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ed. Der Streik der RossulkömginnsK. Ein eigenartiger Streik ist in dem lieblichen franMschsn Ort Granges-!e-Roi in der Nähe von Tourdan, ausgebrochen. Wie viele franzö sische Städte, hatte auch der Magistrat von Granges-le-Noi ein Maisnfeft eingeführt, bei dem aus den Arbeiterinnen des Ortes eine Rose^omg'm gewählt wurde, der man als Grundstock kür ihre spätere Hochzeit ein Geschenk von 260 Frank überreichte. In diesem Jahre aber verweigerte die vom Magistrat gewählte „Ns'enkönigin" die Annahme der Würde und gab als Grund an, die Summe von 200 Frank m viel zu gering für ein Mädchen von 25 Jahren. Der Magistrat war natürlich starr vor Staunen und wählte eine andre Königin. Aber auch diele verzichtete dankend auf die Ehre und tagte: „Ich wünsche nicht für die lumpige Summe von 200 Frank als Rosenkönigin zu varadieren." Der Bürgermeister versammelte den Magistrat zu einer dritten Wahl. Aber auch eine vierte, fünfte und sechste muhte stait- finden, denn alle Erwählten lehnten die Wahl ab. Der Magistrat hat endlich beschlossen, von einer weiteren Wahl in diesem Jahre abzusehen, das Maienfeft aber dennoch, wenn auch ohne Königin, abzuhalten. Eine Million Krank veruntreut. In Nantes (Frankreich) wurden die Direktoren einer vor kurzem gegründeten Bank, Jannes, Savary, Baudouin und Joubert, wegen Veruntreuung von Einlagen verhaftet. Die veruntreute Summe wird auf nahezu eine Million Frank veranschlagt. N Eine Irrsinnige auf einem Uenfter- fims des viertem Stockes erregte in Ladbroke Grove, einer eleganten Straße des Londoner Westends, kürzlich ungeheures Aufsehen. Sie habe sich auf das Sims eines Fensters des vierten Stockes ihrer Wohnung geschwungen und hielt von diesem luftigen Sitze aus An sprachen an die Vorübergehenden. Alle Versuche der Hausgenossen, sie in das Zimmer zmückzu- bringen, vereitelte sie, indem sie sich hecabzu- siürzen drohte, falls man sich ihr nahe. Die Menge auf der Straße, die dem aufregenden Schauspiel zuiah, wuchs bald derart an, daß die Polizei Verstärkungen herbeiziehen mußte. Schließlich eilte auch die Feuerwehr mit ihren Nettungsleitern hinzu, worauf die Dame in ihr Zimmer zurückkletterte und sich dort so verbarri kadierte, daß die Polizei die Türen erbrechen mußte, um sie dingtest zu machen. Es stellte sich heraus, daß sie die wahnsinnig gewordene Gattin eines Admirals ist. Eine jaaenoliche Komponistin. Im Zeitalter der Wunderkinder konnte es nicht aus- bleiöen, daß auch dis Kunst der Komposition von recht jugendlichen Personen geübt wird. In diesen Tagen wird in einem Londoner Theater eine kleine Operette aufgeführt, die von Miß Marjorie Slaughter, der Tochter eines be kannten Komponisten, geschrieben ist. Die junge Dame ist erst 13 Jahre alt; aber dies ist bei weitem nicht ihr erster Versuch zu komponieren. Sie begann damit bereits, als sie sechs Jahre ab war. Sie hat schon verschiedene Operetten komponiert, für die sie eine besondere Neigung und Begabung zu haben scheint. Sie wird ihr neuestes Werk, das den Titel „Als es noch kühne Ritter gab" führt, auch selbst dirigieren. Tatjana LeonLirw wahnsinnig. Wie aus Zürich gemeldet wird, ist bei der russischen Attentäterin Tatjana Leontjew, die den Rentier Müller aus Paris, den sie für den fusfichen Minister Durnowo hielt, erschossen hat, vn Zuchthaus zu Lenzburg Wahnsinn ausge- brochen. Sie mußte deshalb in die Bernische Irrenanstalt Münsingen gebracht werden. etwa 40 Meter hoch emporgeschleudert, aber dis Masse fällt wieder in den Krater zurück. Seit dem 5. d. hat sich nördlich von diesem ein andrer Schlund aufgetan, der nur glühende Lava enthält. Auf dem Stromboli ist die vulkanische Tätigkeit viel lebhafter. Der Feuer- schlund befindet sich 180 Meter unter dem 926 Meter hohen Gisste! des die Insel krönenden Berges. Die bewohnte und bebaute Insel wird durch diesen Gipfel vor dem Bombardement des Vulkans geschützt, während die mehreren Öffnungen ent strömende Lava durch die von zwei mächtigen Felsrippen eingedämmte sogenannte Feuer furche ungehindert ins Meer fließt. Die Tätig keit aller Schlünde ist ungeheuer; in allen sieht man weißglühende Dämpfe aufquellen. Einen Sibirien mit seiner ungeheuren Kölle im Winter und seiner brennenden Hitze im Sommer, feinen ge waltigen Strömen und feinen schönen Wäldern und Feldern, feinen großartigen, aber noch nickt be hobenen Schätzen an Gold, Silber und Platin, Eisen, Kupfer und Kohlen ist noch ein Land der Zukunft, das nur noch der Zeit harrt, wo unter nehmungslustige Männer mit Hilfe besserer Kultur- und Verkehrsmittel seinen Reichtum heben und auf den Weltmarkt bringen werden. Nachdem der Schaden hat der Ausbruch dieses Vulkans bis her nicht verursacht. Im Ballon zum Nordpol. Walter Wellman, der im vorigen Jahre seinen kühnen Plan, den Nordpol im Luftballon zu erreichen, nicht cmssühren konnte, ist mit seinen dies jährigen Vorbereitungen bereits so weit, daß er demnächst nach London gehen wird, um sich von seinen Angehörigen und Freunden zu verab schieden. Eine eigentümliche russisch-französische Feier hat im Kasino der Armee und Flotts zu Petersburg stattgefunden. Ein Vertreter des Pariser Blattes ,Echo de Paris' übergab näm lich ein auf Grund einer Sammlung in Frank reich zustande gekommenes Geschenk Frankreichs an die russische Armee. Das Geschenk besteht aus einem im Stile der Epoche Ludwigs XIV. hsrgcstsllten Ruhmestempel und einem Ehren- degen, welche Gegenstände der Frau des Admirals Konbratenko übersandt werden sollen, sowie aus 2000 aus Gold, 8000 aus Silber und 28000 aus Bronze hergeflsllten Medaillen für die Verteidiger Port Arthurs. Der russische Krisgsminister Rödiger und Vertreter der fran zösischen Voftchaft wohnten der Feier bei. wurden geraubt. Die Räuber entkamen. Un verzüglich eilte eine Jnfanterieabteilung ihnen nach. Die Kosaken erschossen mit der ersten Salve, die sie in den Straßen abfeuerten, sieben unschuldige Passanten und verletzten mehrere. Darauf drangen sie in die benachbarte Fabrik von Kuttner ein, wo sich unbeschreiblich blutige Szenen zwischen Soldaten und Arbeitern ab spielten. Die Metzelei unter den unschuldigen Arbeitern hatte entsetzliche Folgen. 21 Tote und 45 Verwundete, darunter 15 schwer Ver wundete, sind zu verzeichnen. Das ganze Fabrikkontor ist vernichtet. Sieben verstümmelte Leichen des Bureaupsrsonals lagen auf dem Fußboden. In allen Fabriksälen befinden sich große Blutpfützen. Die durch Infanteristen russisch-japanische Krieg beendet ist, denkt man nün in Rußland ernstlich daran, die sibirische Eisenbahn, eine der größten Eisenbahnunternehmungen der Welt, auch wirtschaftlich voll auszunutzen. Zu diesem Zweck ist es nötig, daß die eingleisige Bahn zu einer zweigleisigen umgearbeitet wird. Der russische Ministerrat hat denn auch die Legung eines zweiten Schienengleises beschlossen und dieses zweite Gleis wird in diesem Jahre bereits auf der Strecke Atschinsk—Irkutsk gelegt werden. und Kosaken getöteten Opfer tragen Wunden von allerlei Waffen. Das Krankenhaus des Roten Kreuzes, in dem die Mehrzahl der Ver wundeten liegt, ist von den aufgeregten Ver wandten umlagert. Am Abend beschloß eine Bürger-Versammlung, drahtlich über die blutigen Vorgänge die Lodzer Dumaabgeordneten zu be nachrichtigen, um eine Besprechung dieser uner hörten Vorgänge in der Duma herbeizuführen. ob. Ei« russischer Fürst als Loko- motivführer. Gne der bemerkenswertesten Persönlichkeiten in Rußland ist der Fürst Khilkow. Er wird in der russischen Gesellschaft nur der „Amerikaner" genannt; denn in feinen jungen Jahren ging er nach Amerika, wo er sich eine ausgedehnte Kenntnis des Eisenbahn wesens verschaffte, in dem er als Rangierer, Schaffner, Heizer und Lokomotivführer arbeitete. Später trat er in eine Werkstatt ein und be reicherte dort seine Kenntnisse, ohne daß jemand in dem Arbeiter einen Fürsten vermutete. Während des großen russischen Eisenbahner streiks im vorigen Jahre versuchte er die Arbeiter zu überreden, die Arbeit wieder aufzunehmen und wies dabei auf seine etwas abenteuerliche Vergangenheit hin. Aber dies verfing bei den Streikenden nicht, denn sie entgegneten mit nicht mißzuverstehender Deutlichkeit: „Sie haben gut Lokomotivführer sein mit Ihrem Einkommen von 60 000 Rubel, wir aber verdienen monatlich kaum sechzig Rubel." ob. Frere Eifeuvahnfahrt für Bräute. Im nordwestlichen Kanada haben die Behörden eine eigenartige Einrichtung getroffen. Wenn ein Landmann mit dem ausgesprochenen Wunsch verreist, sich eine Frau zu suchen, so erbätt diese, wenn der Landmann zurückkehrt, seine! Opfer einer SftiritnSexplofion. Infolge ^Hlosion einer Spirituskanne, aus der ein brennender Kochapparat nachgefüllt wurde, find m Basel (Schweiz) zwei Kinder verbrannt. Ein elfjähriges Mädchen sprang lichterloh brennend bvm ersten Stockwerk in den Hof, wo es als Weiche aufgehoben wurde. Ein vierjähriger Knaöe starb eine Stunde darauf. Die erneute Tätigkeit des Wna und, «es Stromboli. Aul dem Ätna liegt der! Krater des Vulkans völlig offen. Ans einems ^Urigen Schlunde werden Steine und Lapillen i Greuelszeue« i« Lodz. Die Industrie stadt Lodz, die während der russischen Revolution schon so viel Schrecken erlebt hat, ist wieder einmal der Schauplatz unerhörter Greuel ge wesen. Am Hellen Mittag umringten 30 be waffnete junge Leute eisten Postgeldwagen, der, vom Kalischen Bahnhof kommend, eine ziemlich enge Gasse passierte. Sie beschossen die be gleitenden Kosaken, töteten einen und verletzten einen zweiten von ihnen sowie auch den Postillon und den Postmeister. 2000 Rubel Bargeld AZrtL LUM Ausbau (Zer Sibirischen Eisenbahn. Braut mitnimmt und die Heiratsurkunde vor zeigt, freie Fahrt bis zü ihrem künftigen Wohnsitz. SenedtsbMe. Frankfurt. Das Dienstmädchen Marie Fischer, das erst jüngst in Stuttgart, Wiesbaden und Mainz wegen Diebstahls zu 4 Jahr, 3 Monat Zuchthaus und 6 Monat Gefängnis verurteilt worden ist, ha« vom November 1906 bis zum Januar 1907 in Frank furt in einer Anzahl von Dienststellen Diebstähle verübt. Uriter Aufhebung der obigen drei Einzel- strafcn wird auf sechs Jahr Zuchthaus, 150 Mk. Geldstrafe, 10 Jahr Ehrverlust und Polizeiaufsicht erkannt. Halle. Der mehrfach vorbestrafte 24 jährige Arbeiter Karl R. in Naumburg geriet im Juli v. gelegentlich eines Besuches bei seinen in Hülle wohnenden Eltern mit feinem Bruder Gustav nach der Rückkehr aus einer Kneivc in Streit. Schließ lich zog er ein Messer und stach seinen Bruder in den Kopf, so daß eine starkblutende drei Zentimeter lange Wunde entstand. Diese Tat trug ihm eine Gefängnisstrafe von 6 Monat ein. London. Wegen gemeinsamer betrügerischer Machenschaften sind vom Zentral-Krinnnalgericht neun Beamte eines Wohltätigkeitsvereins zu Zucht hausstrafen von sechs Monat bis zu zwei Jahr verurteilt worden. GemsmnüHiaes. Tic Behandlung «SN gepflanzter Obstbäume, die nicht anstreibe«. In jedem Jahre kommt es vor, daß neu gepflanzte Bäume, trotzdem ihre Rinde grün, ihre Knospen gesund find, nickt austreiben wollen. Man findet in diesem Falle regelmäßig vollständig ausge- trscknete, recht oft sogar angesaulte Schnittflächen der Wurzeln, die in diesem Zustande nie gesund verwachsen können, aber auch dem Baume die zum Austreiben gehörigen Mengen von Wasser nicht zuzuführen vermögen. In diesem Falle tut das von Oberdieck eingesührte Verfahren, nach welchem man derartige Bäume aus dem Boden nimmt, sie mit den Wurzeln 24 Stunden in frisches Wasser stellt, um dann die Wurzeln frisch zu beschneiden, bevor man die Bäume eiu- pflanzt, die vorzüglichsten Dienste. Sehr zu empfehlen ist es, wenn man nach dem Einschlagen Stamm und Aste mit einem Lehmanstt'ch ver sieht, um dadurch die Verdunstung des Wassers bszw. das Austrocknen des Stammes zu ver hindern. S Das Auswachsen der Zwiebel« kann man dadurch auf eins gute Zeit verhindern, daß man sie in einen dünnen Stoffbeutel in die Räucherkammer hängt und einige Tage darin hängen läßt. S Spargel erhält man frisch, wenn man ihn in frischen Sand legt. S Salatöl bleibt rein und klar, wenn man in die Flasche einen Eßlöffel voll Salz schüttet; dasselbe sinkt zu Boden und schadet dem Ll nicht im geringsten. bMtes Mlerlei» Schlaue Ausrede. Mutter: „Was hör' ich? -Franz hat die Frechheit gehabt, dich am Bahnhof zu küssen? Wie hast du dich Ver halten?" — Tochter: „Um Skandal zu ver meiden und damit alle Leute glaubten, wir seien verwandt, küßte ich ihn wieder!" Ein Ausweg. A. (Sekundant): „Also morgen früh sechs Uhr am Eingangs des Akazienwäldchens — einmaliger Kugelwschssl." — B. (ängstlich): „Ja, ja! Sollte ich aber nicht pünktlich eintreffen, so kann ja mein Gegner einstweilen seinen Schuß abfeuern." . Zah-h/; Je nachdem. „Wenn heute der Schneider meister Stichlein kommt, so weisen Sie ihn nicht ab, Johann, sondern rufen mich !" — „Befehlen gnädiger Herr, daß der Mann ins Watte- oder ins Empfangs-Zimmer geführt wird?" k M-gg. ; Schor, heraus. „Der einzige Mann, den ich für meine Gesellschaft mit 100 000 Mk. ver sicherte, starb nach zwei Wochen." — „Was " 'den Sie denn da gemacht?" — „Ich habe die Witwe geheiratet l" (,s- Menschen solcher Moral huldigen mögen. Be stehen Sie noch immer auf der Bestrafung der Soldaten?" „Ich bedaure," entgegnete Hellmann pikiert, »daß gerade unser Stand eine derartige eng herzige Moral vorschreibt, der ich folgen muß, so sehr sie auch von Ihrem schönen Munde ver dammt werden mag." „Ich kann Ihnen trotzdem nicht beistimmen oder recht geben, und dann" — setzte sie schalk haft bei — „wer weiß, welche klassische Reminiszenz dem Hauptfrevler bei seinem Atten tat vorgeschwebt haben mag?" „Sie machen mich neugierig," bemerkte Hellmann gespannt. „Ach was! Wissen Sie denn nicht. . .? »Im Sturm erringt er der Minne Sold" ?" „Ein vortreffliches Zitat! Ich wüßte jedoch nicht," setzte Hellmann in ironischem Tone bei, »wie weit wir mit unsern Soldaten kommen würden, wenn sie wüßten, wie leicht ihnen von einer beleidigten Frau einer klassischen NemimSzenz halber verziehen werden kann." „Vielleicht wäre nicht jede das imstande!" warf das Mädchen leicht hin, ohne sich durch Hellmanns spöttischen Ton beirren zu lassen. »Ich will Ihnen jedoch sagen, wie ich zu dem Zitat gekommen bin. Ich habe erst vor wenigen Tagen im Schiller geblättert und unter anderm auch Wallensteins Lager wieder gelesen. Ich habe ichon eine Menge Schillerscher Verse uu Kopfe, und da ist mir denn neben manchen guten und manchem unnützen Ballast nun auch dieser hangen geblieben. Ich ahme," setzte sie in ihrer .d'Mzhusten Weise wieder bei, „damals nicht, wie sehr er mir dazu dienen würde, mir über eine unangenehme Situation hinwegzuhelfen." „Man muß Ihnen zugeben, daß Sie unsre Dichter praktisch aufzufaffen wissen." „Woraus Sie mir hoffentlich keinen Vorwurf machen wollen!" „Einen Vorwurf nicht — wenn auch solches Tun nicht immer ganz ungefährlich sein dürfte." „Bei mir schon." „Sie scheinen sich sehr sicher zu fühlen!" ant wortete Hellmann und fügte Vann, wie von einem plötzlichen Gedanken erfaßt, die Frage bei: „Darf ich, wenn ich nicht unbescheiden er scheine, wissen, wann Sie in Wallensteins Lager gelesen haben?" „Warum sollten Sie das nicht wissen dürfen? Das war — warten Sie nur — ganz richtig — das war am vergangenen Sonntag, als ich, der ewigen Kriegsgeschichten müde, mich zu meinem Lieblingsptätzchen im Garten flüchtete." „Vergangenen Sonntag also? Etwa abends gegen fünf oder sechs Uhr?" „Nein, nein! Es war — es war erst um drei — die Glocke hatte eben zur Nachmittagspredigt geläutet." „Das ist doch merkwürdig!" murmelte Hell mann vor sich hin. „Was haben Sie?" fragte das Mädchen. „Nichts, nschts!" antwortete der Gefragte rasch, sich aus seiner geistigen Abwesenheit aüf- rasfend. „Es war nur eine unbedeutende Laune, eine zufällige Idee, die mir durch den Kopf fuhr. Eilauben Sie -Air jetzt, mein Fräulein, daß ich mich beurlaube — ich Habs schon zu lange die LiebenswüroigkeitJtzrerNnterhalrungmißbraucht." „Wie? Sie wollen uns schon verlassen?" rief das Mädchen mit offenem Erstaunen." Und das noch, bevor ich nur Gelegenheit fand, Ihnen meinen Dan! für Ihre Hilfe auszu sprechen ?" „Ich weiß nicht," entgegnete Hellmann in dem nämlichen sarkastischen Tone, den er schon oben angenommen hatte, „ob die bewußte klassische Reminiszenz nicht meine Hilfe, wie Sie sich jetzt auszudrücken belieben, eigentlich überflüssig gepiacht hätte. Jedenfalls muß ich Ihren Dan? als unverdient zurückweisen." „Pfui, das war unschön von Ihnen ge sprochen!" sagte das Mädchen ernst. „Doch verzeihe ich Ihnen das, denn Sie kennen mich ja nicht. Sonst würden Sie auch den spöttischen Ton, der Ihnen sicher nicht so gut ansteht, als Sie zu glauben scheinen, kaum angenommen haben." Diese Zurechtweisung — denn anders konnte man die Rede des Mädchens kaum nennen — verletzte Hellmann. „Mein Fräulein —" begann er. „Bitte, keine Widerrede!" ward er unter brochen. „Zur Strafe müssen Sie sich's ge fallen lassen, daß ich Ihnen, bevor Sie gehen, noch den Garten, das heißt unser vom Wirts garten getrenntes Hausgärtchen und in, ihm die Laube zeige, in welcher ich mir eben die Na'Mche Reminiszenz, an der Sie so viel An stoß zu nehmen scheinen, angeeignet habe." Sie hatte diese Worte in liebenswürdiger, bu ch den leichten Ton fast hinreißender Art gesprochen, und ohne eine Antwort von Seite Hellmanns übzuwarten, schritt sie diesem durch den Hof voraus, und der Offizier folgte ihr halb mit widerstrebenden Gefühlen. Denn so manches, was aus der Erscheinung des Mädchens sprach, klang ihm fremd und unverständlich. Um zu dem großen, für die Gäste bestimmten Garten zu gelangen, mußte man den Weg durch die Scheunen nehmen. Des Wirtes Hausgarten lag zwischen den Scheunen und dem äußersten Flügel des Gasthauses, das die Wohnstuben der Familie enthielt. Man konnte von letzteren, die zu ebener Erde niedrig genug angebracht waren, in die Büsche und Bäume des Gartens und auf das Feld blicken, das sich draußen weit ausbreitete. Aus dem Feld führte ein schmaler Fußsteig ge rade auf das Gärtchen zu, das auf diese Weise am äußersten Ende des Dorfes lag. Auf dem Gange zum Garten blieb das Mädchen bei einem alten Bauern stehen, der ihnen des Weges entgegen kam. „Nun, Michel, wie steht's mit der Kathrein ?" „Immer noch schlecht genug," klagte der An gesprochene, „sie hat eine schreckliche Brennhitze im Kopf und jammert einem beständig die Ohren voll, daß sie nicht schlafen kann." „Ein Fieber vergeht nicht so schnell," tröstete das Mädchen. „Sag' der Kathrein, ich wolle heute noch kommen und ihr Eis mitbringen zu Überschlägen; vielleicht helfen die." „Gott geb's! Laßt Euch nm bald sehen!" antwortete der Bauer und trollte sich dann, die Biütze zum Gruße auf dem Kopfe rückend, weiter. L « (Fortsetzung folgt.)