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Tharandt, Aossen, Sieöentehn und die Htmgegenden. Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Milsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttannrberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne,Sachsdo rf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Specktsbausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnscrtionspreis 10 Pfg. pro oiergeipaüeue Corpuszeile. mW Pcrlaq von Marlin Berber in Wilsdruff. — Berammonitch für die ReSüttlon M wnn Berühr dmelbn No 74. Dienstag, de« 2S. Juni 1S0t. 60. Jahrg. Bekanntmachung. Bis spätestens den 5. nächsten Msnats ist der 2. Termin Landrente und Landeseulturrente und bis spätestens den §4. nächsten Monats das 2. Vierteljahr Schulgeld an die Stadtsteuereinnahme zu entrichten. Nach Ablauf der Zahlungsfristen erfolgt Einleitung des Beitreibungsverfahrens. Wilsdruff, am 24. Juni 1901. Der Ktadtrath. Kahlenberger, Bgmstr Freibank. Dienstag, den 25. Juni d. I., Nachmittags von 4 Uhr ab, s soll auf hiesiger Freibank ein Rind verpfundet werden. Preis: » Pfund — Mk. 35 Pf. Wilsdruff, deu 24. Juni 1901. Der Bürgermeister. Kahlenberger. daß Tausende ernstgesinnter Gemüther in Oesterreich mit Unwillen vom Papstthum sich abkehren? daß auch in diesem allerkacholischsten Staat so viele, viele Priester innerlich los von Rom sind? nichts davon, daß alle List und alle Gemalt des Papismus nicht vermocht hat, die Bretter baracke des Protestantismus niederzulegen? Gerade dieser ist der Bereich des tiefsten Glaubenslebens, des regsten Strebens nach Sittlichkeit, gerade dieser der Hort freier und großer Geistesarbeit: das kündet die Geschichte jedem, der mit klarem Auge sie betrachtet. Es ist verständlich, daß die Zuhörer, deren Horizont eng genug ist, deu Auslassungen des Kaplans ihren Bei- sall zollten; sie ließen sich von Neuem für die Gefolgschaft der Ultramontanen eiufangcn. Und damit sie in' dieser bleiben, eine getreue Heerde, wurden sie aufgefordert, die katholische Volkszeitung, die gegründet werden soll, zu halten, dem katholischen Volksverein beizutreten, und über haupt den von den Priestern geleiteten Vereinen sich an- zuschließen. So würden sie die katholische Kirche schützen und retten, die in dem intoleranten Sachsen besonders gedrückt und verfolgt werde. Ihr die Fesseln zu nehmen, sei der Toleranzantrag vom Zentrum eingebracht; für ihn einzutrcten wurde zuletzt die sächsische Regierung in einer Resolution aufgefordert. Nun, unsere Regierung wird sich dadurch in der ent schiedenen Abwehr aller ultramontanen Tendenzen nicht beirren lassen; sie wird das Gesetz von 1876, die Ober aufsicht des Staates über die römisch-katholische Kirche betreffend, mit fester Hand aufrecht erhalten; sie ist sicher, daß sie dazu das ganze stramm protestantische Sachsenvolk aut ihrer Seite hat. Die Zwickauer Katholikcnversammlung hat die üblichen ultramontanen Reden gehört und bejubelt; auf den Gang der Geschichte bleiben sie ohne Einfluß; auch die sächsischen Ultramontanen können daran nichts ändern, daß die Zukunft dem Protestantismus gehört. infolge Auswinterung der Saaten drohenden landwirth- schaftlichen Nothstand durch eine umfassende staatliche Hilfs aktion zu bekämpfen. Zu diesem Zweck ist in erster Linie die Bereitstellung genügender Staatsmittel behufs Be schaffung von Saatgut, Futter-, Streu- und Düngemittel in Aussicht genommen, ferner weist das Hilfsprogramm Steuer-Erleichterungen und Steuerstundungen, erweiterte Kreditgewährung seitens der landwirthschastlichen Central genossenschaftskasse, Abgabe von Waldstreu- und Futter mitteln aus den Staatsforsteu zu halben Taxpreisen, wesentliche Herabsetzungen der Eisenbahntarife beim Trans port von Saatgut, Futter- und Streumitteln, erhebliche Erleichterungen der Manöverlasten und noch andere Maß nahmen zu Gunsten der genannten Provinzen auf. Zu gleich ist aber auch eine finanzielle Betheiligung der Pro vinzialverwaltungen selber an der Hilfsaktion vereinbart worden. Inzwischen ist der amtliche Saatenstandsbericht für die preußische Monarchie für Mitte Juni veröffentlicht worden, dem sich entnehmen läßt, daß zu genanntem Zeit punkt Sommerweizen, Winterspelz, Sommergerste, Hafer, Kartoffeln im Allgemeinen gut bis mittel, Winterweizen, Winterroggen, Sommerroggen, Klee, Luzerne und Wiesen bau nur mittel und theilweise noch geringer standen. Im Weiteren besagt der Bericht, daß es fast für den gesammten Osten als ausgeschlossen erscheine, daß selbst nur eine hin reichende Saat gut gewonnen werden würde und daß in einer großen Anzahl der östlichen Bezirke eine Futternoth als unausweichlich erscheine. Gerüchte über angebliche neue Forderungen, mit denen die Militärverwaltung an den Reichstag heran zutreten gedenkt, sind aufgetaucht; u.A. soll die Erhöhung der Bataillonsstärke derjenigen Regimenter, welche nur zwei Bataillone zählen, auf drei Bataillone geplant sein. Dem gegenüdersieht sich dasleitendeWM Centrumspresse, die „Köln. Volksztg.", veranlaßt, in einem Artikel den Reichskanzler davor zu warnen, angesichts der ohnehin verwickelten inneren politischen Situation dem Reichstage jetzt auch noch mit einer neuen Mililärvorlage zu kommen. Das Centrumsblatt weist hierbei noch auf den schwebenden Entwurf des neuen Zolltarifs hiu und schließt mit der Mahnung an den Kanzler, nicht gleichzeitig „zwei Hasen" jagen zu wollen. Zunächst wäre es reckt wünschenswerth, wenn man sich von Berliner offiziöser Seite über die an geblich geplanten weiteren Militärforderungen äußerte. In dem Beleidigungsprozeß, welchen der Ber liner Vertreter der „Leipziger Neuesten Nachrichten", Dr. Liman, gegen den früheren Chefredakteur der „Köln. Ztg.", Dr. Schmits, und gegen einen anderen Redakteur dieses rheinischen Blattes, Dr. von Look, angestrengt hatte, wurde am Freitag vom Berliner Schöffengericht das Urthcil gesprochen. Dasselbe lautete auf 100 Mark Geldstrafe gegen Dr. Schmits und auf 200 Mark Geld- strafe gegen Dr. von Look, sowie auf Abweisung der von Beiden gegen Dr. Liman erhobenen Widerklage. Der ganze Prozeß rührt davon her, daß Dr. Liman in den „L. N. N." Andeutungen darüber machte, daß die „Köln. Ztg." bei ihren englandfreundlichcn Artikeln anläßlich des Boerenkrieges von der De BeerS Company vielleicht be stochen worden sei, was dann beleidigende Ausfälle gegen Dr. Liman in der „K. Z." zur Folge hatte. Indessen Politische Rundschau. Der Kaiser wird am 7. Juli, am 18. Geburtstage des Prinzen Eitel Friedrich, persönlich die Einstell- ung desselben in den aktiven Dienst beim 1. Garde-Regi ment z. F. in Potsdam vornehmen. Am Tage darauf tritt der Monarch seine Nordlandsreise von Kiel aus an. Dem Bundesrat he wird, wie die „Nat. Ztg." schreibt, der Entwurf des neuen Zolltarifs noch vor Beginn seiner Sommerferien endlich unterbreitet werden. In Kiel fand am Sonnabend Vormittag der feier liche Stapellauf des großen Kreuzers „8" auf der kaiserlichen Werft in Gegenwart des Kaiserpaares und der übrigen zur Zeit in Kiel weilenden Fürstlichkeiten statt. Prinz Heinrich von Preußen hielt die Taufrede, woraus seine Gemahlin das neue Schiff auf den Namen „Prinz Adalbert" taufte. lieber die Ergebnisse der in Bromberg und Danzig unter Betheiligung des Finanzministers v. Rheinbaben, des Ministers des Innern v. Hammerstein und des Land- wirthschaftsministers v. Podbielski abgehaltenen sogenann ten Nothstandskonferenzen liegt in der ministeriellen „Berl. Corresp." ein längerer Bericht vor. Aus demselben erhellt, daß die preußische Regierung bestrebt ist, den in größeren Theilen der Provinzen Posen und Westpreußen Rltramsntane Regungen in Sachsen. (Nachdruck verboten.) Die Ultramontanen machen neuerdings krampfhafte Anstrengung, ihr Volk bei ihrer Fahne zu halten. Der „Toleranzantrag" des Zentrums bietet den Stoff, die Wählermassen durch die Vorspiegelung aufzuregen, als werde die katholische Kirche im deutschen Reiche bedrückt und verfolgt. Denselben Ton schlagen jetzt Katholiken versammlungen an, wie die in Köln zu Ostern und die in Zwickau am 9. Juni. Dabei haut man vor allem auf den „bösen, evangelischen Bund" los, der den Römlingen der am meisten unbequeme Gegner ist; sie hassen ihn, weil er unser Volk über die ultramontanen Machenschaften und Ziele aufklärt und so den Papisten den Weg zur Herrschaft über unser Reich verlegt. Vor allem aberweckt er ihren Ingrimm, weil er die evangelische Bewegung in Oesterreich mit allen Kräften fördert; diese fürckten sie, denn sie wird zuletzt auch die Katholiken Deutschlands anziehen. Dem wollen die Ultramontanen entgegenarbeiten; sie suchen ihr religiös wenig unterrichtetes Volk „fest und treu für Rom" zu erhalten. Zu diesem Zweck war auch die Zwickauer Versammlung einberufen. Der eigentliche Unternehmer war der Hofrath Roß in Glauchau; mit ihm waren der Graf Joachim von Glauchau, der Konvertit von Sckönberg-Thammenham, der Agitator Racks aus Mainz und einige Kapläne gekommen: sie konnten ihr Auge an einer stattlichen Versammlung weiden; es sollen gegen 1500 (?) erschienen sein, Männer, Frauen, Kinder aus den industriereichen Bezirken von Chemnitz und Zwickau, natürlich viel ausländische Arbeiter, Tschechen, Italiener usw. darunter. Die Führer hatten ein williges Publikum vor sich, das sich gern von der Ueberlegenheit des Katholi zismus überzeugen ließ, denn es kennt den Protestantismus nur aus den falschen und verdrehenden Darstellungen seiner Kapläne. Auf dieser Linie gingen denn auch die Aus führungen des Kaplans Hottenrott. In der katholischen Kirche herrsche mehr Sittlichkeit, mehr Gebet, mehr Heilig haltung der Ehe usw. als im Protestantismus, der eine Brutstätte für Glaubenslosigkeit, Unsittlichkeit, Kirchenhaß, Sozialdemokratie und dergleichen sei. Welch ein unter richteter Mann scheint dieser Kaplan zu sein! Er brauchte nur einmal die Länder zu bereisen, die unter der Bot mäßigkeit des römischen Priesters stehen, um einen er schreckenden Haufen von Atheisten, von Gleichgiltigen, um eine Summe von Lüderlichkeit kennen zu lernen; er brauchte nur einmal eine zuverlässige Statistik zu befragen, um zu erfahren, daß der Katholizismus auf allen Gebieten, auch auf dem sittlichen, weit hinter dem Protestantismus zurücksteht. Aber den Gipfel der Maßlosigkeit erstieg der Kaplan mit der Behauptung, daß die katholische Kirche ein fest gemauertes Haus, die evangelische Kirche eine windschiefe Bretterbarackesei. O sancta simplicitLs! Weiß der Kaplan nichts davon, daß im Laufe der Geschichte der Abfall von Rom oft sich wiederholte und neue höhere kirchliche Bild ungen im Gefolge hatte? nichts davon, daß jetzt selbst die romanischen Völker erkennen, der Ultramontanisnms ist unser Verderben? nichts davon, daß Hunderte von Priestern in Frankreich das baufällige Haus verlassen?