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Die .Ottendorfer Zeitung» erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Leid und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. Aanahm« v»o Inserat« bis »«mittag z« Mpc.j Inserat« werden mit so p für di« Spaltzril« brrrchn« rabellarischer^Sasz nach besonderem Laris Druck und Verlag vor. Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla No. 16. Mittwoch, den 6. Februar 1907. 6. Jahrgang. Nachdem das in Gemeinschaft mit einer Anzahl Nachbarorte aufgestellte Ortsgesetz betreffend die Ausschließung säumiger Abgabenpflichtiger von Schankstätten pp., die oberbehördliche SE" Bestätigung gesunden hat, wird die» hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht mit dem Bemerken, daß diese» Orttgesetz von heute ab 14 Tage lang im Gemeindeamt zu jedermanns Einsicht ausliegt. Ottenäoek-stloritLclork, am 4. Februar 1907. Der Oerttiches und Sächsisches. Dttcndorf.VkriUa, den s. Februar igor. Sparkasse Ottendorf-Moritzdorf im Monat Januar 1907 227 Einlagen im Betrage von 19119,10 M. 57 Rückzahlungen i. Betrage v. 4849,75 M. Gesamteinnahme 19 120,30 M. Gesamtausgabe 20 562,25 M Au-gestrllte neue Bücher 52, erloschene Bücher 4, Einlagebücher auswärtiger Sparkaffen werden jederzeit kostenlos auf hiesige Kaffe übertragen, ktnlogenzinsfuß 3H, Prozent. — * Gedenket der Vögel. Bei vem starken Schneefällen der letzten Tage leiden viele Tiere Futtermangel, deshalb mögen Tierfreunde ge beten sein, alle Speisereste aus trocken gekehrte bestimmte Plätze in Hof und Garten zu streuen. Auch gedeckte Futterplätze sind zu empfehlen. Aus solche W-ise erhalten sich Spechte, Spatzen, mehrere Meisenarten, Amseln Ziemer, Baumläuferchen, Goldhähnchen und die gewandte Sitta oder Spechtmeise und Kleber auch in unseren Baumgärten. —* Jeder Landbriefträger und Posthilfs- stelleninhaber hat bestimmungsgemäß ein An nahmebuch zu führen, da« zur Eintragung der angenommenen Einschreibsendungen, Sendungen mit Wertangabe, Postanweisungen usw. dient. Den Auflteferen steht e» frei, die Eintragungen in da» Nnnahmebuch selbst zu bewirken. Er folgt die Eintragung der Gegenstände durch den Landbriesträger oder Posthilfsstelleninhaber, so ist der Auflieferer befugt, sich von der er. folgten Buchung zu überzeugen. Es wird be sonder» daraus hingewiesen, daß die Haftpflicht der Postverwaltung erst mit der durch die Ein tragung in das Annahmebuch nachweisbaren Uebergabe der Sendungen an den Landbrief träger beginnt. Zur Begründung von Ersatz ansprüchen ist daher die Eintragung in do« Annahmebuch de» Landbuesträgers — bezüglich der bei Posthilfsstellen eingelieferten Sendungen — von entscheidender Bedeutung. Ter Post- einlieferungsschein wird erst bei der Ablieferung der Sendung an die Postanstalt ausgefertigt. Der Landbriesträger ist verpflichtet, ihn aus dem nächsten Bestellgange dem Absender abzu- liefern. —* Für den künftigen Gepäcktarif der deutschen Eisenbahnen ist jetzt nachträglich eine wichtige Aenderung eingeleitet worden. Nach dem neuen Plane sollen die Sätze für die unterste Gewichtrstufe bi« zu 25 Kilogramm wesentlich ermäßigt werden. Die Verbesserung ist auf die Initiative de» preußischen Minister« der öffentlichen Arbeiten zurückzuführen. Die Aushebung de» Freigepäckes wird notwendiger weise eine Urberfüllung der Wagen mit Hand gepäck herbeisühren, wie man dies in durch, gehenden Zügen in Süddeutschland jeden Tag beobachten kann. Was irgend gehl, wird in das Coupee geschleppt. Diesem Umstand kann wirksam nur durch eine wesentliche Ermäßigung der Gebühren für die Ausgabe von Gepäck bis jU einem gewissen Gewicht begegnet werden Am förderlichsten wäre der Satz, der nur etwa der Mühe und den etwaigen Kosten für die Beförderung des Gepäcks in und aus dem Wagen entspricht. Das Publikum würde dann vorziehen das Gcpäck ouszugeben, statt sich selbst damit zu plagen. Schon jetzt sühien die großen Gepäckwagen in der Mehrzahl der Züge verhältnismäßig wenig Gcpäck und werden nur zum Teil auSgenützt. Diese» Mißverhältnis wird mit der Aufhebung des Freigebäcks noch größer werden. Eine Einbuße an Einnahmen für die Eisenbahnverwaltung ist kaum zu er warten, Ein vermehrter Gebrauch würde die Herabsetzung mehr als ausgleichen, Hoffentlich dringen diese Erwägungen auch bei den süd deutschen Verwaltungen durch, wo man. wie es scheint, eine Einbuße an Einnahmen durch eine Herabsetzung de» Gepäcktarifs in der untersten Stufe befürchtet. Bautzen. Eine den siamesischen Zwillingen ähnliche Mißgeburt kam hier zur Welt. Es handelt sich um zwei kräftige, gleichmäßig ent wickelte Mädchen, die nur eine gemeinsame Brücke in der Gegend de» Brustbeins haben. Interessant ist, daß die Brücks nicht wie sonst bei Zwillingen au» Haut besteht, sondern einen den beiden Kindern gemeinsamen Brustkorb enthält. Gemeinsam haben diese beiden Kinder also nichts weiter miteinander als diese Brücke In dem Nachlaß de» Professors Virchow be findet sich nur ein einziger ähnlicher Fall ver zeichnet. Die Mißgeburt soll dem Virchow'schen Museum einverleibt werden. Löbau. Einem permanenten Besitzerwechsel t nach der „Oberl Ztg. und Nachr." das iestaurant und Garten-Etablissement „Stadt Warschau" seit vergangenem Herbst ausgesetzt. Bekanntlich schwebt über dem vorletzten Besitzer Weppe noch das Konkursverfahren. Mit diesem in Verbindung steht auch die seit einigen Inhaftierung W.'s, der angeblich sich auch jetzt noch nicht der goldenen Freiheit erfreuen toll. Inzwischen ist auch sein Nachfolger, der frühere Klempnermeister Jaeckel au» Strehlen, auf seinem Standpunkt angelangt, schleunigst den „Staub von den Pantoff ln zu schütteln" und sich ein anderes Heim zu suchen, da auch er zufällig „vergaß,,, seine GeschästSzinsen und die Gewerbetreibenden zu bezahlen und „chronischen" Dalles" bei Präsentation der Rechnungen vor schützte. Freiberg. Infolge de» fast ununterbrochenen Schneefalls der letzten Tage liegt der Schnee sehr hoch. Ec hat in den Wäldern großen Schaden angerichtet. Die VerkehrSverhältniffe find besonder» in dem oberen Erzgebirge sehr schwierig, da dort noch größere Schneemaffen niedergegangen sind. Chemnitz. Die hiesigen Schneidergehilfen sind nunmehr in eine Lohnbewegung eingetreten. Sie fordern eine Ausbesserung der Löhne um 10—15 Prozent und begründen ihre Forderung damit, daß infolge der durch die Zoll- und Steuerpolitik verteuerten Lebenshaltung an sich eine Lohnerhöhung angestrebt werden müsse, und das die Chemnitzer Tarife im Schneider- gewerbe viel niedriger seien, als in anderen gleich großen Städten. Die Schneidergehilfen haben jetzt einen neuen Tarif ausgearbeitet und werden diesen den Arbeitgebern zur Be willigung vorlegen. — Der Landesausschuß des Landesverbandes sächsischer Feuerwehren, der unter dem Protek torate Sr. Majestät des Königs Friedrich August steht, hielt Sonnabend und Sonntag unter Leitung seines Vorsitzenden Branddirektor Weigand-Chemnitz im Zentralhotel Sitzungen ab. Auf der Tagesordnung der Verhandlungen die vertraulich geführt wurden, stand neben der Erledigung einer umfassenden Registrande die Vorberatung über die in diesem Jahre abzu- haltendcnden Weiterbildungskurse für die Führer freiwilliger Feuerwehren im Königreich Sachsen, die Frage der Umarbeitung der Be- timmungen über die Titel und Abzeichen der Chargen, sowie die Vorberatung über eine Normalausrüstung für sächsische Feuerwehren. Am Geburtstag des Königs Albert, der viele Jahre Protektor der sächsischen Feuerwehren war, werden auch in diesem Jahre an be dürftige Feuerwehrleute Unterstützungen aus der König Albert-Feuerwehrstiftung verteilt. Bienenmühle. Auf dem hiesigen Bahn- jofe glitt am Sonnabend nachmittag gegen 5 Uhr der Wagenputzer Herklotz beim Rangieren von einem Wagen ab, ikam zu Falle und wurde am rechten Beine überfahren. Annaberg. Am Montag früh wurde unter der Schlöffelbrücke ein junge» Mädchen aus Sehma in hilflosem Zustande aufgefunden und in das Krankenhau» ausgenommen. Das Mädchen soll in der voraufgegangenen Nacht >er Gegenstand des Streites zwischen jungen Burschen gewesen und aus Verzweifelung über die Brückenbrüstung etwa 20 Meter tief hinab gesprungen sein. Es erlitt schwere innere und äußere Verletzungen und es ist fraglich, ob es mit dem Leben davonkommen wird. Weischlitz. Entgleist find von dem abends 9 Uhr 50 Min. von Gera nach hier ein treffenden Personenzuge vorgestern bei der Ein- ahrt in den hiesigen Bahnhof die Lokomotive, )er Zugführerwagen und 2 Personenwagen. Glücklicherweise wurde hierbei niemand verletzt, auch erlitt der Betrieb keine Storungen. Nus -er Woche. Wieder einmal haben die Elemente ihren Zoll von den armen, mit ihnen ringenden Menschen fordert. Im Saarrevier sind 148 brave Berg- eute ein Opfer ihres Berufe« geworden. Wenn es angesichts des Verlustes so vieler pflichttreuer Arbeiter einen Trost gibt, so ist es der, daß nach Feststellung der Behörden nichts unterlassen rst, was zur Sicherung der unterirdischen Arbeiter hätte dienen können. Nach menschlicher Berechnung war alle« wohlgetan, und wir durften, al» in Courriere» über 1000 Bergleute unterirdischer Gewalt zum Opfer fielen, mit einiger Berechnung sagen, daß Unglücksfälle, die aus mangelhafte Vorrichtungen und auf Unsicherheit des Betriebes zurückzuführen seien im deutschen Bergbau als ausgeschlossen gelten müßten. Im Saarrevier sehen wir un» einer Naturgewalt gegenüber, der sich nach un- erforschlichem Ratschluß der arme Mensch beugen muß. Wohltuend berührt angesichts diese» ent setzlichen Unglücks dar herzliche Interesse, da» der deutsche Kaiser daran nimmt, der nicht nur den Prinzen Friedrich Leopold abordnete, um das Beileid des Monarchen zu überbringen, sondern auch als Erster dem Hilfskomitee in Reden 20000 Mark überweisen ließ. Und weit über die Grenzen Deutschlands hinaus nimmt man Interest« und bezeigt man Beileid, aller politischer Hader ist vergessen, jeder Neid' in diesem Augenblick begraben. Au» aller Herren Länder erhielt Kaiser Wilhelm Beileids telegramme, unter denen besonder« da« des Präsidenten der französischen Republik Falliere« genannt werden soll. In solchem Unglück finden sich die Völker immer wieder im Namen der Menschlichkeit und im Bewußtsein der Zusammengehörigkeit. — In Oesterreich ist das Parlament am 28. v. geschloffen worden, da mit hat das Land wieder einen jener Tage hinter sich, an denen seine Geschichte so reich ist. Bis zu diesem Tage gabs das sogenannte Kurienparlament, zu dem dir Städte, die Landgemeinden, der Großgrundbesitz, die Handels kammern und (seit der Taaffeschen Wahlreform 1882) die übrigen Stände ihre Abgeordneten wählten. Von nun an wird nach dem allge meinen, gleichen und direkten Wahlrecht gewählt. Hoffentlich erfüllen sich die Wünsche, die die Deutschen in bezug auf ihre neune Stellung im österreichischen Parlament haben. Vier Ministerien haben mit dem jetzt geschloffenen Parlamente verhandelt. Am 31. Dezember 1904 chied das Ministerium Korbei, am 2. Mai 1906 wach über der Wahlreformvorlage da» Ministerium Gautsch zusammen und wenige Wochen später >ankte auch das Ministerium Hohenlohe ab, das seine Kraft im Kampfe gegen die Opposition erschöpft hatte. Frhr. v. Beck, der jetzige Ministerpräsident, hat mit seinen Mannen alle Stürme überdauert, vielleicht ist» dem klugen Politiker auch vergönnt, in segenbringender Weise nach Kaiser Franz Joseph» Wunsch im künftigen Parlament die „innere Entwickelung Oesterreich»" zu fördern. — Ministerkrisen I o tönt e» schon wieder einmal durch die europäischen Lande. In Spanien scheiterte da» Ministerium an der Durchführung de» VereinS- gesetzes, in Norwegen drohte der gewandte Ministerpräsident Michelsen dem Storthing mit )em Rücktritt seines Kabinett», da in ver- chiedenen Ausschüssen Mißtrauen gegen feine Geschäftsführung laut geworden ist. Diese Krisen sind für uns von untergeordneter Be deutung, was aber für den politischen Be obachter von besonderer Wichtigkeit ist, ist die Mißstimmung, die im französischen Ministerium Platz gegriffen hat. Herr Clemenceau, der bisher klug alle Klippen zu vermeiden wußte, jat sich gelegentlich einer Kammersitzung dazu verleiten laffen, an einem Kabinettsmitgliede, dem Kultusminister Briand, Kritik zu üben, ndem er äußerle Herr Briand habe, (in bezug auf das TrrnnungSgesetz) alles kommen sehen nur nicht da», was eingetreten sei. Die nervöse Haltung des Ministerpräsidenten ist in- osern begreiflich, als er von allen Seiten hart redrängt wird. Die Linke tadelt ihn, weil er auf dem Boden des Trennungsgesetze» nicht 'treng genug vorgehe, die Rechte, weil er die Paragraphen de» Trennungsgesetzes in einer aller Kultur und Freiheit hohnsprechenden Weise handhabte. Minister Briand aber hatte offenbar für den Seitenhieb seine« Chefs kein Verständnis, er verließ den Saal und betrat ihn erst wieder, als Clemenceau ihn zurückholte. Wie lange wird der ehrgeizige Ministerpräsident noch seinen Gegnern von recht« und links tandHalten? Wird er im Ministerrat auch ernerhin noch als der „unwandelbare Freund" «trachtet werden? — In Rußland haben die Wahlen zur neuen Reichsduma, soweit ihr Ergebnis bis jetzt bekannt geworden ist, nicht die erdrückende Regierungsmehrheit ergeben, di« Ministerpräsident Stolypin siegesgewiß erwartet hatte. Ist dies schon ein Mißerfolg seiner Politik, so muß das Wiederaufleben der Revolution erst recht als solcher bezeichnet werden. Obgleich (nach oberflächlicher Schätzung) im letzten Jahre etwa 250000 Regierungs gegner aller Art .standrechtlich erschossen, in» Gefängnis geworfen oder nach Sibirien verbannt worden find, erfüllen die Attentate der Terroisten, die neuerdings wieder erschrecklich zunehmen, die Welt mit Entsetzen. Rechnet man noch hinzu, daß auch hier und da wieder Juden hetzen vorgekommen sind, so wird man zugeben müssen, daß sich da» Bild russischen Elend» unter der strengen Hand Stolypin» nicht ge wandelt hat. — In Marokko ist die Sachlage unverändert; die Truppen de» Sultan» kämpfen mit Erfolg gegen die aufsässigen Stämme, ohne daß e» ihnen gelingt, des ruhestörenden Räuberhauptmanns Raisuli habhaft zu werden. — Der Schah von Persien scheint sich mit seinem Volke doch nicht so gut zu vertragen, wie es anfangs den Anschein hatte. Im Parlament kam es, da die Befugnisse der Kammer beschränkt werden sollten, zu heftigen Auftritten. Man beschloß, vom Schah eine Erklärung zu fordern, ob er die Verfassung (die von seinem Vater kaum gewährte) achten wolle oder nicht- Der neue Herrscher sieht sich in arger Bedrängnis und wird wohl oder übel sich zur Verfassung bekennen oder aber (wie sein zärtlicher Bruder ihm beim Tode des Vaters riet) Persien auf immer verlaffen müssen.