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Di »Gttenb >rfer Zeitung» erscheint rurnstag, Donners, iag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch dir Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Aioritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Leid und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. Annahm« non Inserat» bi, vormittag Uhr. Inserat» wrrdrn mit io Pf für di» Spaltz»tl« brrichnrt Tabellarisch« Satz nach d»s»nd»«m Tarif Druck und Verlag von Hermann Rühl« in Grsß-Gkrtlla. Mr die Redaktion verantWortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla No. 122. Freitag, den 11. Oktober 1907. 6. Jahrgang. Orrtlichrs und Sächsisches. Dttendors.Gkrtlla, den in. «Oktober i-o7. T Die am gestrigen Abend im „Gasthof ium schworjkn Roß" stattgefundene Künster- Vorstellung erfreute sich «ine» mittelmäßig guten Besuche». Die zur Schau gebrachten wirklich großartigen gymnastischen Darbietungen sanden ungeteilten Beifall, zumal es sich um Leistungen handelte, di« einzig in ihrer Art sind. Die zum Schluß gebotenen kinemato- graphischen Bilder wurden in tadelloser Weise zur Schau gebracht und wäre es daher zu Wünschen, daß die heute Abend statlfindcnde sttzte Vorstellung sich eine» recht guten Besuches tu «freuen hätte. —* Da» Böhmische Bier wird teurer I In Prag fand eine zahlreich besuchte Versammlung de» Brauindustrievercin» für Böhmen statt, in welcher alle böhmischen Brauereien ohne Unterschied der Nationalität vertreten sind. Der Präsident de» Verein» machte die Mit teilung, daß die böhmischen Brauereien einen Tchutzverband gegründet haben. Dieser habe beschlossen, infolge der Erhöhung der Roh- tNaterialen und Arbeitslöhne eine Sleigerung de» Bierpreises etntrrten zu lassen. —* Soll dem Kinde bei den Schularbeiten geholfen werden? Ueber diese Frage herrscht viel Unklarheit und viel Ungeschick. Wenn man von Unterstützung des Kindes bei Er ledigung seiner Schularbeiten spricht, so meinen Viele Eltern, sie sollten den Nürnberger Trichter zur Hand nehmen und sich zu Einpaukern auS- bilden. Da» fordert kein vernünftiger Lehrer I 3m Gegenteil! Die Lehrmittel und Methoden de» Unterrichts sind im Lause der Zeit ganz andere geworden, sodaß die Eltern in Er innerung an di« eigene Schulzeit die Sache ganz anders ansassen, als tö in der Schule geschieht, und dadurch dm Kinde oft wenig helfen, sondern wohl gar das Gegenteil be wirken. Die ungeschickten BelehrungSv-r'uche im Elternhause machen oft daü Kind erst recht konfus. Was der Lehrer mit seiner geschulten Geschicklichkeit dem Kinde nicht klarmachen kann, da« wird die meist ungeduldige Perldsamkeit der Eltern oder größeren Ge schwister wohl kaum in das Köpfchen hinein- trichtttn. Meisten» kommt fa auch die häusliche Peihilfe darauf hinaus, daß man dem Kinde Eselsbrücken baut, ihm die Fehler bei der Ab- schrtft oder beim Rechnen verbessert, somit dem Lehrer die Erkenntni» de» Bildungrzustandes erschwert und da« Kind in verhängnisvoller Weise dazu verleitet sich mit fremden Federn iu schmücken und Kenntnisse zu heucheln, die gar nicht vorhanden sind. Die Eltern sollen dem Lehrer keinen unlauteren Wettbewerb Machen! Ihre Pflicht ist, die Kinder zur Pflichtmäßigen Erledigung der häuslichen Arbeiten anzuhalten. Also müssen sie vor allem ihren Kindern die nötige Zeit, den zweck mäßigen Raum und die sonstigen gehörigen Hilfsmittel zur Lösung der Schulaufgaben ge währen. Selbstverständlich — werden da die Meisten Eltern sagen aber wie oft fehlts an bles« „selbstverständlichen" Rücksicht aus Kind and Schule! Dre»den. Ein dreister Diebstahl konnte am Sonntag auf frischer Tat entdeckt und vorläufig gesühnt werden. In einem der ersten Tase der Stadt boten nachmittags in der vierten Stunde zwei Herren drei sehr gute Elfenbein-Billardbälle zum Kaufe an; sie ver langten dafür 30 Mark. Der Billardpächter de» Cafes faßte jedoch sogleich Verdacht. Er lagte den bsiden, er müsse die Bälle eist in Einem anderen Zimmer wiegen und aus dem Kontor Geld holen; die Zeit jedoch, die er durch dieses Hinhalten der Leute gewonnen, be- "utz'e er, um nach der Kriminalpolizei zu lElkphanieren, die auch sogleich zwei Beamte pickte, um die beiden Verdächtigen verhaften iu lassen. Die Kriminalpolizei war über den Fang sehr erfreut, denn nach dem Inhalt des Koffers der beiden zu schließen, hat man es in den Verhafteten mit einem paar internationalen Einbrechern zu tun. Die Bälle waren erst ganz kurz vorher in «inem Lokale der Ostra- Allee gestohlen worden. —* Am Mittwoch herrschte auf dem Bahn- jöfen wieder reges Leben, da nichi weniger als über 5000 Rekruten mit der Eisenbahn nach ihren Garnisonorten zu befördern waren. In Dresden trafen allein gegen 1420 junge Vatcrlandsverteidiger mit der Eisenbahn ein, während aus den verschiedenen Aushebung«- bezirken 700 nach Bautzen, 210 nach Pirna, 250 Hiach Freiberg, 600 nach Leipzig, je 230 nach Wurzen, Riesa und Leisnig, 450 nach Chemnitz und 700 nach Zwickau befördert wurden. Die Zahl der zu befördernden Rekruten war bei einigen Zügen so groß, daß ich die Ablassung von Sonderzügen nöiig machte. — Aus Blasewitz begab sich ein 27 Jahre alter Zivilingenieur vor acht Tagen nach Leipzig und ist seitdem verschwunden. Die Angehörigen setzen eine Belohnung von hundert Mark aus für die Auffindung des Ver- chwundenen, von dem sie annehmen, daß er ich ein Leid angetan hat. — Tie Königliche Prähistorische Sammlung im Zwinger ist vor kurzem in den Besitz zweier wichtiger Funde gelangt, weil es sich hier um die ersten Kupsersunde aus Sachsen handelt. Das eine Fundstück ist eine durch lochte Kupseraxt von ungarischem Typus. Sie soll in den 70er Jahren des 19. Jahrhundert bei Großenhain gefunden worden sein und ist wahrscheinlich durch Tauschhandel in die dortige Gegend gekommen. Der zweite Fund ist eine kupferne Flachoxt von sehr roher Arbeit, an der man noch die Reste der Gußnäthe be merken kann. Sie wurde im Jahre 1897 von einem Holzfäller beim Roden eines StockeS auf der Flur des Rittergutes Treuen >. V. zirka 16 Zentimeter tief in der Erde gefunden Das Alter der beiden hochinteressanten Fund stücke wird von dem Direktor der prähistorischen Sammlung, Herrn Hofrat Prof. Dr. Deich- Müller, aus zirka 4000 Jahre geschätzt. Bei der großen Seltenheit der Kupsersunde in Mitteldeutschland sind diese sächsischen vor geschichtlichen Funde deshalb von besonderer Bedeutung, weil sie den Beweis erbringen, daß bereits in der frühesten Metallzeit, also vor rund 4000 Jahren, noch ehe di« Bronze eingesührt wurde, vereinzelt auch Kupfergeräte bi» in unsere Gegend gebracht worden sind. — Am Carolas« versuchte ein in Schwermut verfallener Versicherungsagent sich mit Lysol zu vergisten. Die Wohlsahrtspoliz-i brachte den ohnmächtig gewordenen Mann mittels Krankenwagens in das Johannstädter Kranken haus. — In der Stadtverordnetensitzung am heutigen Donnerstag gelangt u. a. ein Schreiben des Rats auf den Antrag der Stadtverordneten wegen Versorgung der minder ibemittelten Einwohnerschast von Dresden mit möglichst billigen Lebensmitteln und die Petition an den deutschen Reichstag wegen Oeffnung der Grenzen für Einfuhr lebenden Viehes und frischen und gefrorenen Fleisches zur Kenntnis. Man vermutet, daß auch die Aussehen er regenden Zeitungsartikel der letzten Tage über eine „Nebenregierung" in der Stadtverwaltung zur Sprache kommen werden. — Die Tochter des verstorbenen Kommissions rats Gustav Korb hat dem Beamtenunter stützungsverein von Dresden und Umgegend die Summe von 10000 M. zur Errichtung einer Korb-Stiftung überwiesen. — Zu dem bekanntgegebenen Einbruchs diebstahl in einem hiesigen Pelzwarengeschäft wird noch bemerkt, daß außer den daselbst an geführten, gestohlenen Sachen noch verschiedene andere Pelzwaren vermißt werden, welche ebenfalls diesen Dieben in die Hände gefallen sein dürsten. Für Wiedichelbeibrmgun^ d-w hauptsächlichsten gestohlen Sachen sind 400 M. Belohnung ausgesetzt worden. — Aus dem Hause Nr. 15 der Bankstraße stürzte sich Dienstag abend gegen 7 Uhr eine unbekannte Frau in den Hof herab und blieb besinnungslos und aus einer Hinterkopswunde blutend liegen. Sie wurde sogleich mittels des Unfallwagens in das Friedrichstadter Kranken haus übergeführt, wo sie bald darauf verschied. Die Unbekannte, anscheinend Arbeiterin, ist etwa 50 Jahre alt, 1,55 Meter groß, hat er graute Haare, große Augen und vorstehende Backenknochen. Zittau. Im nahen Eckartsberg wütete am Mittwoch abend ein großes Schadenfeuer und zwar auf dem Grundstücke des Guts besitzers Karl Rehnisch. Vollständig vernichtet wurde eine ziemlich neue große und massive Scheune nebst Inhalt, bestehend in mehreren hundert Zentnern frisch eingebrachten Getreide. -- Unter dem Verdachte des Gattenmordes wurde in dem nahe der Reichsgrenze gelegenen böhmischen Orte Kreibitz bei Zittau die Handelösran Anna Görnitz verhaftet. Ihren Mann fand man vor einiger Zeit im Mühl graben tot auf. Wie jetzt ein ehemaliger Liebhaber der Frau behauptet, hat die letztere ihren Ehemann, um ihn los zu werden um gebracht. Pirna. Ein Weltbummler, der Italiener Kiachino Jann!, hat es sich zur Aufgabe ge macht, in vier Jahren 60000 Kilometer zu bewältigen und legte bereits in sieben Monaten 9000 Kilometer zurück. Er berührte dabei unter anderem Aegypten, Balkan und Oester reich. Von Dresden aus, wo der Fremde kürzlich über Bodenbach und Pirna eintraf, nahm er sein Ziel nach Leipzig und Berlin. Die weiteren Reiseziele Giachino Jannis bilden Rußland, Finnland, Skandinavien, Dänemark, Holland, Belgien usw. Janni wandert übrigens «sicht allein, in seiner Begleitung befindet sich ein kleines niedliches Hündchen, das tapfer di« langen Wegstrecken mitläust. Meißen. Ein in einer hiesigen Familie in Stellung befindliches Dienstmädchen bedrohte im Scherze eine in demselben Hause beschäftigte Aufwartefrau mit einer Luftbüchse. Die Frau machte das Mädchen auf die Gefährlichkeit der Waffe aufmerksam und wollte, um der Spielerei ein Ende zu machen, sich entfernen und die Tür zwischen sich und dem Mädchen zuziehen. Diese drückte aber den Abzug der Schußwaffe, von der sie annahm, daß sie nicht geladen sei, doch noch durch die Türspalte auf die Frau ab, dir von der Kugel in den Fuß getroffen wurde. Nachdem durch Röntgenstrahlen der Sitz des Geschosses sestgestellt worden war, wurde dieses im hiesigen Stadtkrankenhause, wohin man die Verletzte gebracht hatte, auf operationellem Wege entfernt. Lommatzsch. Im Stadtteil O, aus dem Wege von Löbschütz nach Lommatzsch-Domselwitz, wurde am Sonntag abend gegen 6 Uhr die beim Gutsbesitzer Clemens Steuer in Oelsitz bei Riesa bedienstete, etwa 18 bis 20 Jahre alte Emma Münch aus Nickritz, die ihrer in Löbschütz in Dienst befindlichen Schwester einen Besuch abgestattet hatte, von einem Wüstling angefallen. Das Mädchen, dem der Kerl den Mund zuhielt, um ein Schreien zu verhindern, entwand sich aber seinen Armen unter Preis- gäbe einer Ledertasche,. die mehrere zu Hochzeitsgeschenken bestimmte Sachen enthielt und flüchtete. Leider ist der Täter entkommen. Grimma. Hier war die Familie des Steinbossierers Scharch im Begriff, ihre Möbel mit einem einspännigen Geschirr von Kleinstein berg nach dem Roten Vorwerk zu befördern, der neuen Arbeitsstätte des Scharch, der dort als Drescher Dienst genommen hatte. Vor Grethen wurde das Pferd des Geschirres, das Scharch selbst lenkte, scheu und ging durch. Scharch wurde dabei vom Wagen herunter und mit den Schläfen an eins Bordkante ge- schl'udett md auh von einem Vorderrad überfahren. Besinnungslos wurde der Schwer verletzte aufgehoben. Auf Anordnung de» Arztes wurde der Verunglückte auf einer Trag bahre der dasigen Freiwilligen Sanitätlkolonne nach dem Krankenhau» gebracht, wo er nacht» gestorben ist. Leipzig. Wie in hiesigen pädagogischen Kreisen mit Bestimmtheit verlautet, soll im Jahre 1908 zum ersten Mal der Versuch ge macht werden, das neue Schuljahr nicht nach Ostern, sondern mit dem 1. April beginnen zu lassen. Das Osterfest fällt im Jahre 1908 wieder besonders spät, nämlich auf den 19. April. Dem Schuljahr 1908/09 würden also über drei UntcrrichtSwochen genommen, wenn der Schulunterricht erst nach den Oster ferien stattfände. Deshalb soll das Schuljahr 1907/08 imit dem 31- März enden und am folgenden Tage der Unterricht in den neuen Klassen beginnen. Leipzig würde damit die erste Stadt in Sachsen sein, die einen Versuch mit der von allen Seiten gewünschten Fest legung des Schuljahres macht. — Im Johannapark wurde abends in der 8. Smnde einer Dame ein Handtäschchen in dem sich ein Portemonnaie mit über 100 Mk. befand, 'entrissen. Der Räuber wurde aber von mehreren Personen verfolgt und ergriffen Es handelt sich um einen 24 Jahre alten Arbeiter aus Wurzen. — In einer Wohnung in der Bornaischen Straße sprach ein alter Bettler vor. Er bat um eine Gabe, da er kein Schlafgeld habe. Die Hausfrau wollte ihm einen Zehnpfenniger geben, gab ihm aber ein 20 Markstück. Nach einer halben Stunde kehrte der Bettler zurück, kiärte die Frau über den Irrtum auf und gab das Geld zurück. Gerührt über sein« Ehrlichkeit, sammelte man im Hause für den ehrlichen Bettler. Er nahm dankend die Spenden ent gegen und sagte: „Das Geld hätte mir ja doch keinen Segen gebracht." Freiberg. Der Hilfslehrer Reichel in Caemmerswalde erschoß seine Geliebte, di« GastwirtschaftsbesttzerStochter Göhler und dann sich selbst. Burgstädt. Auf dem Nachhausewege von der KirmeSfeier geriet in Diethensdsrf der an getrunkene Gutsbesitzer Max Schuster mit dem 37 jährigen Maurer Müller in Streit und versetzte ihm dabei mit einem Messer so schwere Stiche in den Unterleib, daß der Verletzte in der Nacht im Chemnitzer Krankenhause ver storben ist. Plauen. Wie der „Vogtl. Anz.* aus Markneukirchen meldet, wurden am Dienstag morgen in der Gartenlaube eines Grundstücke» in der Moltkestraße der aus Großenhain stammende 19 Jahre alte Maschinenmeister Paul Pinkert und die in Markneukirchen bei ihren Eltern wohnhaft gewesene 23 Jahre alte Verkäuferin Anna Ficker erschossen aufgefunden. Nach den hinterlassenen, an die Eltern ge richteten Briesen sind beide in gegenseitigem Einverständnis in den Tod gegangen. Der Beweggrund ist noch unbekannt. — In Drudlewiß ließ das SchleiferSehepaar Schlehofer ein kleines Kind und ein Schwein allein in der Wohnung. Als die Eltern zurückkamen, fanden sie ihr Kind in «inem entsetzlichen Zustande vor. Da« Schwein hatte dem kleinen hilflosen Wesen von den Wangen Armen und Beinen da« Fleisch bis auf die Knochen abgefressen. — In einer Wohnung der Lessingstraße wurde ein Mädchen von zwei Mormonen predigern so beeinflußt, daß es wegen Anfällen von Verfolgungwahnsinn in das Krankenhaus eingeliefert werden mußte. Geyersdorf. Tödlich verletzt wurde ein hiesiger Wirlschaftsgehilfe, den ein fremder Radfahrer, der die Gewalt über sein Rad verloren hatte, so unglücklich überfuhr, daß er innere Verletzungen erlitt, an denen er starb.