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Die „«Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. Annahm« von Inserate bi» vormittag z« UhrH Inserate werden mit io p für di» Spaltzeile berechne Labellarischer^Satz nach besonderem Laris Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla No. 17. Freitag, den 8. Februar 1907. 6. Jahrgang. Freitag, den 8. Februar 1907, abends 8 Uhr öffentliche Gemeinderatsschrmg. Otttznäorf-AlorLtiräork, am 7. Februar 1907. Der Grmeindevorstand. Oertliches und Sächsisches. Mttendorf.lvkrilla, den 7. Februar M?. —* Am vergangenen Dienstag haben die letzten Stichwahlen für den Reichstag stattge- funden. In Sachsen standen deren acht zur Entscheidung, an allen acht waren Sozial- dervokraten beteiligt; der Wahlsieg war hierbei sämtlich auf Seite der Ordnungsparteien; auch im übrigen Teil des Reiches haben die Sozial demokraten bei den Stichwahlen sehr ungünstig abgeschnitten. Der neue Reichstag setzt sich nunmehr wie folgt zusammen: Konservative Reichspartei Polen Zentrum Nationalliberale Freisinnige Volkspartei Freisinnige Vereinigung Deutsche Volkspartei Wirtschaftliche Vereinigung und Reformpartei 14 22 Sozialdemokraten 81 43 Wilde. Elsässer, Welfen 18 18 Bund der Landwirte und Bauern ¬ bund 4 7 Däne 1 1 Die stärkste Partei des Reichstages, das Zentrum, die sich bekanntlich nicht durch Reichs freundlichkeit auszeichnet, hat 1 Sitz gewonnen, die Sozialdemokraten haben 36 Sitze verloren. Jin Großen und Ganzen sind die Wahlen überwiegend in nationalen Sinne ausgefallen. Der Ausfall der Wahlen bedeutet eine Billigung der Politik der ReichSregierung. —* Zur Vertilgung der Krähen. Der Landeskulturrat für da» Königreich Sachsen hatte nach einem Beschluß seiner letzten Gesamt sitzung an da« Königliche Ministerium des Innern das Ersuchen gerichtet. Maßnahmen gegen die in Sachsen an vielen Orten auf tretenden Krähen anzuordnen und gleichzeitig einen ausführlichen Bericht über diese Angelegen heit bei dem genannten Ministerium eingereicht. E» hat diesen Bericht den Oberforstmeistereien und der Revierverwaltuug zu Tharandt zu- gesandt und in einer f Verfügung an die Amts hauptmannschaften angeordnet, daß den von LandeSkulturate geäußerten Wünschen nach Möglichkeit Rechnung getragen werden soll- Der Landeskulturrat hat gewünscht, daß die Jagdberechtigten die Krähenplage durch energisches Adschießen der Krähen, insbesondere aber durch Zerstören der Horste und Ausnehmen der Nester bekämpfen, weiter aber, daß entsprechende Anordnungen im Verwaltungswege getroffen werden möchten. Wie jedoch das Amtsblatt de» LandeskulturateS, die Sächsische Land wirtschaftliche Zuschrift mitteilt, erscheint die Zulässigkeit eines zwangsweisen Vorgehens in letzterer Beziehung dem Königlichen Ministerium de» Innern als mindest zweifelhaft, da die Krähen zu den jagdbaren Tieren zählen und, wenn auch eine Schon- und Hegezeit für sie Nicht vorgesehen ist, eS an einer gesetzlichen Bestimmung mangelt, auf Grund deren die Amtshauptmannschaften sich etwa, wie bei allzu großem Hoch- und Rehwildstande oder bei nach gewiesener Kaninchenplage, für ermächtigt an- sehen könnten, aus Rücksichten auf die Landes kultur die Vertilgung der Krähen zwangsweise anzuordnen. —* Zur Lage der Seisenindustrie schrieb da» „Leipz Tagebl.": Die unerquickliche Lage, in die die Fabrikation von Haushalt- und Schmierseifen in den letzten Jahren versetzt ge wesen ist, hat sich in diesem Jahre noch be deutend verschärft. Seit Anfang des verflossenen Jahres sind die zur Herstellung von Kernseifen notwendigen Rohmaterialien um etwa 30 bis 40 Prozent gestiegen, ohne daß die Seifenpreise auch nur annähernd folgen konnten, obwohl die Industrie stark beschäftigt und der Konsum fortwährend im Zunehmen begriffen ist. Die bei der Fabrikation von Seise gewonnene Unterlauge, bez. das Glyzerin ist dagegen im Preise stark zurückgegangen, wodurch der Seifenindustrie ebenfalls große Verluste er wachsen. Die Hauffe in den Rohmawrialien wurde haupisächlich durch den großen Verbrauch von Kokosöl in der Kunstbutterfabrikation hervor gerufen, wodurch dieses Fett der Seifenindustrie entzogen wird. Auch die hohen Flcischpreise tragen ein gut Teil dazu bei, da fast nur mageres Vieh zur Schlachtung gelangt und infolgedessen nur wenig Talg gewonnen werden kann. Seit einiger Zeit konnten sich die Seifenpreise zwar bessern, jedoch stehen die Werte noch weit hinter den Herstellungskosten zurück. Infolge der verlustbringenden Preise haben sich bereit« viele Fabrikanten zur Produktionseinschränkung entschlossen, in der Hoffnung auf diese Weise eine Verbesserung hervorzurufen. Langebrück. Für den Anschluß an die hier zu errichtende KohlengaSanstalt sind in den vom Gemeinderat in Umlauf gesetzten Frage bogen bis jetzt von 67 Anschlußbeteiligten 400 normale Auer - Glühlichtbrenner von 60—80 Kerzen, 246 kleine Auer-Glühlicht- brenner von 30—40 Kerzen. 72 Gatkocher, 4 Gasmotor« und 2 Badeöfen verbindlich, 179 normale Auerglühlichtbrenner von 60 bi» 80 Kerzen und 317 kleine Auer-Glühlicht- brenner von 30—40 Kerzen unverbindlich ge zeichnet worden. Dresden. Die Wahl im Reichstagswahl kreise Dresden-Neustadt dürfte aller Vorauficht nach für ungültig erklärt werden, da, wie die Wahlprüfung«kommisfion festgestellt hat, bei der Hauptwahl, am 2S. Januar, für über 170 Personen, welche zum Teil abwesend, zum Teil krank waren, das Wahlrecht von anderer Seite ausgeübt worden ist. — Das Schwurgericht verurteilte am Montag wegen Münzverbrechens den Schneider Otto Hermann Hellwig und den Tapezierer Franz Hermann Härtel, beide aus Dresden, ersteren zu 2 Jahren 6 Monaten Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust und letzteren zu 3 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust. Hohn darf. Zwei Personen, die vor der Haupwahl hier mit dem Austragen der Wahibtätler beschäftigt waren, stahlen dabei in einem Restaurant ein Kistchen Zigarren. Die Zigarren haben sie dann in einem anderen Dorfe verteilt. Später, als sie wahrscheinlich Reue über die Tat empfanden, teilten sie dem Wut auf einer Postkarte mit, daß sie die Zigarren bezahlen wollten. Die Sache ist aber doch zur Anzeige gebracht worden, und die beiden Personen sehen ihrer Bestrafung ent gegen. Zeithain. Wegen Straßenraubes, begangen am 14. Dezember vorigen Jahres an der Butterhändlerin Guke, wir berichteten seinerzeit über den Vorfall, ist der Bankfleischer Loui» Roch von hier vom Schwurgerichte Dre»den unter Zubilligung mildernder Umstände zu 3 Jahren und 6 Monaten Gefängnis verurteilt 6 7 1903 1907 54 59 21 21 16 20 100 105 51 55 21 28 10 11 worden. Die Ehrenrechte wurden ihm auf 5 Jahre aberkannt. Roch, der bei seiner Verhaftung einen unglücklichen Selbstmord versuch gemacht hatte, war geständig, der Frau unter Bedrohung ihre» Lebens 75 Mark ge raubt zu haben. Riesa. Wegen au« Fahrlässigkeit begangener Tötung und Körperverletzung wurde der siebzehn Jahre alte Dienstknecht Herm. Otto Vetter aus Pochra bei Riesa vom Königlichen Landgerichte Dresden zu einem Monat Gefängnis verurteilt. V. hatie am 14. November vorigen Jahres auf dem Güterbahnhofe seinen Wagen verlaffen ohne die Pferde abzusträngen. Letztere scheuten beim Nahen einer Lokomotive und gingen mit dem Wagen durch. Bei der Elbbrücke über fuhren sie zwei Arbeiter, von denen einer tödlich verletzt wurde, während der andere einen komplizierten Unterschenkelbruch erlitt, an dem er noch heute im Riesaer Krankenhause dar niederliegt. Bautzen. Verhaftet wurde in Zescha die Dienstmagd Winkler, welche im Verdacht steht, bei ihrer Herrschaft, dem Gastwirt Heidau, zweimal Feuer angelegt und mehrfache Brand briefe an verschiedene Gutsbesitzer des Dorfes geschrieben zu haben, wodurch die Bewohner in große Unruhe versetzt worden waren. Großthiemig bei Ortrand. Eine un sinnige Wette, die einen viel belachten Auögang nahm, ist zu Kaisers Geburtstag hier ausge tragen worden. Zwei sonst ganz biedere hiesige Häusler. B. und L. mit Namen, fanden sich bereit, jeder drei halbe Kannen Schnaps mit erst fünf Würstchen, dann zehn Würstchen und schließlich ein Pfund Wurst zu sich zu nehmen. Sie schafften es auch, fielen jedoch hernach „unter den Tisch", so daß man sie auf einem Wägelchen zu Muttern" schaffen mußte. Aus Versehen — mit Absicht — lud man aber B. in L.'S und L. in B.'S Behausung ab. Die» wäre an sich auch weiter nicht« Schlimmes ge wesen. wenn nicht die geliebte Gattin B.'S eine resolute Frau gewesen wäre, die zu regieren versteht. So bekam nicht nur Herr B-, sondern auch Herr L. eine wohlverdiente körperliche Züchtigung. Das Versehen wurde von der Frau B., wenn auch bald, so doch zu spät be merkt. Der Austausch der verwechselten Männer wurde bald bewirkt. Wurzen. In der Nacht zum Dienstag wurden hier viele Häuser durch Anschreiben der Worte „Wählt Lipinski" besudelt. Die Besitzer der beschädigten Häuser sind über diese Roheit sehr empört. Eallnberg. Wegen der hohen Fleischpreise sand von Anfang Oktober bis Mitte Dezember in Eallnberg ein Fischmarkt statt, der eine Ein nahme von 915 M. 58 Pfg. erbrachte. Die Ausgabe betrug 878 M. 24 Pfg. Bei Bedarf sollen die Fischmärkte alle 14 Tage fortgesetzt werden. Gelenau. Am Montag Mittag wurde Herr Lehrer Adler, der seit 1879 recht segens reich unter ost recht schwierigen Verhältnissen in unserer Gemeinde wirkte, zu Grabe ge tragen. Der hochverdiente Mann litt in letzter Zeit an hochgradiger Nervenüberreizunng infolge Ueberarbeitung. Seit einigen Tagen war er von hier verschwunden. Waldarbeiter fanden ihn im Walde erfroren aus. Sayda. Aus Sayda wird berichtet: Es schneit lustig weiter und immer höher türmen sich die Schneeberge, immer schwieriger werden die VerkehrSverhältniffe. Mit Aufbietung aller Kraft wird aber seitens der Straßenbauverwaltung gearbeitet, um überall das Fortkommen zu er leichtern. Die^Gilde der Schneeschaufler erfuhr in diesen Tagen erheblichen Zuwachs durch auf gebotene Hilfstruppen aus den Gemeinden. So werden auch aus Sayda jetzt täglich der Reihe nach eine Anzahl Einwohner zum Schnee schuren amtlich bestimmt und man kann jetzt manchen, der keinen Stellvertreter fand und der sonst mit der Feder oder hinter der Ladentafel seine» Berufe» nachgeht, sehen, wie er gar tapfer im Schweiße seines Angesicht» ganze Schneeberge versetzt. Der Stadt Zwönitz hat der anhaltende reichliche Schneefall das Bild de« Kriegszustände« ausgeprägt. Durch den täglich Bahn brechenden Schneeflug find auf beiden Seiten der Straßen hohe Schneedämme entstanden, die immer höher werdend gewisser maßen an Laufgräben bei Festungen erinnern. Der Schnee liegt an manchen Stellen 1'/, m hoch. Nossen. Ein Unglückssall trug sich am Sonntage in Niedereula bet Nossen zu. Das dreijährige Söhnchen des Hilf-weichensteller» Hähnel daselbst lief beim Spielen auf die Straße rücklings in ein von Deutschenbora kommende« Schlitten-Geschirr hinein. Der Schlitten hielt zwar sofort, doch wurde da» Kind von einem Pferde so unglücklich gegen den Kopf geschlagen, daß es nach einer Stunde verstarb. Leipzig. Wegen gefährlicher Körperverletzung wurde ein in der Miltitzer Straße in L.-Klein- zschocher wohnhafter 29 jähriger Arbeiter in Haft genommen. Als dessen Arbeitsgeber, ein Bauunternehmer, i« seine Wohnung kam, um sich nach dem Grunde seines Wsgbleibens von der Arbeit zu erkundigen, schlug der rabiate Mensch den Anfrager erst mit einem Feuer haken über den Kopf und die Hände und dann warf er ihn noch die Treppe herunter, Der Verletzte mußte sich in ärztliche Behandlung begeben. — Der Schlaffer Pansa, der unter dem Verdachte, den Raubansall auf den Geldbrief träger Rübner ausgeführt zu haben, verhaftet worden ist, mußte wieder auf freien Fuß gesetzt werden, da die Verdachtsgründe sich als haltlos erwiesen haben. Es wurde festgestellt, daß der Schlaffer Pansa am kritischen Tage, dem 17. Dezember 1906, auf dem Bahnhof« Wahren arbeitete, wie die Präsenzlisten aus wiesen. Seine Arbeitskollegen können sich ab solut nicht entsinnen, ob sich Pansa etwa am 17. Dezember auf länger« Zeit entfernte. Pansa soll dem Kartenspiel sehr gehuldigt, oft verloren haben und ziemlich verschuldet sein. Er fiel daher allgemein sauf, daß er ziemlich bedeutende Geldmittel besaß, die kaum von seinem Verdienste hcrrühren konnten. E« ist nicht ausgeschloffen, daß er die Geldmittel auf irgendwelche unehrliche Art erwarb. — Der Besitzer eine» Schuhwarengeschäft» bemerkte am 22. Januar, daß seine Vertreterin den Verkauf»laden bereit« H.8 Uhr abend« geschloffen hatte, statt ihn bi« 8 Uhr offen zu halten. Er entließ das Mädchen ohne Kündigung diese aber klagte mit Erfolg auf Zahlung von 77 M-, da e» ihm an dem fraglichen Abend bei der grimmigen Kälte unmöglich gewesen sei, sich länger in dem Raume aufzuhalten, der nicht geheizt werden durfte. Meerane. Die Färbereiarbeiter von Meerane und Glauchau hatten bei der sächsisch-thüringischen Färberkonvention einen neuen Tarif eingereicht der eine zirka 15 Prozent betragende Lohn erhöhung fordert. Hierauf haben jetzt die Fabrikannten geantwortet. Sie lehnen e» ab, mit den Leitern der gewerkschaftlichen Organisation zu unterhandeln, erklären dagegen, daß jede» Mitglied der Färberkonvention -mit seinen Arbeitern einzeln in Unterhandlungen eintreten will. Damit sind die Arbeiter aber nicht ein verstanden. Sie beschlossen deshalb in einer Färberei- und Appreturarbeiter-Versammlung ihre Kommission nochmals zu Unterhandlungen mit den Arbeitgebern zu beauftragen. Sollten die Arbeiter aber wiederum abgewiesen werden, so ist nicht ausgeschloffen, daß es zu einem Streik kommt. Annaberg. Gin Bülow - Dezlkmal au« Schnee hat hier der Gewerbeschuldirektor Simon in der großen Kirchgaffe errichtot. Gestchtü- auSzüge und Statur de« Reichskanzler« sollen gut getroffen sein.