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Hu der Koblenzer Landesverrats. Affäre wird noch berichtet, daß der frühere Redakteur Schiwara der Hauptschuldige ist, dessen Straftaten nicht nur unter den Paragraphen betreffend Spionage fallen dürften. Eine Reihe Unteroffiziere wurde verhaftet, doch steht noch nicht fest, ob sie alle der Beihilfe an jenen Slraftaten schuldig sind. Bisher steht nur die Verhaftung des Feldwebels Klein in Metz in Verbindung mit der in Koblenz erfolgten Ver haftung eines Vizewachtmeisters. Noch weitere Verhaftungen stehen bevor, da in aufgesundenen Briefen eine Anzahl unterer Militärpersonen namhaft gemacht wurde, „mit denen etwas zu machen wäre". Die Untersuchung wird streng geheim geführt. Auch die Festnahmen sowie sonstige Maßregeln entziehen sich fast vollständig der Öffentlichkeit. X Selbstmord eines Reflier««gsbau- meisters. In Angermünde erschossen aufge funden wurde der Regierunsbaumeister Franz Planert aus Wolfenbüttel. Der Verstorbene war seit Februar d. dort als Stadtbaumeister und Leiter des Stadtbauamts beschäftigt. Am 1. Juli gab er diese Stellung auf, um in Anger münde für den preußischen Staat einen Kanal bau zu leiten. Die Veranlassung zu dem Selbstmorde ist nicht bekannt. Im Jähzorn. In Köthen streckte der Chemiker Dr. Thiele aus Geuz durch Faust schläge den Kreisdirektor nieder, welcher sein Stellengesuch abschlägig beschieden hatte; er wurde verhaftet. Das Ende. Der Bauunternehmer Maurer meister Z. in Kassel ist unter dem Verdacht be trügerischen Bankrotts verhaftet, da er in den letzten Jahren weit über seine Verhältnisse ge lebt hatte. Eine Mißgeburt. Einem Einwohner in Dachrieden (Eichsfeld) wurde ein Mädchen ge boren, das zwei Köpfe, vier Hände und vier Beine hatte. Das Kind lebte, starb aber bald nach der Geburt. Eine Jamilientragödte hat sich im Kreise einer deutsch-russischen Adelsfamilie in Litauen abgespielt. Auf dem Rittergute Kraszty bei Boniewietsch geriet der Sohn des Hauses, der 22 jährige Frhr. Alexander v. Hahn mit seiner 60 jührigen Mutter in Streit, die ihm Vor haltungen wegen seines liederlichen Lebens wandels machte. Als er im Verlause des Wortwechsels der greisen Baronin Schmähungen entgegenschleuderte, streckte diese den Ungeratenen durch einen Revolverschuß tot nieder und begab sich dann in den Garten hinunter an den Teich, wo sie Selbstmord verübte. Die Blattern in Wien. Durch einen Erlaß des Unterrichtsministers wurde der Schulbeginn für alle öffentlichen und privaten Lehranstalten vom 15. d. auf den 1. Oktober verschoben; als Ursache für diese Maßregel wird die Verhütung weiterer Verbreitung der Blattern angegeben. Ein Opfer der Wilderer. Im Blühn- bachtal am Steinernen Meer in Tirol ist der Oberjäger des Erzherzog-Thronfolgers von Wilderern erschossen und die Leiche im Walde versteckt worden. Von den Wilderern hat man keine Spur. Verzweiflungstat eines Vaters. In Semlin (Kroatien) erschlug der Steueramts diener Nikolaus Lovrek seine vier Kinder mit der Holzhacke auf gräßliche Weise, schoß sich dann mit einem Gewehr in die Brust und war sofort tot. Lovrek war schwindsüchtig und bildete sich ein, daß auch seine Kinder mit dieser Krank heit behaftet seien. Zugentgleisung i« Galizien. In der Nacht entgleiste bei Station Bukaczowce der Stunislauer Personenzog. Die Lokomotive war aus dem Gleis gesprungen und zog acht Waggons mit sich, von denen die ersten um- stürzten und in Brand gerieten. Zwei Waggons wurden zertrümmert. Viele Reisende verloren das Bewußtsein. Aus vier Waggons kletterten die Reisenden aufs Waggondach und gelangten so ins Freie. Aus dem zertrümmerten ersten Waggon wurden drei Tote, ein schwer verletzter Student und ein Soldat herausge hoben, dem die herabfallende Waggontür beide ' SU,! -, Schließlich setzte se uff „Fels" een halbet Pfund. Wie dst betreffende Rennen dran kam, febärdcte ie sich derartig uffjercit, det ick ihr am liebsten int Jenicke jestukt hätte Als die Jaule uff det Ziel zuieloofen kamen, schrie det Publikum: „Fels jewinnt!" Die Jrundwann war puterrot int Jesichte. Se hatte ihrem Vordermann an de Schultern jefaßt und huppte dabei, als ob se uff een jaloppiercndet Ferd säße, wie een Schockei. „Feste! Feste!" schrie se immer, und plötzlich, als et hieß: „Fels hat ge wonnen I" drehte sich die überjeschnappte Person um. fiel meinen Mann um den Hals und schrie: „Den ha«, ick I Den hab' ick I Zehn Mark hab' ick druff jcietztI" — Ick hätte, — fährt die Angeklagte fort, indem sie ihrem aus der Zeugenbank, sitzenden Eheherrn einen strafenden Blick zuwirft, — mir vielleicht nich Hinreißen lassen, wenn sich mein Mann dabei nich so unpassend benommen hätte. Den schien nämlich die Sache riesijen Spaß zu machen. Als se ihm umfaßte, umärmelte er ihr rejelrecht und schrie: „Feste I Feste I Fels hat jewonnen !" — Sie werden mir zujeben, Herr Jerichtshof, det ick da inschreiten mußte. — Nachdem der Vorsitzende das aus 20 Mk. Geldstrafe lautende Urteil verkündet hat, wirst Frau Nitsche ihrer Gegnerin einen verächtlichen Blick zu und verläßt den Saal mit den Worten: „Tei zahlen wir mit eene Hand. Wir haben» ja!" Juristische plauclerei. *** Vorbehaltgut. Das Frauengut teilt sich in eingebrachtes Gut, welches der Ver waltung und Nutznießung des Mannes unter- warfen ist, und Vorbehaltgut, welches hiervon frei ist. 8 1366 des Bürgerlichen Gesetzbuches besagt: „Vorbehaltgut sind die ausschließlich zum persönlichen Gebrauche der Frau bestimmten Sachen, insbesondere Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräte." Der Sinn dieser Vorschrift ist der: Wenn diese Sachen Eigentum der Frau sind, dann sind sie Vorbehaltsgut, nicht einge- brachtes Gut. Indessen kann es nur ausnahms weise Vorkommen, daß solche Sachen dem Manne gehören, wie z. B. bei Familienschmuck, den er der Frau überlassen hat. Deshalb ist im Gesetz ferner bestimmt, daß bei den ausschließlich zum persönlichen Gebrauch der Frau bestimmten Sachen immer die Vermutung gelten soll, daß sie der Frau gehören. Wer ein andres be hauptet — ob der Mann oder dessen Gläubiger — muß es beweisen. Durch den bloßen Um stand, daß der Mann die Sachen angeschafft hat, wird dieser Beweis noch nicht erbracht. Namentlich bei Kleidern und Schmucksachen wird man im Gegenteil anzunehmen haben, dgß der Mann sie der Frau hat übereignen wollen. Unter die Sachen, die „zum persönlichen Gebrauch der Frau bestimmt" sind, wird man auch das Garderobsn- geld zu rechnen haben, das der Mann der Frau für ihre persönlichen Bedürfnisse über geben hat. Wirtschaftsgeld dagegen, das zur Bestreitung des gemeinsamen Haushaltes dient, ist überhaupt nicht Eigentum der Frau, sondern bleibt Eigentum des Mannes. Vorbehalt gut ist nach 8 1367 ferner, was die Frau durch ihre Arbeit oder durch den selbständigen Betrieb eines Erwerbsge- fchäfts erwirbt." Bisher galt das, was die Frau erwarb, überhaupt nicht als ihr Eigentum. ES wurde vielmehr Eigentum des Mannes. Dieser Zustand ist in sein direktes Gegenteil gewendet. Das durch eigne Arbeit Erworbene gehört gerade zu der bevorzugten Art des Frauengutes. Indessen gehört nur diejenige Arbeit hierher, welche die Frau für ihre eigne Rechnung unternimmt. buntes Allerlei- Ungewöhnlich niedrigere Tempera turen herrschen in diesem seltsamen Wetterjahr nicht nur bei uns in Mitteleuropa, sondern auch in Mittelafrika. Sowohl von den Schutz truppenposten im Innern von Deutich-Ostaflika, wie von Teilnehmern der mittelafrikanischen Expedition des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg wird lebhaft über die herrschende ungewönliche Käste geklagt. * * * Jdeenverbindung. Professor (der in der dampfenden Suppe eine Fliege entdeckt): „Richtig,^ein Dampfbad wollte ich heut' nehmen." Füße zerschmettert hatte. Mehr als 30 Per sonen erlitten Verletzungen. Einsturz eines Musikpavillons. Bei einem Turnfeste in der Gemeinde Marcke bei Brügge stürzte ein Musikpavillon ein, auf dem 55 Mann spielten. Diese kamen mit ungefähr lichen Quetschungen davon, dagegen wurden von 12 Kindern, die auf dem unteren Boden des Holzbaues herumliefen, 8 schwer verwundet, 4 davon tödlich. Mordanschlag auf einen russische« Grafen in Venedig. In Venedig drang ein junger Russe in die Wohnung seines Lands mannes, des vielfachen Millionärs Grafen KamarowSkh ein und feuerte vier Revolver schüsse auf den Grafen ab, der zweimal getroffen Schöffengericht !n Sonneberg verurteilte Morgenroth desdalb zu sechs Wochen Gefängnis. In der Be rufungsinstanz vor der Strafkammer wurde jetzt die Strafe, da es sich nach Ansicht der Richter nur um einen Betrugsversuch handelte, auf drei Wochen Ge fängnis ermäßigt. Tunkt uncl Millen schäft. 4t Die drahtlose Telegraphie in der Welt. Nach einer Statistik, die das „Navy Departement" der Ver. Staaten aufgestellt hat, verteilen sich die Stationen für drahtlose Telegraphie in der ganzen Welt folgender maßen: Ver. Staaten 88, England und Irland 43, Italien 18, Deutschland 13, Ruß land 8, Frankreich 6, Türkei 6, Argentinien 5, »»«»»Will« wurde. Der Attentäter fuhr dann unbehelligt zum Bahnhof, gab dem Gondoliere 400 Lira, um sich dessen Schweigen zu erkaufen, und bestieg den Schnellzug nach Mailand. In Verona wurde er jedoch verhaftet. Überschwemmung in Spanien. Nackt einer Meldung aus Madrid drohen infolge einer Überschwemmung, die in der Stadt Utiel, in der Provinz Valencia, eintrat, zahlreiche Häuser einzustürzen; 16 mußten bereits abge tragen werden. Mehr als 100 Familien sind obdachlos. Ei« neuer Berg ist nach einer Meldung der,Franks. Ztg/ aus New Jork infolge vul kanischer Tätigkeit im Golf von Alaska in der Nähe von Perry Island entstanden. Gerichtskalle- Halle a. S. In der Dölauer Heide wurde am 22. Juli der stud. med. Walter Lipsky aus Dessau von dem stud. med. Hans Rau aus Eilenburg im Pistolenducll erschossen. Volle Klarheit über Anlaß und Verlauf des Ehrenhandels wird erst die dem- nächstige Verhandlung gegen Rau erbringen. Zu nächst hatte sich der Kartellträger, der 20 jährige Student Walter Hüttenheim aus Breslau, wegen Beihilfe zum Zweikampf zu verantworten. Nach seinen Angaben haben zwei Ehrengerichte die aus dreimaligen Kugelwechsel bei zehn Schritt Distanz lautende Forderung genehmigt, nachdem ein Ver söhnungsversuch mißlungen war. Dio Duellanten hatten sich aus dem Winzerfest im „Zoologischen Garten" beim Tanz entzweit und untren dann zu wörtlichen wie tätlichen Beleidigungen übergegangen. Der angeklagte Kartellträger erhielt vierzehn Tage Festungshaft. Der Staatsanwalt hatte drei Monat beantragt. Meiningen. Auf einer Geflügelausstellung wurden dem Holzschnitzer Adolf Morgenroth aus Schichtshöhe Ausstellungspreise für Hähne zuerkannt. Als die Hähne Morgenroths untersucht wurden, entdeckte man, daß der Aussteller, um sür seine fehlerhaften Tiere Preise zu erlangen, falsche Federn künstlich eiugefügt und diese mit Stecknadeln in dem Fleisch der armen Tiere befestigt hatte. Das Brasilien 5, Kanada 5, China 5, Hawai 5. Dänemark 4, Spanien 4, Schweden 3 Gibraltar 2, Österreich-Ungarn 2, Rumänien 2 Mexiko 2, Panama 2, Japan 2, Andamanen 2. Ägypten 2, Marokko 2, Mosambik 2, Tripolis 1, Kostarika 1, Montenegro 1, Portugal 1, Chile 1, Malta 1, Belgien 1, Norwegen 1. Das sind zusammen 254 Stationen, von denen über ein Drittel auf die Ver. Staaten entfallen. Die Akademie auf dsm Monte Rosa. Auf dem Monte Rosa (in den penninischen Alpen) ist zu Ehren des italienischen Physiologen Angelo Mosso, der zuerst die Verhältnisse des menschlichen Lebens auf großen Höhen erforschte, ein Institut für wissenschaftliche Höhenforschung eröffnet worden. K berliner k)umor vor bericht „Fels" gewinnt! Eine Szene auf der Renn bahn in Hoppegarten lag einer Verhand'uny zu grunde, die vor dem Schöffengericht stattfand. Wegen Beleidigung war eine Frau Nitsche an geklagt. Sie sollte eine Frau Grundmann durch wenig schmeichelhafte Bezeichnungen beleidigt und dabei recht derb „geschuppst" haben, sodaß Frau Grundmann, wie sie sagt, acht Tage lang die Rippen weh taten. Vorsitzender: Die kritische Szene soll sich auf der Rennbahn in Hoppegarten abgespielt haben. Sie, Frau Nitsche, waren an dem Tage in Begleitung Ihres Mannes dort? — Angeklagte: Janz recht. Mein Mann un icke waren an den Dag abkömmlich un wußten nich, wat wir mit den scheenen Nachmittag an fangen sollten. Mein Jatte kam schließlich uff die Idee, nach Hoppe- jarten zu fahren. — Äors.: Dort war auch Frau Grundmann; war deren Mann auch mit? — Angekl.: Nee, se war alleene. Wenn ihr Mann mit- iewesen wäre, hättse wahrscheinlich von dem eene Reinijung jekriejt. — Bors.: Was passierte nun dort draußen. — Angekl.: Ick hatte die Person schon längere Zeit beobacht'. Sie stand jerade vor uns und bedruch sich riestj uffällij. Von jedem, der in ihre Nähe kam, wollte se 'n juten Tipp haben, se wollte durchaus uff eenen von die Jäule zehn Mark wetten, objleich se mir durchaus nich so aus sah, als ob se Ville Jeld zu verlieren hätte. > Oie weiter äer cliesjäkrigen Tailermanöver. General der Kavallerie v. Stünzner, Kommandeur des 10. Armeekorps. C General der Kavallerie Frhr. v. Vissing, Kommandeur des 7. Armeekorps. Während ein feiner Regen herniederrieselte und dichter Nebel über Land und Meer lag, sodaß die ganze West wie ein formloses Nichts erschien, ohne einen Funken Licht, daran sich die Hoffnung hätte klammern können, wurde Mutter Maria ins Grab gebracht. Für Kamilla folgt eine düstere Zeit. Wochen hindurch schwebte sie zwischen Leben und Tod und es war fürchterlich mitanzuhören, wie sie in ihren Phantasien litt. Aus allen ihren irren Worten klang immer wieder das eine heraus, das sie die ganze Zeit in Angst und Qual erhielt — die Liebe zu Bertram, den sie nun für immer verloren hatte. Wenige, selbst der Arzt nicht, hatten an eine Wiedergenesung der Kranken geglaubt. Die Nervenerschütterung war eine so hoch gradige, daß der Doktor beinahe mehr für sie befürchtete, wenn sie am Leben blieb, als er ihren Tod beklagt hätte. Und doch kam der Tag, an dem „die Perle" gesundete; das hatte sie der Kraft des einen zu verdanken, der den Kampf mit dem Tode für sie ausgenommen und durchgesührt hatte — Joseph. Von jener ereignisvollen Nacht an teilte er sich mit den Frauen des Dorfes in ihre Pflege. Des Tags über stand er draußen im Meere in seinem Boote, und kam er des Abends müde zurück, suchte er nicht seine Hütte auf, sondern begab sich zu Kamilla. Dann übernahm er die Nachtwache. So ging es Tag für Tag, Woche um Woche. Die erste Zeit fiel es ihm leicht, denn er War stark und durchaus gesund, so daß ihn der Verlust des Schlafens nicht weiter schädigte. Allmählich aber wies sein Antlitz Spuren der Erschöpfung auf, und sein Gang wurde schleppend und müde. Um so wacher, um so stärker war seine Seele. Von dem Augenblicke an, da der Arzt die Hoffnungslosigkeit des Falles dem Schiffer ziemlich unumwunden mitgeteilt hatte, war in Joseph eine wilde Angst erwacht, Kamilla möchte wirklich sterben. Und er gelobte sich, alle Kraft gegen diesen Feind zu richten, der dieses schöne Leben zerstören wollte. Mit eiserner Energie kämpfte er um dieses Leben, breitete schützend seinen unbezwinglichen Willen über sie und wich und wankte nicht. ES schien als teile sich seine eigene und gesunde Kraft geradezu der Kranken mit, die an Stärke das gewann, was Joseph abnahm. Endlich kam ein Tag, an dem Kamilla zeit weise ihr Bewußtsein wieder erlangte. Die Dämmerung war hereingebrochen und Joseph hatte eben seinen Nachtdienst angetreten. Die junge Frau war unruhig, und als er an ihr Lager trat, richtete sie die großen heißen Augen auf ihn. „Leidest du, Perle?" fragte Joseph. Sie gab ihm keine Antwort. Kennst du mich nicht? Ich bin Joseph." „Joseph?" Sie sann einen Augenblick nach. „Nein — es war nicht Joseph, den ich üebte. Wie hieß der andre, der schöne, starke?" Der Fischer antwortete nicht. „Wie hieß er?" fragte sie jetzt wieder mit klagender Stimme, als schmerze sie das scharfe Denken. „Bertram," entgegnete der Mann. Sie sah ihn mit leuchtenden Augen an. „Jal Bertram ... er ist fort, nicht wahr?" „Ja." „Weißt du, wann er wiederkommt, Joseph?" „Nein, Perle." „Aber er wird wiederkommen, nicht wahr?" „Sicherlich." „Ja," fuhr sie mit verzückter Stimme fort, „ja, er kommt wieder, ich weiß, daß er zurück kehren wird — ich weiß es ganz gewiß, wenn ihr mir auch alle vorschwatzt, daß er tot sei." Dann schlief sie wieder ein, um plötzlich mit einem wilden Rufe emporzufahren. „Wo ist mein Kind? Mein Kind! Habt ihr mir auch mein Kind gestohlen?" In solchen Fällen pflegte Joseph vor die Tür zu eilen und durch die hole Hand drei-, viermal zu pfeifen. Dann erschien- aus einer der Nachbarhütten eine Fischersfrau mit der kleinen Margarete, die daselbst in Pflege ge geben war. Joseph selbst reichte Kamilla die Kleine. „Sie sieht ihm ähnlich, nicht wahr, Joseph?" „Ja, Perle." „Dieselben Augen, derselbe Mund, dasselbe Lächeln." Danach verfiel sie wieder in Lethargie. Und so Wochen hindurch. Der Arzt, der allmählich einen Umschwung zum Besseren konstatieren konnte, sah Joseph ost mit eigentümlichen Augen an. „Sie haben eine merkwürdige Kraft," sagte er einmal zu ihm. „Wenn wir die Frau durch bringen, ist es Ihnen mehr zu verdanken, als mir. Wie kommt das?" Joseph stotterte etwas, wurde sehr rot und verlieb die Stube. Einmal, als Kamilla bereits anfing, völlig wieder die Herrschaft über ihre Gedanken zu bekommen, wachte sie nachts auf. Nicht weit von ihr saß Joseph in dem alten Lehnstuhl Mutter Marias. Das Licht warf eigen tümliche Schatten über sein Gesicht und ließ eS älter oder richtiger gealtert erscheinen. Der er schöpfte Ausdruck trat stark hervor, ebenso die Falten stillen Grams um die Mundwinkel, die bleiche Stirn und daneben doch die unbeug same, reine Kraft, die sich in den festzusammen- gepreßten Lippen kundgab. Er war von Müdigkeit überwältigt ein geschlafen. Es schien Kamilla, als sei sein Haar nicht mehr so dunkel wie früher, als sei es an einigen Stellen gebleicht, doch konnte auch dies der Widerschein des Lichts sein, das auf ihn fiel. Ein großes Mitleid überkam sie. Jetzt, nachdem sie gesünder war und die Ereignisse mit ruhiger Entsagung betrachtete, kam ihr mehr und mehr die Erkenntnis für den edlen Charakter dieses einfachen Menschen. Nicht was er alles für sie getan hatte, erweckte dieses warme Ge fühl in ihrem Herzen, nein wie er alles voll bracht, mit so wunderbarer Ruhe und Selbst verständlichkeit, mit soviel innerem Mut und mit einer Selbstverleugnung und dabei doch unter einer Hoffnungslosigkeit, die seine Auf opferung doppelt wertvoll und rein erscheinen ließ. Hi 7 (Fortsetzung >olgt.)