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MsdrufferTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Der Weitlauf der Mächte den Der der Ausbau der englischen Luftflotte Gegen den Geist von Locarno. das; gegen die Schuldigen ein Verfahren wegen Aufruhrs und Landfriedensbruchs eingeleiiet werden wird. Augen blicklich herrscht in Bernlastel und Umgegend durch das energische Einschreiten der Polizei Ruhe. GefKKgenenbefreirmg irr Graach. Bernkastel, 27. Februar. Gestern nachmittag sollte ein Polizeiaufgebot in Graach einige weitere Rädelsführer festnsh- men. Die Bevölkerung des Moselortes Graach, die von diesem Vorhaben Kenntnis erhielt, lieh Sturmglocken läuten, bewaffnete sich mit Mistgabeln und Sensen und rückte an den Dorseingang, um den Polizeibeomten zu entgegnen. Diese mutzten, um Blut- vergießen zu vermeiden, unverrichteter Dinge zurückkehren. Gegen Abend traf wieder ein Zug von etwa 1000 Mann, der sich aus allen Orten der näheren Umgebung von Bernkastel zusammen setzte, in Bernkastel ein, nahm vor dem Gefängnis eine drohende Haltung ein und verlangte die Freigabe der Gefangenen. Der Oberstaatsanwalt, der die Untersuchung an Ort und Stelle leitete, sah sich gezwungen, den Forderungen zu entsprechen, um nicht noch einmal großes Unheil heraufzubcschwören. Als die Ge fangenen befreit wurden, sprang einer von ihnen aus ein Achs und hielt eine Rede, die mit den Worten schloß: Wir sind fri und wollen friedlich nach Hause gehen» Am Abend war in Lern- kastel alles wieder ruhig. polnisch-spanische Ansprüche in Genf. Auch China will einen Natsitz. Je näher der Zeitpunkt heranrückt, an dem in Gens über die Ausnahme Deutschlands in den Völkerbund und den Völkerbundrat verhandelt werden so«, desto lauter und stärker werden die Ansprüche, die auch andere Mächte zur Erlangung der Mitgliedschaft im Völkerbnndrat stel len. So erhob der polnische Premierminister Skrzyn - ski in einer Rede im Polnischen Sejm die Forderung, daß auch Polen einen Sitz im Völkerbundrat erhalten müsse. Der polnische Ministerpräsident bezog sich bei dieser Forde, rung auf Artikel 4 des Bölkerbundstatuts, der nach seiner Meinung nur so ausgelegt werden könne, daß bei Ein- tritt Deutschlands in den Völkerbund auch Polen eine« Sitz im Nat als gleichwertiger Teilnehmer erhalten müsse. Die spanischen Forderungen auf einen Sitz iw Bölkerbundrat sind schon wiederholt Gegenstand der öffent lichen Diskussion gewesen, wenngleich auch noch keine offizielle Stellungnahme Spaniens zu dieser Frage be kannt war. Nunmehr veröffentlicht auch der spanische Außenminister eine Erklärung, in der es heißt, daß Sva- """ unter voller Anerkennung der Rechte Deutschlands am 8. Marz m Gens als Vertreterin von sieb- spanischen Blntes einen stän- dlgen Ratsitz fordern werde. Auch China scheint die Absicht zu haben, eine Aktior zur baldigen Erlangung eines Ratsitzes zu unternehmen Nach elner Meldung der „Times" haben die diplomati schen Vertreter der chinesischen Negierung in verschiedene« europäischen Hauptstädten die Absicht bekanntgegeben einen ständigen Sitz für China im Völker- bundratzu beantragen, wenn die Zuwahl neuer Mit glieder außer Deutschland im März in Genf erörtert wer den sollte. Chamberlains geheime Verpflichtungen. Bestürzung über die diplomatischen Manöver. Der diplomatische Korrespondent des Lloyd-George- Blattes „Daily Chronicle" schreibt: Bestürzung ist das einzig passende Wort, um die Empfindungen der Mitglie der aller Parteien über die diplomatischen Manöver in der Frage des Völkerbund: ats, an denen Chamberlain sich beteiligt hat, auSzuorücken. Chamberlain habe, wie erzayli wird, am Mittwoch das Kabinett durch die Mit- ^ettung von einer geheimen Verpflichtung gegenüber Briand überrascht und diese Ver pflichtung habe sich auf die Gewährung eines ständigen -Sitzes an Spanien und eines nichtständigen Sitzes an Polen bezogen. Der Berichterstatter fragt, ob Polen als Lohn für die viermalige Verhöhnung des Völkerbundrats einen Ratsitz erhalten solle. Die Mitglieder aller Parteien seien über diesen flagranten V e r t r a u e n s b r u ch gegenüber Deutschland entrüstet. Das Kabinett trete am Freitag wieder zusammen und man hoffe, daß das nahezu einstimmige Gefühl des Lanocs und des Par laments, wonach der Geist des Locarnovertrages gewahrt werden muß, im Kabinett ein Echo finden würde. Locar nodebatte in Paris. Die beschleunigte Räumung der Rheinlande. In der Französischen Kammer hat eine Aussvracke über Locarno stattgefunden. Paul Boncour vertei digte den Vertrag von Locarno und betonte, daß Her- rmia RenA°" ein Mittel zur Internationalisier Neparationsprogramms gefunden hab". Briand habe e-' verstanden, England zu bewegen, den Nheiu- l and Pakt und die Verträge über die Ostgrenzen zu unterfchreiben. Im Verlaufe der Sitzung entspann sich zwischen dem früheren Kriegsminister Fabry und Briand ein W ortwechfel. Fabry sagte, Stresemann hoffe mit Hilfe des Locarnovertrages eine beschleunigte Räumung der NHeinl an de herbeiznführen. Bri and entgegnete, wenn Herr Stresemann seine Hoffnung auf eine beschleunigte Räumung der linken Rheingegeno nicht aufgebe, so stütze er sich damit nur ruf Artikel 131 des Versailler Vertrages. Das sei sein gutes Recht, denn, dieser Artikel besage, daß die Räumungsfristen, wenn Deutschland die Bedingungen zur Zufriedenheit der Alli- irrten erfülle, verkürzt werden können. Fabry behauptete sagegen, Stresemann stütze sich nicht ans den Versailler Vertrag. Der deutsche Außenminister stütze sich vielmehr «ns die'Abmachungen von Locarno, aus die sogenannten .Rückwirkungen". Darauf erwiderte Briand, das sei nicht oer Fall. Stresemann habe sich nur auf den Veriaillcr Vertrag berufen. Der Locarnovertrag enthalte nicht ein einziges Wort, das die geringste Hoffnung auf eine frühere Räumung geben könnte. Draußen und -rinnen. , Bevor unser Reichskanzler und unser Außen- 2?."ister, einigermaßen ernüchtert nach der gehobenen Stimmung von Locarno durch die internationale Presse- kampagne um die Schaffung neuer Ratssitze für den Völkerbund, sich nach Genf auf den Weg machen, wer- den sie in der Heimat noch eine Pflicht der Pietät zu er- sutten, werden sie dem Volkstranertag zum Ge dächtnis unserer teuren Toten aus dem Weltkrieg ihre Reverenz zu erweisen haben. Für jeden guten Deutschen wird es sich an diesem Sonntag von selbst verstehen, daß er die gewaltigen Ereignisse, die in den schweren Jahrew von 1914 bis 1918 über uns hinwcggcbraust sind, vom- jubelnden Anfang bis zum grausamen Abschluß jener un-! vergeßlichen Novembertage mit ihrem Gefolge von Re-' Entwaffnung, von Bürgerkrieg und Ber- dnH er diese Kette von allgemeinwater-, wieder persönlich-menschlichen Schicksalsschlägen wierer einmal an seinem geistigen Auge vorüberziehen der Erinnerung an nationalen Niedergang und Tiefensturz, an den Opserfod ungezählter Volksge nossen jeglichen Alters und jeglichen Standes die Kraft zu neuer Arbeit für die Wicdcraufrichtung Deutschlands -u finden. Dr. Luther und Dr. Stresemann aber werden, gerade im Angesicht ihrer entscheidungsschweren Reise nach der Stadt der Völkerbundzentrale, am Tage der Volkstrauer gewiß noch einnial bei sich selbst mit deut scher Gewissenhaftigkeit Rechenschaft darüber ablegen, ob sie auf dem richtigen Wege sind, auch im Sinne der Ge fallenen. „ Mit Trauer im Herzen müssen wir seststellen, daß das deutsche Volk heute ebenso uneinig ist über die Wege, die zu seinem Heil führen können, wie damals, als es noch von offenen und erklärten Feinden umringt war, die auf Tod und Leben mit ihm im Kampf lagen. Manche glau ben, daß die Gegensätze an Schärfe verlieren würden, wenn w-r erst einmal die Schwelle zum Völkerbund überschritten und damit eine unabänderliche Tatsache ge schaffen hätten, wie auch die Verfassung von 1919 heute -sich soweit wenigstens schon eingebürgert hätte, daß nie mand mehr ernstlich daran denke, sie durch Gewalt wieder zu beseitigen. Nun, es wird doch wohl in der Hauptsache darauf ankommen, welche Erfahrungen uns in Genf be- lchreden sein werden, wenn wir erst in das Allerheiligste des Völkerbundrates ausgenommen sind. Luther und Stresemann sind überzeugt, daß es uns zum mindesten nicht schlechter gehen werde, als wenn wir draußen ge- vlieben wären, und daß wir uns im übrigen der Zwangs läufigkeit der Verhältnisse nicht länger entziehen können. Die Zweifler und die Ungläubigen in unserer Mitte brauchen allerdings kaum noch auf die jüngsten Intrigen in den europäischen Hauptstädten hinzuweisen, zu irgend- welcher Hoffnungsfreudigkeit fühlt sich ohnedies kein Deutscher heute mehr sonderlich aufgelegt. Wenn es da zu kommt, werden wir in den Völkerbund hineingehen, ohne übermäßige Begeisterung, und selbst die charmante sten Reden eines Briand oder eines Chamberlain werden kaum mehr Liebesbecherszeneu «ach Londoner Muster nach sich ziehen. Es wird sozusagen ein nüchternes Ge schäft zum Abschluß gebracht werden und man wird von Genf in vielleicht weit kühlerer Stimmung wieder nach London und Paris, nach Berlin und — nach Warschau zurückkchreu als von den Gestaden des Lago Maggiore. Deutschland wird nach wie vor dieser außerordentlichen Märztagung des Völkerbundes mühselig und beladen seinen Weg zu wandern haben, bis die Zeit, die wahre Tilgerin unserer Schmerzen, wieder einmal ein ver ändertes Gesicht annehmen mag. matter nack^ An,nach Genf, wenn wir uns umsehen kleinen, trotz oller Ungunst der Zeiten. Gerade in diesen Demen Hot bio wieder einmal schwer nm ihre Eristen' Agende d eutsche Landwirtschaft aLigt^aß aelonnen ist, die Hand vom Psluge zu lassen. Ihre 'Grüne Woche" in den großen Ausstellungshallen draußen 2 Kaiserdamm in Berlin vermittelte dem Beschauer "ein mäbrbast erauickendes Bild von der Vreftettigkett, der G?ündl ckkett von der nnermüdlich ans nahe wie ans Atte Kle gerichteten Tätigkeit aller jener Kreise die unter dem Zeichen von Aar und Hahn ihre Berufszelte ausaeschlagen habe«. Die Liebe zur Scholle, der Sinn für Werden und Wachstum von Pflanzen und -'E, »on Blumen und Früchten, für Vermehrung und Verwendung alles dessen, was sich in Verbindung mit der allMigen Miltter Erde der lebenspendenden Natur zu Nutz und Frommen schassender Menschenkinder abgewmnen layr, sie breiten sich von Jahr zu Jahr mehr aus "Mer Volk und empfangen auf so sinnreich gegliederten uuutausstellungen wie dieser immer wieder neue Nah- ung. Stadt und Land einander nähcrznbnngen m Das englische Unterhaus beschäftigte sich mit Plänen für den Ausbau der euglischen Luftflotte. Regierungsvertreter teilte bei der Beantragung nöligen Kredite mit, daß 25 von den 52 besonderen Luftgeschwadern zur Verteidigung Englands bereits ge bildet sind und daß drei weitere Geschwader im Laufe des Finanzjahres hinzukommen würden. Obwohl Großbri tannien unter Außerachtlassung Rußlands unter den großen Luftmächten der Welt an zweiter Stelle stehe, ent sprächen seine Gesamtluftstreitkräftc dieser Stellung noch nicht. Frankreich sei England um die Hälfte unterlegen. Diese Unterlegenheit dürfte in Anbetracht der Verhältnisse nicht geduldet werden. Die Schaffung von Hilfsge- schwadern mache befriedigende Fortschritts. In der Debatte wurde energisch verlangt, de Nationen sollten beraten, wie man die fortdauernde mcbrnno der Luftstreitkräfte cittdammen könne. Sonu Rationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Das .Wilsdruffer Taaeblllll" erscheint täglich nachm. S UHr für den «sir^Udp. Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der DeschSflsstell« und den Ausgabestellen 2 Md. im Monat, bei Zustellung durch di- Boten 2,so Md., bei Postbestellung lSPs'g. All° Pchianstalleü Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend ^oftbol-nÄunUrcA^s- «Sger und iSachästsstelleu ! ' nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen befiehl kein Anspruch aus Lieferung »er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beilirgt. dem notwendigen gegenseitigen Verständnis des Veruss- wie des sozialen Lebens hier nnd dort gehört auch zu den mittelbaren Zwecken solcher Veranstaltungen. Je mehr die Besiedlung der deutschen Scholle sortschreitet, desto enger wird schließlich auch der Zusammenhang zwischen den sogenannten Asphaltmenschen, die in der Stadt ihr Dasein zu verbringen haben, nnd jenen ungezählten Scharen von Garten- und Laubenbesitzern, die ihre Existenz zu einem Teil mit den Erträgen ländlicher Arbeit ver binden. Das Land wird nach und nach verstadtlicht, in sofern es an den modernen Errungenschaften der Technik in immer steigendem Maße tettnimmt, und die Stadt ge winnt mehr und mehr Fühlung mit der harten Arbeit des Landmannes, der doch nun einnial unser eigentlicher Nährstand ist nnd bleiben wird. Der gesunde Fortschritt, der in dieser Bewegung sich ankündigt, berechtigt nns zu einiger Hoffnung für die deutsche Zukunft, so schwer auch die Landwirtschaft augenblicklich um ihre uackte Existenz zu ringen hat. Sie muß sich schließlich doch wieder durch setzen: wo so viele starke Hände sich eifrig regen, wird es bestimmt gelingen, auch die gegcuwärtige Krisis glücklich zu überwinden. Dr. Sy. NeueMinzerunruden sn cker Mole«. Ein Rundgang durch die von der erregten Volksmenge heimgssuchten drei Gebäude, Finanzamt, Finanzkasse und Zollamt, läßt so recht erkennen, mit welcher blinden Wnt die Demonstranten vorgegangen sind. Die Inneneinrich tung ist entweder durch die Fenster aus die Straße ge worfen oder in den Räumen völlig zertrümmert worden. Die Akten sind restlos verbrannt oder zerrissen, so daß sie vollständig unbrauchbar sind. Kaum eine einzige Fenster scheibe der Front der Gebäude ist erhalten geblieben. Es werden Wochen vergehen, bis in den Amtsräumen wieder der geregelte Betrieb ausgenommen werden kann. Die Mte Ursache der Ausschreitungen ist die katastrophale Wmzernot. In Bernkastel befinden sich drei Landjäger und drei Stadtpolizisten, die natürlich gegenüber der Menschenmasse, die sich an den Ausschreitungen beteiligte, machtlos waren. Der verursachte Schaden ist noch nicht abzusehen. Aus Trier sind mittels Kraftwagen unge fähr 30 Polizisten nach Bernkastel zur Verstärkung heran gezogen worden. Es sind vierzehn Personen ver haftet worden, die an den Ausschreitungen beteiligt waren. Die Untersuchung geht rveiter. Mau nimmt an. Nr 50 —85.Jahrgang. Tki.gr «Lr: .Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend,27 Februar 1926 i —K-rnIvr°ch°r: Am, W,,-druff Nr. s SM'SL J'dttR-batmnspruch-rlisch,'! w-nnd-rB*-,^ K!ag°«ing-zog-nw-rd-nmubod«rö-rAuftragg-berinKonkurrgnät. AnzrigennchmruallcVrrmit^ Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts nnd Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentantts Tharandt, Finanzamts Nossen