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Beilage zu Rr. INS der Sächsischen Elli Zeitung. Schandau, Sonnabend, den 2t. December 1878. Englands Casarcnpolitik. Die in großem Stile geplanten und oft über raschend anftrctcndcn politischen Errungenschaften Eng lands legen den Gedanken nahe, daß die gegenwärtig in England tonangebende Partei nach dem Glan; und Ruhme eines Eäsarcnrcichcö, welches eine halb Welt umfassen soll, strebt. Für eine solche Polit Englands liegen aber nicht mir Symptome, sondern sogar Beweise vor. In Europa darf man dieselbe freilich erst in zweiter Linie suchen, denn hier häl die bedenkliche Anzahl der festländischen Aajouncttc daö englische Langsingcrthmn in respektabler Entfern ung, doch was sich England in Erdthcileu erlaub wo cö keine gcschnltcn Heere zu fürchten hat, das i nur mit der Ländcrgicr römischer Eäsarcn zn vcrglc chcn. Kein Jahr verstreicht, wo England in Erdthcileu, die außer der Machtsphärc Europas liegen, nicht An nexionen anöführt und die schönen Reden des Lord vf Beaconsfield über die Herstellung des politischen Gleichgewichtes ans diesem oder jenem Gebiete, wo England intcrcssirt ist, können nur gleichbedeutend mit der englische» Oberherrschaft auf solchen Gebieten angesehen werden. Dabci verfolgt England die zum Theil empörende Politik, durch Nicdcrtrctuug der Schwachen seine Macht zu stärken und dem starken Gegner zn schaden. Die harmlose TranSvaalrcpnblik in Südafrika, welche urplötzlich von England aunck tirt wnrde, hat dies erfahren müssen nnd Afghanistan soll es nnnmchr erfahren. Weil der Emir von Af ghanistan sich in seiner Hanplstadt in Gestalt eines englischen Botschafters kcincn Vormund setzen lassen wollte, denn dies ist der langen englischen diplomati sche» Aktenstücke kurzer Sin», hat das mächtige Eng land, ausgerüstet mit allcu Mitteln der Enltnr, das halbcivilisirtc, arme afghanische Romadcnvolk mit Krieg überzogen. Auch macht die englisch-indische Armee in Afghanistan bereits große Fortschritte nnd in einigen Monate» erbittet sich vielleicht der Emir Schir Ali die Gnade, englischer Basalt sein zu dürfen und der Lord of Beaconsfield fügt der Kaiserin von Judien, welchen Titel sein cäsarischcr Stolz die Königin von England anznnchmcn bewog, einen ncncn Diamant in die Krone. Doch als vor wenigen Monaten der Lord of Beaconsfield in bombastischer Rede erklärte, daß weder daö Reich Alexanders des Großen, »och Cäsars de» Vergleich mit dem Umfange des britische» Reiches anshaltc, da hat er vergessen zu erwähnen, daß der Niese Albion in Asien, wo Englands Macht, Neichlhum und Glanz seine Quellen besitzt, von einem anderen Nicscu scheel angesehen wird, und daß dieser Niese in der Gestalt Rußlands anch hinsichtlich der in Europa spielende» Oric»lfrage sich »nr mit dcr Devise „Aufgcschobc» ist »icht anfgchobcn" nachgiebig gezeigt hak. Der englische nnd russische CäsariümuS werden daher unfehlbar an einander gcrathcn und zwar scheint die englisch-afghanische Affaire das Bcrhängniß dafür zu werden. Öder sollte man annchmcn, daß Rußland »nr deshalb von seinen besten Generälen mit dein Aufwande großer Mittel seit Jahrzehnten die Näubervölkcr Ccntralasicns bändigen ließ, um sich in den Besitz der dortigen nnwirlhlichcn Gegen den, die nur öde Steppe», Sa»dwüstc» u»d steiniges Land anfweiscn, zn setzen!? Eine solche Naivität tränt wohl Niemand der rassischen Staatskunst zn, denn die gesegneten Gefilde Indiens üben wohl anch ihren Reiz ans Nnßland aus. Afghanistan, welches Ruß land allein noch von Indien trennte, ist nnn seit Mo naten durch ein Freuudschaftöbünduiß dem russischen Reiche erschlossen und somit eine Ausfallpforte Ruß lands nach Indien nahczu hcrgcstcllt wordcn. Be nutzt sollte von Rußland diese Anöfallpforte jedenfalls werden, wenn der englisch-russische Widerstreit im Orient zn seiner blntigcn Entscheidung gedrängt wnrde. daö schlaue England hat daher beschlossen, durch Krieg den Emir von Afghanistan von Nnßland abspenstig zu machen, oder, wenn daö nicht zn erreichen ist, sich wenigstens im Besitz der Gebirgspässe au der afgha nischen Grenze zn setzen, von wo auö ein russischer Einfall in Englisch-Judien zu befürchten ist. Wie weit Nnßland geneigt ist, in dieser Beziehung England gewähren zu lassen, kann man zur Zeit nicht mit Sicherheit bemessen, denn ans die betreffenden diplo matischen Versicherungen ist wenig zn geben. So ein asiatischer Krieg in rauhen gebirgigen Gegenden ist in der Ncgcl anch nicht in einem Vierteljahre beendigt und die Ereignisse in Afghanistan selbst werden wohl Rußlands Entschließungen erst noch bedingen. Tallesgeschichte. Sachsen. Schanda ». Am 16. dieses Monats und folgende Tage hat eine abermalige Auöloosung von Königlich Sächsischen Stantöpapicrcn stattgcfnndcn, von welcher die 4 "/„ vereinigte Anleihe v. d. I. 1852/68, - 5 "/„ Anleihe v. d. I. 1867, - 4 "/„ - - - - 1869, - 4 "/„ - ----- 1870 nnd - 4'/2"/o Prioritäts-Anleihen der vormaligen AlbcrtSbahn-Acticngcscllschaft vom 2. Januar 1856 (ohne lütora), - 1. Juli 1856 (Uit. U.) und - 1. April 1857 (H 0.) betroffen worden sind. Die Inhaber von Papieren dieser Anleihen werden hierauf noch besonders mit dem Hinznfügcn anfmcrksam gemacht, daß die Listen der ge zogenen Nummern in der Leipziger Zeitung, dem Dresdner Journal und dem Dresdner Anzeiger ver öffentlicht, anch bei sämmtlichcn Bczirksstcncr-Ein nahmen und Gcmcindcvorständcn des Landes zu Je dermanns Einsicht anögclcgt werden. Mit diesen Liste» werden zugleich die in frühere» Termine» attsgcloostc», aber »och nicht abgehobenen Nummern wieder anfgcrnfcn, deren große Zahl leider beweist, wie viele Interessenten zu ihrem Schaden die Ansloosnngcn übcrschcu. Es können dieselben nicht genug davor gewarnt werden, sich nicht dem Jrrthum hinzugcbc», daß, so lange sie Coupons habe» nnd diese unbeanstandet eingclöst werden, ihr Kapital nngcknndigt sei. Die Staatöcasscn können eine Prüfling der ihncn zur Zahlung präscntirtcn Eoupous nicht vornehmen nnd lösen jeden echten Coupon ein. Da nnn aber cinc Verzinsung anögcloostcr Kapitale über deren Fällig- kcitötcrmiu hinaus in keinem Falle stattfiudct, wer den die von den Betheiligten in Folge Unkcnntni der Anöloosnng znvicl erhobenen Coupons seiner Zci am Kapitale gekürzt, vor welchem oft empfind lichen Nachthcilc sich die Inhaber von Staatöpapicrcn nur durch regelmäßige Einsicht der Ziehungslisten, (der gezogenen wie der rcstircndcn Nnmmern), schützen können. Gleichzeitig wird noch darauf aufmerksam gemacht, daß die Ausgabe «euer Zinsbvgcu zu den 5 "/„ Staatöschnldcn-Easscnschciucn v. I. 1867 vom 1. April 1879 an bei der Staatsschulden-Buchhaltern zn Dresden stattsindcn wird. Die betr. ZichnngS- listen können anch im Bankgeschäft von Herrn Carl Rößler hier jederzeit cingcsehcn, sowie die Vcrwcrth- nng der etwa ausgclvosten Staaispapierc und fälli gen Coupons vermittelt werden. — Der sächsische Landes-Obstbauvercin hat bisher an verschiedenen Orten dcö Landes, wie bekannt, Obst- auSstellnngcn veranstaltet, nm zu zeigen, was wir cr- bancn können nnd welches die für unö vorthcilhaftc- 'tcn Sorten sind. Wie wir hören, wird derselbe nnn am 16.—21. Februar iu DrcSdcn eine Ausstellung von Obstprodnktcn jeder Art, wie gedörrtes, gekochtes, eingemachtes Obst, Säfte Müße u. dcrgl. m., vcran- staltcn, und werden die Programme dazu in den näch tcn Tagen versandt werden. Eö soll diese Ausstellung iczwcckcn, die Lust zum Obstbau dadurch zu wecken, daß dem Obstprodnzcutcn gezeigt wird, welche Absatz- gclcgcnhcitcn ihm geboten sind und ans welche manuig- altigc Weise ihm eine Vcrwcrthuug der Ernte crmvg- icht ist. — Nach einer Bekanntmachung der königl. Staats anwaltschaft zu Freiberg ist der iu Limbach auf- gcgriffcnc und bereits wieder cntlasscuc Friedrich Bauer auö Kändler nicht als Postrünbcr rccognoöcirt wordcn. — Im Auftrage des Vcrbandcö der sächsischen Gcwcrbcvcrcine ist von dem Vorort desselben (Zittau) eine Petition an das kgl. Ministerium des Jnueru gerichtet wordcu: die obligatorische Untersuchung der zcschlachtctcn Schweine auf Trichinen bci Strafe der lntcrlassnng anznordncn. Die Bittschrift enthält zu gleich cinc ausführliche Statistik über die seit dem ^ahrc 1860 (dem Jahre, iu welchem die Trichinen- rankhcit zuerst bekannt wurde)' bis 1876 iu Sachsen vorgckommencn Trichiuenerkraukungcn. Darnach sind während jenes Zeitraumes in Sachsen 47 derartige Epidemien an 28 Orten ausgetreten. Die Zahl der Erkrankten betrng in Summa 1486, die der Todcö- älle 23. — Die neue, jetzt versandte Preisliste der durch das k. PostzcitungSamt in Berlin und die k. Postau- stalteu des deutschen RcichSpostgcbicteS im Jahre 1879 zu beziehenden Zeitungen, Zeitschriften rc. zeigt, daß trotz dcr schlechten Zeit sich die Anzahl der Zeitungen erheblich vermehrt hat. Je nach den Sprachen, in bcncn sic erschienen sind, getrennt, werden in alpha- etischcr Reihenfolge die gangbarsten Zeitungen und icilschriftcn mit besonderer Angabe des Ortes, wo e hcrauögcgcbcn werden, dcö Preises rc. vorgcführt. In dicscr Liste sind ausgenommen: in deutscher Sprache ^erscheinende 4787, darunter cinc Anzahl im Auslände .erscheinender Blätter (Amerika ist am stärksten vertre ten); französische Blätter sind 852 im Verzeichnisse, englische 701, italienische 147, norwegische 61, portu giesische 5, schwedische 98, serbische 4, spanische 35, armenische 2, böhmische 18, kroatische 3, dänische 68, finnische 1, griechische 10, hebräische 6, holländische 83, litlhanische 3, persische 2, polnische 63, romanische 2, rnmünischc 32, russische 69, ruthcuischc 2, slowakische 1, slowenische 4, türkische 1, ungarische 28, vlämische 5 und endlich wendische 6. Das sind inögcsammt 7089 Zcitnngcn, Zeitschriften in 30 verschiedenen Sprachen. — Da die Rinderpest in Prcnßcn bis zum Nc- gicruugöbezirk Merseburg vorgcdruugcn ist, so ist nun nach ministerieller Bekanntmachung die Einfuhr von Rindvieh nach dem Königreich Sachsen anö den Rcgicrnngsbczirkcn Merseburg, Potsdam, Frankfurt a. O. und Licgnitz verboten, wogegen die Einfuhr von dergleichen Vieh ans anderen NegicrnugSbczirkcu Prcnßcnö oder sonstigen seuchcnfrcicn deutschen Ländern gestaltet bleibt. Die Abhaltung von Vichmärktcn innerhalb dcr Amtshanptmaunschafteu Leipzig, Grimma, Oschatz, Großenhain und Kamenz, sowie des Nutz- vichmarktcS in Dresden hat bis ans Weiteres zn nntcrblcibcn. Jeder Verdacht ans Vorhandensein von Rinderpest ist sofort der betreffenden OrlSpolizcibchörde anznzcigcn. Der Verkehr mit Gespannen von Rind vieh zwischen preußischen nnd sächsischen Grcnzorten bleibt aber nachgelassen. Zuwiderhandlungen ziehen hohe Strafen nach sich. Folgende Zuschrift, die au den Drcchölcrmcistcr Bebel in Leipzig in Form einer Postkarte gelaugte, ist es, wegen der 200 Mark Belohnung für den Ermittler dcö Schreibers dcr Karle laut Polizei- Bckanntmachnng geboten sind: „Herrn August Bebel, in Firma Jßlcib u. Bebel, Leipzig, Hanptmannstraße. Genosse Bebel! Hiermit nehme ick; mir nur die Freiheit, Sic darauf aufmerksam zu machen, daß Sie in Ihrer Eigenschaft als NcichtagSabgcordnctcr dcr Stadt DrcSdcn nicht wieder nach Berlin kommen werden. Gerade wie Sic Jhrcn Gcuoffcn lehren, gegen nuferen Kaiser zn schießen, werde ich, als Anhänger dcr Sozialdemokratie, gegen Sic den Dolch erheben und dafür sorgen, daß mein Zweck erreicht wird nnd könnten Sic sich nur dadurch rcltcn, ans Deutschland, wie cö Most, Fritzsche u. s. w. bereits gcthan haben, zu gehen. Namentlich thnc ich dies, weil Sic sich gcgcn früher nicht mehr offen als So zialdemokrat bekennen und nur im Geheimen und nicht wie Ihre Genossen offen und gerade für die Sozialdemokratie wirken. Also entweder fliehen Sie, oder sterben Sic für die Sachc, nnd so wahr, wie ich dies hier »icdcrschrcibc, werde ich die Ansführung meines, mit mehreren Anderen verabredeten Planes bewirken. Pfui, schämen Sic sich, sind Sic doch Hansbcsitzcr und während Sie Andere znm Theilen anffordcr», ihnen Sic dicö selbst nicht. Ein Sozial- dcmokrat." Auö Lindenau bci Leipzig wird geschrieben: Wie brod- und verdicnstloö unsere jetzige Zeit ist, kann nicht deutlicher und in grelleren Farben illnstrirt werden, als durch die Masscubcwcrbuug um die aus geschriebene hiesige Schutzmannstclle, die mit 800 M. nnd Uniform dotirt ist. 54, darunter etliche HanS- bcsitzcr von hier und auswärts, habe» sich darum beworben, von denen sicherlich Viele, mir durch die 'Noth gezwungen, ihr Gesuch um diese Stelle ciubrachtcu. Ei» schrecklicher Vorfall hat sich am vergangene» Sonnnabmd, wie dem „Lcipz. Tagcbl." vo» glanb- würdigcr Seite mitgcthcilt wird, in Lindnanndorf zngctragcn. Zu dem dortigen Gutsbesitzer Gläser war ciuc Dicustmagd, die früher bci ihm beschäftigt gewesen, zum Besuch gekommen. Als sie sich nun gerade in der Stube aufhiclt, drang ein Dienstknecht, welcher vormals ein Licbcöverhältniß mit dcr Magd untcrhaltcn, in einer Anwandlung von Eifersucht mit einer Rodehacke auf sic ciu und brachte dcr Unglück lichen, die überdies in anderen Umständen sich befinden soll, einen heftigen Schlag ans den Kopf bci, woran ic alsbald vcrschicd. Jcncr Ulan, wclchcr während dcö letzten Kantonne ments die Veranlassung zn der Schlägerei in Haini- >en gab, ist zu 8 Jahren Zuchthaus vcrurthcilt worden. Reichenbach, 16. Dec. Wir haben in Nach stehendem von einem überaus schweren Verbrechen zu icrichtcu. Gestern Abend gcgcn Uhr kommt die Fran dcs auf dcm Bahnhof zn Neumark beschäftigten Bahnhofsarbciters Franz Schröder daselbst an und ersuchte ihren Manu, sic auf dcm Weg zu ihren Aclter», dcm kleiucu Wirthschaslsbcsitzer Schürer in Schönbach, ein Stück zu begleiten. Beide gehen ciue Strecke auf der Bahn fort, worauf die Fran ihren