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Ottendorfer Zeitung. Vie „Vttcndvrfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für dis Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode." Annahme von Inserat» bi» «»»mittag Nh». Inserat« werden mit ,o p für di, Spaltzetlr berechn» Labellarischer'Satz nach besonderem Laris Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in <8roß-Okrilla No. 28. Mittwoch, den 6. Mär; 1907 6. Jahrgang. Die Anmeldung der Ostern 1907 schul pflichtigen Kinder soll vsmitmag, Sen 7. MSr;. (tur Oie Gnaden) una frriisg, tlen r. März (M Sie NMchen) von nachmiltass 2—4 Aller im 4cmt8Lla»iivr L.ü Uttterz-ichmtcn (Neue Schule, I. Stock) stattfinden. Schulpflichtig sind zu Ostern 1907 alle diej-nigen Kinder, welche bis dahin das 6. Lebensjahr vollendet haben. Auf Wunsch der Eltern und Erzieher können auch solche Kinder ausgenommen werden, di- bis zum 30. Juni d I. das 6. Lebensjahr vollenden. Für hierorts geborene Kinder ist der linpksokoia, für auswärtsgeborene sind 6vd«rtt,arkunä« mit V«»5be8eI»«In1xi»»x und ImpLsvksIn beizubringen Ottvnckorf, den 2b. Februar 1907. Schuldirektor Endler. Oertliches und Sächsisches. Vticndorf-Vkrilla, den S. März M7. —* Der Ertrag der Obstnutznngen an den fiskalischen Ströhen in Sachsen ist im Jahre 1906 gegen dos Vorjahr nicht unbeträchtlich gestiegen. Er bezifferte sich insgesamt aus 244702 Mk. 90 Pfg gegen 218 152 Mk. 15 Psg. im Jahre 1905. Es ist das jedenfalls ein .r- sreulicheS Zeichen für den guten Stand unseres sächsischen Obstbaues, dess-n Wert in den Kreisen der Landwirte und Kartenbesitzer immer mehr erkannt wird. Den höchsten Ertrag lieferte der Straßen- und Waffelbaubezirk Leipzig mit* der ansehnlichen Summe von 56341,30 Mk. ES folgen dann die Bezirke Dübeln mit 34933.80 Mk., Grimma mit 26470 Mk., Zittau mit 26427 Mk, Bautzen Mit 24368,50 Mk , Meißen II mit 15745 Mk. Meißen I mit 3698 Mk., Pirna I mit 9738 M. Pirna II mit 8188 Mk., Dresden I mit 9944,50 Mk., Dresden II mit 7907,20 Mk., Chemnitz mit 6029 Mk. und Plauen i. V. mit 2723 Mk.; den geringsten Ertrag lieferte der Bezirk Annaberg mit 2305 Mk. Dresden. Dunkle Gerüchte über den un natürlichen Tod eines GardereiterS sind seit einig n Tagen in der Stadt im Umlauf. Tatsache ist, daß der Gardereitcr Burkhardt gen Augustin am Freitag, den 22 Februar, früh aus dem Hose der Regimentakaserne an der Deichsel eines Wagens mit einem starken Riemen er hängt aufgefunden wurde. Während di- Mutter de« Toten behauptet, an der Leiche eine große Wunde an der linken Kopfseite ent deckt, aber keine Strangulierungsmerkmale am Halse gesunden zu haben, wird vom Rtgimenia- bureau mitgeteilt daß der erhängt ausgefundene Gardereiter eine tiefe, dunkel untei laufen« StrangulierungSmarke am Halse, aber keine Wunde am Kopse aufwie». Doch ist ein Gefreiter verhaftet worden, der beschuldigt wird, den Burkhardt kurz vor seinem Tode ge- ohrseigt zu haben. Eine strenge Untersuchung über den Vorfall ist im Gange, auch soll die Leiche des Burkhardt auf Antrag der An gehörigen wieder ausgegraben worden sein. — Da» Dresdner Krematorium kommt in Flur Tolkewitz zur Errichtung. ,Der Rat hat bereits den Ankauf des notwendigen Landes beschlossen und ein Abkommen mit der Gemeinde Tolkewitz getroffen. — Für Sachsen ist ein achtes Kavallerie regiment in der Bildung begriffen- Es wird di- Bezeichnung „3. königlich sächsisches Husaren- reglment Nr. 20" trogen uud di- Stadt Bautzen als Garnison erhalten. — Wie man hört, siud insgesamt fünf Studierende der Technischen Hochschule in Dresden wegen ihrer St-llungSnahme zu den Reichstaqswahlen — sie hatten der Sozial demokratie Wahlschkpperdicnste geleistet - aus Deutschland ausgewiesen worden. Alle süns Ruffen sind jüdischer Religion. Wie jedoch weiter gemeldet wird, hat die Dresdner Polizei acht Russen, darunter sechs Studenten, den Ausweisungsbefehl zugestellt wegen Betätigung zugunsten der Sozialdemoeratie bei den letzten NeichStagSwahlen, - In der Nacht zum Sonnabend gegen 12 Uhr vertraten vor dem Hause Friedrich straße 7 zwei angetrunkene StaUschweizer dem ruhig nach Hause gehenden Krankenpfleger Looser den Weg und versuchten mit ihm Händel anzubinden- Als dieser sich jede Be lästigung verbat, fielen sie über ihn her und zückten ihre Messer. Ein wuchtig gefühlter Stich verletzte den wehrlosen Pfleger so schwer an der rechten Schläfe, daß er sofort bewußtlos zusammenbrach. Nach dem Frudrichstädt-r Krankenhaus gebracht, wurde festgestclll, daß durch den Stich das Gehirn LooserS verletzt worden war. Ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, erlag der unglückliche Mann der erst 28 Jahre alt und unverheiratet war, der schweren Verletzung am Sonnabend früh Die beiden Rowdieü sind sofort in Haft ge nommen worden. Meißen. Der wegen Unterschlagung von Hypothekengeldern zu Gefängnis verurteilte Rechtskonsulent Bonitz hat sich seiner Be- strasuug durch die Flucht entzogen. Bischofswerda. Verduftet hat sich Ende voriger Woche der Inhaber der Stadtmolkecei Bismarckstr., ein Herr Lehmann. Durch sein gewandtes Auftreten verstand er es, sich Kredit in jder Stadt und auf dem Lande zu ver schaffen, den er, den „BijchosSw. Nachr." zu folge, gründlich ausnützte. Infolgedessen ist di« Zahl deren, die den plötzlichen Abschied de» Lehmann schmerzlich betrauern, nicht klein. Lehmann wohnte vorher in Dresden und hatte die hiesige »Molkerei erst Mitte November v. I. übernommen. Löbau. Ein hiesiger Eisenbahn-Assistent hat sich eine» groben VertrauenSbrucheS schuldig gemacht, indem er Kassengclder veruntreut Hal. Das Vergehen ist um so mehr zu verurteilen, al» es sich um Gelder seiner Berufskollegen handelt. So veruntreute der Betreffende ihm anvertraute WiltschaflsübelschüffeBeamtenveretn- geldrr rc. Die Höhe dec Unterschlagung soll 2000 Vik. betragen. Colmnitz. Einen recht tragischen Abschluß fand am Dien»tag eine Hochzeilsfeier in der Familie de» Friedensrichters Baumgarten in Colmnitz bei Freiberg. Als sich nachts die auswärtigen Gäste mit ihren Geschirren in ihre Heimat begeben wollten, wurde der Knecht Franke von einem Pferde so heftig an die Stirn geschlagen, daß der junge Mann, welcher am Montag mit zur Stellung gehen sollte, noch am Bußtag Abend an den Folgen des Hufschlages verstorben ist. Marienberg Die Einführung einer Polizeistunde wurde in der letzten Stadt verordnetensitzung heftig bekämpft. Die Stadt verordneten beschlossen, sich beschwerdeführend mit der Anfrage an die Aufsichtsbehörde zu wenden, ob der Stadtrat befugt ist, trotz des ablehnenden Gutachten» der Stadtverordneten die Polizeistunde beizubehalten. Der Verfassungs- ausschuß soll beauftragt werden, den Stand punkt des Kollegiums in dieser Angelegenheit schriftlich auszuarbetten. Leipzig. Bei einem Uhrmacher in Gohlis erschien ein junger Mann, welche eine goldene Uhr für 160 Mark kault-, sich aber quittierte Rechnung darüber erbat. Als der Verkäufer die Rechnung schrieb, packte der Dieb die Uhr und verschwand, ohne daß er gefußt werden konnte. Geyer. Vergangene Woche wurde hier )aS Pfund Schweinefleisch von 0,58 Mk ab verkauft. Chemnitz. In diesen Tagen findet im Krematorium die hundertste L-ich-n-Einäscherung tott. Das !ist eine Zahl, wie sie seit dem 16. Dezember von keinem der übrigen elf leutschen Krematorien erreicht worden ist Plauen. Der Gemeindevorstand Müller m benachbarten Thiergarten hat, wie bis jetzt estgestellt werden konnte, die Gemeindearmen- 'affe um gegen 5000 M- und die Gemeinde- kufse um mehrere hundert Mark betragen. Müller ist vor einigen Tagen gestorben. Die Verfehlungen Müller» haben nun schon ein Opfer gefordert. Der Gutsbesitzer und Steuer einnehmer Möckel hat sich infolge dieser Ver untreuungen erhängt. Als die Frau Möckels die Nachricht von dem Selbstmord ihrer Mannes erhi-lt. erlitt sie Tobsuchlsansälle. Liebenwerda Der am Sonnabend hier stattgesundene Vieh- und Roßmarkt war infolge des günstigen Wetters außerordentlich gut besucht. Der Andrang des Publikums war ein so gewaltiger, daß der ausgedehnte Markt platz die Massen kaum zu fassen vermochte. Ausgetrieben waren 8 bis 900 Pferde, 15 bis 1600 Stück Rindvieh, 600 Stück Ferkel und 300 Läuferschweine. Die Kauflust auf dem Roßmarkt war äußerst rege, so daß die Pferdehändler gute Abschlüsse erzielt haben dürsten. Ebenso war der Umsatz in Rindvieh ein großer. Auf dem Schweinemarkte wurden mit den Ferkeln schnell geräumt, während Läufer weniger Nachfrage fanden. Ferkel wurden mit 28 bis 36 Mark das Paar und Läuferschweine mit 23 bi» 4b M. das Stück bezahlt. Nus der Woche. Der parlamentarische Kampf im deutschen Reichstage hat begonnen. Wie bei jeder Etatsberatung so kam es auch diesmal zu er- regten Auseinandersetzungen und cs ist doppelt anzuerkennen, daß nach all den Erregungen der Wahlwochen die Debatten sich in parlamentarischen Grenzen bewegen. Die politische Zucht d-S deutschen Parlamentes steht im europäischen V-rfaffungsleben unerreicht da. Diese Tatsache läßt hoffen, daß trotz aller Meinungsverschiedenheiten der Reichstag in segenbringender Arbeit zum Besten des Lander wirken werd- — Die Kirchenstreitfrage in Frankreich ist noch immer nicht erledigt, Herr Clemenceau hat sich seit dem Kammer- zwischenfall, der ihm beinahe seinen Kabinetts genoffen, den Kultusminister Briand verfeindet hätte, von den Geschäften zurückgezogen, im Vordergründe deü Interesses steht Herr Briand, der ttäglich neue Vorschläge ersinnt, um mit den französischen Bischöfen ein Uebereinkommen abzuschließen. Es scheint aber, daß die An gelegenheit, die nun schon ein Jahr lang das Land in Unruhe erhält, in absehbarer Zeit überhaupt keine Erledigung finden sollte. Unter solchen Umständen ists kein Wunder, wenn in gewissen Kreisen für eine Ablenkung der öffentlichen Aufmerksamkeit gesorgt wird. Dazu muß in Frankreich immer irgend eine ZeituniShetze herhalten. Natürlich richtet sich die neue Zeitungshetze gegen Deutschland. Ein Diplomat, der angeblich in die intimsten Geschehnisse der Konferenz von Algeciras etn- geweiht ist, veröffentlicht Berichte über die Geschichte des Marokko-Abkommens, aus denen hervorgeht, daß Deutschland sich auf der Konferenz nicht einwandfrei benommen hat, insbesondere, daß man in deutschen Regierung»- kreisen eine Sprache geführt habe, welche ohne da» Vermitteln befreundeter Mächte unbedingt zu einem kriegerischen Zusammenstoß hätte führen müssen, Wir kennen nun gerade da» Lied und sind nicht töricht genug, die Phantasie» gebilde eines schreibsreudigen Allerweltsdiplomaten einer ernsten Würdigung zu unterziehen. Wenn gleich auch von den Ereignissen, die sich in den bewegten Lenz-stages der Algeciras-Konferenz hinter den Kulissen abspielten, nicht« bekannt geworden ist, so viel aber wissen auch unsre Feinde, daß wir nicht die Störenfriede waren. — Ueberhaupt ist Marokko — volle zwei Jahre beschäftigt es schon Europa und die Ver. Staaten — immer noch das Schmerzens kind der internationalen Politik. Je mehr im Verfolg, der Ausführung jener denkwürdigen Akte, die ollen Mächten die offene Tür, dem Lande selbst aber tiefgreifende Reformen garantiert, europäische Kultur sich des Sultan» bemächtigt, je schlimmer werden die Eifer süchteleien der Mächte. Abgesehen davon, daß die Zustäude in Marokko noch im wesentlichen unverändert sind, bringt auch die verschieden artige Auslegung der leidigen, in langwieriger Arbeit hergestellten Keneralakte häufig arge, von Gehässigkeit nicht ganz freie Meinungs verschiedenheiten. Das vielumstrittene nord afrikanische Sultanat wird der europäischen Diplomatie noch manche Bitternis bereiten. — Die kleinen Plänkeleien im englischen Parlament hsben begonnen. Im liberalen Ministerium bestand anfänglich die Absicht, di- Oberhaut frage sofort aus die Tagesordnung zu setzen; da aber Herr Campbell-Banmrmann sich auf seinem Ministeisessel nicht mehr ganz sicher fühlt, will er seinem scharfen Vorzchm gegen das Oberhaus, dessen Befugnisse dauernd zu beschränken es gilt, erst ein- rechtliche Unter lage schaffen. Demgemäß wird also noch ein mal eine Schulvorlage eingebracht werden. Lehnt, was wahrscheinlich ist, da» Oberhaus auch diese ab, so ist die Zeit zum Konflikt günstig. Wer aus dem Kampfe als Sieger hervorgehen wird, bleibt freilich abzuwarten. — Seit dem 1. d. haben in Wien die lange angekündigten Ausgleichsverhandlungen zwischen Oesterreich und Ungarn begonnen. Von vorn herein muß betont werden, daß man sich auf beiden Seiten von dem Verhandeln keinen übermäßigen Erfolg verspricht. Im Gegenteil, man leistet mehr einer diplomatischen Pflicht Genüge, wenn man vier Wochenlang die Unterhandlungen mühselig hinzieht. Man weiß in Wien, daß Ungarn um jeden Preis selbständig werden will und hat in den langen Jahren des Hangens und Bangens die Furcht vor einem endgültigen Bruch verloren. Wenn daher nicht außergewöhnliche Zwischenfälle ein treten, wird der Lenzmond verstreichen, ohne daß die feindlichen Brüder am Donaustrand« auf lange Frist versöhnt sind- — Endlich hat auch die braunschweigisch« Frage ihre Erledigung vor dem Bundesrat gefunden. E» wurde ein stimmig (der Vertreter Braunschweig« enthielt sich der Stimmabgabe) der Beschluß gefaßt, daß da» Hau» Cumberland auch fernerhin un fähig zur Thronfolge in Braunschweig sein solle, da nicht alle Mitglieder de» Hause» aus drücklich ihren Ansprüchen auf Hannover ent sagt hätten. Mit diesem Entscheid sind di« Braunschweiger vor die Notwendigkeit einer neuen Regentenwahl gestellt. — Während so die politischen Interessen überall aufeinander- stoßen, bleibt ein erfreulicher Blick auf die werktätige Hilfe, die die französische Regierung den Hinterbliebenen und den überlebenden Opernkünstlern de» untergegangenen Dampfer« „Berlin" angedeihen ließ. Über dem Elend finden die Menschen sich, die sonst einander fliehen. Die Deutschen werden es Frankreich nicht vergessen, was in diesen Unglück«tagen getan ward, wie e» nie den vier edlen Rettern und dem heldenmütigen Prinzgemahl der Niederlande vergessen werden wird, daß sie wie wahre Helden ihr Leben selbstlos aufs Spiel setzten, um da» ihrer Mitmenschen zu retten.