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^on wak unct fern. Tin Kaiserpreis. Der deutsche Kaiser hat zum 350 jährigen Jubiläumsschießen des alten Fuggerstädtchens Babenhausen einen pracht vollen Schützenpokal gestiftet. Der Brand des Viktoriaspeichers in Berlin hat über 24 Stunden gewütet. Die Leiche des in den Flammen umgekommenen Arbeiters wurde bei den Aufräumungsarbeiten in völlig verkohltem Zustande aufgefunden. x Tin brutaler Roheitsakt wird aus Heißen bei Mühlheim a. Ruhr gemeldet. Nach einem voraufgegangenen Wortwechsel auf der Zeche „Rosenblumdelle" ergriffen der Schmied Schmidt und die Arbeiter Pörschke und Paduczeck den 16 jährigen Bergarbeiter Körner, legten ihn aus einen an eine acht Atmosphären starke Luft druckleitung angeschlossenen Ambos und pumpten dem Ärmsten mittels eines Schlauches den Leib voll Lust. K., dessen Hilferufe ungehört ver hallten, mußte sofort dem städtischen Kranken hause in Mülheim zugeführt werden, da die inneren Organe stark entzündet sind. Die drei Übeltäter wurden festgenommen und in das Ge richtsgefängnis eingeliefert. X Die Bestie im Menschen. In Vier- nau bei Suhl geriet der Schlosser Karl Roos mit seinem 76 Jahre alten Vater wegen eines Stückes Land in Streit. Er drang in ange trunkenem Zustande in des Vaters Wohnung, wo er zunächst sämtliche Möbel zertrümmerte. Alsdann zerrte er den alten Mann aus dem Bette, schleifte ihn im Zimmer umher und miß handelte ihn derart durch Fußtritte, daß ihm einige Rippen gebrochen wurden. An den Folgen einer hinzutretenden Rippenfellentzündung ist der alte Roos zwei Tage darauf gestorben. Der unnatürliche Sohn wurde verhaftet und in das Gerichtsgefängnis nach Suhl gebracht. Ohne Finger geboren. In Schkölen wurde rin Zwillingspaar geboren; beiden Kindern fehlen die Finger, sonst sind sie gesund und normal. Gräßlicher Unfall. In Mannheim wurden dem 35 jährigen verheirateten Müller Keller von einer Transmissionswelle beide Beine ge brochen. Auch wurde er am Körver so furcht bar zugerichtet, daß er im Krankenhause alsbald verschied. Im Dienst verunglückt. Der Ober- ichaffner Eichhorn in Mannheim wurde, als er sich zum Dienst begeben wollte, in der Nähe des Neckarauer Überganges von einem ein- sahrenden Personenzug erfaßt und tödlich ver- setzt. Eichhorn verstarb in der Nacht in dem Krankenhause. X Die Hauptverhandlung gegen de» Rechtsanwalt Hau, der der Emordung seiner Schwiegermutter beschuldigt wird, ist auf den >7. Juli vor dem Schwurgericht in Karlsruhe festgesetzt; sie wird voraussichtlich drei Tage in Anspruch nehmen. Die vor kurzem abgeschlossene Untersuchung hat ergeben, daß Hau seinerzeit schon von London mit einem falschen Barte nach Baden-Baden abreiste: in Frankfurt a. M. be- Ichaffte er sich sodann einen zweiten falschen Bart. Der Angeschuldigte hat ein Geständnis bisher nicht abgelegt. Das Ende. In Passau hat sich ein ver heirateter Steinhauer, als er den letzten Pfennig vertrunken hatte und, daheim ange- wNgt, von den Seinen um Brot bestürmt wurde, aus dem Dachboden erhängt. x Rabeneltern. Ein grausige Entdeckung wurde dieser Tage in der Wohnung der Tele- Mphenarbeiter Eidesheimschen Eheleute in Saarburg gemacht. Der Mann lebt in zweiter Ehe; aus erster Ehe war ein Kind von kaum Allem Jahre da, als die Mutter starb. Als die Stiefmutter bald darauf an deren Stelle trat, Mann für das Kind ein wahres Märtyrertum. Das herzlose Weib ließ es während achtzehn Monaten in einem dumpfen Winkel der Woh- HUng in einem kleinen Wagen liegen und erst W erhielt die Polizei Kenntnis von der un menschlichen Behandlung des armen Kleinen. Sie drang in die Wohnung der Eheleute ein und sand das Kind in einem Zustande, der Aber Beschreibung spottet. Der jetzt Jahre alte Junge lag in dem kleinen Betts mit ausgehöhlten und blauunterlanfenen Augen. Arme, Händchen und Füßchen waren ganz verkrümmt, der ganze Körper ein Skelett; nur Haut und Knochen. Grausig war es an zusehen und das Herz des recherchierenden Polizeibeamten blutete; das Kind lag völlig in Kot, Wagen und Bettzeug waren waren gänz lich damit beschmutzt und ein bestialischer Geruch machte den Aufenthalt in dem Winkel fast un möglich. Ein Heer von Ungeziefer wimmelte umher, die Ohren und Wangen des Marter- bildchens waren von Insekten angefressen. Das bedauernswerte Geschöpf wurde herausgeholt und sofort nach dem Spital gebracht. An Nahrung war dem Kinde nur so viel verab reicht worden, daß es nicht ganz verhungerte. Fast die ganze Einwohnerschaft strömt seither nach dem Spital, um das Opfer verrohter Menschen zu sehen. Die Angelegenheit wird demnächst noch die Strafkammer beschäftigen. Explosiv« im Bergwerk. Im Engert- sckacht der Staatseisenbahn-Gesellschaft in Klädno (Böhmen) entstand bei Abmauerung eines Gruben brandes eine Explosion von Grubengasen, wobei drei Arbeiter getötet und einer schwer verletzt wurden. Unfall eines französischen Untersee bootes. Das französische Unterseeboot „Sirene" erlitt im Hafen von Cherbourg bei einem Zu sammenstoß mit dem Panzerschiff „Henri IV." schwere Beschädigungen. Ein Sprengunglück hat sich in Potten stein in der fränkischen Schweiz zugetragen, wo erst jüngst bei einem Gewitter vier Wald arbeiter Vom Blitz erschlagen worden sind. Im Hofe des Bürgermeisters sollten einige Felsen Weggesprengt werden. Dabei tötete ein vor zeitig losgegangener Sprengschuß den Maurer meister Nöttling. Ermordung eines schwedischen Geld- driefträgers. In einem Stockholmer Hotel wurde der Geldbriefträger Oltzon ermordet. Der Tat verdächtig sind zwei Deutsche, die das Zimmer, wo der Mord geschah, bewohnten und die nach der Eintragung im Fremdenbuch Richard Schmidt und Theodor Prigge hießen. Olßon wollte einen an Schmidt adressierten, auf 150 Kron'en lautenden Geldbrief abliefern. Man nimmt an, daß, während Schmidt quittierte, Prigge den Geldbrieiträger von hinten über fallen habe. Die Räuber raubten dem Er mordeten 700 Kronen Bargelo und ergriffen die Flucht. Von den Tätern fehlt zurzeit jede Spur. Zum Bombenattentat i» Tiflis wird noch gemeldet: Es ist nunmehr festgestellt, daß bei dem während des Bombenattentats erfolgten Überfall auf einen Geldtransportwagen 341000 Rubel geraubt worden sind. In dem durch die Bombe beschädigten Wagen wurde noch ein Paket mit 9500 Rubel gefunden. Der Kutscher, der leicht verletzt ist, wurde verhaftet; auch andre Personen, die sich durch Verausgabung neuer Rubelschsine verdächtig machten, sind noch fest genommen worden. Getötet sind zwei Polizei beamte; verwundet sind über sünfzig Personen, darunter vier Kosaken von der Eskorte des Wagens, ein andrer Soldat und zwei Polizei beamte. Der Mann, der die erste Bombe warf, ist verhaftet worden, verweigert aber jede Aus sage. — In Simferopol wurde auf offener Straße ein Polizist von zwei Männern ver wundet, die darauf von der Volksmenge und der Polizei verfolgt wurden. Auf der Flucht töteten sie einen Polizeikommissar und ver wundeten noch einen Schutzmann, dann ver bargen sie sich auf dem Boden eines Hauses. Es wurde Militär hcrbeigerufen, das ein Feuer auf die beiden Verbrecher eröffnete; diese er- wwerten das Feuer, wurden aber schließlich ge tötet. ob. Im Motor-Anzug getraut. Die Exzentrizität der Amerikaner treibt immer sonder barere Blüten. Bei einer Trauung, die am Donnerstag in Trenton, etwa 50 Kilometer von Philadelphia entfernt, stattfand, erschienen nicht nur Braut und Bräutigam, sondern auch der Geistliche und die Hochzeitsgäste in Motor- Kleidung. Der Bräutigam, ein wohlhabender Einwohner von Philadelphia namens Warren Keitger, setzte sich am Donnerstag an die Spitze einer stattlichen Zahl von Automobilen und fuhr nach dem Wohnsitz der Braut in Trenton! Hier fuhren die Autos, nachdem sich die Braut neben ihren Bräutigam gesetzt hatte, nach der Protestantischen Kirche, wo sich schon die Mit glieder des Trenton-Automobilklubs versammelt hatten. Alle bildeten Spalier und schloffen sich dem Zuge an. Bald war das Ehebündnis ge schlossen, das junge Paar bestieg das Auto und begab sich unter dem Getute sämtlicher Autos auf die Hochzeitsreise. — Sensationell ist die Geschichte ja, ob aber gerade geschmack voll, ist eine andre Frage! Eine ungeheure Feuersbrunst zerstörte in Jamestown in Virginien, wo gerade eine Ausstellung stattfindet, in der Nacht zum 26. d. 12 dicht mit Gästen besetzte Hotels. Unter den Gästen, die von dem Feuerlärm aus ihren Bettei', aufgeschreckt wurden, brach eine allge meine Verwirrung aus, da die meisten, noch schlaftrunken, sich in ihrer Angst in den brennenden Gebäuden nicht zurecht zu finden vermochten. Trotzdem gelang es den dort unter gebrachten etwa 2000 Personen, sich bis auf drei zu retten. Das Feuer brach außerhalb des Ausstellungs-Grundstücks in einem Hotel aus und dehnte sich schnell aus. Zwei Hotelgäste verbrannten, ein dritter, der vermißt wird, wurde wahrscheinlich ebenfalls ein Opfer der Flammen. Der verursachte Schaden beträgt etwa 1200 000 Mark. Sämtliche Hotelgäste verloren alle ihre Habe 12 500 Leute wurden obdachlos. ob. Ä40vttt> Mark Gage. Die ameri kanischen Millionäre lassen sich zuweilen die Kunst etwas kosten. Diese Dollarfürsten errichten in New Jork ein neues Theater und haben für ihre Bühne den englischen Schauspieler und Regisseur Granville Barker mit einem Jahres gehalt von 240 0000 Mk. engagiert. Barker ist erst 30 Jahre alt. Er trat zuerst mit seinem 14. Jahre als Schauspieler auf. Vor drei Jahren folgte er dem Direktor Vedrenne in der Leitung des Londoner Cour-Tbeaters, und seine wahr haft künstlerische Auffassung in der Inszenierung neuer Stücke hat die Amerikaner veranlaßt, ihn mit der Riesengage zu verpflichten. ob. Frauen mit Schnurrbärten Einige Frauen der japanischen Insel Jezzo haben die Mode eingeführt, ihr Gesicht in einer Weise zu verunzieren, daß man meinen muß, sie tragen Schnurrbärte. Die Frauen, Ainus genannt, haben sich aus ihre Oberlippe einen prächtigen Schnurrbart tätowieren lassen. GemcktsbaUe Frankfurt. Ler Kaufmann Friedrich Thie mann und seine Schwester Marie Thiemann be gründeten mit dem Kaufmann Johannes Peter Greb zusammen ein Wahrsagerbureau. Sie erließen In serate, in denen es hieß: „Wahrsager deutet Zu kunft aus Kops- und Handlinien, berühmter Chiro mant und Astrolog. Zu sprechen für Damen und Herren." Während Greb den Empsangsherrn spielte, weissagten die Geschwister — natürlich gegen Barzahlung — das Blaue vom Himmel herunter. Das Gericht verurteilte Friedrich Thie mann zu einem Monat, seine Schwester zu drei Wochen Gefängnis. Greb wurde freigesprochen, da er geistesschwach und nach ärztlichem Gutachten nicht verantwortlich zu machen ist. Stuttgart. Wegen fahrlässiger Tötung wurde der Chauffeur Feil von der Strafkammer zu sieben Monat Gefängnis verurteilt. Der Angeklagte fuhr in der Morgendämmerung des 20. April mit einem Automobil, in dem außer ihm zwei Herren und drei Mädchen saßen, gegen einen eisernen Be leuchtungsmast, sodaß das Automobil zertrümmert und einer der Herren, ein junger Kaufmann von hier, getötet wurde, während die andern Insassen leichtere Berletzungen davontrugen. buntes Allerlei. I« der Premiere. Herr (zu seinem Nachbar, der wie toll in die Hände klatscht): „Ich verstehe Ihre Begeisterung wirklich nicht. Das Stück ist doch miserabel und Sie bemühen sich, dem Autor zu einem Erfolg zu verhelfen ?" — Nachbar: „Das stimmt. Ich bin dec Schneider des Autors, und er ist mir schon zwei Jahre die Rechnung schuldig!" tLach. Jahrh.', Ein schlaues Kerlchen. Der kleine Otto (beim Kahnvermieter): „Wieviel kostet dieser Kahn pro Stunde?" — Kahnvermieter: „Eine Stunde 50 Psg., zwei Stunden 75 Pfg., je länger man fährt, desto billiger." — Der kleine Otto: „Nun, dann sagen Sie mir, wieviel Stunden muß ich fahren, um nichts zu be zahlen ? I" Die junge Hausfrau. Köchin: „Bist' schön, Gnädige, wieviel Eier soll ich denn zu dem Kuchen nehmen?" — Junge Frau: „Vier! Von zweien die Dotter und von zweien das Eiweiß!" rMst.W-m.r Aha! A.: „Müller hat das Rauchen auf gegeben? Das erfordert aber eine große Willenskraft." — B.: „Allerdings, aber die besitzt seine Frau." Vie Arrmärume äes Viktoria-öpeickers ru Lerlm. Der Viktoriaspeicher in der Köpenicker Straße zu Berlin ist zum großen Teil ein Raub der Flammen geworden. Nur der äußersten Anstren gung der Feuerwehr, die über 24 Stunden arbeitete, ist es zu danken, daß namenloses Unglück verhütet worden ist, das zweifellos entstanden wäre, wenn die großen Mengen Spiritus, die in den Keller räumen des Speichers lagerten, zur Explosion ge kommen wären. Leider fand ein Arbeiter den Tod in den Flammen. (Fortsetzung folgt.) Bcr l schonungslos brandmarken. Das aber ertrüge sch nicht. Nein, nein, lieber sollen wir beide, ße und ich, darüber zugrunde gehen!" , Der Baron war aufgesprungen und ging Kit großen Schritten hastig auf und ab. Sein Freund beobachtete ihn mit ängstlichen Blicken, er wagte kein Wort des Trostes, denn welchen Trost hätte er ihm auch bieten können, nnem solchen Unglück gegenüber! Armer Balennn, was mußte er während dieses Jahres Mitten haben! Wie bleich und verfallen sah dec ehedem so kräftige und blühende Manu ^us! Wie finster blickten die einst so freund lichen Augen, wie gebeugt und gebrochen war we einst so elastische Gestalt! Das Unglück ist ein schlimmer Gast, und die Krankheiten der Seele richten oft verheerendere Verwüstungen an, als die Krankheiten des Mpers; das sah Halden deutlich an dem zärt- "ch geliebten Freunde; dieser Mann ging zu- ßrunde an seinem häuslichen Unglück. Und doch, woher Hilfe, Rettung schaffen? Benno ergriff die Hand des Barons und ihn sanft an seine Seite. „Erzähle mir alles," bat er in herzlichem Tone. „Ja, du guter treuer Freund, dir will ich ° les sagen. Du hast mich stets verstanden, du Mnst ermessen, welch' namenlose Pein ich em- bbnse, denn ich liebe dieses Weib noch immer, immer!" .Er schlug beide Hände verzweifelnd vor sein Zetzcht und lehnte sich müde und gebrochen an w Schulter des Freundes. Wenn Benno Halden nicht so sehr mit seinem Freunde beschäftigt gewesen wäre, io hätte er bemerken müssen, wie sich der Fenstervorhang zur Seite schob, und ein Augenpaar mit starrem Staunen in das Zimmer spähte. Wer nur sür einen Moment hatte Gertrud jede Vorsicht ver gessen, eine Sekunde später kauerte sie wieder unbeweglich in ihrer vorigen Stellung. Der Baron hatte nun so viel Fassung ge wonnen, um dem Freunde alles sagen zu können; Bennos Hand mit herzlichem Drucke umschließend, begann er: „Ich kam von meiner italienischen Reise hier her nach Schloß Bernburg mit dem Vorsatze, mir ein trautes Heim nach meinem Geschmacks zu gründen und einzurichten, denn, wie du weißt, hatte mich die Güte meiner verstorbenen Großtante zu einem reichen Manne gemacht. Ich hatte so viel gesehen, so viel bewundert, daß mir die Einsamkeit Wernburgs eine freudig begrüßte Wohltat war. Ich hatte schon früher das Schloß restaurieren lassen und hatte nun nichts mehr zu tun, als an die innere Ein richtung zu denken. Mit Geld ist alles bald erreicht — in kurzer Zeit war das Ganze zu meiner vollsten Zufriedenheit eingerichtet, und jetzt erst, als ich so einsam in diesen Gemächern hauste, kam ich auf den Gedanken, daß es Zeit sei, eine Hausfrau in das Schloß meiner Väter zu führen. „Meinem Herzen war bisher jede Leidenschaft fremd geblieben; ich hatte so viele schöne Frauen und Mädchen gesehen und war an ihnen ruhig und kalt vorbeigegangen, man hatte mich schon so oft scherzend einen Weiberfeind genannt, da schlug auch meine Stunde. Bei einem Spazier ¬ meinen bisherigen Reisen mein steter Gefährte gewesen war, begleitete uns. „Wenige Tage nach meiner Vermählung machte ich die unangenehme Entdeckung, daß mir mehrere kleine Schmuckstücke von unbe deutendem Werte abhanden gekommen waren. Ich legte diesem Verluste keine Wichtigkeit bei und glaubte anfänglich die Gegenstände aus Unachtsamkeit verstreut oder unterwegs irgend wo vergessen zu haben. Da fehlte mir eines Tages ein Brillantring, ein Erbstück von meiner guten Mutter; ich trug den Ring nie, da mir derselbe etwas zu klein war, aber ich hatte ihn stets in einem Etui unter meinen Wertgegenständen und hatte immer meine Freude daran, wenn ich ihn von Zeit zu Zeit betrachtete. Meine Mutter hatte den Ring so gern getragen und mir ihn noch auf dem Toten bette geschenkt. Um so peinlicher berührte mich sein Verlust. Ich wußte ganz genau, daß ich vor zwei Tagen den Ring noch besessen, und ich nahm mir vor, nichts unversucht zu lasten, um wieder in seinen Besitz zu gelangen. Ich sprach davon mit meiner Gattin und äußerte mein Erstaunen über dieses rätselhafte Ver schwinden — wußte ich doch nicht einmal, auf wen ich dm Verdacht richten foltie. Ein gewöhnlicher Hoteldieb konnte es nichr gewesen sein, denn in der Kassette, in der sich das Etui mit dem Ring befand, hatte ich eine ziemlich große Summe Geldes ver wahrt, welche völlig unangetastet geblieben war. ritte durch den Wald begegnete ich Estrella; ihre wunderbare Schönheit frappierte mich, dennoch hatte diese erste Begegnung keinen stärkeren Eindruck bei mir hinterlassen. War es Zufall oder mein Verhängnis, am nächstenTage sah ich sie wieder. Ich hatte von ihrem einsamen Leben gehört und empfand Mitleid mit dem schönen Mädchen. Ich stellte mir vor, wie traurig eine solche Existenz für sie sein müsse, die ihre Mutter kaum gekannt und vom eigenen Vater in förm lichen Bann getan war. Ich wagte es, sie anzusprechen und mich als ihren Gutsnachbar vorzustellen. So begann unsre Bekannt schaft im Waldesgrün, und einige Wochen später schon hörte sie das Geständnis meiner Liebe von meinen Lippen. „Wie das alles so rasch gekommen, ich fasse es kaum selbst. Ich war wie im Fieber; bevor ich die Geliebte nicht mein nannte, hatte ich weder Rast noch Ruhe. „Ich reiste zu dem Baron Raven und bat ihn um die Hand seiner Tochter. Er zeigte sich über meine Werbung sehr erstellt, nur knüpfte er an sein Jawort die Bedingung einer sehr raschen Verbindung. Damit kam er nur meinen heißen Wünschen entgegen, die nötigen Forma litäten waren bald erledigt, und in kürzester Frist ward Estrella meine Frau." Der Baron machte tiefaufatmend eine Pause; Benno drückte ihm teilnehmend die Hand. „Estrellas Muller war eine Spanierin ge wesen, wir wollten deren Heimatland kennen lernen, und so wählten wir denn Spanien zum Ziele unsrer Hochzeitsreise. Ein alter, lang jähriger Diener meines Hauses, der auch aus