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jährlich mit 5 v. H. zu verzinsen und mit 1 v.H. zu tilgen find. Diese Summe, welche 660 Millionen Mark pro Jahr beträgt, wird aber erst im 4. Dawesjahr 1927/28 in voller Höhe fällig; für die vorhergehenden 3 Jahre 1924/27 find mit Rücksicht auf die erforderliche Zeit für den Wiederaufbau geringere Beflöge abzuführen bezw. für 1924/25 bereits abgeführt worden und zwar jährlich 200 bezw. 595 bezw. 550Millionen Mmk.Nebcndiesen 11 Milliarden-Odligationcn find noch 2 Milliarden Vorzugsaktien, die für den Verkauf an Privatpersonen bestimmt sind, und l3 Milliarden Stamm aktien für das Reich geschaffen worden. Zu 2b) Verkehrssteuer Die Verkehrssteuer, welche ebenfalls aus den Einnahmen der Reichsbahn zu bestreiten ist, ist erst vsm 2 DaweSjahr an abzuführen, beträgt in diesem 250 Millionen Mark und steigert sich vom 3. Dawes- jahr an auf jährlich 290 Millionen Mark. Zu 3. Jndustricobligationen- Die gesamte deutsche Industrie, soweit sie über mehr als 20000 Mk. Betriebs kapital verfügt, ist für Reparationszwecke mit 5 Milliarden Schuldverschreibungen belastet worden, welche, ähnlich den Eisenbahnobligationen, mit 5 o. H. zu verzinsen und mit 1 v. H zu tilgen find. Auch hier tritt die volle Zahlung n Höhe von 300 Millionen erst vom 4. DaweSjahr an in Kraft; für das erste Dawesjahr war überhaupt nichts zu bezahlen, für das 2. und 3. DaweSjahr sind 125 bezw. 250 Millionen aufzubringen. Außer den angeführten laufenden Verpflichtungen wa ren für das 1. DaweSjahr dem Reparationsagenten noch 1 Milliarde Mark für Zinsen der Reparationsanleihs, Kosten der verschiedenen Kommissionen, Besatzungskosten, Ausfuhr abgabe usw. zur Verfügung zu stellen. Diese Summe wurde aus der ReparationSanleihe in Höhe von 800 Mil lionen Mark genommen und auS den von der Reichsbahn gesellschaft für 1924/25 zu zahlenden Beitrag von 200 Million. Ferner sind im 2 Daweszahr noch einmalig dem Re parationsagenten 250 Millionen Maik aus dem Verkauf von Vorzugsaktien der Reichseisenbahngesellschaft zur Ver fügung zu stellen. Fassen wir alle Verpflichtungen nochmals nach Dawes jahren geordnet zusammen, so ergeben sich aus Eisenbahn- und Jndustrieobligationen, Verkehrssteuec und Entnahmen aus dem Reichshaushalt folgende Summen: 1924/25 1 Milliarde 1925/26 1,22 „ 1926/27 1,2 1927/28 1,75 „ 1928/29 2,6 „ (Normaljahr) letztere Summe kann, wie schon erwähnt, noch gesteigert werden. Hierbei ist zu bedenken, daß die gesamte Endsumme aller unserer Reparationsvsrpflichtungen überhaupt noch nicht festgesetzt worden ist. Wenn wir auch einen Teil dieser Zahlungsverpflich tungen in Sachlieferungen abdeckcn können, so geht doch auS der Zusammenstellung ohne weiteres hervor, welche un geheure Lasten durch Annahme des Dawes-Gutachtens dem deutschen Volke auferlegt worden sind. l pollMcke Kuncklchau - Bayern und das Tteu«rermähigu«g Programm Wie der „Bayerische Kurier* mitteilt, hat der baye- rische Finanzminister bei der Finanzministerkonferenz in Berlin die a l l e r s ch w e r st e n Bedenken gegen das ; iSteuerennäßigungsprogramm des Reichssinanzministers j geltend gemacht, da die Senkung der Umsatzsteuer sich kaum i in nennenswerter Weise in einer Verbilligung der Lebens- Haltung der Bevölkerung auswirken werde. Dagegen iwerdc sich aber der dem Reich erwachsende Ausfall an Steuereingängen im gesamten Reichshaushalt außer- ordentlich stark fühlbar machen. Außerdem soll vom baye- rischen Finanzminister mit aller Deutlichkeit darauf hin gewiesen worden sein, daß das Gebot größter ^Sparsamkeit nicht nur bei den Verwaltungen der Länder und Gemeinden, sondern in allererster Linie bei den Neichsbehörden selbst in die Erscheinung treten müsse. patrirlerblut. Nomau von Reinhold Ortmann. 2lf (Nachdruck verboten.) Und sie hatte den festen, redlichen Willen, den heiligen Vorsatz, dazu nach besten Kräften da« Ihrige zu tun. Wenn es schon dahin gekommen war, daß Hubert i:r ihr eine Feindin und Zerstörerin seiner liebsten Freuden sah, daß er von ihrer bräutlichen Hingabe sprach wie von einem unbegreiflichen Irrtum ihrer Seele — wahrlich, dann war es nicht mehr Zeit, ängstlich zu prüfen und zu wägen, auf welcher Seite hier das größere Recht oder das größere Unrecht sei — dann durfte sie nicht zögern, auch an ihrem Teile ein Opfer der Selbstverleugnung zu bringen, um das gesödroete Glück ihrer jungen Ehe zu retten. Sie hatte sich ja auch schon früher nicht eigensinnig und ietbsiUch gegen solche Opfer gesträubt. Sie hatte der leichten und ihr vielfach unverständlichen Lebensauffassung Huberts umaer neue Zugeständnisse gemacht, von denen er wohl nux selten geahnt haben mochte, wie schwer sie ihr zu- weium gefallen waren. Aber sie war darin bis heute doch nicht weiter gegangen als ihr weiblicher Stolz und ihre w wiiche Selbstachtung es ihr erlaubt hatten. Sie hatte nichts getan, dessen sie sich vor dem eigenen Gewissen hätte yämen müssen. Und alle ernstlichen Zerwürfnisse waren «inmer in dem Augenblick entstanden, wo sie an dieser Grenze o.ag-.langt zu sein glaubte. Duo e sie wagen, sie jetzt zu überschreiten? War ihre L--.be so stark, daß sie ohne Furcht vor Neue wagen Lu re, es zu tun? Konnte ihr das Bewußtsein, ihrem Gatte« wreder näher gekommen zu sein, wirklich und dauernd ersetzen, was sie damit an inneren Besitztümern aufgab? Es war kein schnelles und freudiges ja, mit dem ihr Herz auf diese bangen Fragen Antwort gab. Und es er faßte sie wie jähes, heftiges Erschrecken, als sie sich dieser Ungewißheit bewußt wurde. Wie ein Erschrecken und wie die Erkenntnis eines schweren Unrechts, dessen sie sich schuldig gemacht, ohne es auch nur zu ahnen. War es Das Bauprogramm der Neichsregierung. Reichsfinanzminister Reinhold erwiderte im Haushaltsausschuß des Reichstages auf Ausführungen des Abgeordneten Er sing vom Zentrum, daß sich di« Reichsregierung bereits eingehend mit dem Baupro- gramm für den Sommer beschäftigt habe. Zunächst seien 'Erhebungen darüber angestcllt worden, wieviel gelernt« Bauarbeiter überhaupt für das neue Bauprogramm zur Verfügung ständen. Eine Durchführung des Baupro- gramms in großem Umfange sei der Regierung schon des halb wichtig, weil das Baugewerbe als Schlüsselgewerbe zahlreichen anderen Gewerben Brot und Arbeit gebe. Von der Hauszinssteuer würden 15 bis 20 Prozent diesem Bau programm zufließen. Wenn die Hauszinssteuer einen Ertrag von insgesamt fünf Milliarden ergäbe, so würden für das Banprogramm 750 bis 1000 Millionen Reichs mark verfügbar sein. Wenn man diese Summe z. B. als Verbilligungshypotheken für die Banken verwende, so könne auf dem Baumarkt viel erzielt werden. Reichsgarantie für Nutzlandkredite. Im Rahmen ihrer Aktion zur Belebung der Wirt, schäft beabsichtigt die Reichsregierung, für Lieferungs geschäfte nach Rußland eine Garantie bis zum Höchstbe- trage von 150 Millionen Reichsmark zu übernehmen. Soll ten Ausfälle eintreten, so haftet die Industrie in erster Linie bis 20 A, während für die weiteren Ausfälle die Garantie von Reich und Ländern in Höhe von 75 A ein tritt. Der Haushaltsausschuß des Reichstages hat mit großer Mehrheit beschlossen, der Reichsregierung die Er- mächtiguna hierzu zu erteilen. Neichsinnenministerium gegen Oduch. Der kommunistische Abgeordnete im Preußischen Landtag Obuch hatte im Feme-Untersuchungsausschuß des Landtages behauptet, der Fememörder Schultz wäre während der Wirksamkeit des deutschnationalen Abge ordneten Schiele als Reichsinnenminister häufig im Reichsinnenministerium aus- und eingegangen. Es habe sogar nicht viel gefehlt und der Fememörder Schultz wäre in das Reichsinnenministerium selbst übernommen wor den. Das Reichsministerium des Innern stellt dazu fest, daß Schultz nach dienstlicher Erklärung der in Frage kom menden Beamten des Reichsministeriums des Innern ihnen persönlich nicht bekannt ist, sie auch niemals ausgesucht hat. Mecklenburg und Prevtzen. Im Hauptausschuß des Mecklenburgischen Landtages wurde zum Etatstitel „Staatsministerium* mit den Stimmen der Deutschen Volkspartei und der Deutschvöl kischen Freiheitspartei ein sozialdemokratischer Antrag fol genden Wortlautes angenommen: „Die Staatsregierung wird ersucht, zu prüfen, ob und gegebenenfalls welche finanziellen Ersparnisse von einem Anschluß Mecklenburgs an Preußen zu erwarten sind.* Die Deutschnationalen stimmten dagegen. Nus Zn- und Ausland. Berlin. Der verhaftete lommunistische Abgeordnete Ur- bahus ist wieder frei gelassen worden. Ans eine Be schwerde der kommunistischen Reichstagsfrattio» wurde erklärt, daß ein Paßvergehen eine längere Inhaftierung nicht recht fertige. Manchen. Die Polfleidirektion Miincbe» Nat eine non den Münchener Kommunisten beabsichtigte Geldsammlung zur Durchführung des Volksbegehrens über die Frage der Fürstenenteignung nicht genehmigt. München. Der Verteidiger Fechenbachs, Rechtsanwalt Dr. Hirschberg, hat die Wiederaufnahme des Fechenbach- Prozesses beantragt. Warschau. Die Abgeordneten der Deutschen Verewigung haben eine Interpellation wegen der Deutschenhetze in Oberschlesien eingcbrachü Der Ministerpräsident wird ausgesordert, gegen den Verband der Aufständischen nnd gegen den Westmarkenverein einzuschreiien. Die Abfindung der Fürstenhäuser, Die erste Lesung des Kompromißgesetzentwurfs beendet. Der Rechtsausschuß des Reichstages beendete die erste Lesung des Kompromißgesctzes über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung mit den früher regierenden Fürstenhäusern. Bemerkenswert ist, daß nach Ablehnung eines sozialdemokra tischen Antrages auf allgemeine Rückwirkung des Gesetzes beim 8 7 ein demokratischer Antrag angenommen wurde, daß bereits ergangene Urteile von einer der beiden Parteien angefochten werde» können, wen» nach Feststellung des Rcichssondergsricht» diese Urteile den Vorschriften widersprechen, daß bet der Aus einandersetzung nur nach Recht, nicht aber auch nach Billigkeit geurteilt worden ist. Ein Vertreter der preußischen Regierung gab hier einen Bericht über den Verlauf der komplizierten ge richtlichen und außergerichtlichen Auseinandersetzung über de« Besitz der Herrschaft Flatow-Krojanke mit dem Prinze« Friedrich Leopold. In diesen Prozessen, die schließlich mit einem für den Staat-sehr ungünstigen Vergleich endeten, hat der Staat nicht weniger als 170« vag Mark an Gerichtskvften zahlen müssen, darunter allein 350 000 Mark für einen Anwalt des Prinzen beim Reichsgericht. In verschiedenen anderen Fällen hat der Staat von vornherein aus einen Prozeß ver zichtet, der doch aussichtslos gewesen wäre, und hat große Län dereien als Privateigentum des ehemaligen Königshauses an erkannt. Tas Reichssondergericht soll, wie im 8 9 des Kom promißgesetzes bestimmt wird, zunächst einen gütlichen Ausgleich versuchen. Bei diesem Paragraphen wurde ein sozialdemokratischer Antrag angenommen, wonach die Steuerbehörden verpflichtet sind, die von dem Reichssondergericht erforderte Auskunft zu erteilen. Bei Verhandlung über diese Steuerfragen kann die Qssentlich- keit ausgeschlossen werden; tm übrigen sind die Verhandlungen öffentlich. Aus eine sozialdemokratische Anfrage, die sich gegen die Sabotage des Volksbegehrens bei einer Reihe von Guts- und Gemeindebehörden richtete, antwortete ein preußischer Regieruugsvertreter, daß der Minister des Inneren die preu ßischen Behörden angewiesen habe, ihr schärfstes Augenmerk daraus zu richten, daß die Gemeinde- nnd Gutsvorsteher ihre Pflicht erfüllen. Der Minister werde selbst mit aller Entschiedenheit eingreifen, wo sein Erlaß in einzelnen Fällen nicht erfüllt werde. Ein Vertreter der Reichsregierung betonte, daß die Durchführung der Volksbegehren Sache der Länder fei. Das Reich sei aber bereit, wenn Beschwerden über die Durchführung des Volks begehrens kommen, aus die Landesregierung einzuwirken. Bis zum Beginn der zweiten Lesung, die voraussichtlich Ende der nächsten Woche stattfinden wird, werden von den Parteien weitere Verhandlungen gepflogen werden. Vor allem sollen auch die Besprechungen zwischen den Kompromißparteien und Sozialdemokraten wieder ausgenommen werden. Von dem Ergebnis dieser Be sprechungen wird es abhängen, ob der Text des Gesetzentwurfes noch wesentliche Änderungen erfahren wird. l Neues sus aller Welt i Grüne Woche — Hauswirtschaft — Kalkdüngung. Im Rahmen der „Grünen Woche" sprach inBerlinim Sonderausschuß für Hauswirtschaft Ingenieur Wi sotzky - Charlottenburg über „Technische Fortschritte in der Hauswirtschaft". Im Verein Deutscher Kalkwerke hielt Rittergutsbesitzer Langbeck einen Vortrag üb^c „Die Bodenkalkung in der landwirtschaftlichen Praxis . Güterdirektor Professor Dr. Burk sprach über die Wirt schaftlichkeit der Kalkdüngung. Hamburg im Nebel. Der Seeschiffsverkehr von und nach Hamburg ist seit Mittwoch morgen infolge Rebeks vollständig stillgelegt. Mit Ausnahme des von Rorr- köping aufgekommenen deutschen Dampfers „Jakoba" sind keine Seeschiffe angekommen. Die seewärts gehenden Fahrzeuge mußte» des Nebels wegen vor Anker gehen. Der Nebel reicht von der Elbmündung bis nach Finken wärder. Der holländische Dampfer „Delftland*, der see wärts gehen wollte, ist beim St.-Pauli-Markt mit der Schwimmbaumanlage, die vor der Hamburger Fisch markthalle liegt, kollidiert und hat diese nnd die dahinter- stchenden Pfahlgruppen beschädigt. Blutige Familienfchlacht. Zwischen dem Vater, ver Mutter und den drei erwachsenen Söhnen einer Familie in Dachau in Niederbayern kam es zu einem Streit, bet dem die Mitglieder der Familie sich mit Eisenstangen Holzscheiten schlugen und mit Revolvern aufeinander schossen. Die drei Söhne wurden bei dieser Familieu schlacht schwer verletzt, der „siegreiche" Vater ins Ge fängnis gebracht. 800 Wolgadeutsche Auswanderer nach Brasilien. AH dem von Hamburg nach Brasilien abgegangene« Stinnes-Dampfer „General Belgrano" befinden sich 80» Wolgadeutsche, die ihre bisherigen russischen Wohnsitze verlassen haben, um sich in Brasilien anzusiedeln. Zu Fuß von Schweden nach Finnland. Wie au» Hernösa n d (Schweden) gemeldet wird, ist die Wasser straße, die Schweden und Finnland trennt (Ovre Kvar- u-nZ 'oenenwärlio derart zuaekroren. baß man ohne Ge ¬ deon möglich, daß ihre Liebe zu Hubert heute nicht mehr dieselbe war wie am ersten Tage ihres Brautstandes? Gab es wirklich schon etwas, das sie um dieser Liebe willen nicht mehr hätte tun können? Und wenn es so war, hatte sie dann überhaupt noch ein Recht, sich für ihr Widerstreben gegen die Erfüllung seiner Wünsche auf ihre Grundsätze und ihrs höhere Ausfassung von Sitte und Moral zu berufen? Sank nicht das alles zum leeren Vorwand herab, hinter dem sich das Erkalten ihres Herzens verbergen wollte? Noch niemals vor dieser Stunde war ihr ein Zweifel gekommen an der Berechtigung ihres Ver haltens, jetzt aber brach ihre Sicherheit plötzlich zusammen. Wenn Hubert jetzt vor sie hingetreten wäre mit der Anklage? Nicht deine reine Weiblichkeit ist es, die sich gegen die Erfüllung meiner Wünsche, gegen die Annahme meiner leichten Lebensauffassung sträubt, sondern einzig deine Kaltherzigkeit und der Mangel an wahrer Liebe — sie würde fürwahr nicht mehr den Mut gehabt haben, sich da gegen zu verteidigen. Und darum sollte und durfte es nicht dahin kommen, daß er solche Anklage gegen sie er hob. Sie mußte ihr eigenes Gewissen beruhigen, indem sie etwas tat, was eine Frau nur für den Mann ihrer Liebe tun kann. Sie mußte ihre ehelichen Pflichten selbstloser und in einem höheren Sinne erfüllen, als es bisher geschehen war. Und sie durfte nicht auf irgendeine spätere, be quemere Gelegenheit verschieben, was sie noch heute zu tun vermochte. Sie bückte sich, um die Fetzen der zerrissenen Kostüm zeichnung vom Boden aufzuheben, und mit bebenden Fingern legte sie sie auf der Platte ihres Schreibtisches wieder zusammen. Noch einmal stieg ihr das Blut ins Gesicht, als sie das herausfordernd verführerische Bild be trachtete. Und sie begriff jetzt ebensowenig, wie sie es vor hin begriffen hatte, daß ein Mann sein höchstes und köst lichstes Besitztum durch solche Schaustellung gewissermaßen zu einem "Gemeingut zahlloser fremder, gleichgültiger Menschen machen könne. Aber sie wollte sich nicht länger den Kopf zerbrechen, um eine Erklärung für dies Unbe greifliche zu finden. Noch hatte Hubert ihr ja keinen An laß gegeben, an seiner Liebe und Achtung für sie zu zweifeln, und weil sie sich in diesem Punkte als die allein - Schuldige fühlte, wollte sie ihr Unrecht sühnen, indem st« sich in allein, was er forderte, widerspruchslos seinem Wille« i; unterwarf. Sie traute sich nicht die Kraft zu» eine lächelnde - Freudigkeit zu erheucheln; aber sie war doch entschlossen»^ ihn nicht ahnen zu lassen, wieviel sie das Sühneopfer kostete, zu dem sie sich freiwillig verurteilt hatte. In ihrem Ankleidezimmer tilgte sie die verräterische« Trünenspuren von ihrem Gesicht; dann ging sie i« das Atelier hinüber, das einen geräumigen Anbau der Villa i bildete und durch einen ziemlich langen Gang von den Wohngemächern getrennt war. Da mehr als eine Stund» verflossen war, seitdem ihr Mann sie verlassen hatte, wußte« die Besucherinnen sich ja inzwischen längst entfernt habe«»' und sie hegte nicht den geringsten Zweifel, Hubert allein z«b finden. Ohne zu klopfen, trat sie ein, und für eines Moment glaubte sie, daß auch ihr Gatte fortgegangen sei, denn der hohe, reich und phantastisch ausgestattet« Raum schien leer. Als Helga sie auf dem dicken, weichen Teppich, der de» Klang ihrer Schritte bis zur Unhörbarkeit dämpfte, bis zu der , Stelle gekommen war, di« den Blick in einen seitlichen, erkew r artigen Ausbau gestattete, erkannte sie, daß sie sich getäuscht j habe. Da drinnen war Hubert, aber er war nicht allein.! Er stand neben dem Sessel, in dem eine schlanke, dunkel gekleidete Frauengestalt ruhte, und hatte sich tief herab»' geneigt, um irgend etwas auf einem Blatte zu erkläre«, das die Fremde in den Händen hielt. Helga sah zunächst nur eine Fülle seidig glänzenden schwarzen Haares unter' einem modernen Riesenhut und die sein geschwungene - Umrißlinie eines sehr weißen Halses. Es war nicht dar erstemal, daß sie ihren Mann in der Gesellschaft schöne^ Besucherinnen getroffen hatte. Diesmal kam aber ihr enre' Empfindung, als ob der tückischste Zufall sie wider ihre« Willen hätte sehen lassen, was sie nimmermehr hätte sehe«, dürfen. Sie fühlte einen beklemmenden Druck auf der Brust, der ihr fast den Atem raubte, und dis Glieder wurden ihr plötzlich so schwer, daß sie wie festgebannt k regungslos stehenblieb. (Fortsetzung folgt.)