Volltext Seite (XML)
8, 12 Jamiar 1891. Nichtamtlicher Teil. 207 deutschen Spatzen und Schusterjungen pfeifen, verliert drüben seinen deutschen Charakter unter den Bestrebungen, sich gegen alle merkantilen und industriellen Errungenschaften des alten Welt teils abzuschließen. Aber an eines scheint man drüben doch zu denken: in dem Bestreben, sich selbst genug zu sein, selber alles allein machen zu können, weiß man doch, daß die europäischen Knnsterzengnisse (in erster Reihe Gemälde, Stiche, Radierungen re.) sich nicht vollwertig drüben reproduzieren lassen; das zu Reprodu zierende auf diesem Gebiete kann immer nur Stückwerk bleiben und nur so lange genügen, als man sich damit begnügt nach einer Sixtina oder sonst einer hervorragenden Leistung des Grabstichels Photographieen oder photographische Schnellpressendrncke im ver kleinerten Maßstabe herzustcllen. Hierin lag und liegt bis jetzt jene enorme Schädigung deutscher Knnsterzengnisse, welche man anerkennen muß, wenn man wähnt, deutsche Autoren- und Ver legerinteressen kämen bei Schaffung oder Nichtschaffung eines Schntzgesetzes mit Amerika nicht sonderlich in Frage. Ist auch der Export deutscher Kunstblätter nach drüben kein unbedeutender, so wird doch die Nachbildung im großen Stil betrieben, und cs sind die Fälle nicht selten, wo Nachbildungen sensationeller Blätter in der Anzahl der abgesetzten Auflagen (siehe Piglhein, Idylle) de» deutschen Absatz um das Hundertfache übersteigen. Das wissen nicht nur deutsche, sondern auch französische und englische Kunst- Verleger voll zu ermessen, welche mit der übelen Erfahrung der Thatsachcn zu rechnen haben. Angesichts der neuen Bill haben wir also in Zukunft mit folgenden Punkten zu rechnen: 1. Der deutsche Knnstverleger darf seine Kunstblätter, nachdem er sie in Washington in zwei Exemplaren eingereicht und damit geschützt hat, in Amerika selbst einsühren; 2. Der deutsche Büchervcrleger muß in Amerika setzen und drucken lassen, zwei Exemplare dieses Werkes in Washington einreichen und, gegen Nachdruck geschützt, verkaufen, während von seiner in Deutschland gedruckten Auflage kein Exemplar in Amerika Angeführt werden darf; 3. Die Eintragung eines Titels durch den Kvngreßbibliothekar in Washington kostet 50 Cents, die Eintragung und Be glaubigung einer schriftlichen Urkunde, durch welche ein Urheberrecht übertragen wird, kostet 1 Dollar; 4. Der Nachdrncker geschützter Erzeugnisse wird bestraft zu Gunsten des Eigentümers durch Verluste der Platte» und hergestelltcn Exemplare und hat für jeden einzelnen in seinem Besitz Vorgefundenen oder feilgebotencu Bogen einer Auslage und für jedes einzelne Blatt eines Kunstwerkes 10 Dollars zu zahlen, wovon die Hälfte dem Eigentümer zu gute kommt. Man sieht, daß die amerikanische Bill eine wohlthucndc Strenge hinsichtlich der Strafe walten läßt, und cs wird sich wohl so leicht kein Nachdrncker drüben einer solchen Gefahr aussetzen; dennoch wird man sich fragen: wer wird in dem großen Staatcn- komplex die Kontrolle üben und wie wird sic geübtwerden? Wird die Registersührung in Washington allein genügen, um Ausschreitungen, zumal im Bereich der Zeitschriften in den entlegensten Staaten zu entdecken und zu verhindern? Ich glaube: nein! Deshalb will ich schon heute hierum angeregt haben: cs möge in New Aork eine Zentralstelle geschaffen werden — am zweckdienlichste» wohl durch unser» Börsenvcrein — welche die Gesamtintercsscn des deutschen Buch- und Knnsthandcls in allen durch die Bill ent stehenden Fragen schützt, ein deutsches Bureau, an welches alle in Washington unzureichenden Erzeugnisse gehen, welches ge leitet wird durch eine deutsche Persönlichkeit, die sich drüben eines größeren Ansehns erfreut und eine advokatorische Thätig- keit zu entfalten im stände ist, kurz eine Persönlichkeit, mit welcher sich jeder einzelne Verleger hüben und drüben in Konnex setzen kan». Tritt die neue Bill am 1. Juli dieses Jahres in Kraft, so dürfte für die Erörterung dieser bren nenden Frage gar nicht viel Zeit zu verlieren sein, wobei aller dings auch noch in Betracht zu ziehen sein dürfte, daß die Rezi prozität des deutschen Reiches auf die Wirkung der Bill schnell erlangt werde, sobald die Sanktion durch den amerikani schen Senat gegeben ist. Es wäre also schleunigst erforderlich, daß die deutsche Regierung den Amerikanern dieselben Schutz rechte gewährt, welche in unserm eigenen Lande obwalten. Ich schließe mit dem Wunsche, daß diese Schritte so bald wie möglich geschehen mögen, damit der deutsche Buch- und Kunst- Handel je eher je lieber des langersehnten Genusses teilhaftig werde, den ihm die neue sehr begrüßenswerte Bill gewährt. Vermischtes. Urhcberrechtsschutz in den Vereinigten Staaten N.-A. — Aus New-Aork berichtet man: Das Schicksal der Bill über das Urheberrecht an Schriftwerken ist wieder ungewiß geworden. Nachdem das Repräsentantenhaus sie ge nehmigt hat, «vollen einige Senatoren Amendements stellen. Sollte sie nochmals an das Haus kommen, so ist geringe Aussicht aus abermalige Genehmigung vorhanden. Zur Einfuhr in die Vereinigten Staaten N.-A. — Eine Entscheidung des Schatzdcpartcmcnts in Washington, unterzeichnet O. L. Spaulding, besagt, daß die vom l.März ab in die Vereinigten Staaten eingehenden Waren zwar mit dem Stempel des Ursprungslandes bezeichnet sein müsscn, daß es aber nicht nötig ist, daß dieser Stempel auf den cinzclncu Waren angebracht wird, sondern daß nur die Aus machung der Waren, die Verpackung derselben und die Kisten, Kasten und Umschläge, in welchen sic sich befinden, mit einem äußerlich sicht baren Stempel des Ursprungslandes versehen sein müsscn. Den Waren, die auf Konsignation in die Vereinigten Staaten ciugcsührl werden, ist eine vom Fabrikanten selbst Unterzeichnete Dekla ration beizusllgcn, welche die Angaben über die Produktionskosten, Ver packung und einen Zuschlag von 8 Prozent enthalten muß. Diese An gaben sollen aber nur den Zweck haben, Defraudation der Einfuhr von Waren, die einem Wertzoll unterliegen, zu verhüten. Gleichzeitig hat der amerikanische Finanzminister entschieden, daß alle abzugcbcnden Erklärungcn°sür die zum Verkauf in den Vereinigten Staaten konsignicrten Waren von den Fabrikanten selbst unterzeichnet werden müsscn; doch sei cs durchaus nicht notwendig, daß dies in Gegen wart des betreffenden Kvnsularbcamtcn geschehe. Deutsches Buchgewerbe-Museum. — Neu ausgestellt sind 14 Blatt Radierungen von Bernhard Manufeld, »Aus Alt-Breslau und Schlesien-, Oppeln, Eugen Franck's Buchhandlung (Geschenk des Herrn Verlegers). Von den Blättern behandeln 7 das alte Breslau, wie es uns Freytag in -Soll und Haben» beschreibt; die anderen bringen inte ressante Partien aus Lnuban, Haynau, Stephansdorf bei Breslau und anderen Orten. Die Blätter reihen sich den anderen so zahlreichen Schöpfungen des Künstlers würdig an. Gerichtsentscheidung. Schaden durch Verstümmelung eines Telegramms. — Obwohl der nachfolgend mitgcteilte Fall den Buchhandel und dessen Zweige nicht unmittelbar berührt, so dürfte er doch auch für diesen von Interesse sein und sei darum nach einem Be richt der Allgemeinen Zeitung im Auszuge hier wiedergcgcbcn. Das Tclcgraphcnamt leistet bekanntlich für keinen durch sein oder seiner Organe Verschulden hervorgeruscncn Schaden irgendwelchen Ersatz. Im vorliegenden Falle handelte cs sich um einen telegraphischen Auftrag, welchen die Firma Abel in Stargard Ende Juni v. I. der Unionbank in Frankfurt a/M. zum Verkaufe von 50V Stück Lombarden und Kauf von 500 Nordostbahn sandte. Die Bank führte den Auftrag aus und erteilte darüber telegraphische Anzeige. Erst nach drei Tagen reklamierte der Auftraggeber telegraphisch, er habe nur 50, nichtjbOO Stück Nordostbahn zum Kaufe ausgegeben. Die Union-Bank ließ nun sofort die irrtümlich gekauften 450 Stück Aktien auf Kosten des Auftraggcbcrs^verkauscn und machte den letzteren für den entstandenen beträchtlichen Schaden haftbar. Das Handelsgericht ging gar nicht weitcrAauf den erschwerenden Umstand ein, daß die Stargarder Firma drei Tage verstreichen ließ, bevor sie überhaupt reklamierte. Sie verurteilte die Firma Abel zur Zahlung der Angeklagten 18 735 ^ an die Union-Bank. Das Urteil erklärte, cs brauche nicht untersucht zu werden, ob die Acnderung des Telegramms in Stargard oder in Berlin stattgcfunden habe; denn cs könne keinem Zweifel unterliegen, daß, werjsichZeines an sich zulässigen Mittels wie des Telegraphen bedient, der Natur der Sache nach auch die Haftung übernimmt für alles, was sich daraus ereignen könne, daß er für die Vorteile, welche aus der schnellen Beförderung erwachsen, auch das Risiko trage, welches eine solche Beförderung mit sich bringt. Der Empfänger des Telegramms, selbst wenn cs verstümmelt sei, hätte dasselbe gerade so zu behandeln, als hätte der Absender die