der Kriegsminister diese Warnerstimmen nicht? — In Oesterreich hat die Debatte um den Ausgleich zu keinem Er gebnis geführt. Die Vorlage wurde einem Ausschuß zu weiterer Beratung überwiesen. Einen Lichtblick aber gab es für die Donau- Monarchie. Der alte Kaiser Franz Joseph, um dessen Leben man einige Tage bangte, ist wieder gänzlich genesen; man hofft, daß er wieder bald in alter Frische an den An gelegenheiten des Staates Anteil nehmen kann. — In Rußland sind die Wahlen zum Teil vorüber. Aber es ist bei der strengen Zensur unmöglich, amtliche Nachrichten über ihren Ausfall zu erhalten, die einigermaßen Anspruch aus tatsächliche Unterlagen machen können. So weit sich übersehen läßt, hat man trotz aller Vorsichtsmaßregeln doch wieder eine recht wider spenstige Duma zusammen bekommen, wenigsten« lassen die Aeußerungen des Ministerpräsidenten Stolypin über eine voraussichtliche Auflösung der neuen Duma darauf schließen. Seit Wochen wird in den Balkanmndern davon gesprochen, daß die Mächte jetzt endlich energische Maßregeln zur Durchführung des mazedonischen ResormprogrammS ergreifen werden. Aber die Raubzüge und Mordtaten der serbischen, griechischen und bulgarischen Banden nehmen kein Ende. Gibt es wirklich kein Mittel, dem endlosen Blutvergießen zu steuern, oder hält man den „Brandherd" immer noch für so ge fährlich, daß man kein Vordringen wagt? — Nach endlosen Kämpfen hat sich der Schah von Persien entschlossen, sein Ministerium zu entlassen und an seine Stelle ein dem Volke und Parlament genehmes zu berufen. Man hofft nunmehr in den Kreisen der persischen Diplomatie, daß es gelingen werde, das Land dem englisch-russischen Einfluß zu entziehen und zu einem modernen Rechtsstaat zu machen.