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ÄWM Glßzeitllflg. Amts- «nö Anzeigeblatt für das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zn Hohnstein. M. Schandau, Sonnabend, den 8. November 187Ü. Das Justizamt des Dentschen Reichs und Preußens. Seitdem cs bekannt wurde, daß der preußische Juslizmmistct.' 1>r. Lcoußardt durch körperliches beiden gezwungen ward, sein Amt nicdcrzulcgc», war man in allen Kreisen Deutschlands gespannt, ans wen die Wahl zum Nachfolger im Justizamt fallen wurde. Gab doch der Ausfall dieser Wahl sicheren Ausschluß über die wichtige, gegenwärtig im Vordergründe stehende Frage, ob in der preußischen Staatörcgicrnng eine reaktionäre Richtung znm Princip erhoben sei, oder nicht. Und von diesem Gesichtspunkte auö ist <S erst recht verständlich, wie die erfolgte Ernennung des Slaalssccrclärs Or. Friedberg znm preußischen Jnstizminister mit solcher Befriedigung von allen na- tioualgcsinnlcn Kreisen Preußens ausgenommen werden konnte. Obwohl Or. Friedberg kein politischer Par- tcimann ist und dem Liberalismus keine Stütze sein wird, so glaubt die liberale Partei im Hinblick ans die Möglichkeit, daß der in konservativen Kreisen als Jnstizminister gewünschte Unlcrstaatösccrclär I)r. Schelling als Gesinnungsgenosse des CultuümiuistcrS von Puttkamer in die preußische Negierung hätte berufen werden können, cö schon als einen Gewinn anschcu zu müssen, daß in dem neuen Jnstizminister wenigstens ein Hcmmniß gegen die reaktionären Gelüste in Preußen zu erblicken ist. — Die eigentliche Ursache der Wahl Or. Friedbergs zum preußische» Jnstiz- miuistcr dürfte jedoch anderswo zu suchen sein. Ur. Friedberg gehört seil seiner 1873 erfolgten Ernennung zum Untcrstaatöscerclär dem NcichSjustizamte au und hat au der Entwickelung der Rcichsjnstizgcsetzgcbung einen hervorragenden Antheil. Als Staatssekretär znm Direktor der Abtheilung für das Ncichsjustizwcscn im Ncichökanzlcramt ernannt, führte er den Vorsitz im RcichSjustizamlc. Es ist nun ein vom Reichs kanzler Fürsten Bismarck lange gehegter Wunsch, die wichtigsten NcichSämtcr mit den preußischen Ressorts zu vereinigen. Der Anfang zur Ncalisirung dieses Wunsches ist schon vor längerer Zeit in der Vereinig ung des Rcichö-Eiscnbahnamtcs mit dem Ressort des preußischen Ministeriums für öffentliche Aantcn ge macht worden. Durch die Ernennung Ur. Friedbergs zum preußischen Jnstizminister wird jetzt voraussicht lich ein weiterer Schritt in dieser Richtung versucht werden. Dies ist jedoch nicht so ohne Weiteres aus führbar. — Ur. Friedberg hat vorläufig die Leitung des RcichSjnstizamtö nicdcrgclcgt — cö kommen hier wieder die föderalistischen Interessen der Mittel- nnd Südstaatcn in Betracht, wie sic sich im vergangnen Sommer bei den Finanz- nnd Stcncrdebaltcn kmid- gabcn nnd in dem „Anträge Frankenstein" rechtliche Fassung erhielten. Namentlich ist cs die Ccntrnms- partci, welche sich bereits gegen die Vereinigung dcö Ncichöjustizamlö mit dem preußischen Justizministe rium mit dem Eiuwandc erhoben hat, daß durch die Vereinigung ein seltsames Mißverhältnis^ dadurch ge schaffen würde, daß Ur. Friedberg zugleich Unter gebener und Eollcgc des Fürsten Bismarck sein würde. — Und doch dürfte gerade auf dem Gebiete deö Jusliz- wcscuö die beabsichtigte Personal-Union um so freu diger zu begrüßen sein, als das seiner Zeit mit gro ßen Hoffnungen in's Leben gcrnfcnc Ncichsjusliznmt bisher eine Behörde ohne praktische Wirksamkeit war, nnnmchr aber einen festen Boden erhalten würde, auf dem cö eine gedeihliche Wirksamkeit entfalten könnte. Und daß eine Vereinigung der beiden in Rede stehen den Acmter gerade in der Person dcö ncncn Justiz- miuistcrö nur die besten Folgen haben kann, dafür dürfte die Vergangenheit Ur. Friedbergs bürgen, und so kann man nur wünschen, daß cö ihm vergönnt sein möge, in seiner neuen cinflnßrcichcrcn Stellung daö nationale Rcchtöwcscn auch ferner im Sinne sei nes Vorgängers weiter zu bilden, znm Heile dcö gc- sammtcn deutschen Reichs. Ta.qesgeschichte. Sächselt» Schandau. Gerichtsverhandlung. Nachdem in der Sitzung des hiesigen Schöffengerichts vom 30. Oclvbcr d. I. die Dicustmagd Amalie Au ¬ guste Eckardt aus Hohnstein, welche angcklagt war, im September d. I. einer mit ihr im Fasold'schen Gute in Waitzdorf dienenden Magd 3 Mk. gestohlen zn haben, frcigcsprochcn worden, die Untcrsnchung gegen Elara Amalie verehelichte Pablitzsch in Hohn stein, welcher die widerrechtliche Aneignung eines Paar Uutcrbciukleidcr von einem Blcichplatz in Hohn stein bcigcmcsscn war, einen gleichen für die Ange klagte günstigen Anögang genommen hatte, wurde der 16jährigc Emil Otto Richter auö Schandau wegen Entwendung von Holzabschnittcn vom hiesigen Hassc'schen Holzplatzc zu eintägiger Haft vcrurthcilt; an der Sitzung nahmen alö Schöffen Standesbeamter Mai ans Lichtenhain und Gcmeindcvorstaud Zschachlitz auö Waltersdorf Theil. Ju der heutigen Sitzung, in welcher Schlosscrmcistcr Anders nnd Kaufmann Hering in Schandau als Schöffe» fuugirtc», wurde der Schiffbauer Schöps aus Postclwitz, welcher im vorige» Monate von einem Flosse dcö Schifföbau- mcistcr Täubrich ciue sogeuauutc Schrickc mit fort- gcuommc», zu ciulügigcr Gcfüngnißstrnfc vcrurthcilt. Au dcr Mittwoch fand ciuc Rcihc von Civilverhand- lungcu Statt, von denen namentlich die eine wegen ihrer Ncminiöccnzcn an den frühere» Besitzer des Holcl „Erholung" zn Schandau, Schultz, das Jutcrcssc hiesiger Bewohner, selbst auö dem schöne« Geschlecht, erregte. — Seit 1. November ist übrigens an Stelle des znm Rendant beförderten Herrn Bachmann dcr iic»- crnanntc Eontrolcur Herr Hcmmingcr als Gerichts vollzieher dcö Königlichen Amtsgerichts Schandau ge treten. — Der Landeö-Obstbau-Vercin für das Königreich Sachsen halte bekanntlich bei der vom 27.—30. Sep tember d. I. in Prag stattgcfundencn internationalen Obstanöstellung durch Ausstellung eines Collcctiv- sortimcuts, zn welchem auch dcr Bczirkö-Obstbau- Vcrcin Schandau einen anschnlichcu Beitrag geliefert, sich bclhciligt; er hat hiermit ein glünzcndcö Resultat erzielt, indem jenes Eollcctivsortimcnt mit dem höch sten Preise, cincm Ehrcndiplom, welches für die gol dene Medaille überhaupt unr in drei Exemplaren anögcgebcn wurde, anögczcichnct worden ist. Dcr LaudcSobstbauvcrcin hofft damit seinen Zweck, daö Augenmerk ausländischer Obsthändler ans unser süch- sischcö Haudclöobst zu lenken, erreicht zn haben, nnd wird in der nächsten Nummer dcr Garte»- u»d Oösl- bauzcitiiug einen cingchcndcn Bericht über die Prager Ausstellung liefern. Ucbrigcns wird vom 1. Januar 1880 au an Stelle dcr bisherigen Zcilnng der Lnndcs- Obstbau-Vercin sein eigenes Organ nntcr dem Namen „Zeitschrift für Obst- und landwirthschaftlichen Garten bau" hcranögebcu und wird de» Bezirkö-Vcrcme» die Füglichkeit direkter Zusendung an die Vcrcinömitglicder bieten. Anö dem Bczirkö-Obstban-Vcrein Schandau hören wir übrigens, daß im Monat Dcccmbcr d. I. eine Bczirköversammlung stattfindcn soll, in welcher nicht unr den in nnd um Schandau und Königstein wohnenden Vercinsmitgliedcrn, welche am Besuche der Sebnitzer Ausstellung behindert waren, Milthcilnngen über die letztere gemacht werden sollen, sondern anch daö dort zusammcngcstcllt gewesene Mnstcrsorlimcut in den hierzu rcscrvirtcn Duplikaten vorgclcgt werden wird. Außerdem wird in dieser Bezirköversammlnng, welche in Schandau statlfindcu soll, von sachkundiger Seite ei» Vortrag über Ernährung nnd Wachöihnm dcr Pflanzen in Beziehung auf Veredelung derselben durch Pfropfen, Oculircn, Copulircn n. s. w. gehalten werden, worauf wir schon jetzt die Aufiuerksamkcit der Mitglieder gelenkt haben wollen. — Daö von dem Herrn 0. Schlicke am vergan genen Donnerstag Abend im Schützcnhansc gegebene Kindcrconccrt „Daö Vatcrlandsfest von Jul. Otto", war trotz dcö anhaltenden schrecklichen Ncgenwcttcrö noch ziemlich gut besucht und ging in ganz erwünschter Weise von Statten. Die Ehöre nnd Soli'ö, anch die Picken der Soldaten waren sehr gut cinstudirt und wurden dem entsprechend präciö vorgctragen. Die sicher mcmorirtcn Deklamationen dcr Knabcn und Mädchen wurden meist mit Begeisterung und Vcrständniß gesprochen nnd die mitunter ziemlich schwere Klavierbegleitung des Herrn Lehrer Mitzscher ¬ lich erfolgte in gewohnter Exaktheit, sodaß das ganze Unternehme» als wohl gelangen bezeichnet und Herrn v. Schlicke ein wohlverdienter Dank öffentlich dafür ausgesprochen werden kann. — Nach dcr in hcutigcr Nr. enthaltenen Canzcrt- nnzcigc wird ans Veranlassung nnscrcö rührigen Schützcuhanspachtcrö Hrn. Laue dcr kgl. Mnsikdircclor dcö 1. Lcib-Grcnndlcr-NcgimcntS Hr. A. Ehrlich auö Drcödcu mit scincm Musilchor Douucrstag, dcu 13. Novbr. d. I. ciu Conzcrt abhaltcu, daö uutcr Vorauösctzung allerdings günstigerer Witterung als dcr gegenwärtigen, sicher einen außergewöhnlich starken Besuch erwarten läßt, umsomehr, alö dieses Chor hier noch nicht conccrlirtc, dann aber auch daö nutcrm Inserate bcigcdrncktc Programm für Musikkcuncr sicher alö Anziehungspunkt dienen dürfte, was wir dem Unternehmer, der stets darauf bedacht ist, dem Publikum etwas Gediegenes zn bieten, von Herzen wünschen wollen. — Wiederholt machen wir ans die hcntc Sonn abend Nachmittag 2 Uhr im Spciscsanl dcö Bades stattfindcndc Anction von dcr Gcwcrbcauöstcllnug hcr- rührcndcr Gegenstände anfmcrksam. — Wir machen ans daö hcittige Agentcn-Gesuch der alö solid bekannten Sächsischen Vich-Vcrsichcrnngs- Bank in Dresden aufmerksam. Dieselbe hat biniicu wenige» Jahre» allein an Schäden über M. 540 000 baar auögczahlt. Dresden, 5. November. Die Thronrede, mit welcher Se. Majestät dcr König heute Mittag 1 Uhr im königlichen Schlosse dcu Landtag eröffnet hat, lautet folgcudermaßcu: „Meine Herren Stände! Ich heisse Sie zum 18. ordentlichen Landtage seit dem Be stehen dcr Verfassung in Meiner Residenzstadt willkommen. Die Schwierigkeiten, welchen die Finanzvcrwaltung in den letzten Jahren begegnet ist, sind zn Meinem Bedauern noch nicht überwunden. Unter dem fortdauernden Drucke einer wirthschastlichcn Krisis von ungewöhnlicher Dauer haben die Staatseinnahmen einen weiteren Rückgang erfahren. Eine völlige Ausgleichung hat die von Meiner Ncgiernng erstrebte Verminderung der Ausgaben nicht hcrbcizuführen vermocht, weil dieselbe sich nur in beschränkten Grenzen zu halten ver mag, wenn die Schädigung wichtiger Interessen vermieden werden soll. Hat nun auch der Fehlbetrag, soweit eS sich um die Aer- gangcuheit handelt, aus den mobilen Vcrmögcnsbeständen des StaateS gedeckt werden können, so würde doch für die nächste Finanzperiode eine noch höhere Inanspruchnahme dcr Steucrlraft des Landes nicht zu umgehen gewesen sein, wenn nicht die durch die NeichSgesetzcbuug eiugeleitcte Erhöhung dcr Zölle und der Tabaksteuer den einzelnen Staaten die Aussicht auf Erleichterungen und neue Zuflüsse eröffnet hätte. Dcr Staatshaushaltsctat hat cinc durchgreifende Aender- ung erfahren. Die dadurch erzielte grössere Uebersichtlichkeit wird zugleich zur Förderung und Erleichterung Ihrer Bcrath- ungcn dienen. Die Aufstellung ist mit der durch die Verhält nisse gebotenen Sparsamkeit bewirkt. Insbesondere sind alle nicht unbedingt nöthigen Neubauten bis zu dem Zeitpunkte zu- rückgestellt worden, zn welchem die Hebung der wirthschaftlichen Zustände auch dcr Staatsverwaltung die erforderlichen Mittel wieder in ausgiebigerer Weise zuführcn wird. Weun auch das Bestreben Meiner Ncgiernng auf die all mähliche Vervollständigung des bestehenden Eisenbahnnetzes in einer mit den übrigen Bedürfnissen des Landes im Einklänge vorschreitcnden Weise fortdauernd gerichtet bleibt, so nöthigt doch die gegenwärtige Finanzlage zu einer entsprechenden Zu rückhaltung. Indessen stellt die von Meiner Negierung für eine bereits bewilligte Eisenbahnlinie vorgeschlagene veränderte Art der Ausführung namhafte Ersparnisse in Aussicht, welche die Füglichkeit bieten, einigen Gegenden des Landes die lang ersehnten Verkehrserleichterungen zn Theil werden zu lassen. Die neuen Militärbautcn bei Dresden sind mit den von Ihnen zur Verfügung gestellten Mitteln nunmehr zur Vollend ung gelangt. Die Vorzüge, welche dieselben sowohl für die Gesundheit dcr darin untcrgebrachtcn Hcercsthcile als für die Erleichterung dcr militärischen Ausbildung bieten, sind be reits klar zu Tage getreten. Die deutschen Procestordnungen und die organisatorischen Einrichtntthen, durch welche ihre Wirksamkeit bedingt ist, sind zur vorbestnnmten Zeit ins Leben getreten. Der Etat für die Zwecke der Nechtspflege hat sich in dessen Folge in mehrfacher Beziehung anders gestaltet als bisher. Eine Erhöhung des bisherigen Postulats erfordert indes; die nothwendige Vermehrung dcr Nichtcrstcllcn nicht, wcil die neue Ordnung des Verfahrens in anderer Richtung Ersparnisse ge stattet. Ich gebe Mich der Erwartung hin, das;, nach Erledig ung der nach dem bisherigen Proceswecht zu behandelnden Sachen und nach Ueberwindung dcr auch in anderen Bezieh ungen mit dem Uebcrgang in die neuen Verhältnisse verbundenen Schwierigkeiten, sich auch das Bedürfnis; in Betreff des Bc- amtenpersonals bei den Gerichten mindern werde. Zm Anschluss an daS System des GerichtskostcngesetzcS für die streitigen Rechtssachen, wird Ihnen dcr Entwurf einer neuen