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Schandau, Mittwoch, den 24. Juli 1878. Die „Sachs. Elb-Zeitung Inserate für daS M" spaltend Eorpnözcilc oder deren sächsische Elb^eilmg. Amts- und Anzeigeblatt süo das Könial. Gerichtsamt „ud den Stadtrats) z» Schandau und den Stadtaeuwiuderath z» Hohnstein, ^^^^^nabend und ist durch alle Postausiaiteii, soivie durch die Expedition dies. Bl. für I Mark vierteljührl. zu bezieheu. — ' nng" erscheint Mittwoch fx,,h <) Uhr, für daS Sonnabendsblatt spätestens bis Freitag früh 0 Uhr erbeten. — Preis für die ge- Mittwochsblatt wctdui o lvcrden niit 50 Pf. berechnet, (tabellarische vdcr complicirte nach llebereinkunft.) — Inserate für die Elbzeitnng nehmen nl . i Naum 10 Pf., die Annoncen-Bürcaus von Haasenstein L Vogler, W. Saalbach, Jnvalidendank nnd Nud. Mosse. " a>. in .«obnstcin Herr Büraermstr. Hesse^DreSden vr Politische Weltschau. (7) Die gegenwärtige Wahlbcwcgung im deutschen Reiche acstaltct sich iiiimcr mehr zu einem Kampfe der Konservativen gegen den Liberalismus, w°bc> die Sozialdemokratie ganz nnd gar zu Dieser Kampf würde indcssc., bei dcr Oralen Pa tel keine allzugroßc Bcnngstignug hcnw^mnfcn bu m chcn, wenn sic cö verstanden hätte, durch »ycparlm mcutarischc Wirksamkeit die Massen der Wähler, d e demnächst wieder an die Urnen treten sollen, an I>ch rn fesseln Die« ist aber leider nicht der Fall gewesen und der 80. Juli dürste, wenn man die Begriffsver wirrung in Betracht zieht Vic sich d.cfcr Ma cn bc- mächtigt hat nnd die das Waffcr ans die Mnhlcn der uichtlibcralcu Parteien liefert, dem parlninciilarifchen WcraliSmnö leicht noch mehr Abbruch thun als dcr 10. Januar 1877, auö dessen Wahlrcsnltat die libernle Partci keine Lehre gezogen hat, die sic vor weiteren Bcrlustcn hätte hüten können. Es ist die Frage Ver AuSnahmSgcschc, welche diesmal niancheu Libcialcu zur Klippe werde» dürfte, au der seine Wahl scheitert. Am 28. Mai hatte Herr von Bennigsen erklärt, seine Partei sei bereit zu einer verschärften Gcsctzgcbuug auf dem Boden deö gemeinen Rechts, aber nicht zn dem von der Regierung verlangten Anti-Sozialisten gesetz, worauf die Negierung erwiderte, daö sic cs nicht für gerecht halte, mit den von ihr erstrebten Sichcrheilömaßrcgclu des Attcntatögcsctzcö auch andere Bestrebungen zu treffen als diejenigen, durch welche die bestehende Rechtsordnung gefährdet sei. Dieser Hinwurf ist nur ein Spiel mit Worte»: allein bei de» Masse», deren Ansklürimg in politischen Dingen anch der Liberalismus versäumt hatte, erreichte es seinen Zweck nnd viele derjenigen Liberalen, die im Mai im Parlament gegen das AltcntalSgesetz gestimmt hatten, sprachen sich im Juli in Wahlreden dafür auö und cö darf Niemand Wunder nehmen, das; nament lich die Konservative» dieses Hänge» des Mantels nach -cm Winde z» ihre» Zwecken auübcutcn; sic werdcn den Liberalismus als mit sich selbst in Widerspruch gerathcu und unzuverlässig darstelleu und damit viel leicht mehr Glück machen, als den liberalen Interessen zuträglich ist. Die Beunruhigung, mit der man in liberalen Kreisen dem entscheidenden Tage cutgcgcusieht, ist daher ebenso begreiflich als begründet, denn den Wahlcrfolgcu der liberalen Parteien ist nichts hinder licher als die Begriffsverwirrung in den Reihen ihrer Wähler. Hillsichtlich des ncncn Gesetzentwurfes gegen die sozialistischen Agitationen, welcher in den nächsten Ta gen dem BnndcSrathc zugchcn wird, vcrlantct, daß er mehr als doppelt so viel Paragraphen enthält, wie der erste vom Reichstage abgelchnte Gcsetzentwnrf. Er geht insbesondere näher ans die Prcs;- nnd Vcr- cinSgcsctzgcbnng ein. Den in den ReichstagSdcbattcn über den früheren Sozialistcngcsctzcntwnrf geäußerten sachlichen Bedenken gegen die einzelnen Bestimmungen desselben ist bei der Bearbeitung des neuen Gesetzent wurfs eine hohe Berücksichtigung zu Theil geworden. — Wie die „Magdcb. Ztg." wissen will, würde au ßer dem Sozialistcugcsctzcntwurfe noch ein Gesetz, näm lich das über die Verhinderung der Verfälschung der Nahrungsmittel, welches auf Grund der Kommissionö- bcschlüssc des Reichstages bei dcr Vorbernthnug des früheren Eutwnrfcö von Neuem überarbeitet worden ist, dem Reichstage während der außerordentlichen Session zur Beschlußfassung vorgclcgt werden. Österreich ist mit dcr Türkci wcgcn der Okkupa tion von Bosnien und der Herzegowina »och nicht nmg geworden. Die Bevollmächtigten scheinen mehr zu handel» als zu verhandeln. Daö ist die Schuld cstcrrelchs. Bian hat ein Jahr lang au der Bc- rciychaft der Truppen gearbeitet u»d doch ist ma» »och nicht vorbereitet, um jene kleinen Provinzen ein zunchnicn, was doch wahrscheinlich in ziemlich fried licher Weise hatte geschehen können. Oesterreich hätte erst kurz entschlossen ein „su.it »Leompli" schaffen und dann mit dcr Türkci über das Wcilcrc verhan deln sollen. Das; dies nicht geschah, ist dcr alte Feh lcr dcö „österreichischen Landsturms." In Italien ist die Bevölkerung ungemein auf geregt darüber, das; Oesterreich Bosnien nnd die Herzegowina, England Ehpcrn n. s. w. erhalten, ohne daß bei dcr türkischen Bcntcvcrthcilung etwas für das apcnninischc Königreich abgcfallcn ist. Akan verlangt deshalb mindcstcnö die Annexion Südthrols nnd wirkt dahin durch allerhand aufregende Meetings. Die Ne gierung bemüht sich, diese unreifen Anuexiouögclüste durch freilich ziemlich unzulängliche BeschwichtignugS mittel in den Hintcrgrnnd zn drängen. Dcr „Fan- fnlla" veröffentlicht in Sachen dcö von der Gesell schaft dcr „Italia Jrrcdcnta" am lctztcn Sonntag in Neapel cinbcrnfcncn Meetings folgende, offenbar ans anlhcntischcr Qncllc kommende Nachricht: „Man ver sichert uns, Herr Eairoli habe bei den Veranstaltern dcö am 14. d. in Neapel abzi,haltenden Meetings nnd insbesondere bei einem derselben, seinem Freunde, dem Kammer-Deputirtcu General Avezzana, wieder holt dringende Schritte dahin gcthan, dieselben möch ten von ihrem Vorhaben abstchcn. Dcr Kouscil-Prü sidenl hätte zn bedenken gegeben, wie die Kuudgcbuu- gcn jener Art gewiß nicht znr Erhaltung dcr gntcn und wechselseitigen FrcnudschaftS- und Bcrtraueuü- bezichungcn, die zwischen Italien nnd den anderen Staaten bestehen müssen, beitragen und wie sie posi tiv dcr Sache selber schaden, welcher znm Triumphe zu verhelfen sie bezwecken. Diese ernsten Bemerkun gen haben jedoch, wie cs scheint, nicht den Erfolg ge habt, welchen sich dcr Eouscil-Präsidcut versprach. Die Veranstalter dcö Meetings beharrten in ihrer Absicht, haben jedoch die formelle Versicherung abge geben, daß Alles in geordneter und ruhiger Weise ver laufen würde. In Frankreich macht die anfängliche Entrüstung über den englisch-türkischen Vertrag allmälig einer ruhigeren Erwägung Platz. Nur die klerikal-reaktio näre Presse fährt fort, zn behaupten, daß derselbe eine Demüthignug für die Nation sei. Dcr fort dauernd günstige Ausfall dcr Ergäuzungöwahlcu trügt nicht wcuig znr Beruhigung der öffentlichen Meinung bei. — In Anzin (daö wichtigste Etablissement dcö ganzen nordfranzösischcu Kohlenbeckens) sind Arbeiter- Unruhcn auögcbrochcn. Daö erste Telegramm be sagte: „Die Grubenarbeiter haben ihre Arbeiten ein gestellt. Die meisten Grnbcn sind verlassen. Die Arbeiter verlangen einen Lohn von 5 Fres, nnd die Hcrabsctznng des Arbeitstages auf 8 Stunden. Drohende Banden durchziehen den Ort nnd hentc früh fürchtete man für daö Schloß des Dircctors dcr Gesellschaft. Zur Aufrechterhaltung dcö Landfricdcnö mnßtcu mili tärische Maßnahmen getroffen werden. Nach den ncnc- stcn 'Nachrichten ist der Strike auf seine bisherige Ausdehnung beschränkt worden. Die Behörden sind Herr dcr Bewegung geworden und keine weiteren Uu- rnhcu zu befürchten." Wie es scheint, will der englische Prcmicrministcr Lord Beaconsfield den Triumph seiner Politik und die in ganz England herrschende günstige Stimmung dazu benutzen, um daö Unterhaus anfzulöscu und die liberale Opposition zu schwächen. Wenn die „Köln. Ztg." recht berichtet ist, hat dcr englische Ministcr- rath die Anflösung im Prinzip angenommen. Die nöthigc Stimmung wird bereits jetzt vorbereitet. In den Dank- nnd HnldignngSadresscn, welche im ganzen Lande für Lord Beaconsfield vorbereitet werden, heißt cö stercothp: „Lord Beaconsfield und daö Kabinct Hube», trotz aufrührerischer und uurcglischcr Opposi tion durch ihre Weisheit, Voraussicht und zeitigen Rüstnngcn dieses Land zu dem stolzen Vorrang unter den Europäischen Nationen znrückgcführt, den cö unter de» Schwankungen und dcr Mißregicrung dcr libcralcn Partei verloren hatte." Indes; ist gerade in den stithcr ministeriellen Kreis dcr Applaus kein einstim ¬ miger. So verhehlt sich der konservative „Standard" die Fehler nnd Mängel, ja Gefahren in dcr Orient politik des Kabincts nnd in ihren Erfolgen nicht; doch glaubt er, daß die Schuld nicht au Lord Beacons field liege, sondern an der Halbhcrzigtcit einiger sei ner Kollegen und an der impatrivtischcu Agitation dcr Liberalen, welche die Thatkraft des TorystaatSmanncS gelahmt hatten. — Höchst inleressant war Ende vori ger Woche eine Sitzung dcö Oberhauses, worin sich Beaconsfield über seine Erfolge auf den; Berliner Kongreß verbreitete. Nach ihn; ergriff Lord Granville daS Wort und erklärte, er wolle mit einer eingehen deren Kritik dcr Politik dcr Regierung warten, bis er die Sitznugsprotokollc dcö Kongrcsscö cingcschcn habe. Die große Gefahr, welche in dcr Mißvcrwaltnng dcr Türkei lag nnd dcr Druck dcr Letzteren anf ihre christlichen Untcrthaucn hätten zn einer europäischen Vereinbarung geführt, nm dieser Gefahr zu begegne». Er bedaure, das; Griechenland dabei unberücksichtigt geblieben sei mid müsse bezweifeln, das; sich die Tür kei wieder erhole» werde. Dcr Besitz Ehpcr»ö werde z»r Vcrtheidigmig deö Snczka»als nicht beitragen. Die Kosten der Occupatio» Ehpcrnö scic» große »»d bür dete» dem Lande eine große Verantwortung auf, die durch die Vortheilc, welche dcr Besitz Chpcruö bieten würde, gewiß nicht ausgewogen werden dürfte. — Graf Derby unterzieht die Politik dcr Ncgicrnug ebenfalls einer Kritik nnd hebt hervor, dcr Grnnd scincs Rück tritts sci dic im Gchcimcn, ohne Vorwisscn dcs Par- lamcntö vorbcrcitctc Entscndnng dcr indischen Trnp- pcn, deren Grund gewesen sci, sich EypcrnS nnd eines Punktes an der syrischen Küste cventncll anch ohne Znstimmung dcr Pforte zn bemächtigen. Der Mar- gniS von Salisbury vcrthcidigtc die Negierung nnd erklärte dic Behauptung Dcrby'ö für unrichtig. Derby erhärtet die Wahrheit seiner Behauptung. Salisbury erwiderte, er werfe Derby nicht einen Mangel an Wahrheitsliebe vor, sondern nnr einen Mangel an Gedächtnis;. Dcr Zwischenfall war damit erledigt, worauf sich das Hans vertagte. — Immerhin ist dieser „Zwischenfall" eine überraschende Bestätigung dcr Ansicht, daß die auffallenden Rüstnngcn Englands im Mai d. I. hauptsächlich dazu dicncn sollten, die Türkci cinznschüchtcrn und einen Druck auözuübcn, welcher die vou England verlangte Abtretung der In sel Eypcrn bewirken sollte. Dieser wichtige Aufschluß kommt vou einem Manu, dessen Anösagc als Urkunde bezeichnet werden kann: von Lord Derby, dem frühe ren Minister dcr auswärtigen Angelegenheiten. ES ist -ieö dcr wcrthvollste Beitrag znm Verständnis; der Vorgänge, die sich in den lctztcn Monatcn abgespielt haben. Allem Anschein nach geht Griechenland einem kriegerischen Zusammenstöße mit dcr Pforte entgegen. Die neuesten Ausschreitungen in Bolo, dic Greuel, welche dort verübt worden, das Zunchmcii dcr Jn- snrrctlion in Thcssalicn nnd Mazedonien, die Fencrö- brünstc, welche durch Jusnrgcuten und Muselmänner hcrbcigcführt werden, dies Alles gicbt der Pfortc An laß zn crnstcm militürischcn Einschrcitcn. Griechen land ist seinerseits nicht nnthülig und die Kammer, welche für den 12. August ciubcrufcu wurde, uni die Entschließungen, welche bis dahin von der Negierung gefaßt sein werden, zu prüfen, dürfte schon die ganze Wehrmacht Griechenlands in Marschbereitschaft finden. Die Pression der Bevölkerung auf daö Kabinct cr- chcint ungeheuer. Insbesondere hat auch die Cessio» Zyperns a» England dic Erbitterung der Griechen genährt, welches als ein „echt hcilcnischcS Land" von den Griechen bezeichnet und dessen Besitz durch die Euglüuder als ciu „niederschmetternder Schlag" für Griechenland betrachtet wird. Tagesgeschichtc. Sachsen. Sch an da». Dic am 22. d. M. erschienene 15. Nummer der Bade- uud Fremdculiste