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Ottendorfer Zeitung. Die „Vtteiidorfer Zeitung" erscheint vienrtag, Donners- tag und Sonnabend abend». Sezugoprei» vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inserat« bi» »„mittag UhrH Inserat« werden mit w p sSr di» Spaltzeile berechne Labellarischn^Satz nach besonderem Tarif Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla No. 8. Freitag, den 18. Januar 1907. 6. Jahrgang. Hundesteuer. Die sür das lausende Jahr fällig- Hundesteuer ist bis 30. Januar 1907 gegen Entnahme der Hundesteuermarken aus dem Gemeinde-Amt hier zu entrichten. Nach Fristablaus beginnt da» geordnete BeitreibungSverfahren, Otteoäork-AorUräork, am 8. Januar 1907. Der Grmeindevorstand. Reichslugswahl betr. Dit Wahl eine« Abgeordneten zum deutschen Reichstage für den 4. Wahlkreis des Königreich» Sachsen in dem aus den Orten Ottendorf-Moritzdorf, Groß- u. Kleinokrilla bestehenden Wahlbezirke findet Freitag, den 25. Januar 1907 im SitrnnAsriimmer <1«8 bissiKev Oemeinäenmles von vormittags 10 Uhr bis nachmittags 7 Uhr statt. Zum Wahlvorsteher ist der Unterzeichnete und zu seinem Stellvertreter der 1. OeMtzinele- älteste Ontsbesit^sr Lrnst Nissdneb liier ernannt worden. OtlenäorL-LIoritrtlort, den 14. Januar 1907. Der Gemeindevorstand Pirnbaum. OerMchrs und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, den i?. Januar Hör. Im 4. sächsischen ReichSIagSwahlkreise (Dresden-Neustadt) entfaltet die deutsche Reform partei eine lebhafte Tätigkeit zu Gunsten der von ihr proklamierten Kandidatur des Glaser meisters und Kaufmanns Johannes Wetzlich. Der Kandidat hat während der letzten Wochen bereit» in etwa fünfzehn Städten und ländlichen Ortschaften de» Kreise» sein Programm entwickelt und mit seinen eindrucksvollen, von stramm nationalen Gedanken getragenen Ausführungen überall lebhaften Beifall geerntet und freudige Zustimmung gefunden. Dabei ist bemerkensmert, daß die Zustimmungserklärungen au» allen Kreisen de» Volke» kommen, auch aus den Kreisen der Arbeiter, von denen Vertreter in Klotzsche, Langedrück und anderwärts erklärten, daß sie dem in Dernburg'schem Sinne gehaltenen Kolonialprogramm de» Kandidaten beipflichteten und von einer energischen Durchführung des selben nur Gut«» für di« deutsche Arbeiterschaft erwarten könnten. Während von dem link»- liberalen Kandidaten Herrn Dr. Barge eine klare und bündige Erklärung über seine Stellung nahme bei einer Stichwahl trotz witderholter dringender Aufforderung höchst fonderbarerweisr noch nicht zu erlangen war, fordert gleich dem konservativen Kandidaten, Herrn Generalmajor z.D. Schmaltz, auch Herr Wetzlich sein« Anhänger für den Fall einer Stichwahl bedingungslos zu tatkräftigster Unterstützung jeder nationalen Kandidatur auf. Die „Wrstl. Ztg." berichtet über einen Vortrag folgendes: Die am Mittwoch von dem Wahtkomitee für die Kandidatur Wetzlich in den Saal de» Rathauses etnberusene Reichstagswähler- Versammlung war von etwa 200 P-rsonen besucht Die Versammlung eröffnete der Vor stand des hiesigen deutscken RefoimvereinS, Herr Aktuar Enger, mit ausführlicherer Darlegung der Ursachen der Reichstags-Auflösung und der Aufforderung an die Wähler, bei der bevor- stehenven Wahl ihre Stimm- einem Kandidaten zu geben, der sür die Erhaltung des Ansehen» des deutschen Reiche» nach innen und außen eintrilt- Hieraus stellte derselbe den von der Reformpartei ausgestellten Mutelslandskandidaten, Herrn Glaserinnungsmeister Wetzlich aus Dresden, vor. Der Genannte ergriff nun das Wort, um über sein Programm ausführlich zu sprechen. Redn-r sprach zunächst au», daß es ihm nicht leicht geworden sei, den an ihn ergangenen Ruf, sich als Kandidat für das ehrenvolle Amt eines ReichSlagskandidaten aufstellen zu lassen, Folge zu leisten. Wenn er sich schließlich entschloßen habe, dem Ruse Folge zu leisten, so sei sür ihn hauptsächlich das Bewußtsein maßgebend gewesen daß, wie jedem anderen patriotisch gesinnten Staatsbürger auch ihm die Pflicht obliege, seine Kräfte in den Dienst der nationalen Sache zu stellen. Redner legte ausführlich dar, wie die Reichsregierung, nachdem die aus Zentrum, Sozialdemokraten, Polen, Welsen, Dänen, Protestlern rc. bestehende Mehrheit deü Reichs tage» die Forderung von Mitteln zu vollständiger Unterdrückung des Aufstandes in Deulsch-Süd- westasrika und zu kultureller Erschließung des umfangreichen Gebiets abgelehnt hatte, nicht ander» gekonnt hätte, als den Reichstag aufzu- lösen, und an die Wähler zu apellieren. Wenn dies die Hauptfrage in den bevorstehenden Wahlen sei, so erkläre er hierzu, falls er gewählt werde, den abgel'hnten Forderungen der Regierung bei deren Wiedereinbringung zuzustimmen, weitere Forderungen für die Kolonien aber immer von Fall zu Fall erst auf ihre Zweckmäßigkeit zu prüfen und seine Entschließung von dem Ausfall dieser Prüfung abhängig zu machen. Sodann geht der Redner zu seinem politischen Programm über, welches das bekannte Programm der Reform- Partei ist, und bespricht die meisten Punkte aus führlicher. Redner tritt ein für Beibehaltung des bisherigen Reichstagswahlrechts mit Ein führung der Wahlpflicht: für Verstärkung des Schutzes der eigenen Arbeit, insbesondere der Arbeit de» gewerbsleißigen Mittelstandes, zu welchem von dem im Reich vorhandenen ca. 14 Millionen Haushaltungen mindestens 8 Millionen zu rechnen seien; für Zurückdrängung des jüdischen Einflußes in Politik, Handel und Wandel, für Besserstellung der unteren und mittleren Beamten, einschließlich der Militäranwärter, so daß diese nicht nötig hätten, wirtschaftlichen Vereinigungen beizutreten. Redner ist entschiedener Gegner der großen Warenhäuser und würde für deren kräftige Besteuerung eintreten, namentlich auch bei uns in Sachsen; ferner ist Redner für Verbesserung de» SubmissionSwrsenS so, daß nicht nur Großkapitalisten, sondern auch Handwerker und kleine Unternehmer sich beteiligen können; ferner sür Verbesserung und Verschärfung der Gesetze gegen den unlauteren Wettbewerb, sür stärkeren Ausbau der Erbschaftssteuer, namentlich auch in dem Sinne, daß die dirikten Erben zu dieser Steuer heran-gezogen werden. Zur Land wirtschaft übergehend, erklärte Redner, daß auch diese jeden berechtigten Schutz zu genießen habe; wenn gegenwärtig in gewißen Kreisen die Schlag worte „Fleischnot" und „Fleischteuerung" vie gebraucht seien, so müße er erklären, daß nach- gewiesenermaßen eine Fleischnot, das heißt, ein Mangel an Schlachtvieh nicht bestehe; auch die Preise, die der Landwirt für sein Schlacht vieh erhalte, seien nach keiner Richtung hin unberechtigte;wohlaber bestehe eine Fleischteuerung, die durch den Zwischenhandel, die Fleischbeschau, die städtischen Eingangsabgaben, Schlachthof- wang und andere Maßregeln verursacht sei. Zür den Fall, daß die Fleischteuerung sich so zestaltet, daß durch sie die Volksernährung herab- zesetzt würde, sei er für bedingungsweise Oeffnung )er Grenzen und für Zulaßung von ausländischem Schlachtvieh unter Vorsichtsmaßregeln, die die Einschleppung von Seuchen verhindern. Die Finanzlage des Reiche» bezeichnete Redner als wenig günstig; die Lage von Industrie, Handel und Gewerbe durchschnittlich als befriedigend, aber gleichwohl zur Vorsicht mahnend, denn der Diskontsatz der Reichsbank von 7 Prozent beweist, daß das Geld teuer und der Geldbedarf trotz- )em unverhältnismäßig groß sei- Zum Schluß seiner Ausführungen bemerkte Redner, daß es nicht unmöglich sei, den Wahlkreis der Sozial demokratie zu entreißen; es möchten deshalb alle vaterländisch und reichstreu gesinnten Wähler am Wahltage ihre Pflicht tun und eintreten sür den nationalen Kandidaten! — Eine eigentliche Debatte fand nicht statt; an den Kandidaten gerichtete Fragen über seine Stellung zum Jesuitengesetz und zur Automobilsteuer beant wortete derselbe dahin, daß er Gegner der Auf hebung des Jesuitengesetzes sei und nicht billige, ;aß auch die Automobile besteuert würden, die lediglich zu GeschästSzwecken gehalten werden. — Mit dem Wunsche, daß die Wahl in nationalem Sinne ausfollen möge und mit dem Gesang des LiedeS „Deutschland, Deutschland über alles!" wurde die Versammlung geschloßen. Königsbrück. Mit voller Kraft hat hier der Wahlkampf eingesetzt. Der Kandidat der deutschen Reformpartei im vierten Wahlkreise (Dre-den-Neustodt,Radeberg, Königsbrück, Rade burg) Herr Glaserinnungsmeister und Kaufmann Wetzlich aus Dresden sprach im hiesigen AmtS- gerichtsbezirke in folgenden Versammlungen: Mittwoch abends 8 Uhr in Königsbrück, Donners tag nachmittags 4 Uhr in Hockendorf, abends 8 Uhr in Tauscha bei Radeburg, Freitag nach mittags 4 Uhr in Rohna, abends 8 Uhr in Krakau, Sonnabend nachmittags 4Uhrin Reichen bach, abends 6 Uhr in Neukirch, abends 9 Uhr in Schwepnitz Alle Versammlungen waren stark besucht und erbrachten dem Kandidaten die begeisterte Zustimmung der erschienenen Wähler. In der Krakauer Versammlung erklärte sich Herr Rittergutsbesitzer und Oekonomierat Bahr mann auf Tauscha mit allen Ausführungen de» Kandidaten völlig einverstanden und gab bekannt, daß der Bund der Landwirte beschloßen hat, seinen Mitgliedern frei zu stellen, sür den Reformer Wetzlich oder den Konservativen Schmaltz zu stimmen. Am Sonntag sprach der reformerische Kandidat vormittag« 11 Uhr in Klotzsche und nachmittag» in Langebrück. Alles in allem gibt sich hier eine patriotische Begeisterung und die feste Entschlossenheit kund, einen nationalen Kandidaten in die Stichwahl zu bringen. Die in den Versammlungen ausgelegten Sammel listen ergaben im hiesigen Bezirke rund 300 Mk. für den reformerischen Wahlfond». Möge der 25. Januar die Hoffnungen der nationalen Wähler erfüllen. Tie Stimmung läßt das beste erwarten. Großenhain. Zwei bedauerliche Unglücks fälle ereigneten sich am Dienstag: Ein von auswärts nach hier Zugereister stürzte sa un glücklich auf der Straße, daß er eine schwere Gehirnerschütterung davontrug und nach dem Krankenhause verbracht werden mußte, und das Dienstmädchen eines hiesigen Bäckermeister» fiel so unglücklich eine Treppe hinab, daß es das Bein in der Hüfte brach und gleichfalls im Krankenhaus Aufnahme finden mußte. Chemnitz. Eine Einbrecherjagd L la, Hennig hat es am Sonntag Abend gegeben. Ein wegen Diebstahl vorbestrafter 31 jähriger Fabrikarbeiter, gebürtig au» Oberfrohna, stahl in einem Haus« der Brauhau-straße au» einer Bodenkammer, sie er mittels Dietrich geöffnet hatte, eine Papp- chachtel mit 15 Mk. und eine Sparbüchse mit 4 Mk. Bargeld. Der Dieb wurde von der Geschädigten, einer Kontoristin, überrascht und auf deren Hilferufen hin durch Hausbewohn«» n der Hausflur festgehalten. Er vermocht» sich edoch wieder lovzureißen und flüchtete über mehrere Dächer der angrenzenden Waschhäuser und Niederlagen, wobei er in ein Glasdach rin- gebrochen ist und sich am rechten Arm und an )er rechten Hand starkblutende Verletzungen ugezogen hat. Schließlich wurde er in einem Nachbargrundstücke der Moritzstraße in einem Geräteschuppen von einem Schankwirt und zwei Schutzleuten aufgestöbert und sodann von den letzteren hinter Schloß und Riegel gebracht. Dem Diebe, welcher noch eine Anzahl Dietriche bei sich hatte, dürften durch die Kriminalpolizei noch weitere Diebstähle nachgewiesen werden önnen. Eibau. Tot aus dem Bach gezogen wurde hier am Mittwoch der 33 Jahre alt, Gemeindearbeiler Müller, der sich am Montag abend gegen 6 Uhr in den Ort begeben hatte, um Einkäufe zu besorgen. Wahrscheinlich Hot er sich infolge de« schlechten Wetters verirrt und ist m den Bach gefallen, aus dem er sich nicht wieder herauSzuarbeiten vermochten. Der Verunglückte hinterläßt eine Frau und zwei Kinder im Alter von 5 Jahren und 7 Monaten. Leipzig. Unter dem Verdachte, an dem Ueberfalle auf den Geldbriefträger Rübner beteiligt zu sein, ward am Weihnachisheiligabrnd der beim Postamt 1 in Halle angestellte Schwob verhaftet. Von dem schweren Verdachte konnte er sich zwar reinigen, allein es stellte sich heran», daß er in Leipzig unter falschem Namen zwei Schlafstellen gemietet und in Halle zwei Post anweisungen über 600 und 500 Mark unter die richtigen eingeschmuggelt hatte, die in Leipzig an die falschen Namensträger zur Auszahlung gelangen sollten. In Rücksicht aus seine Jugend lelegte ihn da» Schwurgericht Halle nur mit O/» Jahr Gesängni». Zwickau. Eine Erbschaft«versteigerung mit Ueberraschungen gab e» kürzlich im Nachbarort Reinsdorf. Dort war die Witwe G. gestorben, und ihr Nachlaß gelangte zur öffentlichen Ver- teigerung. Schon war ein großer Teil der Sachen lo»geschlagen, al» sonderbare Entdeckungen gemacht wurden. In einer Matratze fand man einen 50 Mark-Schein, im Sofa einen 100-Mark- Schein, aus jedem Wäschegegenstand wurde ein größere« Geldstück gezogen, ebenso fanden sich in dem Schuhwerk größere Beträge. Die Ver steigerung wurde natürlich feiten» der Erben sofort aufgehoben, so daß wenigsten» noch «in Teil de» baren Gelbe» gerettet werden konnte. Lug au. Eine späte, aber um so an sehnlichere Belohnung wurde dem hiesigen 22 jährigen Schlößer K. Schuster zu teil, er war ziemlich 5 Jahre im Ausland und zur Zeit de» Erdbeben» in San Francisco in jener Stadt. Dabei hatte er «inen Bürgermeister und dessen Frau gerettet, wobei letztere ihn derart in den Hal» biß (wie e» Ertrinkende in der Todesangst tun,) daß di« Wund« noch heute sichtbar ist. Nachdem nun Schuster, um seiner Militärpflicht zu genügen, zurückgekehrt ist, erhielt er jetzt in Anbetracht seiner dort bewiesenen Entschlossenheit eine Staatsmedaille und eine Belohnung von 1600 Dollar (etwa» über 6000 M. Plauen. Durch Spielen mit einer Schuß waffe ist im Stadtteil Rausa ein betrübender Unglückssall entstanden. Der sechsjährige (!) Sohn des Stickers Baumann fand auf einem Schrancke eine geladene Taschenpistole. Der Knabe spielte mit der Waffe, drückte los und schoß seinem vierjährigen Brüderchen eint Kugel in die Schulter. Der schwerverletzte Knabe wurde sofort in da» Krankenhau» gebracht. Da» Geschoß konnte noch nicht ent fernt werden.