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Vie .DttcnSvrfer Zeitung" erscheint Dien,tag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich l Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Annahme von Inserat« tt, »«mittag i« UhrH Inserat» wer-en mit so p fiir di« Spaltzetle berechn« Lab«llarisch«zSatz nach b«s»ndrr«m Tarif Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode." Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Aloritzdorf und Umgegend. Druck und Verlag von --ermann Rühl« m GroH-GkrtLa. Lür die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla No. 43. Mittwoch, den lO. April 1907. 6. Jahrgang. Holzversteigerung auf Okrillaer Staatsforstrevier. Im Oastboke „rum Kolätzovn in UorilräorL sollen Mittwoch, den 17. April 1907, von nachmittags ^2 Uhr an 402 w Stämme 10/37 om Mittenst, 15 birk. u. 3384 w Klötzer 8/36 cm Oberst., 285 ficht. Derbstangcn 8/15 am Unterst., 20 fibt. Reisslängen 7 ym Unterst., und Donnerstag, den 18. April 1907, von vormittags 9 Uhr an 2 Nm. buch. Nutzschcite, 4 Nm. h. u. 112 Rm. w. Brennscheile, 2^/2 Nm. h. u. 479 Rm. w. Brennknüppel, 4 Rm h. und 114 Rm. w. Zocken, 227 Rm. w. Neste, 18,8 Wllhdt. w. Brennreisig 693 Rm- w. Stücke aus den Kahlschlägen in den Abt. 5, 20, 57 u. 69, Durchforstung in Abt. 80 u. Einzelholzer in den Abt. 8 u 9, Kegen sotortiAtz LeLubluuK versteigert werden. Okrilla und Lloritrburß, am 28. März 1907. Wigi. forstreviervefwaltung.Hönigl. forstrenlami. Oertlichrs und Sächstfches. Vttrndorf.Vknlla, den g. April -go?. —* Als Kandidat für den aus den Städten Bischofswerda Stolpen, Pulsnitz, Radeberg, Radeburg und Großenhain bestehenden Land- tagswahlkrei« wurde von der konservativen Partei einstimmig der bisherige Vertreter des Kreises. Herr Kaufmann Georg Knobloch in Radeberg wieder ausgestellt. —* Mit der Prügelstrafe in den Schulen beschäftigte sich der Preßousschuß des Sächsischen Lehrerverein«, wobei er zu dm Ergebnis gelangte, daß die körperliche Züchtigung als letzte» Mittel nicht entbehrt werden könnte. Sollt» die Prügelstrafe abgeschofft werden dann müßte die Volksschule wenigstens das Recht erhalten, als Hauptdisziplinarmittel die unbotmäßigen Schüler von ihrem Besuche zeit weilig auszuschließen und sie zu zwingen, die versäumte Zeit nach Beendigung des achten Schuljahr» nachzuholen. Königsbrück. Der Parteitag der deutschen Reformpartei im Königreich Sachsen nahm aus seiner Tagung in Königsbrück am Sonntag Resolution gegen die Einführung von Schiffohris- abgaben und sür die Anbahnung eines mittel europäischen Zollbündnisse« an. Zur Frage: Was dringt das neue Landtagswahl! echt?" erklär!« hierbei Abg. Zimmermann: Da das augenblickliche Wahlrecht den Reformern so un günstig wie möglich sei, werde die Partei nicht in sämtlichen freiwerdenden Wahlkreisen, sondern Nur in einigen eigene Kandidaten aufstellen, so z. B> in einem Dresdner und einem Leipziger Wahlkreise, einigen kleineren Städten und in einem ländlichen Kreise. Wa» die ge plante Aenderung des Wahlrechts zur Zweiten Kammer betrifft, so ist Redner auch von ihrer Notwendigkeit überzeugt. Ec will auch vor allem da» indirekte Wahlrecht durch das direkte «setzt sehen. — Am Montag betrug der Austrieb aus dem Viehmarkt in Königsbrück: 54 Rinder, ls Läuserschwcine und 171 Ferkel. Rinder Wurden zum Preise von 180 — 400 Mark, Läuferschweiue zu 30- 45 Mark per Stück Und Ferkel zu 28—48 Mark das Paar verkauft. Radeburg. Dem Lokomotivführer Schnorr busch und dem Hilfsfeuermann Koitzsch hier hat die Generaldirektion der Staat»eisenbahnen Wegen ihre« entschlossenen und umsichtigen Handeln» bei Rettung eine» Kindes aus der Gefahr, von einem Eisenbahnzuge überfahren zu werden, ihre Anerkennung ausgesprochen. Außerdem ist dem HilfSfeuermann Koitzsch eine Grldbclohnung bewilligt worden, weil er unter Gefährdung seiner eigenen Person besondere Maßnahmen ergriffen hat, um den Erfolg der Rettung des Kindes noch mehr zu sichern. Dresden. Die bei der Wcltfinna Seidel Und Naumann an der Arbeitsstätte Verbliebenen sind teilweise Mitglieder der Hirsch-Dunckerschen teils der sogenannten gelben Gewerkschaften. Diese hielten um dieselbe Zeit, zu der von den sozialdemokratisch organisierten Arbeitern der Streik beschlossen wurde, auch eine Versammlung ab, in der einstimmig die folgende Resolution angenommen wa de: „Die im Kegle.heim ver sammelten 65o Arbeiter der Firma Seidel Und Naum 'm i gegen den vo:' feiten der Mitglieder des Metallarbeiterverbandes in und außerhalb der Fabrik geübten Terrorismus der verschiedensten Art gegen ihre Mitarbeiter ent- ichüdenen Protest ein. Sie erklären, daß sie gewillt sind, unter ausdrücklicher Wahrung ihrer berechtigten Interessen im gütlichen Aus gleich mit der Firma Wünsche und Beschwerden zur Erledigung zu bringen, da sie nur in ein-m Hand-in-Hand-gehen zwischen Firma und Arbeitern die wahre Förderung ihrer Interessen erblicken. In diesen Bestrebungen fühlen sie sich eins mit der größten Anzahl namentlich älterer Arbeiter der Firma, auch soweit sie dem Mctallarbeiterverband angehören. Sie werden deshalb alle in entgegengesetzten Sinne zutage tretenden provokatorischen und nur der absichtlichen Hetze dienenden Agitationen mit aller Entschiedenheit entgegentreten und bestrebt sein, in Flieden und Eintracht mit ihren Mit arbeitern zu leben, indem sie schließlich auch für die Zukunft ihr volle« Vertrauen der Firma cntgegenbnngen." Zochau. In der Nacht von Sonnabend auf Sonntag wurde unser Ort durch ein Schadenfeuer in Aufregung versetzt Dasselbe war im Besitztum des Herrn Gemeindevorstandeö Thronicke, und zwar in dem Stallgcbäude, ausgebrochen. Das Feuer zerstörte das massive Stallgebäude mit angebautem Wagen- und Holzschuppen. Der Schaden beläuft sich aus ca. 2000 Mk. Die Entstehungsursache des Feuer« ist unbekannt. Bautzen. Der Eierjokel, ein bekanntes Bautzner Original, ist gestorben. Trotz seiner 78 Jahre ist er nicht ein einziges Mal aus der Eisenbahn gefahren, sondern hat bis in sein hohes Aller hinein den 1*/, stündigen Weg von Cölln bei Kleinwelka, wo er wohnte, bis Bautzen saft täglich zu Fuß zurückgelegt und brachte Eier und Tauben, anfangs weißen Sand, nach der Stadt und hat sich auf diese Weise ein Vermögen von 29000 M. erspart. Trotzdem erbettelte er sich meist seinen Lebens unterhalt und ging ärmlich gekleidet. Schandau. Der Betrieb der elektrischen Straßenbahn Schandau- Kirnitzschtal—Lichten- hainer Wasserfälle wird am 21. April er öffnet. — Nach Beendigung der Holzflößerei auf der oberen Schleuse und Kirnitzsch werden die Bootsahrten zunächst an Sonntagen statt finden, zurzeit ist man an der Bootstation mit der Vorrichtung der Boote beschäftigt. Leipzig. Am Sonnabend nachmittag wurden in der Pleiße, unweit der Hakenbrücke, die Leichen des jungen Paare» gefunden, da» am Freitag abend freiwillig den Tod in den Fluten suchte. Die Leichen waren znsammen- gebunden Sie wurden als der 20 Jahre alte Handlungsgehilfe Franz Oswald Petrich aus Leipzig und die gleichaltrige Arbeiterin Elsa Mankwitz ermittelt. Letztere war aus Meusel witz gebürtig und wohnte am Neumarkt. Erster wohnte bei seiner Mutter, in der Uferstraße Zschopau. Arbeiter fanden in einer Schleuse in Waldkirchen einen '.stark in Verwesung übergegangenen Kindeskopf und nach weiterem Suchen im oberen Teil der Schleuse ebenso verwest die Kopfhaut und Schenkelknochen, sowie einen Kinderschuh; die Untersuchung über den ebenso grauenvollen wie rätselhaften Fund ist eingeleitet. Zwickau. Der Streik bei den Automobil werken Horch und Eo. Aktiengesellschaft, hier, ist nach dreiwöchiger Dauer nunmehr beendet worden. Er brachte den Streikenden eine Niederlage. Adorf i. V. Die Wintersaaten, als welche im oberen Vogtland« in der Hauptsache Roggen und Raps, Weizen aber nur in geringem Umfange in Frage kommt, stehen dank der dichten, beständigem Schneedecke, welche der letztverfloffene Winter brachte und dadurch den in den letzten Jahren vielfach beobachteten Kahlfrost unwirksam machte, überall dicht und kräftig. Auch der Stoppelklce hat sich allent halben kräfig bestockt und die Wiesen, ins besondere die zu beiden Seiten der Weißen Elster gelegenen, zeigen bereit» frisches, sprossendes Grün. Die wärmende, schützende Schneedecke ist freilich auch den Mäusen zu statten gekommen; sie treten schon jetzt, kaum daß die Wiesen und Felder ein wenig ab getrocknet sind (im Walde und an den der Sonne abgewendeten Böschungen liegen jetzt noch große Schneemengen), in Scharen auf, und wenn kein nasses, kühles Frühjahr eintritt wird man sich Heuer im Vogtlande auf eine Mäuseplage gefaßt machen muffen. Volks- und Iugendspiele. Weiterhin ist das Jugendspiel ein vor treffliches Erziehungsmittel für Geist, Charakter und Gemüt. Viele Ringelspiele und besonders die verschiedensten Ballspiele find geeignet, die Spieler zu veranlassen, sich einesteils schnell in die gegebene Lage hineinzudenken und sofort zu handeln, andernteils besonnen und kaltblütig zu sein. Damit erwirbt der Schüler Eigenschaften die ihm im Leben von hoher Bedeutung sein können. Wie das Spiel auch zu Ausdauer und Geduld erzieht, davon erzählt Prof. Raydt aus seiner englischen Studienreise. Er hat gesehen, wie Schüler im Alter von 9-^10 Jahren sich Tag für Tag stundenlang im Trickct üblen und auch in der größten Sommerhitze Schlag- ball spielten, um möglichst recht gewandt im Spiel zu werden. Gewiß werden auf diese Weise gute Spieler herangebildet. Er fragt dann den Leser, ob denn nur das erreicht würde und fährt weiter fort: „O nein, viel mehr! Sie haben jene Ausdauer, Zähigkeit und Beharrlichkeit sich angeeignet, die dem englischen Volkscharakter eigentümlich ist und die der Nation die schönsten Früchte getragen hat. England ist stark, weil der einzelne Engländer stark ist." „Wie die Erziehung, so ist ein Volk." Wohl muffen wir zugestehen, daß die Engländer in Spiel- und Sporiübungen oft übertreiben, aber doch können wir nicht ab- leugnen, daß nicht bloß die Wettkämpfe, sondern auch die Jugendspiele zur Selbstbeherrschung erziehen, denn ein guter Spieler darf nicht nachlässig oder träumerisch sein, er darf sich nicht gehen lassen oder unbedachtsam handeln, sondern muß stets straffe Selbstzucht üben. So wird manche» verzogene Muttersöhnchen und Zimperpüppchen auf dem Spielplatz zu einem bessern Menschen erzogen, indem «S ge nötigt wird, sein eitle», selbstgenügsames blasierte», unverträgliches, trotzige» Wesen ab zulegen oder doch wenigstens zu mindern. Nur wenn ein Kind mit andern in engere Be rührung kommt, lernt e» seine Untugenden recht kennen Oder kann sich ein freier, edler Charakter bilden durch strenge Abgeschlossenheit von den Mitmenschen? Wiederholt habe ich gehört, wie die Schüler in der Hitze des Spiels ost schnell und scharf richten, wie sie z. B. einem Spielgenoffen, der einen leicht sinnigen Fehler macht, zurusen: „Da paß doch richtig auf! Wenn du nicht besser aufpaßt, brauchst du gar nicht wieder mitzunmchen", oder „da tust du immer, als wenn du viel brächtest, und dabei bringst du gar nicht«." Wird so nicht manches Kind zu Aufmerksamkeit und Bescheidenheit durch die andern Kinder selbst erzogen? Noch viel Beispiele könnten hier angeführt werden, die erkennen ließen, daß da» Spiel ein vortreffliches Mittel zur Selbsterziehung ist. Auch erz ieht da» Jugendspiel zu Gemeinsinn Ter Knabe, der sich infolge seiner Geschicklichkeit gern hervortun will, wird bald zu der Einsicht kommen, daß er nicht für sich selber, sondern für seine Partei kämpft. Was aber der Schüler auf dem Spielplätze gelernt hat, da» überträgt er als Erwachsener auf das Leben. Zugleich bringt jede» Spiel edle, harmlose Freude, die in der Schuls ein gern gesehener Gast ist; denn „Heiterkeit ist der Himmel, unter dem alles gedeiht." Der Erzieher soll das Wesen seiner Schüler genau kennen. Da» ist für ihn eine sehr schwere Aufgabe, zumal wenn er 50 oder gar SO Kinder in der Klaffe hat. Durch da« Spiel wird ihm seine Aufgabe erleichtert; denn auf dem Spielplatz geben sich die Kinder so wie so wirklich sind. Mancher Musterschüler, gegen d-sten Verhalten innerhalb der vier Schulwände nichts einzuwenden war, offenbart sich da als ein noch sehr schlecht erzogener Junge, wählend mancher in einzelnen Fächern etwas unbeholfener Schüler dem Lehrer auf dem Spielplätze Eigenschaften zeigt, die ihm höheres Ansehen verleihen. Zum Schluß dieser Ausführungen sei noch auf einige speziell in unserm Orte gemachte Beobachtungen hingewiesen. Viele unserer Dorskinder sind sich viel zu ehr selbst überlasten. Je mehr die Industrie ich hebt, je mehr Väter und Mütter in die Fabrik eilen, umsogrößer wird diese« Uebel werden. Da nun einmal die Jugend das Bedürfnis hat, sich auszutummeln, sucht sie dasselbe ost in wilden Spielen ohn« jedwede Kontrolle und Aussicht zu befriedigen. Tut sie das nickt, dann lungert sie aus öder Lange, weile auf d r Straße oder Gaffe herum und begeht ost eine Dummheit nach der andern. Wieviele Klagen über freches, respektwidriges Benehmen hiesiger Schulkinder sind von Ort«, cinwohnern an die Schule gekommen, und wit ost haben sich auch Fremde über da» rüd« W scn so mancher hiesiger Straßenjungen beschweren müssen! Dann gibt es aber auch bei uns Kinder, denen man es oft auf den ersten Blick ansteht, daß sie zu Hause in Feld-, Garten- oder auch Hauswirtschaft tüchtig arbeiten müssen. Ihnen bleibt natürlich wenig freie Zeit übrig. Sie finden deshalb auch selten Gelegenheit, Dummheiten zu treiben. Ob und wieweit eine solche Erziehung richtig ist, soll an dieser Stelle nicht erörtert werden. Hier soll nur hervorgehoben werden, daß die häusliche körperliche Ausarbeitung viel zu ein seitig ist; denn e« kommen bei ihr in der Hauptsache immer nur dieselben Muskelpartien in Bewegung. Dabei werden einzelne Mu»kel- gruppen oft veranlaßt, sich andauernd und krampfhaft zusammenzuziehen. Die Folge davon ist, daß der Blutandrang nach diesen Stellen stärker, die Herztätigkeit unnormaler und ungleichmäßiger und infolgedessen wieder da» Kind in seinem Wachstum aufgehallen wird. Beim Spiel hingegen bleibt kaum eine Muskel unbewegt. Es ist darum geeignet, irgendwelche Einseitigkeiten wieder au-zugleich-m. Insbesondere wird durch abwechselnde Zusammen ziehung und Erschlaffung so vieler Muskeln die Blutzirkulation gleichmäßig und die Herzarbeit vermindert, d. h die Funktion de» Herzen« ist geringer, al» sie bei gleich großer aber in krampfhafter Weise geschehenden Zusammen ziehung sein würde, die nur einzelne Muskeln betrifft. Somit kann sich durch da» Spiel der Körper ungehindert harmonisch ausbilden. Wenn also ihr Eltern wollt, daß sich eur« Kinder kräftig und normal entwick l i m b se zugleich vor mancherlei Gefahren behü et werden sollen, dann schickt sie gern und regel« mäßig auf dm Spielplatz!