Volltext Seite (XML)
AWsche (MMmg. Amts- «nö Avzeigeblatt für das Königl. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtqemeinderath zu Hohnstein. Die „Sachs. Elb-Zcitniig" erscheint Mitttvoch und Sonnabend und ist durch alle Pvstanstalteu, soivie durch die Expedition dies. Vl. für I Mark Vierteljahr!, zu beziehen. — Inserate für das Mittwochsblatt werden bis Dienstag frny t) Uhr, für das Sonnabendsblatt spätestens bis Freitag früh ik Nyr erbeten. — Preis für die ge spaltene Corpnszcilc oder deren Nanni 10 Pf., Inserate unter ü Zeilen werden mit 50 Pf. berechnet, (tabellarische oder complicirte nach llcbereinknnft.) — Inserate für die Elbzeitnng nehmen an in Hohnstein Herr Bürgcrmstr. Hesse, in Dresden und Leipzig die Annoncen-BüreanS von Haascnstcin L Vogler, W. Saalbach, Jnvnlidendank nnd Nnd. Mosse. 27.Schandau, Mittwoch, den 3. April jU78. Politische Weltschan. OKcin Kongreß, kein Frieden! Das ist cs, waö die Ereignisse der vergangenen Woche icidcr Gottes zur höchsten Wahrscheinlichkeit gemacht Haden. Die Borbcrcitnngcn Englands gestatten darüber kaum einen Zweifel. Man könnte eine PrciSanfgabc für Denjenigen ansschreibcn, welcher der Welt die Gründe klar auseinander zn setzen verstände, weshalb John Bull immer noch Umstände macht, seinen Beitritt zum Friedenskongresse zu erklären. Es sind sicher dieselben Gründe, welche England verhinderten, dem Berliner Memorandum bcizutrclcu: nämlich der eng lische Spleen, etwas ApnrlcS haben zn müssen; denn ein vernünftiger Grund war weder damals noch ist er jetzt denkbar. England verlangt die Diskussion über die einzelnen FricdcnSartikcl ans dem Kongresse. Gut — Rußland schickt den Wortlaut des Fricdcus- vcrtrageö nicht nur jeder einzelnen Macht zn, damit sic Zeit znr gehörigen Erwägnng hat, sondern ver öffentlicht ihn auch vor aller Welt, damit die öffent liche Meinung ganz Europas über das Ganze des Vertrages, sowie über die einzelnen Artikel ihre Stimme abgcbcu könne. Was Rußland also jedem Zcitungö schreibet' gestattet, wird cs wohl auch dcu Großmäch ten Europas nicht versagen; ja cö erklärt sich noch obendrein ausdrücklich dazu bereit. England ist nicht befriedigt. Warum? Wir wissen cö nicht! Die Ablehnung dcS Berliner Memorandums seilens Eng lands veranlaßte den russisch-türkischen Krieg; der Nichtbcitritt Englands zum Kongresse rnft den Krieg Englands gegen Rußland hervor. Wir haben nnS lange gegen die Möglichkeit dieser Eventualität ge sträubt, einfach aus dem Grunde, weil dieser Krieg im gegenwärtigen Augenblicke zu dumm wäre. Die selbe Frivolität, mit welcher Frnukrcich dcu Krieg gegen Deutschland begann, treibt England zum Krieg gegen Rußland; die Lorbeeren des jungen Ollivier lassen den alten Diöracli nicht schlafen; der übcr- sprndclndcn Jngcnd konnte man den dnmmcn Streich verzeihen; das bedächtige Alter fordert ein strengeres Urthcil heraus. Es unterliegt keinem Zweifel mehr, daß England den Krieg beabsichtigt nnd längst beab sichtigt hat. Die einzige, schwache Hoffnung anf Er haltung dcö Friedens könnte mir darin noch gefunden werden, daß England keine Allianzen zu Staude bringt. Frankreich wird sich hüten, die englischen Kastanien anö dem Feuer zu holen; Oesterreich scheint einem langwierigen nnd sehr gefährlichen Kriege die Bc- theiligung an der russischen Beute vorzuzichcn. Sonst ist keine Macht vorhanden, welche Lust hat, an der englischen Frivolität sich zn bcthciligcn. Ganz Europa sehnt sich nach Ruhe; cs hat dcr Aufregungen im letzten Jahrzehnt gerade genug gehabt. Dcr Berliner Kongreß, welcher diese Rnhc endlich bringen sollte, wird von England unter dcu nichtigsten und albernsten Vorwänden verworfen. Möge cö dcnu sein Schicksal erreichen! Dcr russisch-türkische Kricg hieß dcr orim- talischc; der englisch-russische wird den Namew dcö asiatischen Krieges führen. Denn daran ist nicht zn zweifeln, daß Rußland den Gegner an dcr Hanpt- wurzcl seiner ganzen Macht angrcift, in Ostindien. In Europa hat Rußland den Kricg gcgcn die Muscl- männcr geführt; in Asien wird cö kein Bedenken tragen, sich mit dcu Muselmännern zn verbinden und die Fackel dcö Aufruhrs nach Ostindien zu werfen, zumal wenn, wie ganz wahrscheinlich, eine türkisch- russische Allianz hervorgeht. Die Länder liegen heute nicht mehr so weit auseinander, wie vor Jahrhun derten. Anch hat Rußland gelernt, den Kricg mit großen Mitteln zu führe». Wir kuüpfcu au diese kurze Betrachtung dcr augenblicklichen Situation noch folgende Zcitungöstimmcn: Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Mit Derby scheide derjenige Minister ans dem Amt, der während dcr letzten Jahre am meisten seine Objektivität bewahrt und, ohne persönlichen Im pulsen zu folgen, ein würdiger Repräsentant der besseren Tradition dcr britischen Politik gewesen sei. Dcrby'ö Verbleiben im Amte habe allgemein als gleichbedeu tend mit dcr Erhaltung des Friedens gegolten. — Die „Nat. Ztg" sagt: Wenn Derby aus dem Kabinct anSschcidct anö Gründen dcr Politik, dic das Kabinct im Orient verfolgt, so ist dic ernste Bedeutung dieser Politik damit gekennzeichnet. Wenn dcr Mann zurück tritt, welcher der letzte Anhänger dcö Fricdcnö ist, der die das Kabinct umfasscndcn militärischcn Vordere!! nugcn nnd endlich dic Einbcrufnng dcr Ncscrvcn zu- sammcnhält, so kann man nicht mchr daran zweifeln, daß England sich zu kriegerischen Untcrnchmuugcn vorbereitet. Dcr deutsche Reichstag hielt vergangene Woche nur wenige Sitzungen und beschäftigte sich dabci ledig lich mit Etatöbcrathungcu, dic ein wesentliches Jutcrcssc nicht boten. Viel iutcrcssantcr gestalteten sich die Sitznngcn dcö preußischen Abgeordnetenhauses, indem sic dic Wünsche dcö Fürsten Bismarck durch- krcnztcn. Bekanntlich mußten die Minister Kamp hausen nnd Achenbach ihre Demission nehmen, weil sic den wirlhschaftlichcn Pläncn dcö Reichskanzlers nicht zugcthan waren. Nachdem die Portefeuilles iu dic Hände Maybach'ö nnd Hobrcchts übcrgcgangcn, verlangte Fürst Bismarck vom Abgcordnctcnhausc, die Forsten nnd Domänen dem Finanzministerium zu entziehen nnd außerdem anch ein besonderes Eiscu- bahuministcrium zn errichten. Beide Fordcrnngcu lehnte das HauS rundweg ab. Nur dcr Gchalt für dcu Stcllvcrtretcr oder Vicckanzlcr Graf Stollbcrg wurde bewilligt. In diesem Vorgehen liegt ein Pro gramm nnd maßgebenden Ort wird dasselbe wohl verstanden werden. Daö Volum dcr Laudcöverlrctuug besagt, daß man dem Ministerpräsidenten persönlich jede Erleichterung gewähren wolle, daß man aber eine Unterstützung hinsichtlich seiner inneren Politik von „Garantien" abhängig machen wolle. Denn dic Acndcrnngcn, wclchc Fürst Bismarck vorschlug, und persönlich mit Wärme vertrat, sind nicht gerade solcher Natnr, daß man sic als reaktionär oder autilibcral bezeichnen könnte. Unter anderen Umstünden würde ohne Zweifel die Vorlage nur anf einen sachlichen Widerstand gestoßen sein. In Oesterreich hat man eine strategische Kom mission nicdergcsctzt, welche ihr Urtheil über den Frie den von San Stefano abgcbcn soll. Dies ist ge schehen. Daö Urthcil lantet: Dcr russisch-türkische Friede taugire österreichische Interessen, und wenn er aufrecht erhalten bliebe, so müßte Oesterreich durch direkte Erwerbung oder durch Verträge die Ausdehnung der militärischen Machtsphärc über Serbien, Mon tenegro, Bosnien und Albanien durchführen. Jeden falls zieht man in Wien den bcgucmercn Weg dcr Verträge jenem weit kostspieligeren dcö Krieges resp. der Eroberung vor. General Jguatieff, der vorige Woche in Wien war, dürfte wohl die Mission gehabt haben, eine Verständigung zwischen Rußland und Oesterreich zn erzielen. Wiener Blätter besprechen den Aufenthalt Jgnaticff's in folgender Weise. Die Presse meint, dcr Zeitpunkt znr Erlangung faktischer Kompensationen für Oesterreich sei vorüber, Oesterreich müsse sich nur darauf beschränken, das Machtgebict au seinen Grenzen für moralische Eroberungen frci- zuhalteu. — Das „Tageblatt" erachtet den Moment für günstig, in welchem Oesterreich von Rußland einen hohen Preis für seine Freundschaft fordern dürfe, wenn Oesterreich Rußland überhaupt seine Freundschaft gewähren wolle. — Dic „Neue freie Presse" räth Audrassy cm, daß er bei den Verhand lungen mit General Jguatieff deu drohenden cnglisch- russischcu Kricg zu verhindern suchen müsse. General Jguatieff werde sich jetzt, wo Rußland auf die Freund schaft Oesterreichs angewiesen sei, schwerlich nnbengsam zeigen. Wenn sich Graf Andrassy auf den englischen Standpunkt stellte, so würde er dem Frieden einen guten Dienst leisten. — Daö „Frcmdcublatl" bespricht dic bessarabischc Frage nnd hebt dabei hervor, daß Rumänien die Sympathien und die Unterstützung dcr europäischen Mächte in erster Linie verdiene. Nicht nur in Italien, sondern alle Welt war auf dic erste Allokation des neuen Papstcö gespannt. Sic crfolgtc vorige Woche. Dcr Papst wies in seiner An sprache an das heilige Kollegium auf die Herrlichkeit dcö Pontifikates Piuö IX. und die Tugenden dessel ben hin, und erwähnte dic allgemeine traurige Lage der bürgerlichen Gesellschaft und der katholischen Kirche, namentlich aber diejenige dcö heiligen Stuhles, wel cher auf gcwalllhäligc Weise der weltlichen Macht beraubt, nicht den vollen, freien und nnabhüngigen Gebrauch vou seiner Gewalt mache» könne. Sodann hob dcr Papst hervor, daß er gleich wohl daö Ponli- sikat angenommen habe, weil er Golles Wille» habe gehorche» wollen, der sich in dcr Schiielligkeil nnd der Einstimmigkeit seiner Wahl knndgcgebe» habe. Dcr Papst bctheucrtc darauf feierlich, daß er alle Sorge auf die Bewahrung des katholischen Glaubens nnd der Rechte der Kirche richicn werde. Er vertraue auf dic Hilfc dcö Kollegiums. Es gereiche ihm zum Tröste, durch die Wiederherstellung der katholischen Hierarchie in Schottland daö Werk Piuö IX. vollenden zu köimen. Dcr Papst schloß mit der Ausfordcrnug, ihu zu unterstützen, damit dic Religion intakt be wahrt werde, und zu bctcu, daß Golt das schiff Petri nach dem Sturm iu den Hafen geteilt. — Diese Allo- tutiou erscheint uns ziemlich farblos nnd gerechtfertigt, weuigslciiö in diesem AuSzngc, kaum die besonderen Erwartungen, wclchc man an die erste offizielle AuS- lassnug dcS Papstes geknüpft. Freilich geflucht wird nicht mchr im Vatikan, das ist klar. Aber für dic „Ncchtc der Kirche" soll nach dieser Kmidgcbuug alle Sorge getragen werden. Allerdings heißt das noch nicht, daß auch alle übermäßigen Ansprüche dcö Vati- taus aufrecht erhalten bleiben sollen, nnd so dürfte dic Allokation wichtiger sein durch daö, was sic zn sagen unterläßt, als durch das, was sic wirklich sagt. Iu Bezug auf die KricgSrüsluugcn Englands wird aus London geschrieben: „Die erste HccrcS- abtheilimg ist mobilisirt; die zweite steht so bereit, daß auch sic jedem Augenblick in Bewegung gesetzt werden kann. Ungefähr 80,000 Mann sind somit znr unmittelbaren Verfügung vorhanden. Znfolgc der neuerlichen Acußernng des Oberbefehlshabers dcr Gcsammtstrcitkraft von England, deö Herzogs von Eambridge, darf im Kriegsfall auf dic Bereitwillig« kcit ganzer Miliz-Regimenter in jeder Grafschaft zum auswärtigen Dienste gerechnet werden, wie auch auf die gleiche Anerbietung vou etwa 20,000 Maun aus den Frciwilligen-Schaarcn. Auö ciucm Rundschreiben deö Obcrstlieuteuant Hope, der die freiwilligen Ar tilleristen von Surrey befehligt, kauu man ersehen, wie klar die Sachlage unter dieser Bürgcrtruppc auf- gefaßt wird. Daö Rundschreiben sagt: dic Nothwen- digkcit, weiteren Ucbcrgriffcu gegen dic Sicherheit und Freiheit Europas cium festen Widerstand cntgegenzu- sctzcn, trete jetzt dringend an die Nation Hera». Un ter diesen Umständen erscheint cs ihm wünschcnöwcrth, daß dic Regierung erfahre, in wie weit sic auf dic Bctheiliguug dcr Freiwillige'» rechnen könne, sei cs zmn BesatzuugSdienst im Mittelmeer oder im offene» Felde. Jeder Offizier mid jeder Mann seiner Bri gade, der sich dafür melde» will, ist daher aufgcfor- dert, seinen Namm cinzuseudcn. Es mag hier daran erinnert werden, daß außer dcu 193,000 unter den Waffen befindlichen Freiwilligm etwa weitere 600,000, dic noch im besten Alter der Verwendbarkeit stehen, dieser Truppe früher angchörtm. Alan nimmt au, daß im Nolhfall eiue große Zahl derselbe,! wieder in'ö Frciwilligmhecr ciutrctc." Dic russische Diplomatie hat den schweren Feh ler begangen, sich mit ihren Buudcögcnossm nicht ge nügend zu verständigen n»d hat sich dadurch neben der türkischen noch eine rumänische Frage zugezogeu. Indem ohne Zuziehung Numümcuö abgeschlossenen Frieden vou San Stefano haben dic Russen eigen-