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Ottendorfer Zeitung. lNc „Dttendvrfer Zeltmig" erscheint Dienstag, Donners- rag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich s Mark. Durch die Post bezogen g2v Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Gttendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag Uhr. Inserate werden mit w p für die Spaltzeil« berechne labellarischerjSatz nach besonderem Tarif Druck unü Verlag von Hermann Rühl« in Groß-Okrilla. Lür öie Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla Nr. 1. Dienstag, den l. Januar 1907. 6. Jahrgang. -ELV Zwar mancher ist geschieden Aus unserm trauten Bund, Der ruht in stillem Frieden; Wir denken sein zur Stund. Wir denken sein und leeren Das Glas nach deutscher Art Dem lieben Freund zu Ehren, Der uns entrissen ward. Hört ihr der Glocken RIingen? Hört ihr den Jubelton Dort von der Straße dringen? — Das Altjahr ist entfloh'nl Vorbei nun was uns quälte, Vorbei jedwedes Leid; Naht sie, die lang' uns fehlte, Die gute, schöne Zeit! Lo hebt nach deutscher Sitte Die Gläser, stoßet an! Noch lebt in uns'rer Mitte Gar mancher braver Mann. Noch steht die Welt uns offen, Noch winket Freud' und Lust, Drum soll heut neues Hoffen Erfüllen unsre Brust. Die Glocken und die Gläser Sie geben Hellen Alang; Rein Mißton heut, kein böser, In unsern Jubel drang. Die Gläser und die Glocken Sie künden laut und klar Mit deutlichem Frohlocken: Lin frohes neues Jahr! Nun aber füllt auf's neue Die Becher bis zum Rand: . Es leb' die deutsche Treue, Es leb' das Vaterland! Das Rechte leb', das Wahre, Es leb' der freie Mut, Gedeih'n im neuen Jahre Loll nur was wahr "und gut! Oertliches und Sächsisches. Ottendorf,Okrilla, den i. Januar ;go7. *,* Morgen Dienstag zum Neujahrstage veranstaltet der Turnverein „Jahn" unter Mitwirkung der neugegründeten Gesangs abteilung im Gasthof zum schwarzen Roß eine Abendunterhaltung. Nach den bisher vom Turnverein „Jahn" gebotenen Ausführungen zu urteilen, verspricht auch diese Veranstaltung eine sehr gute zu werden und ist ein zahlreicher Besuch zu wünschen. (Näheres siehe Inserat) — * Der Schnee hat alles rings umher ver hüllt und wir mahnen wohl einander, der hungernden Vögel nicht zu vergessen, und es ist eine Freude, zu sehen, wie das dargereichte Futter den gefiederten Gästen mundet. Aber die Hellen Aeuglein des munteren Federvieh's sind kaum schärfer, wie die unserer Jungen und Mädchen, die, in der lieben Weihnachtszeit etwas üppig geworden, mit scharfem Blick herausbekommen, waS vom auSgeputzten Tannenbaum am besten für ibr Mäulchen paßt, zum Verschnabulieren sich eignet, und hinterher natürlich von nichts wißen, eS nie gewesen sind. Ja, Weihnachtszeit macht wirklich ein bißchen üppig, und die Herren Eltern, die am meisten vorgesargt. Meinen, es wäre gut, wenn alles wieder in die rechte Reihe, in dir gewöhnliche Ordnung gekommen sei. Doch sie laßen schon noch mit sich reden, ohne Störung ist das Christfest verlaufen, überall ist in Heller Freude gefeiert, und schön war's doch. Wir kommen jetzt zu den Vor bereitungen für den lustigen Sylvester und das frohe Neujahr; wenn der Deutsche auch das Bleigießen und ähnliche fragwürdige Zukunftö-Deuterei recht wohl entbehren kann, von Neujahrskarten, Punsch und Pfannkuchen läßt er sich doch nicht abbringen, und die Aspiranten auf die üblichen Neujahrstrinkgelder stellen schon im Gedanken ihre Listen zu sammen. Um den Jahresschluß herum wird es mit dem Bereilhalten vom kleinen Geld eine große Sache, und es ist am Ende nicht wunderbar, wenn in all dem Trubel doch Dies und Jenes vergeßen wird. Es ist menschlich. Erinnern möchten wir noch deshalb an die Erneuerung des p,astatischen ZeitungSs- Abonnements, soweit es nicht schon geschehen ist. Bei dec Arbeitslast, die der Post oblieg;, kann eine Bestellung in letzter Stunde nicht mehr erfüllt werden, und wer zum 1. Januar des Jahres 1907 dann nicht erscheint, das ist die Zeitungsnummer. Wir brauchen kein Wort mehr über den engen Zusammenhang zwischen der Zeitung eines bestimmten Bezirks und seinen Lesern zu verlieren, die ist wie ein guter Kamerad, der frisch und frei, allbekannt ins Haus tritt, an Freuden und Sorgen teil nimmt, für alle berechtigten Interessen mann haft eintritt und auf Grund genauer Kenntnis der einschlägigen Verhältnisse auch am besten eintreten kann. Wir stehen in der Weltge schichte vor einem unruhigen Jahr, darüber ist wohl niemand im Zweifel, um so nötiger und nützlicher ist das feste Zusammenstehen im engeren Kreis unter Hochhaltung der gemein samen Jntereßen. Was man nicht selbst sich wahrt und hält, das geht verloren. —* Klagen über ungeheizte Personenwagen werden laut. Besonders schlimm ist es, so schreibt man uns von auswärts, während der Feiertage gewesen, die die Reiseflut anschwellen ließen, sodaß vielfach ganz alte Wagen eingestellt werden mußten. Die Bahnverwaltungen konnten und mußten das aber voraussehen und deshalb dafür sorgen, daß die Heizvorrichtvngen in Ordnung waren. Manchmal wären mehr Vor sorge und größere Höflichkeit angebracht, der behördliche Standpunkt muß noch mehr zurück treten. Auf der anderen Seite sollte das Publikum die stark in Anspruch genommenen Beamten nicht durch Fragen nervös machen, dir man sich ganz gut selbst beantworten kann. Eine Frage, deren Berechtigung anerkannt werden muß, sei aber hier wiedergegeben: Könnten nicht an den Fenstern Friesstreifen angebracht werden zum Schutz gegen Kälte und Zugluft im Winter? Es wäre wünschenswert, wenn sich die maß gebenden Stellen mit dieser Frage schnellstens beschäftigen wollten. —* Die Kontrolle der Reichstagöwahllisten durch die Wahlberechtigten ist diesmal eine um so dringendere Pflicht, als bei der Eile, mit welcher die Listen hergestellt werden mußten, Irrtümer und Mängel sich besonders leicht ein schleichen konnten. Da es bei den bevorstehenden Wahlen aber darauf ankommt, daß alle Wähler ihr Wahlrecht ausüben, so muß die Möglichkeit ausgeschloßen werden, daß ein unkorrigiert gebliebenes Versehen irgendjemanden an der Ausübung seines Wahlrechts hindert. Lausa. Unter Verzicht auf weitere Gast- pcedigten wurde am zweiten Weihnachsfeiertag Herr Missionsinspektor Dio. tllool. Or. Siedel aus Leipzig zum Pfarrer hiesiger Gemeinde gewählt. — Herr Dr. Siedel trat zu Ostern des Jahres 1902 in die Dienste der Evangelisch lutherischen Mission zu Leipzig. Vorher war er Pfarrer von Röhrsdorf bei Meißen. Dresden. Welcher Dreistigkeit die edlen Herren Magyaren bei der Propeganda für ihr Volk in Deutschland fähig sind und mit welcher lauen Gleichgültigkeit weite Kreise dies hin nehmen, zeigen die Vorstellungen eines hiesigen Kaberetts. Hier begnügt sich ein Ungarpaar nicht mit der Vorführung der heimischen Tracht, Sitten, Lieder und Tänze, sondern der männliche Part singt allabendlich das bekannte Lied „Wer uns getraut" in ungarischer Sprache vor und erntet damit vielen Beifall. Von einem Wider spruch gegen diesen verkappten Schlag ins Gesicht deutscher Gesinnung hat man dagegen noch nichts bemerkt- Ist es da ein Wunder, wenn edle Polen, Czechen und Magyarember unsere deutschen Brüder draußen bedrücken, verfolgen und miß handeln? Was würde wohl in Budapest geschehen, wenn ein deutscher Sänger ein speziell ungarisches Lied deutsch vor dem Publikum sänge? — Der Untersuchungsgefangene Otto Emil Wilde, 1878 geboren, dec hier wegen Falsch münzerei sestgenommen wurde, ist am 22. d. Mts. aus der hiesigen Heil- und Pflegeanstalt entwichen. Lockwitz. In große Freude wurde am Weihnachtsheiligabend eine in dürftigen Ber- hälinißen lebende, zwar nicht mit Glücksgütern, wohl aber mit reichem Kindersegen bedachte Familie versetzt. Vor einiger Zeit, gelegentlich einer großen Felddienstübung, traten zwei hohe Offiziere bei gedachter Familie ein, um sich für einige Minuten zu erwärmen. Die Frau bot den Herren eine Tasse Kaffee an, für welche sie schon damals reichlich entschädigt wurde, da sich die hohen Herren von der Bedürftigkeit der Familie überzeugt hatten. Am heiligen Abend traf nun ganz unerwartet eine große Kiste ein, die alle nur erdenklichen Sachen für den Weih nachtstisch enthielt. Durch diese hochherzige Spende können die edlen Geber des Dankes der beglückten Familie sicher sein. Freiberg. Zwei Bäckerlehrlinge, auS Großhartmannsdorf gebürtig, wären bald um ihre Weihnachtsstollen und ihre vom Meister erhaltenen Weihnachtsangcbinde gekommen. Als sie, die Sachen auf einem Handschlitten verpackt, hinter sich herziehend, ihrem HeimalS- dorfe zustiefelten, kam ein Schlitten vorbei, an dem sie ihr Gefährt anhängten, um nicht ziehen zu brauchen. Die Pferde verfielen jedoch in eine schnelle Gangart und entführten die Geschenke in Nacht und Nebel. Erst nach langem Suchen konnten die Stollen und anderen Sachen nebst Schlitten den betrübten Lehrlingen und deren Angehörigen wieder auS- gehändigt werden. Oelsnitz. Einen schweren Grubenunsall im Oelsnitzer Friedensschacht fielen in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag leider zwei Menschenleben zum Opfer. Die beiden auf dem Friedensschacht der Oelsnitzer Berg baugewerkschaft angestellten Förderleute Ernst Louis Borrmann aus Oelsnitz und Hugo Willi Meier aus Neudörfel waren zur Regulierung des Hängeseilö im Bremsschacht Nr. 102 auf das eine am oberen Füllort hängende leere Bremsgestell getreten, ohne die vorhandenen SicherheitSvoirichtungen (Schließen der Wange oder Einhängen der Sicherheits ketten an den Einstrichen der Wandruten) zu verwenden. Plötzlich riß unerwartet die 36 Millimeter starke Schraube des Gestellauf aufhängebolzens und das Gestell mit den beiden Förderleuten stürzte den 28 Meter tiefen Bcemsschacht hinab, Die Verunglückten er litten mehrere Knochenbcüche außerdem noch so schwere innere Verletzungen, daß ihr Tod auf der Stelle eintrat. Die beiden Ver unglückten waren noch ledig und standen im militärpflichtigen Alter. (Fortsetzung in der Beilage.)