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Ottendorfer Zeitung. Vie „(Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donner,, tag und Sonnabend abend,. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch dir Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Rloritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterbaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. Annahm« von Inserat« bi, »»«mittag z« Uhr.j Inserate w«rd«n mit zo p fite di« Spaltz«il« b«r«chn«, Labellarischer'Laß nach d«s»ndrr«m Laris Druck und Verlag von Hermann Rühl« tn Groß-Gkrilla. Mr die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla No. 57. Sonntag, den 12. Mai 1907. 6. Jahrgang. Orrtliches und Sächsisches. Vttcndorf-DkriUa, den y. Mai >907. *** Der am Himmelfohrtstage im Gasthof -um schwarzen Roh in Ottendorf veranstalteten Konzertaufführung zum Besten des Vereins der Blinden in Dresden und Umg. hätte man doch mit einem weit besseren Besuch erfreuen sollen, galt es doch zum Besten für unsere armen Blinden, denen das Licht der Welt und die herrliche weite GotteSnatur für immer eine dunkle Nacht ist. Verdient hoben sie es ehrlich, umsomehr sämtlich- Gesangsvoi träge im Sola, Quartett usw. mit reichen Beiiall belohnt wurden, vor allen Dingen kam die vorzügliche Schulung zur Geltung. Humoristisch schön gelang der Vortrag vom Männerquartett ge sungen „Neuer Bazar". Das beste Lob sei auch den gütig Mitwirkenden gezollt, besonders verdient Frl. Franz genannt zu werden, welche durch ihre reizende Deklamation der Gedichte, „Vom blasen"; „Das Gebet" usw. hervortrat und mit Recht den Abend zu verschönen half. Wo aber blieb der Besuch? — fI Auf die der heutigen Nummer beiliegenden Beilage der Firma Wilhelm Richter, Dampf- Destillation in Radeberg, machen wir unsere Leser noch ganz besonders aufmerksam. —* Um die Fischzucht in der Elbe und ihren Nebenflüssen zu h-ben, läßt das Reichs- amt de« Innern etwa eine Million junge Lachse in ihren Gewässern aussetzen. So gut gemeint diese „Aussetzung" ist, so zwecklos ist sie, so lange die Ufer der Elbe weiter „rektifiziert" werden, so dah die Lachse keine Schlupfwinkel mehr finden können, —* Die Briefumschläge sind teurer ge worden. Der Verein deutscher Briesumschlag- Fabriken hat infolge der Verteuerung der Rohmaterialien und Steigerung der Löhne und Betriebskosten eine Erhöhung der Preise be schlossen. Der Aufschlag ist mit d-M 1. Mai in «rast getreten und beträgt 15 Prozent. — Die Erhöhung der Postgebühren für besondere Zeitungabeilagen auf das Doppelte, die durch die letzte ReichsfinanzreforM' eingeführt wurde, hat keine Erhöhung der Einnahmen ge bracht, wohl aber die Geschäftswelt und da« ZeituNgSgewerbe geschädigt. Auch die neue Fahrkartensteuer sowie einige andere der durch die ReichsfinanzreforM ins Leben getretenen Steuern bringen nicht die erwarteten Einnahmen. Mit der Erhöhung der Gebühren für die Zeitungsbeilagen hat der R-ichsfiskus aber ein besonder» schlechte« Geschäft gemacht. Die Einnahmen au« diesen Gebühren sind nicht ge stiegen, sondern erheblich zurückgegangen. Da bei den bisherigen Sätzen die Postverwaltung keineiweg« -«gesetzt hat. andererseits aber auch in Zukunst ein Ausgleich tn den Einnahmen Nicht zu erwarten ist, so empfiehlt die Deutsche Tageszeitung, die als verfehlt erkannte Maß nahme so bald wie möglich Wieder aufzuhebcn. Dresden. Der Ausflugsverkehr am Himmelfahrtstage war ganz bedeutend. Die Verkehrsmittel reichten kaum hin, die Aus- stügler zu befördern. Der Hauptstrom wendete sich in die Coffebauder Gegend, die Lößnitz, die Pillnitzer Gegend, sowie in die Sächsische Schweiz. Elektrische Bahnen, Dampfschiffe und Eisenbahnen mußten ungezählte Sonder fahrten veranstalten. — Die Sozialdemokraten der drei Dresdner Reichstagswahlkreise legten am Donnerstag stütz aus dem Trinitatis- und dem Annenfri-dhofe aus den Gräbern der Märzgefallenen Kränz« nieder. — Der aus Anlaß der Gartenbau-Aus stellung von Reichenberg-Zittau am Donnerstag nach hier abgelasiene Sondcrzug beförderte in jwei vollbesetzten Teilen rund 5300 Personen. — Das Landgericht verurteilte am Freitag wegrn Landfriedensbruch den Schlaffer Gärtner -u 6 Monaten und den Arbeiter Nowack zu drei Monaten Gefängnis. Beide waren früher in der Seidel und Naumannschen Fabrik be- chäsligt und beteiligten sich auch an dem Aus- tandc. Am 17. April, als ein Transport IrbcitSwilliger von auswärts hier eintraf, haben die beiden Angeklagten als Streikposten mit noch anderen den Transport belästigt und die IrbeitSwilligen durch unflätige Redensarten beleidigt und beschimpft. — Das Schwurgericht verurteilte heute den Arbeiter Eduard Hermann Bauer aus Dresden- Zieschen wegen Körperverletzung mit tödlichem lubgang zu 4 Jahren Gefängnis. Bauer hatte in der Nacht zum 2. März den Kranken- ifleger Löser vom Friedrichstädler Krankenhaus nach voraufgegangenem Streit auf der Straße derart schwer mit dem gewichtigen Griff seines Schirmes gegen die Schläfe geschlagen, daß bei dem Getroffenen eine Verletzung des Gehirns und am folgenden Tage in deren Verlauf der Tod eingetreten war. Steinborn. Der hiesige Gemeinderat hat die Einziehung des durch das Gelände des Zünftigen Truppenübungsplatzes bei Königsbrück nach der Giünmetzmühle führenden Weges Nr. 540 des Flurbuchs für Steinborn und zwar von der Weißbacher Grenze an bis an den Kommunikationsweg Steinborn-Königsbrück, Nr- 542 des Flurbuchs für Steinborn be- chloffen. Pirna. Ein schwerer Unglücksfall er eignete sich hierselbst. Beim Nachgießen aus >en Spirituskocher explodierte die Spiritus lasche und brachte der Schriftsetzersehefrau Börner so schwere Brandwunden am Kopfe und Oberkörper bei, daß die Frau dem hiesigen krankenhsuse zugesührt werden mußte, wo die Bedauernswerte bereits verstorben ist. Bischofswerda. Am Dienstag vormittag pielten die zwei drei- bezw. vierjährigen Kinder )eS auf der Wallgaffe wohnenden Metall arbeiters Berger in der Nähe des sogenannten Hustegrabens. Die Kinder kamen dabei dem Graben zu nahe und sielen ins Wasser, Schnell sprang der 7 jährige Bruder den beiden nach um sw zu retten, was ihm aber nicht gelang. Alle 3 Kinder wären ums Leben gekommen, wenn nicht Stellmacher Feist die Kinder dem »offen Elemente entrissen hätte. Es war aber auch die höchste Zeit, denn die beiden jüngeren Geschwister waren bereits bewußtlos, als sie gerelten wurden. Den Bemühungen des Dr. Cichorius gelang eS, sie wieder ins Leben zurückzurufen. Herwig« darf bei Löbau. Tödlich ver unglückt ist aus eigenartige Weise das zwei jährige Töchterchen des Handelsmannes Pilz in HerwigSdorf. Das Kind war von seiner Mutter in einen Korb, der auf einer Lade stand, schlafen gelegt worden. Als man das Zimmer später wieder betrat, sand man das Kind zwischen der Lade und dem Bett ein geengt tot vor. lieber die Ursache des Todes besteht noch keine Gewißheit, man glaubt, daß das Kind in der unglücklichen Lage erstickt ist. Bautzen. Mn sclttenes Ereignis spielte sich am Donnerstag im hiesigen Kgl. Landes- gesängnis ab. Durch den Standesbeamten wurde die standesamtliche Eheschließung zwischen einem Strafgefangenen und seiner Braut aus Berlin getraut worden. Es war ein einfacher und kurzer, aber ergreifender Akt, der sich hinter dem GesängniSmauern abspielte. Es gab ein herzliches Wiedersehen zwischen Braut und Bräutigam und ihrem dreijährigen Kinde. Nach kurzem Trauakt mußte sich das junge Ehepaar wieder trennen. Wiederholt umarmten und küßten sich die Neuvermählten, ! mehrmals preßte der Vater sein Kind liebkosend an sich, bis sich die Kerlertür wieder schloß und ohne Mann mußte die junge Frau wieder von dannen ziehen. Wie verlautet, dürste der Neu vermählte Gefangene infolge seiner außerordentlich guten Führung in nächster Zeit beurlaub werden. — Vollständig niedergebrannt sind in Lawalde Wohnhaus, Scheune und Stallungen de» Gutsbesitzer» Seifert. In den Flammen umgekommen sind fünf Kühe, vier Schweine und sämtliches Federvieh, auch alle Möbel des Besitzers sind mit verbrannt. Die Feuerwehr mußte erst den Giebel des brennenden Hauses einreißen, um die aus Mann, Frau und sieben Kinder bestehende Familie zu retten. Es blieb )en Geretteten nur das nackte Leben. Der Kalamitose hat nicht versichert. Oschatz. Bei der stattgefundenen SchwadronS- besichtigung der 2., 3' und 4. Schwadron des ziesigen Ulanenregiments, die am Mittwoch fier vor dem Könige stattsand, erlitt dieser einen leichten Unfall. Er hatte sich beim Zug- pringen an die Spitze der einzelnen Schwadronen gesetzt und das erste Hindernis genommen, geim Zugspringen der 4. Schwadron brach das Pferd des Königs aus, und der König kam zu Fall, ohne jedoch Schaden zu nehmen. Er restieg daS Pferd von neuem und setzte die Besichtigung fort. Nach einem nach der Be- rchiigung im Negimentskasino eingenommenen Frühstück fuhr er per Automobil nach Nossen. Grimma. Schon wieder mehren sich die Valdbrände. Während es in den Waldungen nahe Tonndorf dieses Frühjahr schon dreimal brannte, wobei jedesmal Entzündung durch Funken einer Lokomotive angenommen wurde, werden unterm 7. Mai wieder aus dem omts- jouptmannschaftlichen Kreisen zwei Waldbrände gemeldet» deren Entstehungöursachen nicht er mittelt werden konnten. Während ein Brand n der Rittergutswaldnng zu Seelingstädt nur wenig Schaden anrichlete, wurden in Hohburg bei Wurzen etwa 1^/z Hektar 75 jähriger Fichtenbestand vernichtet. ErbiSdorf bei Freiberg. Der 68 Jahre alte pensionierte Steiger Pilz in ErbiSdorf satte sich bei einer Gartenarbeit eine gering- ügige Verletzung an der Hand zugezogen, die er weiter nicht beachtete. Nach kurzer Zeit fing die Hand an zu schwellen. Doch war es auch dem Arzte nicht möglich, die fortschreitende Blutvergiftung zu hemmen, so daß der Tod eintrat. Gautzsch. Ein bedeutender Einbruchs siebstahl ist nachts in dnm zurzeit unbewohnten Herrenhaus des hiesigen Ritterguts zur AuS- ührung gekommen. Hierbei find gestohlen worden. zwei große silberne siebenarmige Leuchter, 1500 Mark wert, ein silbernes Tintenfaß, W. K. graviert, ein silbernes Tablett, graviert E. K., zwei runde silberne Tabletts, zwei kleine silberne Leuchter, ein Feldstecher, zwei neue Revolver mit Munition, eine Anzahl Betten, ea. 10 Anzüge, zwei Ueberzieher zwei Automobilmäntel und ver schiedenes andere. Der Gesamtwert der ge stohlenen Sachen beziffert sich aufßca. 3500 Mk. Leipzig. Eine Familientragödie spielte sich gestern mittag in der zwölften Stunde im Grundstück Dresdner Straße 45 ab. Der 45 Jahre alte Schuhmacher Heinrich Gustav Joppig aus Nicolstadt, der seit einem Viertel jahre von seiner Familie getrennt lebte und Brüderstraße 22 wohnte, brachte seiner in dem erwähnten Hause wohnhaften Ehefrau einen Revolverschuß in die linke Brustseite bei. Hierauf schoß der Man sich selbst eine Kugel in den Kopf. Joppig lauerte seiner Frau, die sich in ihrem an der Grünen Gaffe in L.- Anger-Crottendorf gelegenen Garten befand, aus, und verfolgte sie von dort. Als er ml in die Wohnung zu gehen beabsichtigte, und die Frau dies nicht zulaffen wollte, beging er die Tat. Sie geschah auf der Treppenflur der ersten Etage. Jedenfalls trug der Mann sich schon seit längerer Zeit mit dem Gedanken, seine Frau und sich zu töten. Die beiden Verletzten wurden nach dem Krankenhause St. Jacob gebracht, wo der Mann am Nachmittage verstarb. Die Verletzung der Frau soll nich lebensgefährlich sein. Aus der Ehe sind dre Kinder hervorgegangcn, welche im Alter von 17, 18 und 20 Jahren stehen. Joppig hatte im Grundstücke Dresdner Straße 45 ein offenes Geschäft, das er im Dezember vorigen Jahres aufgab. Die Frau blieb dort wohnen. In den ehelichen Zerwürfnissen, welche die Ursachen des Dramas sind, scheint der Mann sie Hauptschuld getragen zu haben. Die Ehe- eute lebten schon einmal früher fünf Jahre getrennt, sie versöhnten sich aber dann spättk wieder. Diesmal kam es anders. . . . — Einen Selbstmordversuch unternahm sm Donnerstag vormittag ein in der Schul- traße wohnhafter, 64 Jahre alter Kaffenboi« aus Hayna. Ter Mann durchschnitt fich in einem Bodenraum des von ihm bewohnten Grundstücks die Halsschlagader. Er wurde war noch lebend, aber schwer verletzt dem Irankenhause zugeführt. Der Unglückliche Mtte vorher dem Vorstand des Vereins, für )en er tätig war, schriftlich mitgeteilt, daß ihm von den anvertrauten Geldern rin größerer Betrag gestohlen worden sei. Daraus scheint die Tat zurückzuführen zu sein. Bisher konnte in der Affäre keine Klarheit geschaffen werden. — Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten lewMgten die Stadtverordneten dem hiesigen Rsnnklub zur Amortisation seiner BahnauSbau- Anleihe eine nach und nach zu gewährende Beihilfe von 72000 M. Vom Jahre 1936 ab hat der Nennklub 5000 M. pro Jahr zurückzuzahlen, falls, woran kaum zu zweifeln st, die Bahn bestehen bleibt, oder dem Rai« ällt das Eigentumsrecht an der noch im Bau refindlichen Tribüne zu. Crimmitschau. Festgenommen wurde im nahen Thonhausen der Knecht Pfannenstiel, der Ende vorigen Monats im benachbarten Kletn- Hessen dem Ziegelelarbeiter Hutschenreuther einen Schaufelhieb über den Kopf versetzte, was den Tod H.s zur Folge hatte. Pf. war flüchtig ^worden. Rußdorf bei Crimmitschau. Am Freitag erstörte ein Großfeuer das Pechsteingut, den rüheren Gasthof der Brauerei, vollständig. Elsterberg. Am 4. April wurde in der Elster die Leiche eines Mannes gefunden, dessen Persönlichkeit nicht sestzustellen war. Jetzt hat eine Frau Selle in Plauen aus den KleidungS- tücken und dem Tascheninhalt erkannt, daß der Tote ihr Ehemann war, von dem sie getrennt ebte. Selle war seines Zeichens Agent. Oberwiesa. Zur Affäre Strunz-Fiedler in Ober- und Niederwiesa wird weiter ge meldet, daß zur Zeit die Höhe der laufenden Wechsel noch nicht genau festgestellt werden kann. Aber soviel ist sicher, daß die Wechsel- Verbindlichkeiten nicht nur die anfänglich an gegebene Summe von 70- bis 80 000 Mark, sondern wahrscheinlich über 200000 Mark au»- machen. -- Aus einer Muldenwiese bei Zwickau sind die beiden Kinder des Waschmeisters K-, ein Knabe von fünf und ein Mädchen von acht Jahren, in die Mulde gestürzt und, da keine Hilfe zur Stelle war, ertrunken. Die beiden Kinder hatten ein drittes zum Spielen ausgesucht; als dieses, ein achtjähriges Mädchen, den furchtbaren Vorgang mit ansah, erschrak es so sehr, daß es erst am Abend davon Mitteilung machen konnte. Die beiden kleinen Leichen konnten bisher noch nicht geborgen werden Plauen i. V. Einen qualvollen Tod er litt hier das aus Neustadt a. Orla gebürtige Dienstmädcheu Martha Götze. Beim Anzünden des Spirituskochers explodierte die Spiritus kanne. Das Mädchen stand im Nu in Flammen und lief in einer Fruersäule auf die Straße, wo die Flammen von Paffanten erstickt wurden. Das Mädchen erlag seinen schrecklichen Verletzungen. — Das zweijährige Töchterchen de» Stick maschinenbesitzers Lautenschläger stürzte aus einem Fenster der zweiten Etage auf da» Straßenpflastcr. Außer anderen Verletzungen erlitt das Kind einen schweren Schädelbruch. Es ist kein Aussicht vorhanden, da» Kind am Leben zu erhalten.