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Dir ,rfer Zcitung" erschetnr vir.lrtag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich i Mark. Durch dir Post bezogen -,2V Mark. Annahme von Inserat» bi» »»»mittag t» Ms». Inserat« werden mit ;o Pf fiir dir Spaltzeil« berechn«» Labellartsch« Satz nach desendrrem Laris Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode." Druck und Verlag vor --ermann Rühl« in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Grsß-Dkrilla Sonntag, den 1. September 1907. No. 106. 6. Jahrgang. Oertlichrs und Sächsisches. Dttendorf-Gkrilla, denAugust ^a?. —* Der August scheidet und mit ihm die Sommerzeit. Mit Wehmut blicken wir auf die vergangenen Tage zurück, obwohl auch der Spätsommer dem Frühling und Hochsommer glich in bezug auf nass- Witterung. Der Pessimist erwartet auch für die kommenden Monate keine wesentliche Besserung und Aenderung und ergibt sich seinem Schicksale. Bedauerlich bleibt es freilich, daß mancher in folge der ungünstigen Witterung in den ver gangenen Sommerwochen nicht die erwünschte Stärkung und Erholung gefunden hat. und das, vor allem die Ernteergebnisse im all- g-Meinen nicht so günstig sein können, als bei normalen Wetter. Unser Mitleid verdienen zumeist die Wirte der Karten- und Sommer- etablissemenis. da der wirtschaftliche Ausfall ganz bedeutend ist. W-lch Unheil ein nasser Herbst noch anrichten kann, läßt sich zur Zeit Noch nicht übersehen. Eins ist aber schon jetzt völlig klar, daß die LebenSmiltelpreise eher anziehen als sinken und für Unbemittelt- das Nahende Winterhalbjahr nicht rosige Aussichten bietet. Ein Glück, daß der Mensch selbst in den schwersten Tagen immer noch die Hoffnung in seinem Busen trägt. —* Werden die Kohlen teurer? Die i günstige Lage des Kohlenmarktes, welche für i Oberschlefien noch gefördert wird, durch den I steigenden Bedarf Oesterreichs, birgt den An reiz zu einer weiteren Steigerung, der Kohlen- preise in sich. Hierzu schr-ibt die „Deutsche Bergwerks-Zeitung: Wie wir hören, werden unter den oberschlesischen Plivatgrubrn Be sprechungen geflogen über eine neue, für den Winter, also ab 1. September wahrzunehmende Preiserhöhung. Der Winter bringt zwar in der Regel einen Aufschlag für Hausbrandkohle. Diesmal dürste dieser Ausschlag größer werden als sonst, wenn die im Gange befindlichen Bestrebuugen durchdringen. Außerdem geht man mit der Absicht um, auch die Judustrie- kohlen, die sonst im Winter keine Preiserhöhung er erfahren pflegen, diesmal mit höheren Preisen zu bedenken. Die Veranlassung zu diesen Erwägungen hat direkt die letzte Preis erhöhung de» Fiskus gegeben. Man geht aber tvohl auch nicht fehl mit der Annahme, daß Henn die Preiserhöhung der privaten Gruben für den Winter durchgehen der Fiskus unter Berufung der privaten Werke zum 1. Januar 1908 abermals mit einer Preiserhöhung dervortreten wird. Wa» die letzte Vermutung »nlangt, s» steht ihr entgegen, daß die letzte im März dieses Jahres bekannt gegebene Preisfestsetzung der fiskalischen Steinkohlenwerke jum ersten Male ausdrücklich als für ein Jahr, vom 1. April 1907 bi» zum 31. März 1908, geltend bezeichnet worden ist. Weixdorf. Da« Gesuch des Fleischer- tttrister» Göhlert um Uebertragung der Er laubnis zum Betriebe der Schankwirtschaft «inschl. de« Branntweinschanks im Restaurant „Grüne Aue" wurde vom Bezirksausschuß genehmigt. Dresden. Neuerdings sind hier Gerüchte von dem Erscheinen zweier neuer Zeitungen im Umlaufe. Einmal soll die kürzlich eingegangene „Dresdener Zeitung" unter anderem Titel ivieder neu auflebcn, um den Nationalliberalen das gerade in der jetzigen Wahlzeit sehr ver- idißte Parteiorgan wieder zu geben, und dann soll die Herausgabe eines sehr billigen, un parteiischen Volksblattes in großem Maßstabe geplant sein. Die Nichtigkeit dieser Angaben >st zunächst nicht scstzustcllen. — B-i dm Bau der Jnterimsb-ücke, die Mährend des Umbaues der Augustusbrücke den P-rkehr über die Elbe aufrecht erhalten soll M am Freitag der Zusammenschluß der beiden Biückenteilc vollzogen worden, die aus dem . schien und linken Elbufer errichtet wurden. 3» dec nächst n Z-it sollen die S'-raßenbahn- chienen gelegt werden, sodaß dann die Jnterimsbrücke den gesamten Verkehr aufnehmen, änn. Erst dann wird die weitere Abtragung der alt-n Brücke herangegangen werden. - Polizeilich aufgelöst wurde hier eine Zimmerer-Versammlung, in welcher der Ver- -andsbeamte Rösch bei Besprechung von Streiks >en Behörden Parteilichkeit vorgeworsen hat. Rösch fügte sich nicht, sodaß ihm da« Wort entzogen wurde. Darüber entstehender Tumult ührte zur Auslösung der Versammlung. Pirna. Aus der Rottwerndorfer Straße n der Nähe der Artillerie-Kaserne hat sich ein chwerer Unglücksfall ereignet, der leider einen üblichen Verlaus genommen Hai. Dortselbst and man in der 10. Stunde den Geschirr- ührer Brückner mit schweren Verletzungen mitten auf der Straße liegend, während besten mit Ziegeln bclodcueS Geschirr führerlos davon gefahren war. B. dem der schwer beladene Wagen über die Oberschenkel gegangen war, satte erheblichen Blutverlust erlitten und außerdem »och eine schwere Gehirnerschütterung -avong-tragen. Der Bedauernswerte, der wahrscheinlich während der Fahrt vom Wagen gestürzt ist, mußte nach Anlegung eines Not- veibandeS dem Johanniterkrankenhause in Heidenau zugefüh t werden, wo er bereits den Verletzungen erlegen ist. Pirna Ein vergeßlicher Vater wohnte mit einen drei Kindern in einem hiesigen Gast- pfe. Als er früh abreiste, li ß er ruhig seine drei Kinder im Alter von 3 bis 8 Jahren Urück, die vorläufig in Pflege genommen werden mußten. Der Mann stammte aus Cunnersdorf bei Großenhain. Radebeul. Betreffend das Bilzsche Familien- )ad in Radebeul erhielt die „Kötzschenbrodaer Zeitung" noch folgende Richtigstcllang des Herrn Bilz: „Ich habe gegen die Schließung meines Familienbades an Sonntagen sofort Rekurs eingelegt. Ich bcstrttte, daß irgend etwas Anstößiges in dem Familienbade vor- gekommen ist und beziehe mich hierüber auf )as Zeugnis meiner langjährigen Badegäste. Ich teile ferner mit, daß ich nicht abgelehnt jabe, für genügende Aufsicht zu sorgen, zu einer solchen habe ich Mich in weitgehendstem Umfang« schriftlich und mündlich bereit erklärt, wie die Königliche Amtshauptmannschast und der Herr Gemeindevorstand Schüller von Kötzschenbroda bestätigen müssen. Trotzdem ist da» Familienbad geschlossen worden. Ich werde die Sache bis zur letzten Instanz ver folgen, um feststellen zu lasten, ob die Polizei das Recht hat, gegen meine Familienbäder ein- zuschreiten, während in allen Seebädern und auch im Binnenlande solche unbeanstandet be stehen. Nossen. Beim Getreideeinfahren kam der 11jährige StellmacherS-Sohn Grübler in Zella unter den Wagen zu liegen und erlitt dabei «inen Oberschenkelbruch, einen Kiefernbruch schwere Verletzungen am Arme und am Kopfe. Glauchau. In die Gefahr, vom Zuge überfahren zu werden, geriet eine Frau von hier, die nach Penig reisen wollte. Sie sprang in der Meinung, den Zug versehen zu haben, auf einen eben die Station verlassenden, in Bewegung befindlichen mit Reservisten besetzten Extrazug. der nach Chemnitz bestimmt war. Beim Ausspringen glitt sie jedoch ab und stürzte auf die Schienen. Ein den Vorfall be obachtender Bahnbeamter sprang sofort vom Zuge und riß die Frau beiseite, die sonst zweifellos überfahren worden wäre. Liebstadt. Ein noch sehr junger, aber vielversprechender und tüchtiger Weidmann hotte kürzlich in den Jagdgründen von Liebstadt ein Weidmannsheil, daß in der Erzählung beinahe wie Jägerlatein klingt. Mit vieler Mühe hatte sich a» einem schönen Augustmorgen unser junger Freund an einen braven Bock heran- gcpürscht, dem er schon einige Zeit nachstellte. Schnell war die Büchse hoch und der Boc lag im Feuer. Im gleichen Augenblick sprang ein zweites Stück Rehwild, das bisher durch den Bock völlig gedeckt gewesen war, ab, und ein Blick durch das Glas belehrte den Schützen, das dieses ebenfalls ein Bock war, doch konnte er keine Kugel mehr auf ihn anbringen. Aber reiche Huld gewährt Diana ihren Günstlingen. Ohne das der Jäger eg ahnen konnte, hatte seine Kugel den ersten Bock glatt durchschlagen und noch den zweiten gut gefaßt, denn etwa 20 Schritte weiter lag auch dieser, ein guter Sechser. Reichenbach i V. Der Anfang Juli dieses Jahre» wegen schweren Raubes fest- genommene, später als gemeingefährlich geisteS- cank bezeichnete Fabrikweber Hermann Richard Frommelt wurde in die Jrrenabtetlung des WaldHeimer Zuchthauses gebracht. — In der hiesigen Gegend hat der Hamster bisher zur größten Seltenheit gehört. Jetzt macht sich aber auch ! hier die Hamsterplage recht bemerkbar. So wurden auf einem F.ld- grundstücke im benachbarten Dorfe Rotschau nicht weniger als 12 solcher Räuber gefangen und aus einem anderen Grundstücke desselben Ortes wurden fast ebensoviel solch unliebsamer Gäste wahrgenommen. Plauen. Schweizer Firmen haben hier ein Bureau aufgemacht und suchen Hunderte von Arbeitskräften aus der hiesigen Slickcrci-Jndu- trie. Tatsächlich herrscht ein ziemlicher An irang von Arbeitsuckenden. Gegen einhundert männliche und weibliche Arbeitskräfte sind für die Schweiz bereits gewonnen worden. ver ZchlileiMtteiMgZbau in Ottentlott. In diesen Tagen ist mit dem Erweiterungs bau der hiesigen Schule begonnen worden. Geschichtlich interessant und aufklärend zu gleicher Zeit ist es, aus die Entwickelung de» Ottendorfer Schulwesens in den letzten 20 Jahren zurückzublicken. Im Jahre 1887 ricktete man ein 3. Lehrzimmer ein. Die Kinderzahl betrug damals 345, und 3 Lehrer amtierten hier. In manchen Klasten saßen aber immer noch bis 70 Kinder (Klasse I: 70, Klasse III: 67 Kinder.) Aus ein Kind kamen in solchen Klasten 1.8 — 2 edm Luftraum, was als vollständig ungenügend angesehen werden muß. Die Zustände verschlimmerten ich aber noch bis zum Jahre 1891. In -iesem Jahre zählte die Schule 385 Kinder, mithin kamen auf I Lehrer 128 Kinder; der Luftraum für die einzelnen war noch beengender geworden als früher. Diese Ueberfüllung führte 1891 zur Einrichtung eines 4. Klassenzimmers und zur Anstellung eines 4. Lehrers, die nach den geschilderten Verhältnisten dringend not wendig war. In den nächsten Jahren, bis 1893, wuch» die Kinderzahl auf 419. Einzelne Jahrgänge, besonders die oberen, waren zwar damals nicht zu stark, aber die unteren Klasten zeigten eine Kinderzahl von über 70, sodaß man aus 2 Unterklasten 4 bilden und 1893 einen 5. Lehrer anstellen, Michaelis 1893 noch ein 5. Zimmer mieten mußte, eine große Bauern stube, deren Benutzung der Bezirksarzt aus gesundheitlichen Gründen zwar anfangs unter sagte, die, dann aber dennoch benutzt, wenigstens der dringendsten Not abhalf. Sie wurde bis 1895 gebraucht. Da die Kinderzahl weiter wuchs, (Ostern 1895 von 419 auf 479) so stellte man einen 6. Lehrer an. Im Sommer 1895 aber wurde mit dem Bau der jetzigen neuen Schule begonnen. Im Herbst wurde sie be zogen. Die Verhältnisse waren jetzt geregelter. Die Zimmer waren hell und lustig (ungefähr 200 vbw Luftraum standen für die Kinder einer Klasse zur Verfügung). Die Klasten waren nicht zu überfüllt, die schwächsten ent hielten 33, die stärksten noch 58 Kinder. Von den in beiden Schulhäusern zur Verfügung stehenden 8 Klassenzimmern benützte man nur 6. Mit dieser Zeit, also seit 1895, hat sich die Schule um rund 300 Kinder vergrößert, 3 Lehrkräfte sind noch mehr angestellt und (nach den gesetzlichen Bestimmungen) ist ein Direktorat gegründet worden. Diesem großen Zuwachs von 300 Kindern innerhalb der letzten 12 Jahre steht nur di« Inanspruchnahme von den 1895 leer stehenden 2 Zimmern gegen über. Schon daraus erweist sich der jetzige Anbau als notwendig. Die jetzige Kinderzahl beträgt 767. Auf einen Lehrer kommen (da der Direktor nicht zugleich Klassenlehrer ist) 85 Kinder. Die Schule zählt 18 Klasten. Da jetzt nur 8 Schulzimmer zur Verfügung stehen, so fehlen für 2 Klassen die Räume. Die Klasten müssen in der Zwischenzeit untergebracht werden, wa« den Stundenplan für Lehrer und Schüler und besonders für viele Familien lästig und zum Teil unfruchtbar gestaltet. Einige Klasten sind schwach besetzt (durch Epidemien im frühen KindcSalter, Wegzug usw) manche Klasten, namentlich die unteren, sind fast überfüllt: >60 Kinder mit 2,1 cbm Luft raum pro Kind in mancken Zimmern, in anderen liegen die Verhältnisse günstiger. Daß man. wie viele glauben, einige Kinder aus vollen Klaffen in weniger volle versetzt und so eine gewiss« Gleichmäßigkeit hcrstellt, kann nur jemand fordern, der von der Schule überhaupt nichts versteht, da in jeder Klaffe doch ganz von einander verschiedene Sachen getrieben werden. Nur schwache Klaffen gewährleisten gute Unterrichtserfolge, sehr starke stellen sie in Frage. Es herrscht hier die weitverbreitete Meinung, daß dann nur ein neuer Lehrer angestellt werden könnte, wenn auf einen Lehrer mehr als 120 Kinder kämen. Das Gesetz sagt nichts davon. Es stellt als Höchstzahl für eine Klaffe nur 60 auf. Wird die Zahl nicht bloß vorübergehend überschritten, so muß die Klaffe geteilt werden. Ein Beispiel mag da» zeigen. Man denke sich eine zweiklassige Schule. Die Oberklaste zählt 20, die Unter klasse wächst ^allmählich auf 80 an. Hier be trägt die Kinderzahl für I Lehrer 100, und -och muß die Unterklasse geteilt und ein neuer Lehrer angestellt werden, weil sie bedeutend mehr al» 60 zählt. Es entsteht dann eine, 4-klassige Schule mit 25 Kindern durchschnittlich, in jeder Klaffe und durchschnittlich 50 für 1 Lehrer. Und nun rin Vergleich mit den Orten der Umgegend: Hermsdorf: 114 Kinder, 2 Lehrer, auf 1 Lehrer 57 Kinder, Grünberg: 57 Kinder, 1 Lehrer auf 1 Lehrer 57 Kinder, Seiferüdors: 116 Kinder 2 Lehrer, auf 1 Lehrer 58 Kinder, Cunnersdorf: 140 Kinder, 2 Lehrer, auf 1 Lehrer 70 Kinder, Langebrück: 380 Kinder, 5 Lehrer, aus 1 Lehrer 76 Kinder, Lomnitz: 155 Kinder, 2 Lehrer, auf 1 Lehrer 78 Kinder, Lausa: 571 Kinder, 7 Lehrer und 1 Direktor, auf 1 Lehrer 81 Kinder. In Ottendorf kommen, wie schon erwähnt, auf 1 Lehrer 85 Kinder. Wie stehen also in dieser Beziehung hinter den kleineren Orten der Umgebung zurück. Au» allen Angeführten ist wohl ersichtlich, daß der Schulvorstand mit Ausführung che» jetzigen Erweiterungsbaues in vollem Rechte, ja, daß er dazu verpflichtet ist. Auch in finanzieller Beziehung ist die An gelegenheit geregelt, da die Behörde auf Jahre hinaus eine Unterstützung gewährt, welche die Zinsen der sich jnötig machenden Anleihe zur größten Hälfte deckt, die kleinere Hälfte findet ihre Deckung infolge Einstellung eine« Ausgabe- Postens, der sich bisher zu anderen Zwecken nötig machte. Zur Bausumme selbst gewährt die Behörde ebenfalls eine namhafte Unter stützung. So ist der Schulerweiterungsbau infolge der Verhältnisse dringend nötig und finanziell voll ständig gedeckt, und der Schulvorstand handelt der Schule wie der Gemeinde gegenüber in jeder Beziehung korrekt, wenn er "den Anbau jetzt in die Wege leitet.