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Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. ANt wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes.Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Leid und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode." Druck und Verlag voa ^ermann Rühle iu Grsß-Gkrilla. Mr die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla Oie „Ätten«,rfer Zeitung* erscheint virurtag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch dir Post bezogen 1,20 Mark. Annahme von Inserat« bi» vormittag t» Uhr. Inserat» wrrdrn mit ,o Pf für di» Spaltzrtl« trrrchnet Labrllarisch« Satz nach drsondrrrm Tarif Mittwoch, den 28. August 1907. No. 103. Orrtliche« und Sächsisches. Dttendorf-Vkrilla, den Lr. August t-o?' Da« am vergangenen Sonntag abend im Gasthof zum Hirsch aufgesührt« Lustspiel de» Theater «Ensemble» erntete allgemeinen Beifall Alle Darsteller leisteten bas möglichste um die Vorstellung in einwandfreier Weise zu bieten, leider war der Besuch nur al» ein Mittelmäßiger zu bezeichnen und wäre es zu wünschen, wenn die nächste Vorstellung, die am Mittwoch staltstndet einen besseren Besuch auf« weisen würde, zumal an diesem Tage das allseitig beliebte Original«Dolksstück „Da» Buschliesel" zur Aufführung gelangt. (Siehe Inserat.) —* Tin reiche» Hasensahr erwartet man in den Iägtrkr«is«n. Selten hat Man so viele sunge Hasen im Felde getroffen, als in diesem Jahr«. Der erste Satz der sogenannten März- Hasen hat sich außerordentlich gut entwickelt. Für die Erträgnisse der Hasenjagd ist dies sehr wichtig, da der Nachwuchs noch während de» Sommers anfängt, selbst zu setzen. Auch der zweit« Satz ist infolge der günstigen Witterung gut durchgekommen. —* Die Blutlaus fängt an, sich wieder an nnseren Aepfeldäumen zu verbreiten. Recht zeitig« sofortige Verfolgung mit Pinsel und Bürste, mit vierfach verdünnter Bretschn-iderscher Blutlausbrübe oder anderen verschieden «m- psohlenen Vertilgung-stoffen Hilst entschieden gegen wettere Verbreitung. Wird di« V-r- folgung vernachlässigt, so tritt volle Macht- tostgleit gegenüber der kolossalen Vermehrung diese» Ungeziefers ein. Die Aepfelbäume gehen sicher zugrunde, der nachlässige Besitzer aber verfällt außerdem noch einer nicht un« bedeutenden Strafe. Darum auf zum Kamps gegen die Blutlaus! —* Nach den Mitteilungen der Königlichen Zoll» und Eteuerdirektion ist die Zahl der Brennereien im Königreich Sachsen seit dem Jahre 1890 zurückgegangen. Während im Betriebssahre 1890/91 noch insgesamt 588 Brennereien (darunter 556 landwirt schaftliche) gezählt wurden, gab es im Bericht« führe 1904/05 nur noch 563 (darunter 527 landwirtschaftliche.) Der Rückgang dürste sich jedoch nur auf ganz klein« Brennereien er strecken, denn die Erzeugung an Alkohol hat dicht ab«, sondern vielmehr zugenomm-n. In der Kampagne 1890/91 wurden insgesamt 141S19 Hektolitrr, 1901/02 sogar 191203 Und 1905/06 153 955 Hektoliter Branntwein hergestellt. Wenig erfreulich ist hierbei, daß die Zahl derjenigen Brennereien, welche den Branntwein hauptsächlich au« Kartoffeln oder Getreide «rziugen, zurückging, während dir Betriebe, welche Abfall« und andere Stoff« ver arbeiten (Materialbrennereien). sich vermehrten. Bon den 568 Brennereien im Jahre 1905/08 wurden insgesamt verarbeitet 1242 881 Doppel- jenlner Kartoffeln, 128136 Doppelzentner Getreide, 39 736 Doppelzentner Mals, 768 Doppelzentner Melaff«, 402 Hektoliter Beerensrüchte, 4716 Hektoliter Braucrciabsälle und Heftnblüh«, 1000 Hektoliter Trauben- und Obstwein, 330 Liter Weinh-fe und Weintreber, sowie 6 Hektoliter sonstig« Stoffe. —* Folgende Notiz findet sich in der Tagespreise: „Für gewisse Schnapssabrikanten Und auch für den Teil des konsumierenden Publikum», der gern und ost dahin geh!, wo Uran einen Gu en billig ' schenkt, dürste die Mitteilung von Interesse sein, daß neuerdings immer häufiger die Verwendung vün denalu- kiertem Branntwein „zu GmußMcken" amtlich Ifftgestellt worden ist i dcr mit anderen Worten iS wird dem Publikum Trinkbranntwein oer- ubfolgt, d«r ganz oder teilweise aus gesundheits schädlichem denaturiertem Spiritus herg stell Worden ist. Der Fabrikant kann solchen Branntwein natürlich zu besonders niedrigen Prisen ab »eben, macht sich aber damit stras- Uchtiich verfolgbar. Aus Veranlassung des Reichsamts des Innern werden daher Unler- uchungcn von Branntwein häufiger sialtfinden. Dresden. Am Sonnabend abend wurde die Feuerwehr nach Blasewitzer Straße 18 ge rufen. Dort hatte der Inhaber eines Drogen- zeschäftS in einem Raume neben dem Ver- äufsladen Schwedenzündmasse hergestellt, die ich auf noch unermittelte Weise entzündet laste. Der Druck war so gewaltig, daß eine etwa 24 Millimeter starke eichene Tischplatte, auf der die Masse hergestellt wurde, in mehrere Stück« zersprang. Ein nach dem Laden führendes Fenster sowie der obere T«il des Schaufensters wurden zersprengt. Der Inhaber de» Geschäfts erlitt erheblich« Vcr- etzungen an Gesicht, Hals, Brust und Armen. Von einem herbeigerufenen Arzt wurde ihm unter Hilfeleistung von Feuerwehrmannschast-n ein Notverband angelegt. Die Feuerwehr be- eiligte die beschädigten Gebäudeteile. — Beim Anzünden des Treppengases hat am Sonntag Abend in der Antonstadt ein 12jähriges Schulmädchen im Gesicht und am Körper schwere Brandwunden dadurch erlitten, daß vom Dochte des Anzünders ein brennender Spiritustropfen aus das Kleid des Mädchens serabfiel. Hausbewohner löschten die Flamm n. Die alarmierte Feuerwehr leistete dem Kinde die erste Hilse und rief den Unfallwagen herbei, in dem die Uebersührung nach dem Friedrichstädt r Krankenhaus« erfolgte. Moritzburg. Am 8. September hält der Dresdner Bezirksscuerwehr - Verband seinen 31. Verbandstag ab. Großenhain. Ein Fahrrad entwendet wurde am Sonnlag nachmittag aus dem Hofe eines hiesigen Hotels. Das gestohlene Brennabor rad war neu. trägt die Nummer 439 251 und ist mit roten Mänteln und gelben Felgen ver sehen. Der Verlustträger ist ein Meißner Herr, der aus Anlaß des Radfahrfestes nach hier gekommen war Wie mitgeteilt wird, dürfte der Fahrradmarder in der Person eines gemiff-n Ruhland aus Zochau bei Königsbrück zu suchen sein, welcher auf einem dergleichen Rade eiligen Tempos in der Richtung nach Radeburg betroffen worden ist. Wurzen. Don dem nachmittags 12 Uhr 43 Minuten von Großbothen nach Wurzen verkehrenden Personenzug ist am Montag auf einem Wurzen nahegelegenen Uebergange ein Erntegeschirr überfahren worden. Bedauerlicher weise wurde dabei der Gutsbesitzer Thalemann au» Dehnitz getötet und der Knecht verletzt. Der Erntewagen ist hierbei zertrümmert worden, ein Pferd ist tot. während da» andere schwer verl'tzt wurde. Leipzig. Ein aufregender Vorfall ereignete sich Nachts an der Schillerstraße. Gegen 11 Uhr gingen zwei Pärchen aus den An lagen gegen die Schillerstcaße zu. Eine» der Pärchen scheint in Streit geraten zu sein. Mit einem gellenden Schrei warf sich die Dame unter «inen eben daherkommenden Wagen der Straßenbahn. Der Wagenführer zog sofort alle Bremsen an, und e» gelang ihm, sofort zu halten. Die Dame kam mit dem Schrecken und einigen Hautabschürfungen davon. - Ein folgenschwerer Unglücksfall ereignete sich am Montag Mittag auf einem Neubau in L -GohliS. Daselbst waren 2 Maurer, der in L.-Thonberg, Neitzenhainerstraße 86 wohnende 52 Jahre alte Karl Leithold und der in der Seitenstraße wohnhafte 22jährige Karl Wolf, beschäftigt. cUerne Träger abzustemmen. Plötzlich brach das in einem Lichthof errichtete Gerüst zusammen, sodaß die beiden Maurer mit dem selben 2 Stock hoch herabstürzten. Der eine trug hierbei Untcrschenkelbrüche an beiden Beinen, der andere eine Quetschung des Rückens davon. Im Krankenwagen wurden die Verletzten in das Krankenhaus zu St. Jakob übergeführt. Hohenstein-Ernstthal. Eine fortwährende Ausbreitung gewinnt das Elektrizitätswerk an der Lungwitz, das nun eine der größten Ueberlandzentralen Deutschlands ist. Gegen wärtig wird wieder ein Erweiterungsbau und di? Aufstellung neuer Maschinen vorgenommen, auch wurden von dem genannten Werk die Elektrizitätswerke zu Burkhardtsdorf und Jahnsdorf im Erzgebirge angekauft. Die an die letzteren Werke angeschloffenen Ortschaften werden an das Lungwitzer Werk angeschlossen, womit sich die Zahl der angeschloffenen Orte auf 50 erhöht. Zwickau. Bei dem Bau der Güterbahn Zwickau Planitz trat in Planitz eine Boden rutschung eines neu aufgeschütteten Bahndammes ein und die Lokomotive eines Bauzuges stürzte 3 Meter hoch den Damm hinunter. Der Lokomotivführer wurde ins Feld geschleudert. Verletzt wurde niemand. Werdau. Auf dem hiesigen Bahnhofe wurde am Freitag Abend ein entsprungener Sträfling aus Zwickau festgenommen und nach der BahnhosSpolizeiwache transportiert, wo zu nächst seine Personalien festgestellt werden ollt-n. Während dieser Feststellung, wobei der Flüchtling dreierlei Papiere vorzeigte, zog er plötzlich etnen Reoolver hervor und feuerte auf den Heubnitzer Schutzmann Mittelmeier zwei Schüsse ab, ohne glücklicherweise gefährlich zu verletzen. Auf das herbeigeeilte Bahnhofs- personal gab der Flüchtling ebenfalls einen Schuß ab, ohne jedoch jemand zu treffen. Nunmehr wurde der Revolverheld überwältigt und dem hiesigen Amtsgericht zugeführt. Wie noch gemeldet wird, ist der Sträfling wegen einer vsrzunehmenden Operation im Kreis krankenstift Zwickau untergebracht gewesen und von dort entsprungen. Plauen. Dem Kutscher Wilfert in Mark neukirchen ist in der dortigen Thierschmidtschen Saitensabrik eine Papierrolle auf den Leib gefallen. Der Mann erlitt einen schweren Beckenbruch und eine schwere Hüstgelenkver- letzung. Er mußte sofort in» hiesige Kranken haus gebracht werden. An seinem Auskommen wird gezweifelt. Eibenstock. Der Lagerhalter C. des hiesigen Konsumvereins ist seines Postens enthoben worden, da er mehr als 1000 Mark unter« schlagen hat. Aus der Woche. Die Sachlage in Marokko ist eine sehr ernste geworden. Nachdem die meisten der um Casa- blanta wohnenden Stämme sich gegen den Sultan erklärt haben, den sie des Verrats beschuldigen, wurde von ihnen und anderen Stämmen um Marrakesch der Bruder des Sultans, der den Europäern feindliche Muley Hasid zum Sultan auSgerufen. Er nahm, was er bisher verweigert hatte, die Erhebung an und machte sich den neuesten Nachrichten zufolge sofort mit mehreren tausend Reitern auf, um die Fremden aus Tanger und Easa- blanca zu vertreiben. Ist dieses Ereignis schon hinreichend, um di« Lage der Franzosen im Scherisenretche in wenig günstigem Lickte erscheinen zu lassen, so komm! noch hinzu, daß Spanier und Franzosen sich über die zu er greifenden Maßnahmen nicht oder doch immer nur nach langen Verhandlungen einigen können. So wird es begreiflich, wenn der französische Oberbefehlshaber schleunigst um Verstärkungen bat, die ihm nach einer stürmischen Sitzung des Ministerrats auch bewilligt wurden. Frankreich ist also gegen seinen Willen doch zu einer Expedition in großem Stil genötigt worden, von deren Ausgang nicht nur für das Sultanat Marokko, sondern auch für die innere Politik in Frankreich und darüber hinaus für ganz Europa unendlich viel abhängt. Eine abermalige Niederlage der weißen Raffe, wenn sie auch nicht eine so schwere ist, wi« die Rußlands gegen Japan, kann von unberechen baren Folgen sein. — Die hochpolititschen Be gegnungen dec letzten Zeit haben nun mit einem Beisammensein König Eduards mit dem französischen Ministerpräsidenten Clemenceau 6. Jahrgang. ihren vorläufigen Abschluß gefunden. In Marienbad, wo alljährlich der englische König längere Zeit zum Kurgebrauch weilt, haben die beiden Freunde gefrühstückt und sich dann, wie Clemenceau mit Genugtuung einem Bericht erstatter erklärte, eine volle Stunde über all« europäischen und über die Marokkofrage unter halten. Wenn Onkel Eduard diesmal von der Sommerreise heimkehrt, kann er auf eine erfolgreiche politische Arbeit zurückblicken, die ich zwar nicht in der bisherigen Bahn zur Abschlicßung Deutschlands bewegte, dafür aber dem König des JnselreicheS den Ruf verschafft jat. ein wahrhafter Freund des Frieden» zu ein. Inwieweit dieser Ruf gerechtfertigt ist, wird sich zeigen, wenn Fragen schwerwiegender Art zwischen England und Deutschland einmal zur Verhandlung stehen werden, was gegen wärtig nicht der Fall ist. — In Rußland schreiten die Vorbereitungen zur neuen Duma wahl rüstig vorwärts. Von Interesse dürfte eine Bittschrift sein, die der „Verband de» russischen Volkes" an den Zaren gerichtet hat, worin der Wunsch ausgesprochen wird, die Juden völlig von der künftigen Duma auszu schließen, damit eine echt aussische Volks vertretung geschaffen werde. Angeblich hat der Zar an den Naud di-ser Bittschrift die Worte gesetzt: „Mit großem Vergnügen gelesen." Daß eine solche Maßregel noch getroffen wird, ist nicht ausgeschlossen, denn seit dem letzten Erlaß d«S Zaren, der das Wahlrecht zur Duma ganz bedeutend einschränkte, sind so viele Bestimmungen über die Wahl erschienen, daß nur ein Bruchteil der früheren Wähler seine Stimme wird abgeben können. So z. B. beträgt die Zahl der Wähler für die dritte Duma in Petersburg nur noch 88000, während sie sich bei der letzten Dumawahl noch auf 126500 belief. — Die englische Regierung hat in diesen Tagen zwei schwere Mißerfilge notieren müssen. Da» lieberale Ministerium hatte seinen Wählern in erster Linie zwei Zu sagen von weitranender Bedeutung gemacht. Es hatte sich verpflichtet, für eine Herabsetzung des Kriegsbudgels und in Verbindung damit für eine allgemeine Einschränkung der Rüstungen wenn nicht gar für di« Abrüstung Sorge zu tragen und ferner die Macht de» Oberhause» nach Möglichkeit einzuschränken, oder ganz zu brechen. Beide Versprechungen sind nicht ein- gelöst worden. Im Haag, wo die Regierung Gelegenheit hatte, ihren Abrüstungsplan vor der breitesten Oeffentlichkeit zu vertreten, wurde zum Rückzug geblasen. Die englischen Ver treter drückten nur den Wunsch au», die im Haag vertretenen Regierungen möchten aus neue in Erwägungen darüber eintreten, wie der dauernden Steigerung der Heereslasten wirksam entgegengearbeitet werden könne. Diesen Wunsch hat di- Friedenskonferenz schon vor 8 Jahren geäußert, allerdings ohne Erfolg, denn seitdem sind die Budgets aller Länder bedeutend höher geworden. Im Kampfe gegen da» Oberhaus war die Regierung nicht glücklicher. Di« Lord» verweigerten der Regelung der schottischen Landsrage, die das Ministerium al» unerläßlich bezeichnet hatte, ihre Zustimmung und — die Regierung zog infolgedessen ihren Gesetzentwurf einfach zurück. Wieder heißt ei in England, die Tage des Kabinetts seien gezählt, aber die Drohung ist offenbar nicht ernst gemeint, denn die Zeit ist jetzt für einen Regierungswechsel denkbar ungünstig. — Aus Deutsch-Südwest- Afrika ist eine unangenehme Botschaft zu uns gekommen. Der verschlagene und unver söhnliche Hottentottenführer Morenga, den die Kapregierung zwangsweise weit entfernt von der deutschen Grenze ansiebeln wollie, ist mit großem Anhang in deutsches Gebiet eingefallen. Wenn «S sich bewahrheitet, daß auch die Ooambo» zum Aufstand rüsten, dann dürften für unser kaum beruhigtes Schutzgebiet wieder ernste Tage anbrechen, denn Morenga verfügt über dieselben Streitkräfte, die ihn 1905 zu unserm gefährlichsten Gegner machten.