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284 mich mit einer Verehrung, die n» Anbetung grunzte, beim sic ist . . . Bernhard befragte mit einem Blick Frau De- saubicrb, die sich zu lächelu auschickte. — Ist sic schau? — Sicherlich nciu, sic ist nicht einmal niedlich. — Ich weiß daü nicht, erwiedcrtc Bernhard, aber sic zuerst hat mir ciueu Begriff vau dem, was Schöuhcit ist, bcigcbracht. Nie werde ich deu Tag ver gessen, an dem sic mir cndlich in ihrcr wahren Ge stalt erschien, wenigstens in der, in welcher sic fort an mir stcts erscheinen wird, »nd ich gestehe, mir wnrdc der Gedanke sehr lieb, daß andere sic nicht mit denselben Angen nnsehen, daß diese Empfindung allein mein Eigenthum ist. Hier in dieser Lande beschäftigten sie sich mit einer Stickerei; Rosa lnö; ich, ich blickte sic an . . . cö war zur Mittagszeit im Hochsommer; die Blätter bewegten sich sanft »nd warfen niedliche bewegliche Schatten ans ihre gesenkte Stirn. Frau Ahmeö verlangte einen Kuüucl Seide, den sic im Zimmer vergessen hatte, und noch ehe ich recht verstanden hatte, legte Rosa das Buch hiu und lief iu das Haus. Bestürzt über meine Langsamkeit, über die Ursache, die sic veranlaßt hatte, über den geringen Eifer, den sic bczeichncte, wollte ich Rosa nnfhalten; sic war schon fort — ich folgte ihr. Wir liefen wie zwei Kinder, sic voran, mit cincr mich fröhlich hcranSsordcrndcn Micnc; sic berührte kanm den Sand der Allee, verschwand hier und da im dichten Gebüsch nnd erschien dann wieder, getragen von Bewegungen, deren Aunmth nichts wieder zn geben vermag. Daphne, Atalantc, Galatea: alle diese leichtfüßigen dichterischen Gestalte», mit denen die Gedichte Ovids die EinbildnngSkraft eines Ghnmasiastcn bevölkert, glaubte ich iu ihr vor mir flüchten zn sehen; Plötzlich lieh ihr meine Phan tasie eine noch verlockendere Gestalt. Ich glaubte das Glück mciucö Lebens selbst zn verfolgen, ein »»- erklürliches Verlangen, eö zu erreichen, zu fassen, nicht mehr entschlüpfen zn lassen, lieh mir Flügel. Ich erreichte Rosa, ich legte meinen Arm fest, bei nahe heftig nm sic; während einer Sekunde fühlte ich sie ganz an meinem Herzen zittern; cs schlug, als sollte cs zerspringen; aber sofort trat au die Stelle des gestillten Verlangens ein unüberwindlicher Schreck. Während dieser Verfolgung hatte ich Schütze von Bcrcdtsamkcit anfgehänft; ich bräunte, darauf ihr Alles zu sage», waö mein Herz bewegte und doch wußte ich uicht recht, was ich eigentlich sagen wollte; und jetzt, da sic mich hören konnte, fand ich kein Wort mehr; kaum vermochte ich, als sic mir erstaunt gerade in die Augen sah und hell anflnchtc, irgend eine unnütze Entschuldigung zn stottern, durch die sie noch lustiger gestimmt wurde. Seit jener Zeit mm hat mich ihr Bild Tag und Nacht begleitet und hat sich mir vor die Seele gestellt als das ein zige Ziel, der höchste Lohn für die Arbeit meines Hebens. Ich wünschte reich oder ein großer Mann zu werden, allein für sic; ich bcgrcife überhaupt nicht mehr, wie ich habe so nahe daran sein können, ans Liebesglück nnd Familienleben zn verzichten; aber vor jenem Tage schienen sic unerreichbar, an dem ich sic alle in Rosa in mcincn Armen zn halten glaubte. — Ja, erwiedcrtc Frau Dcsaubicrs uachdcnklich, Rosa ist fähig, Dir die Licbc zn ersetzen, die Dir fehlt und in der That Werth, Dein Lohn zn sein. Aber der Lohn setzt eine Anstrengung voraus, die Dn bisher noch nicht versucht hast. Wir müssen Alles in dieser Welt erringen nnd erwarten; nnd das ist sehr gut, denn unsere Wünsche ändern oft ihr Ziel in der Zwischenzeit; die Vorsehung schiebt oft ihre Erfüllung hinaus, da sic wohl weiß, daß dcr Mensch von gestern nicht mehr der von heute ist. Die Schäfcrlicdcr haben ihre bestimmte Zeit, und ohne Dir weh thun zu wollen, habe ich doch ein Recht zn der Befürchtung, daß auch Du dcr allgemeine» Regel dcr Wandelbarkeit unterworfen sein wirst. — Es gicbt Frauen, denen man nie untreu wer den kann! — Eben dieses Wort habe ich von eben so auf richtigen Lippen wie dcii Deinen vernommen, die dennoch später Anderen dieselben Schwüre geweiht haben; ich allein gedenke ihrcr noch, sagte Fran Dcsanbiers, die traurig geworden war. — Und wer ist dcr, welcher Sic vcrgcsscn konnte? fragte Bernhard mit dein warmen Mitgefühl, die jede Liebe allen Liebenden cinflößt. — Lassen wir das jetzt! Alles, waö ich sagen will, ist, daß vielleicht dereinst Rosa uicht mehr die einzige Fran in Deinen Angen sein wird, für die cs zu lebe» lohnt. Hast Dn ihr je Mittheilnng von Gefühlen, die sie Dir cinflößt, gcmacht? — Wie hätte ich cö wagen dürfen? Hast Du irgend einen Grund zn dcr Annahme, daß sie Dich crräth und daß sie Deine Licbc crwicdcrt? — Sic hat mir immcr nnr die offenste und ruhigste Freundschaft bewiesen, antwortete der junge Mann mit einem Seufzer. — Nun, so biudc Dich noch uicht. Ihr habt beide noch uicht das Recht, über Euch selbstständig zu verfügen. Rosa gehört der Mutter und Du der Arbeit, die Dir vielleicht einst gestatten wird, ihr ein sorgenfreies Leben, wenn auch nicht ein großes Vermögen anzubicten. Ich weiß, was Du mir ant worten wirst; Nosa'S Zusage würde Dir Kraft und Geduld eiuflößeu; aber um diese zu erhalten, würdest Du deu Frieden ihrer Seele stören müssen, lind wie, wenn ihr Herz für Dich nur eine schwesterliche Znneignng empfände? — — Erschrick nicht, lieber Sohu, ich habe keinen Grund, das eine oder das an dere zn glauben. Dn mußt hoffen, nnd wenn selbst diese »»bestimmte »»d ferne Hoffunug Deinen Mnth nicht er höhen würde, so liegt der Grund darin, daß Deine Liebe nicht so stark ist, wie Du sagst. Die feste nnd zugleich begeisterte Sprache mußte iu Bernhards Brust eine» Wiederhall wnchrufcu. — Die Unterhaltung wnrdc noch lanqc in dcr Laubc fortgesetzt nnd nach dem Einbruch dcr Nacht iu dem kleine» Salo» bei dem trauliche» Scheine der Lampe, wo tausend Znknnftüpläne wechselweise erwogen, ge ändert und sorgfältig geprüft wurden. Für den Anfang bot der Unterricht Bernhard mäßige ErwerbSgnellen, mit denen er bis zn einer neuen Wendung der Dinge zufrieden sein tonnte. H Unsere besten Handlungen sind immer von einem gewissen Eigennutz angekränkelt. Als Fran Desan- bierö in früheren Jahren sich der Mühe unterzog, eine Waise gegen die Trübsal nnd Gefahr, allein dastehcn zn müssen, zn schützen, war sic dcnnoch nicht bloö von dcr Barmherzigkeit, die sic übrigens so edel ansübte, geleitet worden. Sie hatte gerade in jener Zeit die große Entscheidung ihres Lebens getroffen nnd das Opfer gebracht, das einem Frauenhcrzcn am schwersten fällt, nämlich den Verzicht auf eine wahre nnd atlgcbietcndc Liebe, die unser Herz in Gegenden leitet, wo abwechselnd Stürme wüthcn und süßes Entzücken uns erfüllt. Von einer solchen Höhe ihres Lebens wieder herabziistcigen schien ihr anfangs schwerer als der Tod; aber dennoch trübte ihre Eigenliebe nicht ihren klaren Blick; sic bcgriff, daß, wcnn sic nach gebe, sie ihren ganzen Zauber iu den Augen eines jener Zweifler verlieren würde, die durch ungcwohute Hindernisse bis znm Wahnsinn entflammt, der be friedigten Leidenschaft einen geringeren Werth bei legen. Wcnn sic nicht bald, wie viele andere, ver gessen sein oder höchstens einen hervorragenden Platz auf der Liste der spröden und schwierigen Eroberungen cinnchmcn wollte, so galt es, entschlossenen Widerstand zn leisten. Ihr Stolz, der ihrer Reinheit eben bürtig war, forderte, daß sie allein in diesem über sättigten Herzen wohne. Eine zufällige Neisebekanut schäft hatte sic ciuaudcr gcuähcrt. Die unberechen baren Wechselfälle eines bewegten Lebens sollten sic voraussichtlich bald trennen. Dieser Umstand hatte wahrscheinlich dazu beigetragcu, ihre bedrohte Tugend gegen einen heißgeliebten Mann zu stärken, dcr durch sciue Geburt und seine Stellung einen hohen Rang in dcr vornchmcn Wclt cinnahm. Kurz, sic ver- micd die Erniedrigung, der Zahl dcr obcrflächlichcn Liebschaften hinzngefügt zu werden und ließ znm ersten Mal diesen Mann, dcr bis dahin durchaus unfähig war, seine Zeit in platonischem Schmachten zn verliere», deu Reiz einer ehrenhaften Freund schaft fühlen. Es wäre Schade gewesen, dachte er bald, wcnn ich die Tugcndkrone, dic diesem kleinen hochgesinnten Bürgertindc so allerliebst steht, in den Staub getreten hätte. Dcr lebhafte Acrgcr, den er bei seinem ersten mißlungenen Versuch cmpfundcn hatte, wurde durch sein Erstaunen über dic Neuheit ihrcö Widcrstaudcö gcmildcrt; cS bcrcitctc ihm Ver gnügen, mit ihr zu plaudern, ohne ihr dabei den Hof zn machen. Sie befragte ihn über sein fernes Vaterland, über seine wilde, stürmische und aben teuerliche Jugend, über sciue Reisen, dic ihn an ver schiedene Höfe Europa's geführt hatten und erhielt dabei Geständnisse, die dieser niemals irgend wem, nicht einmal sich selbst, hatte ablcgcn wollen. Diese Fragen, so zart und zurückhaltend sic auch waren, versetzten den leichtfertigen Grundsätzen des Weltmanns einen gewaltigen Stoß und lockten aus seinem verderbten Ich den besseren, fast treuherzigen Menschen hervor, von dessen Dasein er bis dahin keine Ahnnng gehabt hatte. So sprach cr eines Abends trotz seines Stolzes, dcr ihn zwang, diese unangenehme Erinnerung abzu- wciscn, von den bcklagcnöwcrthcn Folgen, dic eine seiner schnell verflogenen Lannen für ein armes Mädchen anö dem Volke gehabt hatte. (Fortsetzung folgt.) B e r m i s ch t e s. — Der Berliner Congrcßtisch ist nicht, wie irrthümlich gemeldet wnrde, dem märkischen Museum zum Geschenk gemacht worden, sondern befindet sich zur Zeit noch im Besitz deS Möbelsabrilnnten Prächtel. Herr Prüchtel gedenkt den Tisch zu verkaufen und verlangt siir denselben nur die Kleinigkeit von lwm Marl. — Aus Karlsruhe vom 27. Juli schreibt man dem ,,Fr. Jonrn.": Die Kasse deS hiesigen Feldartillerieregimentö Ar. ig ist gestern um die bedeutende Summe von 50 000 M. von zwei Kanonieren beraubt worden, wovon der eine Baden ser nnd der andere ein Prenße ans Königsberg ist. Die Cas fette Ivar unter dem Bette deS Stabsoffiziers aufbewahrt, wurde mittelst Hammers und Stemmeisens erbrochen und die darin befindlichen Gvldrollen und Papiergeld entwendet, wäh rend das Silbergeld unberührt blieb. Da der eine Dieb der Bnrsche des Offiziers, der andere eine Ordonnanz desselben Ivar, so wnrde ver Diebstahl erst entdeckt, nachdem sich Beide nicht mehr zum bezüglichen Dienst einsanden. Die Uniformen derselben sind in einem Abort des hiesigen Bahnhofes aufge- fnnden worden. Bei der leeren Cassette fand sich noch ein Revolver vor, welchen die Diebe zurückgelassen. Da der be treffende Offizier event. für den Berlust anszukommen hat, ist die Theilnahme allgemein. — Schweden erfreut sich Heuer der Rückkehr eines alten nnd geschätzten Freundes, der viele Jahre durch feine Abwesen heit geglänzt hat. Der Hering ist in letzter Zeit an den schwe dischen Küsten Ivieder erschienen und man hofft, das! er wieder Ivie zuvor seinen jährlichen Besuch abstatten wird, wodurch ein einst höchst wichtiger Geschäftszweig in Schweden znm großen Bortheile der Bevölkerung neues Leben erhalten wird. Mitt lerweile ist Norwegen im höchsten Grade eifersüchtig auf Schwe dens Glück, denn der Hering hat in diesem Jahre durch seine seltsame Laune die norwegischen Küsten verlassen, Ivo er ein höchst willkommener Besucher war. Niemand scheint sich diese Wankelmüthigkeit erklären zn können, allein der Hering muß seine guten Gründe gehabt haben, seinen Zug zu andern, die wohl wahrscheinlich nie werden bekannt werden. Der König von Schweden hat indessen die Professoren Sans und Smitt angewiesen, die Sache zu untersuchen nnd Bericht zn erstatten. Wenn jedoch die Herrinae nicht selbst Aufschluß geben wollen, wird cs den gelehrten Professoren sehr schwer fallen, die Aus gabe zu lösen. — Ans New-?)ork vom 10. Juli schreibt man der ,,N. Pr. Ztg.": Die Unsicherheit in den größeren Städten der Union, namentlich aber in New-Jork, nimmt infolge der noch immer andauernden Arbeitslosigkeit in erschreckendem Maße zu. Am Hellen Tage oder in den frühen Abendstunden werden Männer und Frauen in belebten Straßen niedergeschlagen oder durch eine» festen Griff an der Gurgel am Schreien behindert und ihrer Uhren, Schmuckgegenslände und Taschenbücher beraubt; gewöhnlich spotten die Verbrecher jeder Verfolgung. Wohl der ärgste Fäll ist die Beraubung des Kassenbeamten Lasctra der 3. Avenue-Straßenbahncompagnic, dessen Geschäft es ist, an den unteren Halteplätzen das Geld von den Condueteuren cin- zukassiren. Er saß Abends zwischen 8 und 9 Uhr, seine Hand tasche mit etwa 150 Dollars auf den Knien haltend, in einem Straßenbahnwagen, dem ein nicht weiter beachteter gewöhnli cher Geschäftswagen mit 6 Männern folgte. Als der mit Pas sagieren vollständig gefüllte Bahnwagen eine weniger belebte Strecke der Avenue erreicht hatte, sprangen 4 der Männer von ihrem Wagen und auf die Hintere Plattform des Bahnwagens; 2 derselben hielten dem Conductenr die gespannten Revolver vor den Kopf, während die andern Beiden Herrn Lasetra mit den Kolben ihrer Revolver niederschlngen, ihm die Tasche ent risse», ivieder auf ihren Wagen sprangen, eine Seitenstraße hin abjagten und auch glücklich entkamen. Alles war daS Werk weniger Augenblicke. Und doch heißt es, wir hätten hier in New-Jork die beste Polizei der Welt. Nun zahlreich und auch thener genug ist sie, aber mit ihren Leistungen sieht es übel aus. Ja wenn ein recht großer Diebstahl, namentlich in nicht leicht umzusetzenden Werthpapieren geschehen ist und auf die Wiedererlangung eine recht hohe Belohnung gesetzt wird, dann ist gewöhnlich daS Gestohlene, seltener der Dieb selbst, bald zur Hand. Reisegelege »heite». K. S. S ta a t s b a h n e n. 7 27 ") Vorm. 26 20 Abds. Abds. NachtS Nachts 12 40 I 10«) — «) Courierzug mit 3. Cl. P) ohne 3. Cl. *) Anhalt, in Krippen. früh Nachm. 7 45 -j-) II 15 21 1 40 51 6 36 8 25 -j-s 9 10 I 11 1 2 Von 8elmncknn nach ItmIenImest'l'eGeüon 2 — 4 — - 11 Nachm. 1 - 1 - -1 - 5 - 8 3 28 5 2!> 8 44 *) 8 34 -s) Von Uewulen nach 8eimnüan. früh 6 — - !> 35 Mitt. 12 — Nachm. 1 — ") Von 8eliiiiiil.ru nach Dromlen. früh 2 34 «) Von 8<!lmnünn nach Itautnen. früh 6 35 Vorm. 11 20 Nachm. 4 5 Abds. 9 — Von I!nnt/.en nach 8«I»iiti! u. 8elmnik»u. früh 7 55 5 39 6 12 Ank. Mitt. 12 25 10 10 10 43 Nachm. 2 15 2 41 3 23 - 4 40 7 25 87 (Sämmtlich Personenzttge 1.—4. Claffc. Stichsisch-Böhm. Dampfschifffahrt. Abfahrt des DampfbootcS Von 8vimmlnu nach Deemlen. Von Ureste» nach 8eiucnünu. Von 8Kmm1nn früh 6 — Vorm. 10 30 Nachm. 2 — - 2 50 - 5 30 Abds. 7 — früh 6 — - 7 — - 8 — Vorm. 10 — - 11 — Nachm. 2 — 10 20 nach Leitmeritz. 12 30 - Herrnskretschen. 2 30 - Anßig. vom Hauptzollamt: von Bahnhof: früh 6 15 Nachm. 3 10 früh 6 35 Nachm. 3 28 7 10 40 7 30 4 — 8 10 5 10 8 25 5 28 8 50 5 35 9 10 5 45 10 — 6 50 10 15 7 — 10 50 8 — 11 10 8 10 Nachm. 12 45 8 20 Nachm. 1 — 8 30 I 12 8 42 I 30 8 53 I 45 9 30 2 6 9 45 Nednction, Druck und Verlag von Th. Legler L H. Zeuner in Schandau.