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WchMt sm Wilslirtl Beilage zu Dr. Sonnabencl, cien Z. Oktober 491z. Betrachtung kür den 20. Sonntag nach Trinitatis. 3. Chorinlher 2, 16: Diesen ein Geruch des Todes zum Tode, jenen aber ein Geruch des Lebens zum Leben. So bezeichnet der Apokel Paulus die doppelte Wirkung des Evangeliums Wie es starke Essenzen und kräftige Gerüche gibt, die unter Umständen betäuben, ja töten, unter anderen Umständen aber auch beleben und aus Ohnmacht und Scheintod erwecken können, so äußert auch die Bot schaft von Christo eine entgegengesetzte Wirkung, je nachdem eine Seele geartet und gestimmt ist. Dem Einen ist sie heute noch ein Geruch des Todes zum Tode. Wie Moder duft hauchts die Ungläubigen aus unseren Kirchen an, nur tote Worte, einen abgestandenen Aberglauben, über den die Welt längst hinaus sei, finden sie in der Bibel, Schauer des Todes und Gerichts wehen vom Kreuze Christi ihre gottentfremdete Seele an. Und darum wenden sie dem Kreuze den Rücken, darum verachten sie Gottes Wort, darum fliehen sie die Kirche, darum werden sie dem Evan gelium feind, verhärten sich gegen die göttliche Gnade und Wahrheit, laden das Gericht der Verstockung auf sich — und die Botschaft des Heils, das Wort des Lebens, das unsere Seelen selig machen kann und will, wird ihnen ein Geruch des Todes zum Tode. Den anderen aber, gottlob, ists ein Geruch des Lebens zum Leben. Was wir im Worte Christi finden, das ist, was Petrus dariu fand, als er rief: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt, daß du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes". Was aus dem Hause Gottes uns anweht, das lind Lebens lüste, wie der Psalmist sie fühlt, wenn er singt: „Wie lieb lich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth, mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott!" und wiederum: „Eins bitte ich vom Herrn, das hätte ich gerne, daß ich im Hause des Herrn bleiben möge mein Leben lang, zu schauen die schönen Gottesdienste des Herrn und seinen Tempel zu besuchen." Was wir im Umgang mit Jesu Christo empfinden, das ist Leben und volle Genüge. Und so wird uns das Evangelium ein Geruch des Lebens zum Leben; unser wahres Leben, das innere, wird dadurch nicht getötet, sondern geweckt und gefördert, und wir werden dadurch je mehr und mehr reif für ein ewiges Leben. Mag es also, mein lieber Leser, bei dir werden — Das walte Gott! bin Inselkrieg? Die Diplomatie weiß wieder einmal von nichts. Rach ihrer Ansicht ist zwischen Athen und Konstantinopel alles trefflich im Gange, und binnen wenigen Tagen die Unterzeichnung des Friedens zu erwarten. Ähnliche Prophezeiungen werden in Athener und Konstantinopeler Zeitungen verbreitet. Natürlich! Ein Staatsmann, der zum Kriege entschlossen ist, betont immer seine Fried fertigkeit. Am selben Tage, an dem ein griechischer Minister einem Ausfrager gegenüber seinen Optimismus zum Ausdruck gebracht hat, find die Mobilmachungs befehle ins Land hinausgeflattert. Die Jahrgänge 1900 bis 1906 der Marine — die späteren find noch alle bei sammen — haben ihre Einberufung erhalten. Auch in der Armee sind alle Borberettungen für den neuen Feldzug getroffen worden, und die Besatzung von Dedeagatsch marschiert bereits ab, weil man den Beginn der Feind seligkeiten nicht so weit vor der Front wünscht. Warum es so kommen mußte, kann man sich in den europäischen Amtsstuben anscheinend nicht erklären, denn die Friedensverhandlungen sind doch nur bei zwei Kleinigkeiten ins Stocken geraten, zwei Paragraphen, über die eine sehr schnelle Einigung überdies zu erwarten stünde. Es handelt sich da erstens um den Wakuf, die mohammedanischen Kirchengüter, die in dem neuen Griechen gebiete liegen; die griechische Regierung wünscht, daß deren Erträge an Ort und Stelle zu religiösen und Schul zwecke» verbraucht werden, während die türkische meint, der Wakuf-Verwaltung müsse das Recht verbleiben, die Ein nahmen auch zu Unterstützungen der mohammedanischen Sache in andere« Teilen der Welt auszugeben. Zweitens ist man über die Frage der nationalen Zugehörigkeit der Leute im neueroberten Lande noch uneins, insbesondere darüber, ob die Gebürkgkeit oder der gegenwärtige Wohnort für die Staatsangehörigkeit entscheidend sein solle. Zum Bei spiel: muß ein in Konstantinopel geborener Kaufmann, der sein Geschäft in Saloniki betreibt, jetzt griechischer Untertan werden, oder darf dasselbe ein aus Kaoalla stammender Fischer, der jetzt in Smyrna als Barkenführer dient? Das sind, wie gesagt, die beiden einzigen strittigen Punkte, und über alles andere — auch die Jnselfrage — hat man sich geeinigt. So wird einem wenigstens aus allen Sette» bündig versichert. Das stimmt schon. Nur besteht die Einigung in der Jnselfrage lediglich darin, daß man überein gekommen ist, die Entscheidung den Großmächten zu überlassen. Das ist also weiter nichts wie ein Aufschub; und in dem Moment, in dem einer der beiden beteiligten Staaten merken würde, daß die Entscheidung zu seinen Ungunsten ausfallen will, würde er doch sofort losschlagen und Europa vor eine sogenannte „vollendete Tatsache" stellen Aus den bisherigen beiden Balkankriegen hat man jeden falls in Athen wie in Konstantinopel gelernt, daß die Großmächte vor allen solchen vollendeten Tatsachen unter Verleugnung aller früheren Forderungen sich beugen. Welche Bedeutung aber die Inseln für die Türkei haben, lehrt uns ein einziger Blick auf die Karte. Diese Inseln beherrschen geradezu die kleinasiatische Küste, und wenn die Türkei sie abträte, wäre sie erdrosselt; das wär« ganz genau dasselbe, als wenn wir von Borkum bis Syli alle fririifchen Inseln den Engländern überließen, unter deren Kanonen wir von da ab ständen. Das kann sich die Türkei also nicht gefallen lassen, wenn sie nicht vor vornherein auf staatliche Weiterexistenz verzichten will! umgekehrt ist aber Griechenland auch kaum in der Lage, auf Chios und Mytileue und die anderen Perlen der Ägäis zu verzichten, denn sie alle haben eine stark« griechische Kolonie, sind also der Bevölkerung nach sehr wenig türkisch und werden sowieso irgendwann einmal von der Türkenherrschaft abfallen. Da ist es doch noch bester, jetzt einzugreifen. Türken und Griechen Wünscher beide eine Entscheidung darüber, wem in der Ägäis di« Vorherrschaft gebührt, und das läßt sich eben nur mit der Waffen finden. Insbesondere die Türken scheinen die Lust, in dem Jnselkriege ihr Heil zu versuchen, kaum noch zurückhalten zu können; und die Bulgaren werden es ihnen mit innigem Behagen gestatten, durch Westthrazier hindurchzumarschieren, um bei Serres dann die Griechen zu fasten. Es müßten schon etliche Wunder hintereinander geschehen, um diese neue Erschütterung des Orients zu vermeiden. Vie albanischen Mirren. Serbische Erfolge. Langsam aber sicher gewinnen die serbischen Truppen an Boden, nachdem von Belgrad aus bedeutende Ver stärkungen nachgeschoben worden sind, über die bisherigen Verluste auf serbischer Seite bewahrt man in Belgrad strengstes Stillschweigen. Nach privaten Meldungen soll die Zahl der Opfer eine ganz beträchtliche sein. Einen größeren Erfolg haben die Serben bei Lopuschki Han über das albanische Hauptheer davongetragen, wie folgendes Telegramm besagt: Belgrad, 2. Okt. Die Albanese» haben gestern bei Lopuschki Han eine Niederlage erlitten. Sic verfügten nur über geringe Streitkräfte. Die serbischen Truppen, die Verstärkungen erhalten haben, setzten de» Kampf im Laufe des heutigen Tages fort. Weiter haben serbische Heeresteile die von den Albanesen besetzte Stadt Ochrida unter schweren Verlusten im Sturm genommen. Nach amtlichen serbischen Be richten haben die Albanesen auf ihrem ganzen Rückzüge furchtbare Grausamkeiten begangen, Dörfer in Brand ge steckt und wehrlose Christen, Albanesen und Türken, die ihnen die Gefolgschaft verweigerten, niedergemacht. Freibeuter. Eine amtliche serbische Kundgebung wendet sich mit Entschiedenheit gegen den Appell, den die Albanesen kürzlich an die Mächte gerichtet haben, und bezeichnet diese kurz weg als Freibeuter. Weiter heißt es in der Kund gebung: Wenn Serbien bisher seine Stimme nicht gegen die albanesischen Greueltaten erhoben habe, so sei es geschehen, weil es ein geordnetes, von Europa anerkanntes Staats wesen sei, das das Recht habe, sich selbst Genugtuung zu verschaffen, wenn albanesische Banden seine Grenze über schreiten, friedliche Einwohner plündernd und mordend überfallen und sich in Gebieten häuslich niederlassen, die ihnen von Europa nicht zugestanden sind. Übrigens trage der Appell der albanesischen Stämme, sofern er authentisch sei, ganz den Charakter der Verzweiflung über den miß lungenen Einfall in das serbische Gebiet und der Furcht vor der gerechten Strafe seitens der serbischen Regierung, die solche Einfälle weder dulden könne noch dürfe. Die serbische Kundgebung schließt mit den Worten: Im übrigen möchten die Albanesen beruhigt sein; denn Serbien wolle an seinen Grenzen sich nur Ruhe und Sicherheit schaffen. Daß man hierbei im Rahmen der bestehenden Gesetze die Menschlichkeit in vollem Maße walten lassen werde, könne als feststehend betrachtet werden, weil ein länger als ein Jahrhundert bestehendes Staatswesen wie Serbien die Gesetze der Kultur und Gesittung besser kenne als der noch in anarchischem Ur zustände lebende Volksstamm der Albanesen. Politische Kunälekau. Deutliches kleick. * Der BundeSrat tritt noch in dieser Woche zu seiner ersten Sitzung nach den Sommerferien zusammen. Die Ausschüsse des Bundesrats haben bereits im September ihre Arbeit wieder ausgenommen, um die Ausführungs bestimmungen zum Reichsstempelgesetz zu beraten. Bundes catsausschüsse und Bundesrat treten in diesem Jahre ver hältnismäßig frühzeitig zusammen, da sie ein umfang- ceiches Arbeitspensum zu erledigen haben. Außer den bekannten und in der Presse ost genug behandelten Fragen gehören hierzu als dringliche Arbeiten unter anderem ivetter die Beschlußfassung über die Ausführungs- hestimmungen zum Wehrbeitragsgesetz, zum Gesetz über die Erhöhung der Veteranenbeihilfen, zur Krankenversicherung, Sie am 1. Januar 1914 in Kraft tritt, und vor allem auch die braunschweigische Thronfolgefrage. 4- Mit der Bestrafung von Antamobilverbrcchen und Brandstiftungen hat sich die Strasrechtskommission be sonders eingehend beschäftigt angesichts der vielen derartigen Vorkommnisse in letzter Zeit. So hat die Kommission beschlossen, nicht nur die Gefährdung der Straßen durch Beschädigung derselben, sondern auch eine Hindernis bereitung ohne Beschädigung (Spannen eines Seiles, Glasstreuen) unter Strafe zu stellen, die Strafe wird oer schärst bei Todesfolge. Der Versuch ist auch strafbar. In 8 243 ist bestimmt worden, daß bei Brandstiftung an Wohnhäusern usw. eventuell Zuchthausstrafe eintritt, bei Todesfolge ist auf lebenslanges Zuchthaus zu erkennen. Auch zwei andere Beschlüsse sind noch interessant. Für Straftaten sinnlos Betrunkener wurde die Strafe auf zwei Jahre Gefängnis oder 3000 Mark Geldstrafe erhöht. Zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens wurde bestimmt, daß auch Personen bestraft werden können, die bandenmäßig aus Arbeitsscheu oder aus Hang zu ungeordnetem Leben umherriehen. 4- Über eine „neue Zeit für Deutsch-Ostafrika" wird ans Daressalam gemeldet: Am 1. Oktober ist im Schutz gebiet Deutsch-Ostafrika die mittlere Ortszeit des 37Vr Grad östlicher Länge von Greenwich — das ist die mit der ügandabahnzeit identische Moschizeit — als Einheitszeit eingeführt. Diese ist voraus der Kap-Kairo-Bahnzeit um Vs Stunde, der mitteleuropäischen Zeit um iVs Stunden, der Weltzeit (westeuropäische Zeit) um 2V- Stunden. Italien. X über die innere und äufierc Politik verbreitet sich eine Auslassung des Ministeriums anläßlich der Auflösung der Kammern. In bezug auf die Erneuerung des Drei bundes heißt es darin: „Der Dreibund sichert Europa eine neue Periode des Gleichgewichts der Kräfte, das seit vielen Jahren die sicherste Garantie des Friedens unter den Großmächten ist. Und wie sich in der ganzen Welt die Überzeugung durchgesetzt hat, daß dieses Bündnis die Erhaltung des Friedens zum Zweck hat, so hinderte es Italien nicht und wird es auch in Zukunft nicht hindern, die herzlichsten Beziehungen mit anderen Mächten aufrecht zuerhalten, von denen einige Italien während des libyschen Krieges die aufrichtigsten Beweise von Freundschaft gaben." Im übrigen kündigt die ministerielle Auslassung die Ab schaffung des Einjährig-Freiwilligen-Jahres und eine neue Marmevorlage an. Okin». X Das Vorrücken der Japaner im Dangtse-Tale hat lebhafte Beunruhigung nicht nur in Peking, sondern auch in Europa heroorgerufen. Man dachte schon an eine Auf teilung Chinas. Demgegenüber wird von japanischer Seite halbamtlich erklärt, daß Japan keineswegs die Absicht habe, einen Kurs einzuschlagen, der zu solchen un erwünschten Folgen führen könnte. Die Gerüchte von einer Vermehrung der japanischen Streitkräfte in Hankau und von einer Landung zahlreicher Truppen in Nanking sowie von der Absendung eines Ultimatums seien gänzlich unbegründet. Nur 200 Mattosen seien in Nanking ge landet, um die japanische Niederlassung zu bewachen. Die japanischen .Kriegsschiffe vor Nanking würden zurück gezogen werden, sobald die Ordnung wiederhergestellt sei. x Die Anerkennung der Republik durch die Mächte dürste in Kürze erfolgen. Jedenfalls entschloß man sich in einer Versammlung des diplomatischen Korps in Pekino im Prinzip für die Anerkennung der Republik, die voraus sichtlich unmittelbar anschließend an die am 8. Oktober stattfindende Präsidentenwahl erfolgen wird. Es gilt in Peking als sicher, daß Auan-Schikai wiedergewählt wird. sioraamerma. X Ein neuer Protest gegen das kalifornische Land gesetz, das den Japanern den Grunderwerb in Kalifornien verbietet, ist von der japanischen Regierung an die Ver einigten Staaten abgesandt worden. Der Text ist nicht veröffentlicht worden. Man erfährt jedoch, daß die japanischen Forderungen einen neuen Vertrag zwischen den beiden Ländern notwendig machen würden. In Japan erwartet man, daß die Forderungen von Amerika an- aenommen werden. Aus In- uncl Auslanck. Lissabon, 1. Okt. Der Ministerrat hat einzeln die von 287 verurteilten politischen Gefangenen eingereichten Gnadengesuche geprüft, die Gesamtzahl der Verurteilten beträgt 379. Die Regierung hat in 268 Fällen die Be gnadigung empfohlen. Peking, 2. Okt. Die Wahl des Präsidenten der chinesischen Republik ist auf den 5. Oktober, die Wahl de- Vizepräsidenten auf den 8. Oktober festgesetzt worden. Die feierliche Amtseinführung soll am 10. Oktober stattfinden. Onwetterkatastropken. Der Bosporus und der Süden Frankreichs ist von einem Unwetter heimgesucht worden, das überall unbe rechenbaren Schaden angerichtet hat. Der Wolkenbruch mtlud sich derart plötzlich und mit solcher Gewalt, daß mhlreiche Menschenleben als Opfer zu beklagen sind, folgende Meldungen liegen uns darüber vor: Konstantinopel, 2. Okt. Wasser und Erdmassev sowie Steinblöcke zerstörten eine Anzahl Ouarantäne- baracken bei Beykoz am asiatischen Ufer des Bosporus, wo tausend muselmanische Flüchtlinge in Quarantäne lagen. Mehrere von ihnen verunglückten tödlich. Aus der Marmarainsel sind etwa 50 Häuser und Ge schäfte zerstört worden. In der elektrischen Zentrale am Goldenen Horn werden 300 Arbeiter vermißt. Von über 1000 Emigranten, die aus Rumelien stammten, sind die meisten umgekommen. 16 Baracken mit Emigranten wurden von den Fluten fortgeschwemmt. 450 Gebäude sind eingestürzt, darunter eine Kaserne und zwei Moscheen. Paris, 2. Okt. Eine Wolkenbruchkatasttophe hat im Süden Frankreichs ungeheuren Schaden angerichtet. In Port Vendres wurde die Dynamitfabrik völlig über schwemmt, wodurch ein Schaden von über einer Million entstanden ist. Im Aude-Departement sind zahlreiche Häuser weggeschwemmt. Die Weinberge erlitten großen Schaden. Barcelona, 2. Okt. Von der ganzen Mittelmeer küste werden schwere Stürme gemeldet. Mehr re Dampfer schweben in großer Gefahr. Viele Ortschaften sind überschwemmt. Die Ernte ist vernichtet. Der durch das Unwetter angerichtete Schaden läßt ich gegenwärtig auch nicht schätzungsweise feststellen, edoch dürfte das Unwetter das schwerste sein, das in den letzten Jahren zu verzeichnen war. s^ak uncl fern. o Die Weihe des Völkerschlacht-Denkmals. Für die ins den 18. Oktober festgesetzte Feier der Weihe des Völkerschlacht-Denkmals in Leipzig ist folgendes Pro-