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>>t. «Lc, — AäGschc Llbjeilmg. Amts- unö Anzeigeblatt für das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zu Hohnstein. Die „Sachs. Elb-Zcitmig" erscheint Mittwoch und Sonnabend und ist durch akle Postanstattc», soivic durch die Expedition dies. Bl. für l Mark dierteljährl. zu beziehe». — Inserate für das Atitttvochsblatt werden bis Dienstag früh 1) Uhr, für daS SonnabcndSblatt spätestens bis Freitag früh lt Uhr erbeten. — Preis für die ge spaltene CorpuSzeilc oder deren Naum 10 Pf., Inserate unter ü Zeile» werden mit 50 Pf. berechnet, (tabellarische oder complicirte nach Uebercinkunft.s — Inserate für die Elbzeitnng nehme» a» i» Hohnstein Herr Aürgermstr. Hesse, in Dresden und Leipzig die Annonccn-Bürcaus von Haaseiistci» L Vogler, W. Saalbach, Jnvalidendank und Nud. Mosse. 13. Schandau, Mittwoch, den 12. Februar 187!^ Politische Wcltschau. Die vergangene Woche brachte uns ans dein Gebiete unserer vaterländischen Politik eine außer ordentlich befriedigende diplomatische Leistung, denn der Staatskunst unseres Reichskanzlers ist cö gelungen, den berüchtigten Artikel V des Prager Friedens in seinen Nord-SchlcSwig betreffenden Theilen, mit we nigen Fcdcrzügcn aus der Welt zu schaffen. Der Kaiser Wilhelm von Deutschland als König von Preußen nnd der Kaiser Franz Josef von Oesterreich als Eontrafactor dcö im Kriegsjahrc I8(>6 abgcschlos scncn Prager Friedens haben den betreffenden Passnö jenes Artikel V einfach aufgehoben, indem die öster reichische Negierung von dem schnhcnöwcrlhen Wunsche auöging, durch Äcscitignng jener Lertragöclanscl, wonach in Folge einer nationalen Abstimmung Nord- Schleswig an Dänemark znrückgcgcbcn werden sollte, mich die geringste Ursache eines möglichen Eonflietö zwischen Deutschland und Oesterreich anö dem Wege zu räumen und einen neuen Beweis der Freundschaft zu geben, welche sich zwischen dem dentschcn Reiche und Oesterreich entwickelt hat. Im Anstande mag man vielfach den durch Beseitigung dcö Artikel V aus dem Prager Frieden gegebenen Frcnndschaftö beweis zwischen Deutschland und Oesterreich ja aller dings mit scheelen Worten beleuchten, doch ist das ein Grund mehr für uns, mit der neuen Sachlage znfricdcn zn sein. Die Rückkehr dcö Fürsten Bismarck von FriedrichSrnh nach Berlin hatte sich aus nicht bekannten Gründen nm einige Tage verspätet, doch ist der Reichs kanzler nnnmchr am 6. Februar in Berlin cingctroffcn und hat mehrfach beim Kaiser Andienz gehabt. Während die Ausschüsse des Aundcöräthcs in hervorragender Weise mit der Fertigstellung des dem Reichstage vorznlcgcndcn NcichShanShaltSclatS unausgesetzt beschäftigt waren, trat anch daö Plenum dcö BnndcöralhcS am Mittwoch und Sonnabend zn einer Sitzung zusammen, da wichtige Entscheidungen zu treffen waren. Am Mittwoch wurde zunächst die Vorlage, betreffend den Abschluß eines Handelsvertrages mit dem Jnsclstaate Hawai und eine solche wegen Nachweis der Herstellungskosten von Post- und Tclc- graphcnbautcn nach snmmarifchcr Bcralhnng den Aus schüssen überwiesen. Boni NcichöhanShaltctat nahm der Bundcörath auf Grund mündlicher Berichte den Militärctat und den Etat des Jnvalidcnfondö an, ferner genehmigte er die Abändcrnngüanlrägc hinsicht lich des Wtchsclstcmpclgcsctzcö und erledigte noch eine Anzahl kleinerer Vorlagen. In der Plenarsitzung vom Sonnabend erledigte der BundcSrath die noch rcstirenden Bcrathnngcn für den NeichöhanöhaltSetat und vcrmuthlich wurde auch daö Strafgcwnltögcsetz für den Reichstag in dieser Bnndcörathösitznng wahr scheinlich unter dem Vorsitze des Fürste» Biömarck bcrathcn. Nachdem man eine volle Woche hindurch so gut wie nichts in den Berathnngcn der Zolltarif- commission gehört hatte, erfährt man neuerdings, daß unter dem Vorsitze des Freiherr» v. Varnbüler eine Sitzung und zwar die dritte Plenarsitzung am letzten Dienstag stattgcfnndcn hat. Obwohl diese Sitzung kein reichhaltiges Berathungömatcrial darbot, so erlangte sie jedoch eine besondere Wichtigkeit des halb, weil Namens der Regierung der Geh. Rcgicrmigö- rath Tiedemann einen Zoll von 50 Pfennigen pro Ccntncr für Weizen, Hafer und Gerste beantragte. Ferner soll Rindvieh (ohne weitere Unterscheidung) einem Eingangszoll von 20 M., Pferde cüicm solche» von 10 M. mitcrlicgcn. Waö die Haltung der öffent lichen Meinung hinsichtlich der Zollpolitik des Reichs kanzlers anbctrifft, so ist dieselbe andauernd in vielen Kreisen, zumal iu den meisten großen Handelsstädten wie Bremen, Hamburg, Danzig und Königsberg ent schieden gegen die Zollpläne dcö Reichskanzlers. In Berlin, Pommern nnd Hannover werden Proteste vorbereitet. Indessen muß auch hervorgchoben werden, daß der Reichskanzler viele Anhänger für seine Zoll politik hat und jedenfalls ist die allgemeine Anschauung noch nicht dahin gediehen, nm zn erkennen, in wie weit eine Acndcrnng in unserer Handelspolitik ein Bedürfnis; ist. Neben dem preußischen Abgeordnetenhaus«! hielt iu vergangener Woche anch daö Herrenhaus einige Sitzungen, wobei cö sich um minder hervor ragende ZnstimmnngScrklärungcn zu Vereinbarungen dcö Abgeordnetenhauses handelte. Daö Abgeordneten haus beschäftigte sich mit einer Menge wohl sehr nützlicher, aber sonst ziemlich gleichgültiger kleineren Vorlagen, doch begann man am Schlüsse der Woche nach die Bcralhnng des GencralbcrichtS dcr Bndgct- commissiou im prclißischcn Abgcorductcnhansc. Die baicrischen Kammern sollen nächste Woche vertagt werden, waö wohl seine Ursache in der Er öffnung der RcichStagSscssion, die am 12. Februar stattfindcn wird, hat. Bei dcr Jutcrpcllation in dcr württcmbcrgischcn Abg.-Kammer bezüglich dcö Straf- gcwaltgcsctzcö dcö Reichstags erklärte die würltem- bcrgische Regierung, daß die Vertreter Württembergs im Anndcörath so über das Gesetz stimmen würden, wie sic cö vor dem Lande verantworten könnten. — In dcr badischcn Abgeordnetenkammer gcnchmigtc man mit fast einstimmiger Mehrheit den Ankauf der bisher württcmbcrgischcn Eiscnbahnstreckc Bruchsal- Bretten. Waö den Stand dcr Pcstcpidcmic in Rußland anbctrifft, so kann man, wenn die bctrcffcndcn Nach richten nicht trügerisch sind, ans ein baldiges Erlöschen dcr Scnchc rechnen, denn cö kamen Erkrankungen in den verseuchten Ortschaften fast gar nicht vor. Be denklich ist nnr dcr Umstand, daß in einem bisher von dcr Pest verschont gebliebenen Dorfe dieselbe sich zeigte. Es mag dicö die Ursache der schlechten Vor sichtsmaßregeln sein, welche im Gouvernement von Astrachan gegen die Ausbreitung dcr Pcst gchandhabt wnrdcn, nnd nimmt man an, daß dcr ncucrnanntc Gonvcrncnr für Astrachan, dcr Gcncral Loriö Melikoff, gcnügcndc Maßregeln treffen wird. Eine außeror dentlich strenge Abspcrrungölinic soll errichtet werden und da für diese 110,000 Mann Soldaten nothwcn- dig sind, so hat der Kaiser Alexander die Mobilisir- ung von drei ArmcccorpS angcordnct. Hinsichtlich dcr Pcstgcfahr ist indessen auch ein Fall crwähnenSwcrth, daß nach Berichten anö Salonichi die Gefahr anch von anderer Seite für Europa droht, da in dem Dorfe Samkowa bei Xanthi in dcr Türkei ein Krank heitsfall, den man für sehr verdächtig hält, vorgckommcn ist. Die bctrcffcndcn Scc- und Landbchördcn habcn in Folge dessen schleunigst Vorsichtömaßrcgcln ergriffen. Hinsichtlich des mit großer Ordnung nnd Nnhc stattgehabtcn Wechsel in dcr Leitung dcr fran- zösischcn Republik ist nnnmchr noch dic durch dcu Rücktritt dcö bisherigen Ministerpräsidenten Dufaure nothwcndig gcwordcneRcorganisation dcö Ministeriums uachzutragen. Dic definitive Ministcrliste lantct jetzt folgendermaßen: Waddington, Eonscil-Präsidcnt und Auswärtiges; de Marco re, Inneres nnd intcrimi- slisch anch Kultnö; Lcrohcr Justiz, Sah Finanzen, Ferry Öffentlicher Unterricht und schöne Künste, Grcölcy Krieg, Janrüguibcrry Marine, Frcy- cinet, öffentliche Arbeitet», Lcpörc Handel. Die Frage ist nnr, ob sich dic mmeii Zlistündc in Frankreich dauerhafter crwciscu werden. Waö die gegenwärtig in Frankreich maßgebenden Personen anbctrifft, so darf man allerdings Vertrauen hegen, denn ebenso gemäßigt und einsichtsvoll wie der neue Präsident dcr Ncpnblik JulcS Grövy ist, so ist cö anch Waddington, dcr ncnc Ministcrpräsidcnt nnd dcr chrgcizigc Gam- bctla mnß auch als Präsident dcr Dcpntirtenkammcr den Gcmäßigtcn spielen, nm nicht Mißtrauen gegen sich zu erwecken. Auch die au daö Land gerichtete Botschaft des Präsidenten Grövy ist Vertrauen er weckend gehalten. Hinsichtlich dcr inneren Politik verspricht Grovy in seiner Botschaft, stets mit Auf richtigkeit dem Volkswillcn zn gehorchen, wie er sich durch daö parlamentarische System kundgicbt, und hinsichtlich dcr äußcrcn Politik Frankreichs hat Grovy erklärt, daß cr forlsahrcn werde, die guten Beziehungen zwischen Frankreich nnd dem AnSlande zn erhallen. Nach Ucbcrwindnng einiger nachträglich noch entstandenen Schwierigkeiten beim Abschluß des defi nitiven russisch türkischen Friedeusvcrtragcö hat dcr türkische Ministcrralh nunmehr den Vertrag dem Sultan vorgclcgt nnd diesem dic Untcrzcichnnng dcr Eonvcntion empfohlen, so daß dic cudgültigc Fertig stellung dcö russisch - türkischen Fricdcnöiustrumcntcö nnmittclbar bcvorsteht. Zwischen Rußland und Rumänien ist cin ziem lich heftiger Conflict anögebrochen. Denn Rumänien war von Seiten dcr Grcnzrcgnlirungöcommission ein Lünderstrich bci dcr Donaufcstung Silistria zngcsprochcn mordcn, doch wcigcrtcn sich die Russen, diesen Ländcr- strich, worauf sich auch daö Eastcll Arab Tabia be findet, an die Rumänen hcrauözngeben, worauf die rumäuischc Negierung durch den General Angclascu, dcr mit starkem Trnppcnkörpcrn hcranrückt, dic Nnsscn aus Arab-Tabia zu verdrängen suchen. Die russische Negierung verlangt nun wieder von Rumänien un verzügliche Räumung dcö Platzes, doch ist Nnmänicn entschlossen, sich nicht von den Nnsscn vcrtrcibcn zu lassen und verlangt, daß die Assaire durch cin Urthcil dcr Großmächte geschlichtet werde, waö hoffentlich auch geschehen wird. Zur neuen Lage in Frankreich. Wenn wir dic politischen Krisen Frankreichs be trachten, so finden wir, daß cö sich dabei immer nm einen Kampf für oder gegen das persönliche Ncgimenl gehandelt hat. Gegen das persönliche Regiment er hob sich das französische Volk in dcr großen Revolu tion von 1780, aus jener Ncvolntion entwickelte sich daö persönliche Regiment Napoleons I., nach dem Sturze dcö Letzteren kam die Restauration und diese führte abermals zn einer Ncvolntion, weil dem Volke daö persönliche Regiment Karls X. unerträglich wurde. Auf Karl X. folgte Ludwig Philipp, dcr wieder durch sein persönliches Regiment die Ncvolntion hcranf- bcschwor. Idealisten wie Lamartine glaubten damals, eö sei nnn für Frankreich auf alle Zeiten dic Nepn- blik gesichert, indessen Napoleon III. bewies ihnen daö Gcgcnthcil, und als anch dieser gestürzt war, als zum dritten Male dic Republik proklamirt wordc», da begannen dic Präsidenten der Letzteren sich in ei nem persönlichen Regiment zn gefallen, welches im Grnnde genommen nichts weniger alö rcpnblikanisch nnd ganz gewiß nicht demokratisch genannt werden darf. Dcr alte Thicrö führte von 1871 bis 1873 ilü Präsident der Republik ein von allen Seiten scharf ritisirtcS, persönliches Regiment und cr war schlicß- ich zum Rücktritte gcnölhigt, da cr zuletzt selbst in 'einen cigcncn Freunden nicht mehr dic erforderliche Interstützung fand. Sein Nachfolger Mac Mahon zeichnete sich erst recht durch eigensinnige Gcltcnd- nachnng seines persönlichen Willciiö aus, nnr mit dem Unterschiede, daß sich Thicrö durch cigcncS klares Denken, Mac Mahon aber gelegentlich durch andere Einflüsse leiten ließ. Mac Mahon trat endlich cbcn- allö zurück, weil cr daö persönliche Regiment, den igcncn Willen selbst dcr Armcc gegenüber aufgcbcu olltc. In diesem scharfen Hcrvortrctcn dcö persönlichen Regiments im politische» Leben dcr Frauzoscu zeigt 'ich, das; daö Volk, welches sich mit Vorliebe rühmt, mrch daö Jahr 1780 der modernen europäischen Stnatcncntwickelung Bahn gebrochen zu haben, noch immer der Gefahr eines Rückfalles in dcu Absolutis mus nicht ganz übcrhoben ist. Cö liegt dies an dem Ccnlraliömuö, dcr in Frankreich herrscht. Frankreich ist das Mnstcrland einer vollständigen Ccl>tralisa:'m