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Ottendorfer Zeitung : 04.01.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-01-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190701042
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19070104
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19070104
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-01
- Tag 1907-01-04
-
Monat
1907-01
-
Jahr
1907
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 04.01.1907
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polMscbe Kundlckau. Zur Wahlbcwegung. In der Provinz Westfalen scheint die zunächst vereinbarte gegenseitige Unter stützung zwischen Nationalliberalen und Frei sinnigen neuerdings auf Schwierigkeiten zu stoßen, wäbrend für Baden der liberale Block nunmebr als endgültig gesichert gelten darf. — In Württemberg ist das von der deutschen (nationalliberalen) Partei vorgeschlagene Zu sammengehen von Konservativen, National- liberalen und Volkspartei gegen Zentrum und Sozialdemokraten sowohl von der Volkspartei wie von den Konservativen abgelehnt worden. - Die Vorstände der Breslauer konservativen und liberalen Parteien vereinbarten ein Kompromiß, wonach in Breslau-Ost der frühere Oberpräsident Fürst Hatzfeldt, Herzog zu Drachenberg (freikonservativ), in Breslau- West Stadtschulrat Pfundtner (frs. Vp.) kan didieren. Die Zentrumspartei stellte für Beuth en den Grafen Donnersmarck-Romolk. Witz auf, für Kattowitz den Pfarrer Skowronnek-Bogutschütz. * * * Deutschland. * Der Kaiser hat die Anweisung ge» geben, daß die Einsammlung der einzelnen Er gebnisse der am 25. Januar stattfindenden Reichstagswahlen möglichst beschleunigt werde. Demzufolge sind die Landratsämter angewiesen worden, Vorsorge zu treffen, daß die Ergebnisse auch aus kleineren Ortschaiten bis zum 26. Januar mittags bei ihnen einlaufen. Die Provinzial- reqierungen haben die Ergebnisse bis zum 26. Januar abends nach Berlin zu melden, damit es möglich sein wird, das Gesamtresultat am 27. Januar früh dem Kaiser auf den Ge burtstagstisch niederzulegen. Der Monarch er hofft, daß dieses Geschenk des Volkes ein für chn erfreuliches sei, daß der Regierungsappell an das Volk nicht erfolglos verhalle. * Domkapitular Joseph Schmitt- Fulda ist zum Bischof von Fulda gewählt worden. *Die Posener Stadtverordneten- Versammlung wurde wegen der in letzter Zeit vollzogenen Eingemeindungen durch könig liche Kabinettsorder aufgelöst. * Das Fürstentum Schwarzburg- Sondershausen bewilligte allen in Staats betrieben beschäftigten Arbeitern einmalige, außerordentliche Teuerungszuschüsse. * Zu dem Konflikt zwischen dem Verein Hamburger Reeder und dem Verein deutscher Kapitäne und Offiziere der Handelsmarine wird gemeldet, daß die Reedereien für die ent lassenen Schiffsosfiziere noch genügend Ersatz gehabt haben. Aus diesem Grunde hat auch bisher noch kein zur Expedition nach See fertiges Schiff wegen etwaigen Mangels an Offizieren zurückbleiben müssen, alle sind viel mehr von Hamburg rechtzeitig abgegangen. Frankreich. * Der Senat nahm den Gesetzentwurf betr. die Ausübung des Kultus mit 1S0 pegen 100 Stimmen an. Desgleichen die Bewilligung eines Budgetzwölftels. Die Tagung wurde so dann geschlossen. * Die Deputiertenkammer hat den Plan einer tunesischen Anleihe im Betrage von 75 Mill. Frank angenommen. England. * Am letzten Tage des Jahres ist auch das Abkommen von Algeciras formell und endgültig dem Bestände der geltenden inter nationalen Verträge einverleibt worden, nachdem alle Unterzeichner die Gültigkeitserklärung des Protokolls vollzogen haben. Wie aus London berichtet wird, soll die Aufbewahrung des ursprüng lichen in Algeciras hergestellten Aktenstückes der englischen Negierung übertragen werden. Italien. * Aus Rom wird gemeldet: Kardinal Felice Lavagnis wurde tot in seinem Belte ge funden. Um dieselbe Zeit erlitt Kardinal Luigi Tripepi. der reichste Kilcheufürst im heiligen K Prosit ^eujakr. 1s Humoreske von Oskar Merre r *) Fred Reibenstein hat sein Doktor-Examen hinter sich. Die Feier des frohen Ereignisses hat ihm einen schweren Kopf und leeren Geld beutel verschafft. Sein Zimmerbursche Traugott Rump steht »m elf Uhr morgens kopfschüttelnd vor dem Bett des Herrn Doktors. -Die Müllern kocht keinen Kaffee nicht mehr, — sie sagt, sie bekommt schon zwei Monat Miete und der Herr Doktor sollen lieber ziehen. — Das ist ein nett' Prost Neujahr!" Fred will erregt auispringen, da tritt ein Telegraphenbote in das Zimmer. .Depesche aus Hamburg. — Hurra! — Rump, geben Sie dem Manne eine Provision!" .Zu Befehl, Herr Doktor!" sagt der Zimmerburiche und spendet in Würdigung des Hurras die größte Münze seines mageren Geld beutels, ein Fünfzigpfennigstück. .Sehen Sie, Rump, Sie altes Traumgesicht — mein Onkel ist selig hinüber, nun sind wir Universalerbe l" .Da sind wir ja schöne 'raus," pflichtet Rump bei. .Jetzt wird die Müllern wohl Kaffee liefern Na, Prost Neujahr, wird die ein Gesicht machen, heut zum Silvester!" Da klopft es wieder und der einfache Brief träger erschein!, um zwei Briefe hereinzureichen. H Underechngler Stachdruck wird verfolgt. Kolleg, einen Schlaganfall, dem er nach wenigen Stunden erlag. Dänemark. * Der König von Dänemark hat seinen offiziellen Besuch in Paris für Mai 1907 ange kündigt. Norwegen. * Im Storthing wird demnächst der Minister präsident eine Anfrage betr. die auswärtige Politik und insbesondere das Verhältnis zu Schweden und Dänemark beantworten. Es verlautet, der Ministerpräsident werde eine ein gehende Beantwortung der Anfrage ablehnen mit dem Hinweis auf die Verhandlungen, die zurzeit zwischen den drei nordischen Reichen wegen eines Bundes schweben. Spanien. * Der Minister des Äußern hat erklärt, das Reglement über die internationale Polizei in Marokko werde in 20—30 Tagen in Tanger abgefaßt werden. Der Redaktions kommission werden außer den französischen und spanischen Delegierten ein Oberst des schweize rischen Heeres und der marokkanische Kriegs minister angehören. Rußland. * Das neue Budget weist wieder ein großes Defizit auf. Versuche, eine innere Anleihe zustande zu bringen, sind fehl- geschlagen. Jetzt verhandelt die russische Negie rung mit französischen und englischen Bank konsortien wegen Aufnahme einer äußeren An leihe im Betrage von einer Milliarde Rubel. (Also trotz aller Ableugnung doch wieder!) * In Warschau werden die D u m a w ah l en am 21. Februar, die Abgeordnetenwahlen am 1. März 1907 vollzogen werden. * Infolge von Aussperrungen in den großen Lodzer Fabriken kam es dort wiederholt zu heftigen Straßenkämfen. Vier Arbeiter wurden erschossen und zehn verwundet. Unter den entlassenen Arbeitern herrscht große Not, obwohl die Arbeiterverbände zwei Rubel pro Familie und einen Rubel für Unverheiratete als Unterstützung für die laufende Woche aus zahlten. Die sozialistischen Arbeiterverbände sind bemüht, einen General-Fabrikstreik hervor zurufen. Für diesen Fall wird das Militär bereitgehalten. * Im Hafen von Odessa wurde einDampf - schiff der russischen Dampfschiffahrtgesellschaft durch eine Höllenmaschine gesprengt und zerstört. Zwei Matrosen wurden schwer ver wundet. Die Täter blieben unbekannt; man vermutet, es seien Mannschaften vom streikenden Schiffskommando gewesen. Afrika. * Die Nachrichten aus Marokko lauten nicht besonders beruhigend. Wie eS heißt, lehnt es Raisuli ab, auf seine Amtsbefugnisse als Gouverneur zu verzichten, und rüstet sich zum Widerstande in Zinat. Er sandte seinen Harem unter dem Schutze der Kabylen vom Stamme der Beniarios in die Berge. Inzwischen ver folgt der marokkanische Kriegsminister Gebbas seine kluge Politik, Raisiili durch Verhandlungen auf friedlichem Wege zur Nachgiebigkeit zu be wegen, mit Zähigkeit weiter, bisher allerdings ohne Erfolg. Asien. *Das japanische Parlament wurde vom Kaiser mit einer Thronrede eröffnet, in der er auf die zunehmend herzlichen Beziehungen zu den Großmächten sowie auf die Notwendig keit der Weiterentwickelung der Landesver teidigung hinwies. Beide Häuser des Par laments nahmen eine Antwort auf die Thron rede an und vertagten sich dann bis zum 21. Januar; zu diesem Zeitpunkt soll das end gültig festgestellte Budget dem Repräsentanten haus vorgelegt werden. *Wie verlautet, hat der Kaiser von China einen Selbstmordversuch ge macht aus Verzweiflung über die unwürdige Behandlung, die ihm die Kaiserin-Witwe zu teil werden läßt. Seit dem Boxer - Ausstande führt sie das Regiment und hält den reform- freundlichen Kaiser beinahe wie einen Gefangenen. Der Kaiser soll sich ins Wasser gestürzt haben, Fred macht den ersten Brief auf. „Aus Braunschweig — nochmals Hurra, Rump, Sie alter Esel! — Da, fünftausend Mark in der Braunschweiger Lotterie gewonnen!" Rump gurgelt aus dem breitgeöffneten Munde ein: „Jst's möglich?" Fred streicht sich mit der Hand über die glückbewegte Stirn und öffnet das zweite Briefchen, um nach dessen schnellen Durchlesen mit einem Satz von seinem Lager aufzuspringen. „So kann es ja weitergehen... Schreibt mir da meine zukünftige Frau Schwiegermama, sie will mich auf Wunsch ihres einzigen Töchterchens empfangen!" Der junge Herr Doktor tritt selbstbewußt vor den Spiegel und beschaut sich wohlgefällig. Mit einem Schlage ein gemachter Mann, — Geld, Titel und ein schönes reiches Bräutchen. Damit kann man schon ein neues Jahr an fangen. Fred war angezogen, da klopft es wieder und Frau Müller streckt ihren unfreundlichen Kopf durch die Türspalte. „Sind Sie endlich zu sprechen? Ich wollte Ihnen nur sagen, daß Sie morgen ziehen müssen, und wegen das Rückständige werden wir ja sehen!" „Unsinn, werte Dame, — sehen Sie hier dies Telegramm, — mein Onkel hat mich als seinen einzigen Universalerben hinterlassen, und da werden Sie wohl in kurzer Zeit Ihren Kies er halten können!" Doch die mißtrauische Schlafmutter schüttelt das Haupt. „Daß Sie Geld kriegen sollen, davon steht nichts in der Depesche!" aber von einem Palastbediensteten gerettet worden sein. *Der persische Thronerbe sandte den Ent wurf der Verfassung an das Parlament zurück m c Zusätzen zu den Paragraphen über den Treueid, der den Mitgliedern des Parla ments abzunehmen sei, ferner betreffend das Recht des Herrschers, das Parlament einzu berufen und betreffend die Befugnisse des Senats. Kabnkatastropbe auf äer Ltrecke Camburg-Kremen. Das unsichtige Nebelwetter, das bereits seit einigen Tagen in Mitteleuropa herrscht, war in der Morgenstunde des Sonntags Ursache zu mehreren schweren Eisenbahnunglücksfällen, bei denen eine Anzahl Personen ihren jähen Tod fanden. EinZusammenstoß, der von besonders schweren Folgen war, trug sich auf dem Bahn hofe in Ottersberg, einem hannoverschen Flecken im Regierungsbezirk Stade, zu. Bei dem schrecklichen Unglück fanden vier Beamte in Aus- ühung ihres Beruses den Tod. Die Reisenden dagegen, die den Schnellzug benutzten, kamen mit dem bloßen Schrecken davon. Das Unglück entstand, indem auf Bahnhof Ottersberg der Schnellzug Hamburg—Köln mit voller Gewalt einem mit Vieh beladenen Eilgüter zug in die Flanke fuhr. Der Schnellzug konnte wegen des dichten Nebels das Ein fahrtssignal nicht sehen. Beide Schnellzugs maschinen sind zertrümmert; ein fürchterliches Durcheinander herrschte an der Unglücks stätte, die nach Verwundeten und Toten abge sucht wurde. Dr. Eichhorst aus Ottersberg ver band an der llnfallstelle die Verwundeten, die in das Bremer Krankenhaus gebracht wurden. Von den Bahnbeamten sind besondere Bremser und Lokomotivführer betroffen worden. — Vom Zug- und Postpersonal sind vier Per sonen getötet, fünf schwer und sechs leicht ver letzt. Reisende sind nicht als verletzt gemeldet. Die Stätte des Unglücks bildet einen schreck lichen Anblick. In dem wüsten Durcheinander der Wagentrümmer liegen die Kadaver der ge töteten Tiere, deren Blutsvuren den Schnee röten. Nach amtlicher Auskunft scheint die Kata strophe dadurch hervorgerufen zu sein, daß der ebenfalls getötete Führer der ersten Lokomotive des Schnellzuges infolge des Nebels und des Raureifes das richtig auf „Halt" gestellte Signal nicht sehen konnte und so in voller Fahrt auf den rangierenden Güterzug losfuhr. Wie verlautet, ist der größte Teil der wert vollen Post des verunglückten Zuges verloren. Vas Heerwesen Marokkos. Zu einer Zeit, da Marokko wieder einmal im Vordergrund des Interesses steht und da man täglich von den Bewegungen der marokka nischen Regierungstruppen liest, darf ein Artikel der ,Berl. Börs.-Ztg.' über das Heerwesen Marokkos ganz besonderes Interesse beanspruchen. Es heißt da : „Als einigermaßen reguläre Linien-Jnfanterie kann man höchstens die Askari, die im besten Fall 3000 Mann stark sind, gelten lassen. Das KorpS der Askari wurde seinerzeit vom Sultan Muley Abdurrahman anläßlich eines Krieges grgen Frankreich nach dem Muster der Zuaven errichtet. Das Hauptkontingent garnisoniert ständig in der Hauptstadt des Landes Fes. Die übrigen find in kleineren Abteilungen von 50 bis 60 Mann in den größeren Städten des Landes verteilt und werden alle von je einem Kad-el- Mieh kommandiert. Diese Rangbezeichnung ent spricht ungefähr unserm Hauptmann und be deutet Vorsteher über Hundert. Die Dienst dauer bei den Askari ist eine lebensläng liche. Alter und Körperbeschaffenheit kommen bei der Aushebung der Rekruten nicht in Betracht; die Kabylen suchen bei dieser Ge legenheit diejenigen ihrer Leute loszuwerden, die sie selbst nicht gebrauchen können. Es gibt auf diese Weise neben dreizehnjährigen Knaben Greise, Halblahme und noch verschiedene sonstige Krüppel darunter. Die Askari tragen eine rote Uniformjacke und ein Paar kurze Knie Das stimm! allerdings. Fred begreift und reicht ihr den Brief aus Braunschweig. „Lesen Sie das, liebe Frau Müller, da habe ich fünf tausend Mark gewonnen!" Die kleinen Äuglein der Frau Müller leuchten verständnisvoll auf. „Ja, das ist ganz was andres, das lasse ich mir gefallen, nun habe ich auch keine Angst mehr. Soll ich Ihnen den Kaffee schicken, Herr Reiben ach ja, Sie sind ja jetzt Doktor!" Doktor Fred lacht und streichelt die dicken Wangen der umgewandelten Wirtin. „Sehr freundlich von Ihnen, beste Frau Müller, aber da ich nun Kasse in Aussicht habe und augen blicklich — na, Sie wissen ja, — so — legen Sie doch dem Kaffee noch zehn Mark für meinen nächsten Behelf bei und richten Sie mir heute abend eine Punschbowle für ungefähr zehn "Mann zu. Ich muß doch die frohen Ereignisse mit meinen alten Freunden angemessen feiern!" Und Frau Müller war jetzt natürlich zu allem bereit. Ein reeller Lotteriegewinn ist wirklich das beste Mittel, um den gesunkensten Kredit zu heben. Am Abend fand bei dem neugeschaffenen und von seinem Glück neubelebten Doktor Fred Reibenstein ein solenner Silvesterkommers in Punsch statt und am nächsten Morgen lag der Glückliche wieder mit einem schweren Kopf im Morgenschlummer, als Rump schon um neun Uhr eintrat, denn heut war ja Neujahr, und das konnte nie früh genug angefangen werden, besonders bei solch günstigen Aussichten. „Na, schönstes Prost Neuahr, Herr Doktor!" Rump brachte einen Bries und die Hosen aus blauem Baumwollenzeug. Ihre Be waffnung besteht aus europäiichen Gewehren aller Zeiten, Länder, Systeme und Kaliber, daS neueste derselben ist das alte englische Snider- Gewehr. Neben freiem Quartier erhalten die Leute vom Staate alljährlich eine Garnitur der bereits erwähnten beiden Uniformstücke und eine Tageslöbnunq von drei Unzen (zehn Pfennigs, womit sie ihren vollständigen Lebensunterhalt selbst bestreiten müssen. An der Ausbildung dieser eigenartigen Tnippen haben sich fast alle Nationen versucht, ohne daß es einem der Instrukteure gelungen wäre, zu einem nennens werten Resultat zu gelangen. Das Kommando wird an den einzelnen Standorten in ver schiedenen Sprachen abgegeben. So z. B. in Fes englisch, in Rabat französisch, in Casablanka türkisch und in Mogador, der südlichsten marok kanischen Hafenstadt — in deutscher Sprache. Eine erheblich wichtigere Stelle als die In fanterie nimmt in der marokkanischen Armee die Reiterei ein. El-Bochari oder die „Schwarze Karde" ist ein Reiterkorps, welches lediglich aus Negern besteht und vom Sultan Muley Ismail im Jahre 1863 errichtet wurde. Die Stärke dieser Truppe hat sich allmählich sehr verringert. Im Anfänge, zur Zeit Muley Ismails, sollen eS etwa fünfzigtausend Mann gewesen sein und mit ihr soll Muley Ismail sein Reich erobert haben. Gegenwärtig dürste das ganze El-Bocharikorps vielleicht 2—3000 Reiter zählen. Ihre Be waffnung besteht aus der langen maurischen Steinschloßflinte; einzelne führen dabei noch lange schwere Säbel mit gerader Klinge ohne Korb, Dolche und Pistolen. Eine Uniform be sitzen die El-Böchari nicht ; nux die Scheschieh, ein roter kegelförmiger Fes, kennzeichnet sie als dem Soldatenstande zugehörig. Ein zweites Kavalleriekorps bilden die Machazniah. Eigentlich ist dasselbe nur eine berittene Gendarmerie, die den Provinz - Gou verneuren als Exekutivorgane im Zivilverwal tungsdienst zur Verfügung stehen und zum Teil den Polizei- und den Sicherheitsdienst in den Städten wie auf dem flachen Lande versehen. Im Kriegsfälle rücken sie mit ins Feld und erhalten dann einen Sold von 2 Pesetas (eine Mark) monatlich. Ihre Bewaffnung ist dieselbe wie die der El-Bochari. Einziges Abzeichen ihres militärischen Standes ist gleichfalls die rote Scheschieh. Einst soll ihre Gesamtstärke 50—60 000 Mann betragen haben, heute wird sie auf 8—10 000 Mann angegeben. Die beiden Reitertruppen, El-Bochari und Machazniah, bilden die sogenannte „reguläre" Kavallerie des marokkanischen Heeres. Die Artillerie, „Toptschieh" genannt, ist un gefähr 600 Mann stark und an den Küsten plätzen stationiert. Die Mannschaften sind größtenteils Handwerker, die meist ihrem bürgerlichen Beruf nachgehen und sich nur ganz selten zum Dienst einfinden. Die wenigen kriegsbrauchbaren Feldgeschütze, die vorhanden sein sollen, befinden sich zurzeit angeblich bei der Infanterie und werden von den Askari bedient. Zu dieser „regulären" marokkanischen Armee von etwa 15 000 Mann, kommt im Kriegsfälle noch die Harka, eine Art Landsturm, in un berechenbarer Stärke. Jeder waffenfähige Mann hat die Pflicht, sich im Bedarfsfalle zur Harka zu stellen. Irgend einen Sold erhält diese irregu läre Armee nicht; aber für ihren Lebensunterhalt wird während des Kriegs gesorgt." Von und fern. t. Kaiser und Genie. Die kürzlich er folgte Berufung des Hauptmanns Herzbruch in das kaiserliche Militärkabinett gibt in militärischen Kreisen Anlaß zu mannigfaltiger Betrachtung. Hauptmann Herzbruch gehörte bisher dem könig lichen Kriegsministerium an und ist der einzige bürgerliche Offizier im Militärkabinett. Dre Tatsache, daß der Kaiser einen Bürgerlichen in die vornehmste Militär-Institution berief, findet in Militärkreisen insofern Widerhall, als man darin ein Zeichen erblickt, daß beim Kaffer bei Berufungen, Ernennungen usw. in höhere Dienst stellen tatsächlich nur die Tüchtigkeit und oaS Genie, nicht aber etwa das Vorrecht der Geburt ausschlaggebend sind. von Frau Müller wieder zur Verfügung gestellte Morgenzeitung. Fred rieb sich die müden Augen und las den Brief. Dann warf er diesen ersten Brief im neuen Jahre wütend auf den - Fußboden. Der verblüffte Zimmeibursche hob ihn wieder sorgsam auf; wahrscheinlich wollte er darin nach den gestern in Aussicht gestellten sünftausend Mark suchen. Eine etwas zu harte Lache schallte durch das Zimmer. „Großartiger Neujahrsgruß! Ver- macht mein schwacher Onkel seiner alten Wirt schafterin das ganze Vermögen und mir — drei hundert Mark, — eine nette Erbschaft I" Rump steht wie eine Salzsäule da. „Drei hundert, das — ist nicht viel!" „Es ist ge—meines Pech!" sagte Fred nm und schlug mit der verkehrten Hand die Morgen zeitung glatt, um sie mit abwesenden Gedanken anzustarren. Sein Blick haftet plötzlich fester an einer Stelle. Es sind die neuesten Nachrichten. Dann ist er mit einem Ruck auf und sitz! auf dem Bettrand, seinen Zimmerburschen starr an sehend. „Rump, Unglücksmensch, ist das Ihr Profit Neujahr? — Durchgebrannt ist er!" „Wer?" wundert sich Rump. „Mein Kollekteur in Braunschweig!" „Und unsre fünftausend Mark?" fragt daS Faktotum im höchsten Schreck. „Meine fünftausend Mark sind mit ihm aus dem Wasser, verstanden? Sie Prosit-Neujahrs esel!" Rump war geknickter als sein Herr. Er '
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