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Ottendorfer Zeitung. Vie „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährig , Mark. Durch dir Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode." Annahm« uon Inserat« bt, uorinittag z« Uhr.' Inserat« w«rd«n mtt zo p für di« Spaltzrtlr berechn« Lab«llarisch«^Satz nach b«s»nder«m Laris Druck und Verlag von ^ermann Rühle in Oroß-Dkrill«. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühl« in töroß-Dkrilla No. 25. Mittwoch, den 27. Februar 1907. 6. Jahrgang. Die Anmeldung der Ostern 1907 schul pflichtigen Rinder soll vonnemag, üe« 7. MSrz, (M Sie Knaben) unü fkettag, Nen r. MSr? (für Sie MSNAen) von nachmittag« s—4 HI»r im ^intswlivinvr des Unterzeichneten (Neue Schule, I. Stock) stattfinden. Schulpflichtig sind zu Ostern 1907 alle diejenigen Kinder, welche bi« dahin das 6. Lebensjahr vollendet haben. Auf Wunsch der Eltern und Erzieher können auch solche Kinder ausgenommen werden, die bi« zum 30. Juni d. I. da» 8. Lebensjahr vollenden. Für Hierort« geborene Kinder ist der Impkdolivln, für aukwärtSgeborene sind mit V«u/K»«oli»lnlxanx und ImpfdeLvIn beizubringen. Ottenckorr, den 25. Februar 1907. Schuldirektor Endler. Oertliches und Sächsisches. Dttendorf-Dkrilla, den 26. Februar M7. O Am Bußtag soll auch wie alljährlich eine Kollekte für di« Innere Mission in Sachsen abgehalten werden. Da« verbreitete Flugblatt gibt eine nähere Auskunft über die so not wendige und so segensreiche Arbeit des Landes vereins für Innere Mission. -i- Wa« bezweckt der nationale Aus schuß. E« gilt vor allem, die nötige Auf klärung über das Wesen der Sozialdemokratie, ihr Wollen und Wirken, zu verbreiten. Die Erfolge dieser Partei wurzeln zum guten Teile in der Unkenntni« der Menge über die sozial demokratischen Ziele. Von den Agitatoren der Sozialdemokratie aber wird diese Unkenntnis geflisiemlich genährt, wird absichtlich ein Schleier über die wahren Grundsätze und Ziele der Partei gebreitet und zwar mit gutem Grunde. Trtffend hat nämlich Bismarck seinerzeit ge sagt, daß wer die Sozialdemokratie in ihrer ganzen abschreckenden Gestalt erkenne und durch schaue, sich schaudernd von ihr abwende. Deshalb muß jeder Vaterlandssreund helfend die Hand anlegen, daß der Sozialdemokratie die Maske vom Antlitz genommen und sie dem Polke in ihrem wahren Wesen erkennbar werde. Wenn wir alle da« Werk der Auf klärung tüchtig und tapfer treiben, so wird um zweifelhaft die Zahl der Mitläufer der Umsturz- parteizusammenschmelzen.wird mancher Wankende wieder fest werden in den christlich-monarchischen Grundsätzen, die Hau« und Schule ihn gelehrt, wird mancher wieder au« einem Feinde zu einem Freunde der bestehenden Ordnung und ihrer Grundpfeiler werden. Dabet darf es nicht sein Bewenden haben, sondern so manche andere Forderung noch tritt für eine erfolgreiche Be kämpsung der Sozialdemokratie an un« heran. Wir leben in einem Staate, in dem jeder Mittelst der verschiedenen Wahlen, Reichstag«. Wahlen, Landtag«wahlen, Gemeindewahlen usw., zur Mitwirkung an dem Wohl und Wehr de« Ganzen berufen ist. Die Sozialdemokratie ist sich in allen ihren Anhängern dieser Tatsache wohl bewußt und entfaltet deshalb jederzeit die höchste Krastanstrengung, um Wahlerfolge zu erringen. Solche Erfolgt gilt eS zu vereiteln, und sie können nur vereitelt werden, wenn auch die Gegner der Sozialdemokratie eifrigst Wahl arbeit leisten, wenn auch sie sich in festge schlossenen Reihen organisieren und allezeit kampfbereit halten, wenn auch sie von den verfassungsmäßigen Mitteln der Vereins- und Versammlungsfreiheit au«giebigen und wirkungs vollen Gebrauch machen, wenn auch sie für eine wohlgesüllte Wahlkasse Sorge tragen, kurz, wenn auch sie alle» tun, was für eine erfolg reiche Führung de» Wahlkampfe» erforderlich ist. Wenn irgendwo, so gilt hier die Mahnung: Lernet vom Gegner I Die Sozialdemokratie legt für ihre Wahl- und Parteizwecke eine vor bildliche Opferwilligkeit und Disziplin an den Tag. Nur wenn wir e» ihr hierin gleichtuen, werden wir hoffen können, sie mit Erfolg zu bekämpfen, Soll daher die Sozialdemokratie mit Erfolg bekämpft werden, müssen wir den Zarteigeist bis zu einem gewissen Grade über- vinden und einsehen lernen, daß der Gegensatz zwischen der Sozialdemokratie und den bürgerlichen Parteien unendlich viel größer ist als irgend welche noch so weitreichende Unterschiede zwischen den einzelnen bürgerlichen Parteien. In allen Fällen muß demgemäß derjenige nichtsozial- »emokratische Kandidat, gleichgültig welcher Zarteirichtung, der bei einem Wahlkampfe mit em Sozialdemokraten in engerer Wahl steht, von allen Nichtsozialdemokraten unterstützt werden. Hier hat die Losung zu gelten: erst das Vaterland, dann die Parte! I Das sind in kürze die wesentlichsten Gesichtspunkte und Regeln für den Kampf wider die Sozial demokratie. Wer aber handeln will, der tändele schnell Es stehen in dem uns auf- enötigten Kampfe die heiligsten Güter des Zatcrlandes und der Kultur auf dem Spiel, deshalb gilt es wachsam zu sein und nicht zu rasten. Nur dem Fleiße winkt der Preis, und nur wackerer, treuer Arbeit strahlt der Erfolg. Dresden. Der wohlbekannte Direktor der Vinter-Tymiangesellschast, Emil Winter, hatte ich am Montag wegen Beleidigung vor dem Zezirksgericht zu Tetschen zu verantworten. Winter sah sich infolge einer ihm unwillkommenen Kritik in der „Tetschen-Bodenbacher Zeitung" veranlaßt, in einigen Zuschriften an den Pächter de» Telschener Schützenhauses den Redakteur der vorgenannten Zeitung in gröblichster Weite zu beleidigen. Direktor Winter wurde zu einem Monat Arrest oder 300 Kr. Geldstrafe verurteilt. Von einer »irekten Verhängung einer Freiheitsstrafe hat MS Gericht nur deswegen abgesehen, um den Angeklagten nicht allzu sehr in seinem Berufe u schädigen. Pulsnitz. Wiederholt sind der Butter händlerin Hause au» HauSwalde aus dem Wagen, den sie auf der Ohorner Straße ohne Aussicht stehen ließ, in verschiedenen Mengen Butter entwendet worden. Am Sonnabend Morgen gelang e» nun der hiesigen Polizei die verehelichte L. von hier abzufassen, wie die selbe 8 Stückchen Butter dem Korbe entnommen hatte und damit da« Weite suchte. Dohna. In der Nacht zum Freitag hat sich ein Dieb in die Bodenräume des Rats kellers eingeschlichen und eine ziemliche Anzahl dort zum Trocknen aufgrhängter Wäschestücke von der Leine weg gestohlen. Bei seinem Weggänge hat er noch versucht, in dem leicht brennbaren Bodenräume Feuer anzulegen. Glücklicherweise wurde aber der Brand von dem patrouillierenden Nachtschutzmann vom Markte aus bemerkt und das Feuer durch so fortiges Eingreifen mehrerer Personen glücklich gelöscht. Wäre das Feuer zum Ausbruch ge kommen, so waren die anliegenden meist älteren Gebäude bei dem herrschenden großen Sturm wind sehr gefährdet. Der Täter muß mit den örtlichen Verhältnissen sehr gut bekannt gewesen sein. Königstein. Zwischen den Stationen Rathen und Königstein wurde ein unbekannter Mann schwer verletzt aufgefunden, der sich ver mutlich durch den DreSden-Bodenbacher Güter ¬ zug hat überfahren lassen. Demselben war die echte Hand gänzlich abgefahren und die linke Hand, sowie der Hinterkopf schwer beschädigt. Hierüber wird von andrer Seite gemeldet: Den mittags in Königstein fälligen Güterzug versuchte der auf der Wanderschaft befindlich? Schuhmacher Graupner aus Meißen in voller Fahrt oberhalb Strand zu erklimmen. Er wurde hierbei das Opfer seiner Tollkühnheit. Er kam zu Falle und wurde schwer verletzt, odaß er nach dem Königsteiner Stadtkranken- jause transportiert werden mußte. Sein Zustand soll jedoch nicht hoffnungslos sein, e« ist möglich, daß er mit Leben davonkommt. Der bedauernswerte Mann war gänzlich mittellos und hat infolgedessen versucht, unent geltlich eine Fahrt nach Schandau zu erlangen wobei er zum Krüppel für sein weiteres Leben wurde, Meißen. Am Montag vormittag gegen 11 Uhr ging das von der LandeSgrenze elb aufwärts seinerzeit stebengcblicbene Eis hier durch, ohne erheblicheren Wasserwuchs zu ver ursachen. Der Elbpegel zeigt nur 66 Zenti meter über Nullpunkt. Oschatz. Einen Selbstmordversuch unter nahm der in der Mitte der dreißiger Jahre 'tehende unverheiratete Postassistent Knöpke in einer Wohnung in der Mitt.lstraßs, indem er ich durch drei Schüsse in den Kopf schwer verletzte, während zwei Schüsse auf den Unter leib und die Brust ihn nur gestreift hatten. Er mußte in das städtische Krankenhaus gebrach! werden. Es besteht nur geringe Hoffnung, ihn am Leben zu erhalten. KeineS- alls sind dienstliche Verfehlungen die Ursache, eher ist momentane geistig? Störung anzunehmen. Oederan. Durch den heftigen Sturm wurde hier ein Dach abgedeckt. Dabei wurde chwere Steine in die Tiefe geschleudert. Ein olcher Stein flog durch das Fenster in die Aohnung einer Familie Edlich und verletzte eine am Fenster nähende Tochter am Kopse. Chemnitz. Am Sonntag wurde in einer Schankwirtschaft eine Spielergesellschaft auf gehoben. Die sieben Beteiligten trieben das rekannte „Packern." Die Polizei beschlag nahmte die Spielgelder. Nus der Woche. Was nach den Ereignissen der letzten Wochen nicht mehr zweifelhaft sein konnte, ist schneller als man es gedacht hätte, Ereignis geworden: Herr Clemenceau ist nicht mehr Ministerpräsident, ). h. er hat noch den Titel, sitzt auch noch auf der roten Ministerbank, aber wie er einst Herrn Saarien das Zepter entwand und mit geist gewaltiger Rede den kleinen Schweiger im Kabinett langsam erdrückte, so wurde auch er von einem Kollegen meuchlings totgeredet. Die Mtnisterkarrr stand, durch Herrn Clemenceau unsichere Hand so weit gebracht, hart am Ab grund. Wollte er nicht mit dem Karren stürzen, mußte er die sich bietende Hand seine» Kollegen Briand ergreifen. Und Herr Briand Ip'wcb in der Kammer solange, bis er seiner „mittleren Linie" eine Mehrheit geworben und zugleich den Premierminister mit seinem ganzen Kabinett „herausgehauen" hatte. Das Kabinett hat einen großen Sieg errungen, indem ihm die Kammer mit erdrückender Majorität ein Vertrauensvotum bezüglich der Kirchenpolitik erteilte. Herr Clemenceau aber ist nicht unter den Siegern. Briand ist der Mann des Tageö Hoffentlich zieht NUN endlich der sehnlichst gewünschte Friede in die Lande der großen Nation ein. — Auch in Ungarn gab'S um dieselbe Zeit ein allgemeines Minister wackeln. Herr Polanyi, der ehemalige Justiz- ministcr, drohte in seinem Sturz da» ganze Kabinett zu verwickeln und damit die gesamte vielgepriesene Koalition auszureiben. Aber durch eine geschickte Aufrollung der Zolltarisfrage, die ihren Stachel gegen Oesterreich kehrt, verstand es Herr Wekerle, der gegenwärtige Lenker der Geschicke Ungarns, die Aufmerksamkeit de« Landes von den Skandalen hinter den Kulissen abzulenken. Es gewinnt immer mehr den Eindruck, als ob Polonyi lautlos untertauchen sollte, obwohl man ihn öffentlich der schwersten Verbrechen geziehen hat. — In den bewegten Zeitkäufen ist es schwer, ein Ministerium zu finden. Das mußte in diesen Tagen auch die junge sorgenvolle Landesmntter Holland« er fahren. Da» Kabinett hat abgedankt und soll die Geschäfte bis zur Bildung eine» neuen Kabinetts führen, aber die junge Königin hält umsonst Musterung unter ihren Getreuen. Da ist kein Ritter, der e» unternehmen möchte, die halsstarrige Zweite Kammer zu bändigen. — Auf der Cuche nach einem Ministerpräsidenten ist gleich der anmutigen Wilhelmina auch der Zar. Je mehr die fortschreitenden Duma- Wahlen zeigen, daß die RegicrungSgegnerschast unter der strengen Hand StolyphinS im Lande an Kraft gewonnen hat, je dringender tritt an Stolyphin, dessen Ruhmredigkeit vor der krassen Wirklichkeit verstummt ist, die Notwendigkeit heran, sich mit dem Gedanken seines Abschied» zu befreunden. Die neue Dama wird ihn wahrscheinlich nicht mehr an seinem Platze sehen; der Zar aber befindet sich in übler Lage. So weit das suchende Auge schweift, wo findet er unter seinen Mannen die Sisen- faust, das goldene Herz und den durchdringenden Verstand, die allein den Wirrnissen Trotz bieten könnten, die die zweite Duma ohne Fragt herausbeschwören wird? Am Newastrand« lebt einer, der mit ungeschwächter Sehnsucht nach den Ehren de» Ministersessel» blickt, einer, der noch mit »»geschwächter Kraft dem irrenden Vaterlande Wegweiser werden möchte. Schlug jetzt seine Stunde, wird der Zar seine Ab neigung gegen den Mann überwinden können, der zweimal schon Rußland in schwerer Stunde ein selbstloser Retter ward? Witte ist nur de» kaiserlichen Winke» gewärtig. — Im fernen Osten ist wieder Ruhe eingetretrn. Man hat in der Einwanderungsfrage und im Schulstreit zwischen den Ver. Staaten und Japan einen „Ausgleich" gefunden, d. h. man hat an den Gestaden de» Stillen Ozean» eingesehen, daß Japan ernst macht und tritt darum mit Roosevelt an der Spitze einen Rückzug an. Und ob man sich auch Mühe gibt, diese Tat- ache zu verschleiern und zu verklausulieren, in Lashington wurde Signal zur Rückfahrt ge geben! Die japanische Diplomatie darf sich eine» Siege» freuen, auch wenn die „Danket«" lärmen. Wer schreit, hat unrecht! — Im leben Vaterland- wurde der Reichstag mit einer Thronrede eröffnet. Der Kaiser verla» ie und seine Worte weckten Widerhall, wie immer, wenn der deutsche Kaiser spricht. Und obwohl die Thronrede nicht in ferne Weiten wie«, obwohl sie im Rahmen der Geschehnisse nur die gesetzgeberischen Notwendigkeiten auf« zeigte und die dringendsten Geschäfte der Volk»« Vertretung umgrenzte, hieß e» doch in Pari» und London, die Thronrede habe bestätigt, wa« die ReichstagSwahlen erwarten ließen: Deutschland drängte mit allen Kräften in di« Welt uod lechzt noch kriegerischen Taten t Aber Deutschland denkt nicht daran. Nur be halten und au»bauen wollen wir da» Unsre und unsere wirtschaftlichen Kräfte stärken und gebrauchen. Hier wird nicht mit dem Säbel gerasselt und mit dem Gewehr gespielt, sondern nur dem Vaterlande zu Schutz und Schirm „das Schwert geschliffen und da« Pulver ge trocknet." — Leider muß die Uebersicht mit der Erwähnung eines schweren Unglücks schließen. An der holländischen Küste, im Angesicht de» Hafens scheiterte ein holländischer Dampfer, dessen Bemannung und Passagiere, 180 an der Zahl, ein Opfer der gierigen Wellen wurden. Was auch der Menschengeist erklügelt, der Elemente Herr zu werden, vor der Allmutter Natur und ihren unermessenen Kräften sind wir ohnmächtig und müssen ihren Schickungen uns in Demut und schreckensstarren Bewunderung neigen.