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ÄWWt Elli 'iluittv Amts- und Anzeigeblstt für das König!. Gerichtsamt und den SLadtrath zn Schandau und den Stadtgemeinderath zu Hohnstein. Die „Sachs. Elb-Zeitu»g" erscheint Mittwoch und Sonnabend und ist durch alle Postanstalten, sowie durch die Expedition dies. Vl. für s Mark vierteljährl. zn beziehen. — »S' Inserate für daS Mittwochsblatt werden bis Dienstag früh 8 Uhr, für das Sonnabendsblatt spätestens bis Freitag früh 8 Uhr erbeten. — Preis für die ge spaltene Corpuszeile oder deren Nanni 10 Pf., Inserate unter 5 Zeilen werden mit 50 Pf. berechnet, (tabellarische oder complicirte nach Uebceeinknnfth — Inserate für die Elbzeitnng nehmen an in Hohnstein Herr Vürgcrmslr. Hesse, in Dresden und Leipzig die Annonccn-Bürcaus von Haasenstein L Vogler, W. Saalbach, Jnvalidcndank und Rnd. Mosse. M 88. Schandau, Sonnabend, den S. November 1878. o Die Frauen und die Sozialdemokratie. Die Franzosen haben eine Redensart: „Llierdiez. la. kommol" „Sucht die Fran!", welche nndcutcn soll, dah bei jedem bcdcntendcrcn Borfall, anch wenn dies nicht sogleich erkennbar ist, immer eine Fran die Hand im Spiele hat. Mag das anch bei unsern Nachbarn jenseits der Vogesen, wo die Fran der hohen Stände viel mehr als bei nnö anö dem engen Nahmen der Hänölichkcit hcranölrilt, noch mehr zntrcffcn als ander wärts, sicher ist, daß überall der Einfluß der Frau ein viel größerer ist, als cö ans den ersten Blick den Anschein hat. Der Untcrrock hat zu allen Zeilen eine große Nolle in der Weltgeschichte gespielt. Man braucht, um das zn beweisen, weder auf vergangene Zeiten znrückzngrcifcu, noch sich in die Geheimnisse der Höfe nnd der Salons zu verirren. Schon die bedeutende Nolle beweist cö, welche das weibliche Element in der sozial-demokratischen Beweg ung nnscrcr Tage spielt. Man hat viel gewitzelt und gespöttelt über die Nolle, welche die Frau „Prä sidentin" Hahn nnd die Fran Stügemann gespielt; cö mag ja anch das Anflrctcn dicscr „Damen" nnd mancher ihrer Gcnossinc» genügenden Stoff zum Spott darbictcn; aber au der Thalsachc selbst, daß Tausende -von Franen einen gar nicht zu unterschätzenden Ein fluß auf die Männer nnd Jünglinge zn Gunsten der sozial-demokratischen Sache anöübcn — an dicscr That- sache ändert all' dicscr Spott nicht das Geringste. Mancher Mann würde nicht zu sozial-demokratischen Lcrsammlnngcn gegangen sein, mancher nicht im sozial-demokratischen Sinne gestimmt haben, wenn nicht seine Frau ihn dazn angcspornt hätte. Die sozial demokratischen Führer wußten sehr wohl, was sic thatcn, als sie die Franc,! dcr Arbeiter in ihre Agi tation hincinznzichcn suchten. Es ist nicht rein zufällig und äußerlich, daß die Frauen eine solche Nolle iu dcr sozialen Bewegung spielen. Frauen sind ja überhaupt mehr der Be geisterung und Hingabe an eine Idee fähig als die kühler abwägcndcn Männer. Sic wcrdcn überdies leicht zu gewinnen sein, wenn an ihr Gefühl appcllirt wird, nnd eine solche Appellation an ihr Gefühl ist cs, wenn man ihnen vorhält, wie ungerecht die Güter dcr Wclt vcrthcilt wcrdcn, wie ihre Kinder von vorn herein ausgeschlossen wcrdcn von zahlreichen Genüssen, wie sic sclbst sich mühen und gnälcn müssen, während die Begüterten ein bcqncmcS, sorgenfreies Dasein führen, — und was dergleichen Vorspiegelungen mehr sind. Dazn kommt noch, daß die Arbeiterfrauen znm größten Theile für die Kirche abgestorben sind, daß sic aber doch das Bcdürfniß nach cincm gcwisscn Kultus haben, nnd daß für sic dcr Kultus dcr Frei heit und Gleichheit ihnen einen Ersatz bieten mag für das, waö sic scit ihrem Brnch mit dcr Religion verloren; haben sic ja sonst nur selten eine andere geistige Anregung, da ihnen bei den Mühen des All tagslebens ja mancher geistige Genuß versagt bleibt. Diese Sachlage, sollte man meinen, müßte einen Fingerzeig auch für andere Stände abgcbcn. Wir huldigen selbstverständlich keiner Borliebe für cman- cipirte Frauen, und Blaustrümpfe dcr Dnrchschnittö- gattung sind uuö recht zuwider. Aber trotzdem be dauern wir, daß im Bürgcrstande die Frauenwelt durchschnittlich eine geringere geistige Regsamkeit be kundet als in dcr Arbciterbcvölkcrung. DaS Jntcrcssc, welches die Frau aus dem Mittelstände meist an dcr geistigen Produktion zu nehmen pflegt, beschränkt sich durchschnittlich ans eine Modenzeitung, ans einige Untcrhaltnngsschriftcn und auf Thcalcr nnd Musik. Aber von den schweren und großen Aufgaben, welche gerade heutzutage dem Bürgcrthum auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens erwachsen sind, haben nur die wenigsten Frauen eine Ahnung. Man verstehe uns recht: wir wollen keine politisirenden Franen haben, welche etwa Partcipolitik treiben und sich mehr mit den Neichtagö-Vcrhandlungcn als mit ihrer Küche be ¬ fassen, wohl aber Franen, welche ein Verständnis; da für haben, was ans dem Boden dcö öffentlichen LebcuS ihre Männer und Brüder beschäftigt. Ans unserem Bürgcrthnm lasten die Acmtcr, welche die Sclbslvcr- waltnng mit sich bringt, schon an sich mit seltener Schwere. Es kommen dazn die Pflichten als Vor münder, als Geschworene, als Armcnpflcgcr in dcr freien Vcrcinöthätigkcit, — es ist kein Wnudcr, wenn Viele erlahmen nnd schließlich von alledem nichts mehr wissen wollen, lind nnn soll das Bürgcrthnm anch noch dnrch cugc Thätigkcit die Gefahren beschwö ren helfen, welche dcr friedlichen Entwickelung dcr Geschicke unseres Landes von rechts und links her drohen — cö wäre rccht sehr zn wünschen, daß ihm dabei eine Stütze erwachse, daß es eine Anregung und Anreizung für den Lane» und Glcichgiliigcn gäbe, seine Pflicht zn thnn. Nun unsere deutsche Bürgcr- frnu kann dnö sein, wenn sic sich auch ein wenig um die allgemeinen Zustände nuferes Volkes kümmert uud in ihrem Kreise Mitarbeiten hilft au einer besseren Zukunft desselben, an dcr Hcilnng dcr Schäden, an welchem nnscr Volksleben erkrankt. Ta.qesgeschichte. Dachsen. Schandau. Ein seltenes, ein schönes Fest, das 50jährige Jnbiläum seines Be ste hcnS^fcicrtc am vergangenen Montage, den 28. d. M. dcr hiesige Gesangverein „Liedcrkranz" in dem herrlich geschmückten nnd glänzend erleuchteten Saale dcö Schützenhauscs. Fast sämmtlichc Vcrcinsmilglicdcr mit den licbcn Angehörigen, nebst ciugclädcucn Güsten hatten sich nm 8 Uhr znr Vereinigung dcr Frcndc, der eine Ver einigung znm Ernst voransging, cingcfnndcn. Alles jubelte nud frohlockte, Alle empfanden mit Schiller, Don EarloS IV. „O Gott, das Leben ist so schön!" Nach dcr Fcst-Onvcrturc v. Leutner, von Herrn Musikdirektor Schildbach sclbst meisterhaft dirigirt, sprach Fräulein Elise Schmidt mit jugendlicher Frische nnd AnmMH den von Herrn Rector Grancrt gc- dichtctcu trefflichen Prolog, welcher von allen An wesenden begeisternden Beifall erntete, dem sich dcr Graben-Hoffmannschc Sängcrgrnß anschlvß. Dcr Prolog lautete also: Willkommen All zur festlich frohen Stunde, Die heut' dem Liedcrkranze schlägt! Grüß Gott, grüß Gott von Herzensgründe, Wie Liebe cs zu bieten Pflegt. Laßt uns mit Heller Freude heut begehen Des Kranzes fünfzigjähriges Bestehen, Den wackre Bürger unserer Stadt geweiht Dem edlen Männerfang in früher Zeit, Um nach des Tages Last und Lebensmüh'n Das müde Herz durch frische Melodien Zu stärken und mit Freude zu durchsonncn, Und durch des Liedes Ton und Dichtcrwort Gcmüth und Geist zu bilden fort und fort, Um mitzujubeln, wenn in Frühlingswvnncn Der grüne Wald vielstimmig wiedcrklingt Und froh das Vöglein auf den Zweigen singt, Um auch in Wintersturm und trüben Tagen Das Herz, das Haus, die Hcimath zu beleben Und Freundeskreisen felge Lust zu geben, Um Alles, Ivas die Seele fühlt, zu sagen In jener wundervollen Himmelssprache Aus des Apollo liederreichem Mund, Der von Weltanfang bis zum letzten Tage Durch Sang und Klang giebt Freud' und Leiden kund. Dank, tausend Dank lasst uns den Stiftern bringen Für mutbigcs Beginnen und Gelingen Der „Liederkranz" getauften Sängerzunft, In der altdeutscher Minn- uud Meistersang In neuen Weisen frisch und froh erklang, Und, will es Gott, bis in die fernste Zukunft Erklingen wird von immer neuen Gliedern In schlichten Volks- unb kunstgerechten Liedern. — Wacht auf, wacht auf noch einmal Männcrchöre Am Jubeltag aus der Vergangenheit, Das« männiglich die Gegenwart cs höre, Das deutsche Lied der „alten guten Zeit." Von Lützow's Jagd und von dem Schwert zur Linken Und seinem muntern heitern Blinken Heb an, des Julius Otto „Ernst und Scherz", Du weltbekanntes treues deutsches Herz Und ihr, ihr prächtigen Gcscllenfahrten! Dornröschen Straßburg wundcrlicb Erwach ans deines „Gärtners" Garten! O Wald von Abt noch einmal gieb Uns deine süße Romantik! Steig nieder, Schuberts Nacht im Wald Mit deiner rauschenden Musik! Ihr Lieder Mendelsohns erschallt: Der „Menschheit Würde" uns zu geben Und jedem Herzen Licht und Leben! Klingt auch ihr heitern Musen wieder: Ihr Walzer, Wein- und Mädchenlicder, Ihr Schwänke toller Fastnachtszeit: Krähwinkclmarsch, Eantatc und Hochzeit. Fürwahr ein vielgestaltig Sängcrstrebcn Läßt die Erinner'ung uns vorüber schweben, Gemahnend, daß an Liedern Herzen hingen, Die jenen gleich zu Grabe und zur Fremde gingen, Die treu beseelt für Freiheit und für Vaterland, Die schlicht und recht die Wahrheit und die Tugend Geliebet und geübt im Alter und der Jugend. Im Geiste drückt den Freunden heut die Dankeshand, Die vor uns einst des BundcSglieder waren Und unser Schisflcin lenkten durch Klippen und Gefahren! Ihr Brüder, nun wohlan, laßt uns aufs neu geloben Bei guter Fahrt, sowie im Sturmestobcn „All' Mann!" an Bord und Steuer des Sängerschisfs zu sein Und seine Flagge nnd Ehre zu halten immer rein, Daß eS im guten Bund mit unsrer Stadt Symbol Durchs Meer der Zukunft segle beglückt mit feiner Schaar. Frisch ans und muthig weiter! „Vorwärts" sei die Parol', Daß unser Liederkranz mög' grünen noch viele hundert Jahr. Darauf crstallctc einer der beiden Vercinö-Jubi- lare, Herr Stadlkänuncrcr Strnßcll, Bericht „über die Gründung, den weiteren Fortbestand dcö Vereins nnd des crstgcsuugcncu Liedes desselben". Zuvörderst sprach derselbe seine größte Frcndc und seinen innig- slcn Dank gegen Gott ans, daß er sowohl, als auch der andere Jubilar, sciu aller Sangcsbrndcr Herr Aulou Wenzel, diesen frohen Tag festlich mit be gehen zu kömicu begnadigt seien. Hierauf folgten höchst interessante heitere nnd ernste Mitthcilnugcn nud Schilderungen lokaler Verhältnisse vor ca. 50 bis 00 Jahren, ans die wirnüchstdcmganzauöführlich zu- rücktomnicn werden. Alsdann ging der geehrte Herr Referent in Frische nnd Würde nnd in gewohnter Offenheit auf den damaligen geselligen Verkehr Schandaus ein, dcr demnach zwar schon rccht lnstigcr, aber ebenso traulicher uud gemächlicher Natur gewe sen sein muß. Daran schloß sich ganz logisch die vor 50 Jahren erfolgte Bildung eines Gesang- und Musikvcrcincö, nnscrö jetzigen L icdcrkranzeö au. Außer Herrn Referenten nnd zweier seiner Brüder, dcr Hcrrcn Ernst nnd Eduard Strubell waren es die Herren: Jnbilar, Nagclschmicdmcistcr Anton Wen zel, Kirchner Neubcrt, Schuhmacher Hahn, Schnei der Zschiesche nnd Schullehrer Richter aus Ostrau, welche im Octbr. 1828 im Hause der Frau vcrw. Ehrt am Markt, jetzt Forsthaushotcl, zusamuiculratcn und dcu Verein mit dem Gesänge dcö Liedes eröff neten: „Waö frag ich vicl nach Geld und Gnt, wenn ich zufrieden bin re", welches Lied in diesem Moment znr Feier des Tages wiederholt ward, und die Festthcil- nchmcr anf'S Angenehmste überraschte. Nachdem dcr Herr Berichterstatter sich in Weite rem über die verschiedenen Wechsel im Vereine im Lanfc dcr Zeit bez. dcr Herren Dirigcntcn, dcr Vcrcinölokalc re. verbreitet hatte, gedachte derselbe dcö heute noch im besten Angedenken stehenden hiesigen Bürgervcrcincö, dcr zwar s. Z. mit dem Gesangvereine in innigem Zusammenhänge gestanden, aber bei seiner Auflösung doch das Leben nnd Bestehen dcö Letzteren in keiner Weise gestört habe, erinnerte ferner an die großen Glanzpunkte im Sängcrlcbcn, die Sängcrfcstc Teplitz, Dresden, Reichenberg re., nnd schloß in gerührtem Tone, mit Ermahnungen nnd Ermuuternngcn an die Sänger gerichtet, dcr Unterhaltung und Erholung ge denkend, die cr stets sammt seinem alten treuen Mitjnbilar A. Wenzel im Gesangverein Liedcrkranz gefunden, dem Gesänge treu zu bleiben und wünschte cinc glückliche, frohe und fröhliche Feier dcö einstigen 100jährigen JnbclfcstcS. Unter schallendem Jubel nnd dreifachem „Lied Hoch" verließ Herr Kämmerer