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Die „Vttendvrfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljahrliN t Mark. Durch die Post bezogen t,20 Mark. Druck und Aokatzeitung für -re Geschäften Ottendorf-Gkrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Alir wöchentlich erschomkn^er ^onntagsboilags „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. Annahme von Inserat« bi, vormittag w Uhr.l Inserat» werden mitw P für di« Spaitzetle berechn» LabBarischer'Satz nach d»sonder»m Laris Verlag vt,.. Hermann Rüble in r^roß-Dkritta. Mr dir Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla No. 20. Freitag, den 15. Februar 1907. 6. Jahrgang. Oertlichrs und Sächsisches. Vttcndorf-Vkrilla, den Februar ;yo7. Die am gestrigcn Abend im „Gasthof zum schwarzen Roß" einberufeve rationale Versammlung war infolge des schlechten Wetters von auswärts schlecht besucht. Herr Schul direktor Endler leitete die Versammlung und Herr Fabrikbesitzer Boheim entwickelte in treffender Weise seine Ansichten und Aussichten über die nationale Sache. Zum Schluffe der Versammlung wurde eine Kommission gewählt, welche sich mit dem in Dresden zusammen tretenden nationalen Ausschuß in Verbindung setzen soll, um sich dann als Zweigverein diesen anzugliedern. G Dec Gustav-Avols-Frauen- und Jung frauen-Verein veranstaltet Mittwoch, den 20. Februar, nachmittags 4 Uhr in der „Tanne" zu Radeberg seine 14. Jahreshaupt versammlung und 70. öffentliche Versammlung Bei derselben wird k. Weidauer aus Dolwa- Broczkow in Galizien Vortrag halten über die Deutsche evangelische Diaspora Galiziens, k. Weidauer, ein geborener Sachse, wirkt draußen unter den evangelischen Deutschen Galiziens schon seit vielen Jahren in hervor ragenden Weise und ist als Berichterstatter über jene galizische Tätigkeit allgemein sehr ge schätzt. Soeben hat er eine Vortragsreisc im Norden Deutschlands beendet. Zu dem Vortrage sind Mitglieder und Nichtmitgliedes, Damen und Herren, herzlich eingeladen. —* Das Tageslicht ist schon seit einigen Wochen in der Zunahme begriffen. E.st in der ersten Hälfte des Februars können wir eine merkliche Zunahme der Tageslängs verspüren, und nunmehr beginnen auch die Sonnenstrahlen wieder eine Wirkung auf das Leben in der Natur auszuüben. Sie werden wärmer und durchdringender und künden an, daß die Herrschaft des Winters in der Abnahme be griffen ist- Mag er auch noch hin und wieder kalte Tage, ja selbst Schnee und Eis bringen, allzu lange halten doch diese nicht mehr Stand Und sie entfliehen bald vor der wärmer strahlenden Sonne, die dm Frühling den Tag bereitet, aus dem er bald in seiner Pracht cin- herzieken wird. —* Durch den dieser Tage henschutden Sturm wurden die Schneemassen in Bewegung gebracht und sind dadurch in der Nacht zum Mittwoch Verwehungen von Eisenbahnstreck,n eingetreten. Zwischen Neustadt und Dürr- köhrSdorf konnten bereits die nach 8 Uhr fälligen letzten Abcndzüge nicht mehr ver kehren, da es nicht möglich gewesen wäre, diese Züge durch die starken Schneewehen zu bringen. Auf der Linie Dresden-Görlitz blieben zwei Gülerzüge im Schnee stecken, und zwar der abends halb S Uhr von Dresden abgehende Güterzug zwischen Löbau und Reichenbach und der nacht« kurz nach 12 Uhr von Dresden abfahrende Güterzug zwischen Arnsdorf und Großharthau. Da beide Züge zunächst auch Nicht wieder flott gemacht werden konnten, wurde der Verkehr innerhalb dieser Strecke eingleisig aufrecht erhalten. Der 4 Uhr 20 Minuten in Görlitz abführende Personcnzug Wurde hierdurch erheblich ausgehaltcn und ver kehrte ab Bautzen bereits mit anderthalb Stunden Verspätung. Zwischen Löbau und Reichenbach waren die Räumungsarbeiten gegen S Uhr vormittags beendet; inzwischen war abei zwischen Bischofswerda und Leitschen Ver wehung etngelreten. Dresden. Ein mysteriöser Todesfall er regt ziemliches Aufsehen in der Stadt. Am Dienstag gegen mittag wurde die hiesige Polizei davon verständigt, daß die Leiterin de, hiesigen Filiale des Wolffchen Tclegraphcn- BureauS, Frau Witwe Kummer, Reilbahnstraße Nummer 12 wohnhaft, tot auf ibrem Bette liege. Die sofort angestellten polizeilichen Er örterungen ergaben die Wah heit dieser Meldung Frau Kummer lag entkleidet, mii einem Revalverschuß in der linken Stirnseite, tot in ihrem Bette. Die Hände hatte sie übereinander gefaltet, jede Schußwaffe fehlte. Hausbewohner wollen frühmorgens zwischen 6 und 7 Uhr ein Geräusch, wie von einer schars zugeschlagenen Tür, gehört haben. Sie legten dem Geräusch aber weiter keine B deutung bei. Der im Bueau angestellte Sohn der Toten, der etwa 25 Jahre alte Paul Kummer, der erst gegen 5 Uhr von dem Schwarz-Weiß-Fest der Dresdner Kunstgenoffenschaft zurückgekehrt war, onlü'ß bereits in der neunten Vormittagsstunde die Wohnung mit dem Bemerken, daß er nach Berlin reise, und der Weisung an daS Dienst- mädch n, die Mutter solle nicht gestört werden. Der junge Kummer ist in der Tat nach Berlin gefahren, und zwar in Begleitung einer älteren, der Familie Kummer befreundeten Dame, dis auch bei dieser wohnte. Aus verschiedenen Umständen wird die Annahme hergeleitet, daß es sich um keinen Selbstmord handele. Den Kaffenschrank fand die Polizei verschlossen, während die Schlöffel dazu nicht aufzufinden waren. Der junge Kummer ist mit der be freundeten Dame auch in Berlin eingetroffen, dort auf Veranlassung der hiesigen Kriminal polizei aber sofort festgenommen worden. Mehrere Beamte befanden sich abends bereits auf dem Wege nach Berlin, um den Festge nommenen zu vernehmen und ihn gegebenenfalls nach hier »u überführen Die nächsten Stunden dürften erst volle Klarheit in die recht mysteriöse Angelegenheit bringen. — Der mysteriöse Tod der Frau Adelheid verw- Kummer, der Leiterin der hiesigen Filiale des Wolfschen-Telegraphen-Bureaus, hat durch die Vernehmuna des Sohnes Paul K mmer eine solche Aufklärung erlangt, daß die Polizei nunmehr der Annahme zuneigt, Frau Kummer sei durch Selbstmord aus dem Leben geschieden Infolge von Fomilienverhältniffen bestand zwischen Muster und Sohn schon seit längerer Zeit eine Spannung, die ihren Höhepunkt er reicht haben dürste, als der junge Kummer am Dienstag früh in der sechsten Stunde von einer Ballfestlichkeit nach Hause kam, denn nach den Aussagen des Dienstmädchens habe ein heftiger Wortwechsel stattgefunden, bis ein Knall, der von Hausbewohnern als das Zuschlägen einer Tür gedeutet wurde, ihn beendete. Nach anderen Angaben soll der junge Kummer um die Zeit des Selbstmordes fest geschlafen haben und erst durch die im Hause der Toten lebende ältere Dame geweckt worden sein, die Frau Kummer zuerst leblos in ihrem Bette auffand. Die Verstorbene hat sich schon lange Zeit mit Selbstmordgedanken getragen; auch der Revolver aus dem der tödliche Schuß abgegeben wurde, war ihr Eigentum. Festgestellt ist ferner, daß der junge Kummer gleichfalls einen Revolver im Besitz hatte, und auch damit wiederholt Schießversuche in dem Bureau der Frau Kummer unternommen haben soll. Es scheint aber, als ob der Sohn der Mutter den Revolver abgenommen habe, denn die Mutter soll ge äußert haben, daß sie sich dann einen anderen Revolver kaufen müßte. Durch sein geradezu kopsloses Benehmen in diesem kritischen Augenblicke hat der junge Kummer den Verdacht erweckt und auch bestärkt, die eigene Mutter er schaffen zu haben. Anstatt den Arzt holen zu lassen und die Polizei von dem Vorfall in Kenntnis zu setzten, hat Kummer die Schuß waffe an sich genommen und sic in einem Koffer verwahrt, den er später auf dem Bahn hofe deponierte. Dann hat er auf den Schreib tisch einen Zett.I niedergelegt des Inhalts, daß er geschäftlich nach Berlin reise, hat dem Dienstmädchen auch noch die Weisung erteilt, die Mutter ruhen zu lassen und nicht zu stören, und ist dann gemeinsam mit der Freundin der Mutter nach Berlin gefahren. Dort begab sich Kummer auf das Bureau der Wolffschen Telegraphen-Agentur, teilte mit, daß seine Mutter Selbstmord begangen hätte und bat gleichzeitig, ihm die Leitung der Dresdener Filiale zu übertragen. Inzwischen war die Berliner Kriminalpolizei von hier aus be nachrichtigt worden und hielt sowohl den jungen Kummer wie auch seine Reisebegleiterin an und nahm beide vorläufig i>' Gewahrsam Ein hiesiger Kriminalbeamter holte gestern beide nach Dresden zurück, wo sie mittags aus der Polizcidirektion eingehend vernommen wurden. Der junge Kummer hat dabei unter u. a. an gegeben, daß er abends 7 Uhr von Berlin hätte zurück sein wollen, und daß er von der Vorschrift, einen Todesfall binnen 12 Stunden anzumelden, nichts gewußt habe. Die Polizei ist nach der mehrstündigen Vernehmung, wie schon erwähnt, zu der Annahme gelangt, daß Frau Kummer durch Selbstmord aus dem Leben geschieden ist. Der junge Kummer und die Freundin der Toten wurden deshalb am Abend auf freien Fuß gesetzt. Auch dürste die Staatanwaltschaft die Leiche zur Bestattung freigeben. — Am Dienstag früh kurz nach 6 Uhr wurde im Hause Nr. 59 der Schillerstraße ein Dienstmädchen, während es aus dem zweiten Stockwerke mit einer brennenden Petroleum lampe die Treppe herunterging, plötzlich unwohl und brach zusammen, wobei der Lampevballon zersprang und das brennende Petroleum sich über ihre Kleider ergoß. Ueber und über brennend lief die Aermste in das Parterre hinunter, wo ihr von ihrer Di nstherrin durch Auswcrfen vou Tüchern und Betten die brennenden Kleider gelöscht werden konnten. Die Verunglückte mußte sogleich in die Diakoniffenanstalt übergeführt werden, in der sic noch am Abend desselben Tages den schweren Brandwunden erlag. — In der Nähe der Nossener Brücke wurde am Dicnölag Abend der Hilfswcichensteller Koch von einer Maschine überfahren. — Als am Freitag ein 11 jähriger Knabe mit mehreren Mädchen aus einem Rodelschlitten die steile Westendstraße herabfuhr, rannte er, der Führung seines Schlittens nicht mächtig, so heftig an einen Baum an, daß er, unfähig sich zu erheben, auf der Straße liegen blieb. Straßenpaffanten trugen ihn zu einem Arzt, der einen Oberschmkelbruch und Quetschungen im G, sicht feststellte. Kamenz. Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich am Dienstag nachmittag im Gierischschen Steinbruche bei Mesa, indem der Steinarbeiter Otto Mäge aus Gelenau, durch Zerreißen des Drahtseiles eines KrahncS einen Beinbruch erlitt. Der Verunglückte, welchem durch Herrn Dr. Vollhardt ärztliche Hilse zu teil geworden war, hatte bei Verwandten in Thonberg Aufnahme gefunden, von wo er am Mittwoch durch die Freiwillige Kranken trägerkolonne vom Roten Kreuz nach dem Barmhsrzigskeitsstift überführt wurde. Herms!dorf. Infolge Schneeverwehungen mußte am Montag Mittag auf der Lokalbahn Hermsdorf —Friedland der gesamte Verkehr bis auf weiteres eingestellt werden. Zittau. Eine heitere Episode aus der Tätigkeit eines „WahlschleppsrS" bei der letzten Stichwahl wird dem „Zittauer Nachrichten mit» geteilt. Auf ihrem Gange in der böhmischen Vorstadt kommen zwei „Wahlschlepper" auch zu einem Handwnksmeister, der bis um 5 Uhr noch nicht g-wählt hatte. Auf die Anfrage, warum er noch nicht gewählt habe, antwortete der biedere Handwerksmeister, daß es ihm un möglich sei, wählen zu können, da seine Frau außerhalb beschäftigt sei und er in der Wiege überdies ein kleines Kind liegen habe, also Umstände, die ihn von seinem Haushalt nicht abkommen ließe, auch sei niemand im Hause anwesend, der auf kurze Zeit bei dem Kinde bliebe. Hierauf hielten die beiden „Wahl schlepper" mit dem Handwerksmeister Rat, und nach kurzer Debatte wurde man dahin einig, daß sich einer dec beiden Herren, der zumal dem Handwerksmeister persönlich b ka-nt war. verpflichtete, auf die kurze Zeit, welche bis zu dem Wahllokal nach dem „Schützenhause" er forderlich war, einstweilen die Vaterstelle zu vertreten. Der Handwerksmeister ließ sich daraufhin herbei, schleunigst seine Garderobe zu wechseln, um mit dem anderen Herrn zum Wahllokale zu schreiten und seiner Staatsbürger pflicht Genüge zu leisten. Gesagt, getan — aber um nicht schleunigst wieder nach Hause zu eilen, wurde der biedre Handwerksmeister von mehreren im Wahllokale anwesenden Bekannten an den Biertisch geladen, wobei er nach kurzer Zeit in eine solch feuchtfröhliche Stimmung ge riet, daß er seine häuslichen Pflichten darüber vergaß. Der „Wahlschlepper", dem Vater pflichten überhaupt noch unbekannte Dinge waren, geriet durch das lange Ausbleiben des Handwerksmeisters in eine peinliche Situation zumal sich bei dem Baby mit der Zeit ver schiedene „Bedürfnisse" einstellten, welche, da sie nicht befriedigt wurden, das Kindchen ziemlich lebhaft machten, und so mußt- er vier lange, bange Stunden, bis 9 Uhr, wo endlich die Frau des Mannes nach Hause kam, auf seinem Posten ausharren Ein solcher „Schlepper- dienst" ist gewiß anerkennenswert. Freiberg. Von einem zweiten Schaden feuer wurde am Mittwoch abend unsere Stadt heimgesucht. Auf dem in der Silberhosstraßr gelegenen Hasckeschen Gute brannte das Wohn haus und eine Scheune vollständig nieder. Dabei fielen auch reich- Vorräte dem Brande zum Opfer. Es liegt zweifellos Brandstiftung vor. Hohen sie sn« Ernstthal. Rechtes Pech hatte ein hiesiges, junges Mädchen, welches einer Arbeitskollegin aus deren Wohnung 37 Mark entwendete. Die Diebin hatte in der Eile bei der Bestohlenen eine auf ihren Namen lautende Rechnung zurückgelaffen. In der Zeit von 2 Stunden war die Bestohlene wieder im Besitz des Geldes, daS Mädchen kam in Haft. Chemnitz. Der Hauptmann von Köpenick wurde in Chemnitz ausgewiesen. Mit zwei Soldaten, die den Bürgermeister Langerhan« als Arrestanten mit sich führten, kam er nach einem großen Balletabliffement der Stadt, wo an diesem Abend ein großer Maskenball ab gehalten wurde. Die Masken waren von amtlichen beteiligten Personen so getreulich getroffen, daß die überwachenden Polizeibeamten "re sofort erkannten. Die Beamten versperrten )en Masken den Weg in das Balllokal und orderten, daß sich der Hauptmann von Köpenick ämt seinem Gefolge wieder aus dem Lokale entferne, was auch — wenngleich mit Wider- treben — geschah. Glauchau. Eine hiesige 68 Jahre alte Witwe, welche auf einem Auge erblindet ist, wollte am Dienstag vor dem Ofen einen in >er Stube stehenden Topf emporheben. Dabei tieß sie sich derart in das noch gesunde Auge, daß sie auch auf diesem die Sehkraft für immer verloren hat. Werdau. Wegen Verdacht«, einen in der Sonnabendnacht in einem Hause an der Reichen- bacherstraße ausgebrochenen Brand angelegt zu saben, wurde der in demselben Hause wohn- ;afte Bäckermeister M. Seidel verhaftet. Da« Schadenfeuer selbst, daS im Obergeschoß de« erwähnten Hauses zum Ausbruch gekommen war, konnte, trotzdem bereits der Hausboden m Flammen stand, von hilfsbereiten Personen unterdrückt werden. Zwickau. Mehrere der größten Güter Weißenborns sind zu hohen Summen, angeblich ür 'ein Konsortium, aufgekaust worden. Den Namen des Konsortiums und den Zweck de« Ankaufes haben selbst die Verkäufer noch nicht erfahren. Lug au. Im Hausflur seine« von ihm allein bewohnten Häuschen wurde hier der Schuhmachermeister Schnabel tot aufgefunden. Ein herbeig-holter Antt konstatierte, daß der Tod durch Erfrieren eingetreten sei.