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14S, 29. Juni 1912. Nichtamtlicher Teil. «5ri«l«i»u >.». na«». «i>-r«»!ld-i. rso? Menschen zu nützen und ihm das Leben zu erleichtern. An sätze zu einem analogen Verfahren sind ja, wenn auch in viel unvollkommenerer Weise, im Buchhandel zu verzeichnen. Ich erinnere nur an das Vorgehen eines unserer Ortsvereine, der in seiner Stadt den Versuch gemacht hat, ganz allgemein für das Buch Stimmung zu machen. Die Lehre, die wir für die Verhältnisse des Buchhandels aus der erwähnten Jndustriereklame ziehen können, besteht darin, die Möglichkeiten auszunutzen, inwieweit die Organisationen diese Reklame für das Buch an sich noch weiter ausdehnen können. — Auch ein Rundgang durch die Hallen bietet mancherlei Bemerkenswertes für den Buchhändler und Buch- gewerbler. Gleich am Eingänge z. B. verdient das von der hiesigen Firma Albert Osterwald ausgestellte kaufmännische Bureau der Neuzeit besondere Beachtung. Von der Schreib maschine an, die längst ein integrierender Bestandteil unserer Kontore geworden ist, bis zu den mit Elektrizität betriebenen Kopier- und Diktiermaschinen (Parlograph) findet man hier alle modernen Hilfsmittel vereinigt, die zur bequemen, rationellen und schnellen Erledigung der Kontorarbeiten nützlich und notwendig erscheinen. — Außer der Leipziger Firma Hachmeister L Thal, die ein kleines Zelt für sich aufgeschlagen hat, ist der Verlag in Einzelausstellungen nicht vertreten. Es verdient anerkannt zu werden, daß diese Verlagsfirma auf den Detailverkaus verzichtet und durch ein Plakat ans die im Lesezimmer vertretene Sortimenterfirma verweist. Unter den ausgestellten Maschinen, deren Antrieb auf elektrischem Wege erfolgen kann und heute schon zum größten Teil erfolgt, befinden sich auch Tiegeldruckpressen, Falzmaschinen usw. und endlich auch eine große Zweitouren-Schnellpresse neuester Konstruktion der Firma König L Bauer in Würzburg. über ein Jahrhundert ist seit der Erfindung der Schnellpresse dahin- gcgangen. Betrachtet man die technische Vervollkommnung dieser Maschinen, so kann man erst recht erfassen, was in der Zwischenzeit die Industrie geleistet hat, die für den Buch handel Produktionsmöglichkeiten schuf, an die man vor einigen Jahrzehnten noch gar nicht dachte. Wenn man be denkt, daß die erste, in Leipzig bei Brockhaus aufgestellte Schnellpresse von den Arbeitern demoliert werden sollte, weil sie fürchteten, daß sie ihre Existenz vernichtete, so kann man erst ermessen, daß es kein Aufhalten in der Entwicklung der Technik gibt, sondern daß diese sieg- und erfolgreich ihre Bahn weiterschreitet. Hoffen wir, daß auch das Buch und mit ihm die Errungenschaften des Geistes immer mehr zum Gemeingut unseres Volkes werden! Die lange vorher angekündigte und in den wieder hergestellten Räumen des Alten Rathauses endlich eröffnete Ausstellung der Leipziger Bildnismalerei des 18. und IS. Jahrhunderts verdient wegen ihrer Eigenart ebenfalls besondere Beachtung. Die hier ausgestellten Bilder werden sich wohl schwerlich wieder an anderem Orte zusammen finden und ein so in sich abgerundetes Bild einer Spezial gruppe deutscher Porträtkunst darbieten. Ich möchte das Endurteil über diese einzigartige Veranstaltung dem Fachmann überlassen und mich an dieser Stelle auf die Er wähnung der vorhandenen Buchhändler-Bildnisse und auf die aus Leipziger Buchhändlersamilien stammenden Leih gaben beschränken. Eines der bemerkenswertesten und auch künstlerisch wert vollsten Buchhändlerporträts ist das des Philipp Eras mus Reich (1717—1787), der einst Inhaber der in Leipzig gegründeten Weidmannschen Buchhandlung war. Ein sehr tatkräftiger Vertreter unseres Berufs und Verleger Gellerts, Lesstngs, Wielands usw., gründete er bekanntlich einen Buch händlerverein, die hauptsächlich gegen den unbefugten Nach druck gerichtete »Buchhandelsgesellschaft«, die als einer der Vorläufer unseres heutigen Börsenvereins angesehen werden muß. Er war ein sehr kunstverständiger Mann, der seine Freunde und berühmten Zeitgenoffen von keinem Geringeren als Anton Grass malen ließ und diese Bilder, die »Galerie Reich«, später der Leipziger Stadtbibliothek vermachte. Sie bilden heute mit dem ebenfalls von Anton Grass stam menden Bildnis Reichs ein wertvolles Besitztum dieses städtischen Instituts. Von den Familien von Hase und Bolkmann find zur Verfügung gestellt: das Pastellporträt Bernhard Christoph Breitkopfs, des Begründers der Firma Breitkopf L Härtel, von einem unbekannten Künstler, das Ölbildnis Joh. Gottlieb Immanuel Breitkopfs, Sohnes des vorigen und Erfinders eines neuen Systems des Notendruckes mit beweglichen Lettern, gemalt von Ernst Gottlob und das ebenfalls in Öl ausgeführte Porträt Christoph Gottlob Breitkopfs von einem unbekannten Maler. Unter den vielen Miniaturbildecn des seinerzeit in Leipzig sehr beliebten Künstlers Friedrich August Junge, der durch die Ausstellung erst wieder bekannt geworden ist, befindet sich auch ein solches des Buchhändlers Friedrich Brandstetter, eine Leihgabe der Familie Brandstetter. Aus dem Familienbesitz Brockhaus stammen die schönen von Kietz 1842 in Paris gemalten Pastellbilder von Heinrich Brock - Haus und seiner Gattin Panline. Eine bemerkenswerte Leihgabe ist das von einem unbekannten Maler stammende ÖlbildniS I. C. Hinrichs', das die Familie Rost zur Verfügung gestellt hat. Interesse dürfte auch das von Nattier gemalte Ölbild des Berliner Hosjuweliers Jean Reclam finden, des Begründers des deutschen Zweiges der Familie, aus dem Besitz des Verlegers der Univsrsal-Bibliothek. Außer dem haben noch folgende Leipziger Buchhändlerfamilien die Ausstellung beschickt: Boerner (C. G. Boerner), Dürr, Einhorn (Steinacker), Fernau, Gerhard (Raimund), Klemm (C. A. Klemm), Maeder (Lincke'sche Leihbibliothek), Meiner, Nauhardt, Seemann (Arthur), Staackmann, Twietmeyer, Wallmann. Auch das bekannte Ölbildnis Sebastian Bachs aus der Musikbibliothek Peters hat vorübergehend in der Ausstellung Aufnahme gefunden. Die Hergabe der bekannten, im Festsaale des Buchhändlerhauses befindlichen Ölbilder berühmter Berufsgenossen ließ sich leider nicht ermöglichen. Erwähnen möchte ich noch eine kleine, aber sehr sehens werte Ausstellung von handgearbeiteten Buchein bänden der Leipziger Großbuchbinderei E. A. Enders im Saale der alten Drucke des Buchgewerbehauses. Wir sehen dort die Technik einer alten Handwerkskunst im engen Bunde mit dem modernen verfeinerten Geschmack wieder aufleben. Als Material ist meist Leder, nur in wenigen Fällen Leinen und Pappe verwendet. Die Entwürfe stammen von be kannten Buchgewerblern, z B. Marcus Behmer, H. Schöning, Prof. Steiner-Prag, Prof. Walter Tiemann. Großes Aufsehen erregte in Leipzig das kürzlich bekannt gewordene Verschwinden des Inhabers einer hiesigen Großbuchbinderei, der auch als Obermeister seiner Innung in unserer Stadt eine angesehene Stellung einnahm. Da wenig authentische Nachrichten über die tieferen Ursachen dieses Falles in die Öffentlichkeit gedrungen sind, so sei an dieser Stelle nur des Gerüchts Erwähnung getan, daß eines unserer größten Verlagshäuser durch den Verschwundenen in empfindlicher Weise geschädigt worden sein soll. Persönlich war dieser als Fachmann sehr geschätzt, wenn auch sein nach außen hin getriebener Aufwand mehr Befremden als Ver trauen erregte. Für den Herbst dieses Jahres machen sich in unserer Stadt im Betriebe des Fernsprechnetzes eine Anzahl Unterämter nötig, deren Einrichtung unter Inanspruchnahme der neuesten technischen Errungenschaften getroffen werden lvro»