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Politische Rundschau. Deutschland. * Auf Schloß Friedrichshof hatten Kaiser Wilhelm und König Eduard eine pri vate Unterredung, der eine politische Be sprechung unter Zuziehung des Staats sekretärs v. Tschirschky und des Botschafters Las celles folgte. Was die Monarchen verhandelten, ist noch nicht bekannt geworden, doch darf als sicher gelten, daß sowohl die Verhältnisse in Rußland, wie die augenblicklich brennende Balkanfrage berührt wurden. . * Neben der Begegnung zwischen dem Kaiser - und König Eduard steht die Berufung des Reichskanzlers Fürsten v. Bülow an das kaiserliche Hoflager auf Schloß Wilhelms höhe im Vordergründe des politischen Interesses. Der Reichskanzler trifft zum Vortrag beim Kaffer am 18. d. in Wilhelmshöhe ein. Man wird in der Annahme nicht fehlgehen, daß nebst gewissen Fragen auf dem Gebiete der äußeren Politik.der ziemlich schwierige „Fall Pod- bielski" bei dieser Gelegenheit einer ein gehenden Erörterung unterzogen werden wird, zumal alle beteiligten Persönlichkesten ein großes Interesse daran haben müssen, diese Angelegen heit in der einen oder andern Weise zur Klärung zu bringen. * Kaiser Wilhelm äußerte beim Empfange zweier Bürger der Ver. Staaten, daß er den Wunsch habe, selbst die V e r. Staaten zu besuchen und denPräsidentenRoose- velt, für den er große Bewunderung hege, kennen zu lernen. * David R. Francis, der Präsident der letzten Weltausstellung in St. Louis, ist in Berlin eingetroffen, um dem deutschen Kaiser ein Diplom der Ausstellung zu über- ' reichen. * Zwischen Deutschland, England, Belgien und den Niederlanden ist ein P o st- vertrag vereinbart worden und soll am 1. November 1907 in Kraft treten. Als die hauptsächlichsten Bestimmungen des Vertrages werden verzeichnet: Das Gewicht der gewöhn lichen Briefe, die von den Niederlanden aus nach einem der drei Staaten oder von dort her nach den Niederlanden versandt werden, wird von 15 Gramm auf 20 Gramm erhöht und das Porto von 25 Centimes auf 20 Centimes ermäßigt. * Amtlicher Nachweisung zufolge belief sich die Einnahme an Wechsel st empel st euer im Deutschen Reiche für das erste Drittel des laufenden Etatssahres auf 5 085 966,80 Mk. oder auf 325 431,90 Mk. mehr als im gleichen Zeiträume des Vorjahres. Osterreich-Nngarn. * Am Deutschen Volkstag in Böhmen, in Parchatitz, nahmen, um gegen den tschechischen Studentenausflug zu demon strieren, 2000 Deutsche aus Süd- und Nord böhmen teil, die sich vor dem Kaiser Joseph- Denkmal versammelten. Dabei kam es zwischen den beiderseitigen Teilnehmern zu mehrfachen heftigen Zusammenstößen, so daß Gen darmerie einschreiten mußte, bis die Tschechen die Nattonalfahne vom Vereinshaus entfernten, was die Deutschen mit stürmischen Heilrufen be gleiteten. Frankreich. *Jm Kongo st aate ist es zwischen deutschen und französischen Kolomalgesellschaften zu recht unerfreulichen Streitigkeiten ge kommen, die noch viel Staub aufwirbeln werden. Gentil, der Gouverneur des Kongogebiets, dessen Gesundheit erschüttert ist, wurde nach Paris berufen. Er wird hier Gelegenheit haben, über die Streitigkeiten zwischen Organen der Hamburg-Afrika-Gesellschaft und den französischen Kolonisationsgesellschasten Näheres zu beuchten, insbesondere zu begründen, warum Kapitän Chottes aus dem ihm unterstehenden oberen Gabon-Gebiet zahlreiche deutsche Händler aus- weisen ließ. Italien. * Die lange erwartete Willenserklä rung des P a p st e s zu der französischen Kirchen frage ist jetzt veröffentlicht. Sie enthält einen entschiedenen Protest gegen das Trennungsgesetz, das ausdrücklich als ein „Unter- drückungsgesetz" bezeichnet wird. In der Haupt frage, der künftigen Organisation der katholischen Kirche in Frankreich, lehnt der Papst die Kult vereine in der Form, wie sie jenes Gesetz vorsieht, ab, läßt aber andre kirchliche Ein richtungen zu, die sich wohl praktisch so ent wickeln könnten, daß sie vom Standpunkte des Staates aus als den gesetzlichen Anforderungen entsprechend erschienen. Spanien. *JnChiclana kam es wegen des Verbots der Abhaltung einer Protestversam mlung gegen die Akzise zu einem blusigen Zu sammenstoß, bei dem der Bürgermeister und Frhr. v. Riedel ch. Der ehemalige bayrische Finanzminister Emil Frhr. v. Riedel ist nach schwerem Siechtum in der Nacht zum 14. d. gestorben. Das bayrische Finanz wesen verdankt ihm zahlreiche Reformen. Auch zur Förderung des ersten Reichsbankgesetzes trug Frhr. v. Riedel wesentlich bei. ein Gemeinderat Verletzungen davontrugen. Die Bürgergarde gab Feuer, wodurch mehrere Per sonen verwundet wurden. Ruhland. * Wie jetzt bekannt wird, ist der Plan des Ministerpräsidenten Stolypin, eine Anzahl Ministerposten mit Nicht-Bureau- kraten zu besetzen, auf direktes Eingreifen des Zaren hin gescheitert. In Peterhof war man nicht geneigt, die weitgehenden Forderungen der Ministerkandidaten zu bewilligen. Minister präsident Stolypin erklärte einem Vertreter eines Petersburger Blattes, er sei mit den Bedingungen der Nichtbureaukraten für den Eintritt in das Ministerium völlig einverstanden gewesen, doch sei sein Vorgehen von Peterhof aus getadelt worden. * Der Nat der Universität Odessa beschloß, bei dem Ministerium die Zulassung sämtlicher jüdischenStudenten zu bean tragen, die zu Beginn des neuen Semesters um Zulassung zum Universitätsstudium bitten. Das Ministerium Stolypin wird diesem Entschluß gegenüber zeigen müssen, wie weit es sich zu freiheitlichen Reformen verstehen will. * Die Polizei in Libau hat in der Woh nung eines Arbeiters eine Bande von 17 Per sonen aufgehoben, welche einen Postzug beraubt hatte. Balkanstaaten. * Die Pforte hat an alle türkischen diplo matischen Missionen eine Zirkulardepesche ge richtet, in welcher mitgeteilt wird, daß der Sultan vollkommen wieder hergestellt ist. *Die Verstimmung jener griechischen Kreise, die auf eine politische Bereinigung Kretas mit Griechenland hoffen, macht sich immer bemerkbarer. In Griechenland selbst zeigt sich diese Enttäuschung ganz offen, zumal der Besuch König Eduards neue Hoffnungen in dieser Richtung erweckt zu haben scheint. Zm Ver besserung der Finanzlage .Kretas war von den Schutzmächten in letzter Zeit eine drei- prozentige Zollerhöhung vorgesehen. Auch die Unterstellung Kretas unter die internationale griechische Finanzkommission war vorgeschlagen, aber wieder fallen gelassen worden. Der Rück tritt des Oberkommissars von Kreta Prinzen Georg ist, falls die Mächte sich nicht zm Annahme der Vorschläge entschließen, die das Athener Kabinett gemacht hat, unvermeidlich. * Bukarester Meldungen stellen es als wahr scheinlich dar, daß nach Abhaltung der für den 19. August vorgesehenen, in Philippopel abzuhaltenden antigriechischen Ver sammlungen der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Griechenland und Bulgarien erfolge. Die griechische Regie rung habe der bulgarischen zur Kenntnis ge bracht, daß, wenn sie nicht alles, was in ihrer Macht stehe, aufbiete, um die Ausschreitungen gegen die Griechen zu verhindern, sie ihre Folge rungen ziehen werde. Der erste Schritt werde die Abberufung der griechischen Vertreter in Bulgarien sein. Nach allem, was die wider sprechenden Meldungen am Balkan besagen, muß es als ausgeschlossen erscheinen, daß so schnell Beruhigung eintreten wird. Amerika. *DieallamerikanischeKonferenz in Rio de Janeiro hat einen Beschluß ange nommen, in dem eine Reorganisation des Inter nationalen Bureaus der amerikanischen Republiken beschlossen wurde; ferner wurde festgesetzt, daß naturalisierte Staatsangehörige, die in ihre Heimat zurückkehren und dort länger als zwei Jahre sich aufhalten, ihrer durch die Naturali sation in dem Aufnahmestaate erworbenen Rechte verlustig gehen; endlich wurde noch ein Beschluß gefaßt, der die Geltungsdauer des über die Geldforderungen zwischen den ameri kanischen Republiken bestehenden Vertrages ver längert. Asien. * Zwischen Japan und Rußland wurden die Verhandlungen wegen Abschluß eines Fischereiabkommens eröffnet. * Die chinesische Regierung legt, wie die Londoner ,Times' aus Peking melden, in der Angelegenheit derenglischen Eisen bahn in China hinsichtlich der drei im Sep tember 1898 gewährten Konzessionen eine aus weichende und Hindernisse bereitende Hal tung an den Tag. Rarl Peters über äie ^age in Südafrika. Dr. Kar! Peters, der sich auf der Rückreise von Südafrika nach London befindet, hielt kürz lich einen Vortrag über die „Negerbewegung und die Lage in Südafrika", in dem er etwa folgendes ausführte: Die Zeichen der Zett für eine allgemeine Negerrevolution von Algoabucht bis zur großen Syrte mehren sich. Die schwarze Rasse habe erkannt, daß sie sich selbst befreien müsse, wenn sie hoffen wolle, vom weißen Joch wieder los zukommen. In der Natalrebellion wie in der südwestafrikcmischen Erhebung lägen solche An schauungen zugrunde, die von der äthiopischen Bewegung geschürt würden. Zu ihm selbst seien Abgeordnete der Makalanga gekommen, die ge sagt hätten, sie würden sich gegen die Portu giesen erheben, wenn er (Peters) an ihre Spitze treten wolle. Dann würden sie ihn zu ihrem Häuptling machen. Ein großer europäischer Krieg, etwa zwischen Großbritannien und Deutsch land, werde das afrikanische Pulverfaß zur Explosion bringen. Gegenüber dieser allgemeinen Gefahr ver schwänden die nationalen Gegensätze in Süd afrika ; Buren und Engländer verschmölzen mehr und mehr in ein gemeinsames Assikandertum; und wenn die liberale britische Regierung fort fahre, in die Eingeborenenfrage hineinzutappen, wie bisher, werde dort eine ansieuropäische Be wegung gegen Loudon einsetzen. Heute bereits werde dies überall r m ausgesprochen. Doch glaube er nicht an die Möglichkeit von > Vereinigten Staaten von Südafrika. Das Land sei auf überseeische Zufuhren angewiesen und demnach durch eine Blockade zu bezwingen. Südafrika werde im wesentlichen Minenland sein und bleiben. Der Ackerbau habe keine Zu kunft. Was Deutsch-Ostafrika anbetreffe, so be kämen seine Voraussagen leider mehr und mehr recht. Die Buren, die am Kilimandscharo an gesiedelt wären, seien zu drei Vierteln bereits wieder fortgezogen auf britisches Gebiet am Berge Elgon. Ein Bur habe ihm selbst gesagt: „Mit den verdammten Deutschen kann man nicht' leben, sie regieren zu viel." Ein ebenso ent schiedener Mißgriff sei die Aussendung von Russen aus dem Kaukasus gewesen. Die Leute seien in keiner Beziehung den Verhältnissen in Mittel afrika gewachsen; und auch dies Experiment müsse mit einem Fiasko enden. Schlimmer aber als all dieses sei das Breittreten der sog. Kolonieskandale in der deutschen Presse. Das bringe unser Volk vor allen fünf Erdteilen in Mißkredit. Engländer hielten die deutsche Kolonialpolisik bereits für erledigt. Ein hervorragender Engländer habe ihn vor kurzem gefragt, ob Deutschland wohl bereit sein würde, seine afrikanischen Kolonien für Cypern und die freie Hand in Kleinasien abzutreten. Zu seiner eigenen Reise in Südwestafrika bemerkte Redner noch, sein Minenunternehmen dürfe jetzt als durchgeführt anzusehen sein. Eine Mine werde bereits mit Erfolg betrieben, auf einer zweiten Goldmine werde das Stampfen des Erzes im September beginnen, und zwei weitere seien als ebenfalls abbau fähig nachgewiesen und würden im Verlaufe des nächsten Jahres in Gang kommen. So sei die angespannte Arbeit von acht Jahren schließlich mit Erfolg belohnt. Von unä fern. Eine Bitte um Gnade. Die französische Schriftstellerin Severine wandte sich an die be währte Herzensgüte des deutschen Kronprinzen, um für die wegen Mordes zum Tode verurteilte und ihrer Entbindung entgegensehende Frau Blömers in München-Gladbach eine Straf umwandlung zu erwirken. Ein schweres Unwetter ist über Solingen und Umgegend niedergegangen und hat nament lich in dem südlichen Stadtteil mehrfach Schaden angerichtet. In Schaberg stürzte infolge heftigen Sturmes das Stationsgebäude ein, wobei mehrere Personen durch Glassplitter verletzt wurden. In Dorperhof wurde ein 13 jähriger Knabe unter den Trümmern eines einstürzenden Hauses begraben und getötet, ein andrer schwer verletzt. Traurige Nachrichten für den Weiu- trinker kommen von den Ufern des Rheins und der Mosel: Die Reblaus hat dies Jahr noch weit mehr Schaden angerichtet als im vorigen. Damals hatte sie nur die Weinberge an der Mosel heimgesucht, während sie Heuer auch am Rhein, namentlich in den besten Lagen des Rheingaues furchtbar wütete. Die Winzer sehen deshalb sehr traurig der Zukunft für die nächsten Jahre entgegen. Vom Ballsaal i« den Tod. In dem altmärkischen Städtchen Calbe a. d. Milde hat sich ein Liebesdrama zugetragen. Der vom Militär entlassene Sohn des Landwirts Bahrs unterhielt mit einem Molkereimädchen ein Liebesverhältnis, das seine Angehörigen nicht billigten. Sie überschütteten ihn häufig mit hef tigen Vorwürfen, so daß der junge Manu aus dem Leben zu scheiden beschloß. Er bestimmte aber auch seine Geliebte, mit ihm in den Tod zu gehen. Nach einem Tanzkränzchen prome nierten beide an den Ufern des Flüßchens, wobei ihnen der Gedanke kam, an die Ver wirklichung ihres unseligen Planes zu gehen. Sie umwanden sich mit dem Ballschal des Mädchens und sprangen in die Flut. Als si« versanken, riß das Mädchen sich aber von dem Ballschal los und rettete sich an das Ufer. Als die Nachbarn den Körper des jungen Mannes aus den Fluten zogen, war der Tod bereits eingetreten. K Auf schiefer 6) Roman von Reinhold Ortmann. tFortsetzung.) „Nein, Sie gleichen ihr nicht," bestätigte der Bildhauer langsam, und nach einem kleinen Zögern fügte er beinahe flüsternd hinzu: „Denn Sie sind tausendmal bezaubernder, als das herrlichste Geschöpf einer Künstlerphantasie." Heiß flammte es über Hertas Gesicht. Wenn irgend ein andrer aus ihrem Umgangs kreise gewagt hätte, nach einer Bekanntschaft von wenigen Viertelstunden so zu ihr zu sprechen, hätte sie ihm das Unbehösige solcher Keckheit gewiß auf sehr unzweideutige Weise zum Be wußtsein gebracht. Diesem Manne gegenüber aber kam ihr kein Gedanke an ihre beleidigte Frauenwürde. Sie fühlte nur eine fast uner trägliche Beklemmung, und nicht hoheitsvoll strafend, sondern wie eine demütige Bitte um Schonung klang es, da sie ihn aufforderte, ihr ein wenig von der Entstehungsgeschichte seines Werkes und von den Ideen zu erzählen, die er darin zum Ausdruck habe bringen wollen. Noch standen sie in lebhaftem Gespräch vor der Marmorgruppe, als nach Beendigung des Klaviervortrages ein großer Teil der Gesell schaft in den Salon zurückkehrte. Herta wurde durch ihre Hausfrauenpflichten genötigt, sich wieder andern Gästen zu widmen, und Doktor Maximilian Geißler nahm Bruno Meinardi in Beschlag. Es war merkwürdig, mit welch' dreister Sicherheit dieser Doktor sich hier be wegte. Er schien alle Welt zu kennen und mit aller Welt auf ziemlich vertrautem Fuße zu stehen. Fortwährend war er auf der Wandemng von einer Gruppe zur andern. Mit seiner lauten, volltönenden Stimme mischte er sich ungeniert in die Unterhaltung oder störte sie durch einen seiuer ost recht gewagten Scherze, ohne daß ihm diese Auf dringlichkeit scheinbar jemals verübelt wordenwäre. „Nun, wie gefällt's Ihnen denn, mein Lieber?" fragte er, ohne den Ton allzu sehr zu dämpfen, den jungen Bildhauer. „Ein recht an genehmes Haus, nicht wahr?" „Eine entzückende Hausfrau wenigstens, über das andere habe ich noch keine Meinung. — Aber sagen Sie mir doch, Doktor, wer ist jener Herr mit dem mächtigen Kopf und'dem unveränderlichen Lächeln? Er macht den Ein druck einer bedeutenden Persönlichkeit und es scheint, daß man mit ihm ganz besonderem Respekt begegnet. „Der? Das ist Julius Löwengaard, der Schwiegervater des Hausherrn." „Ah I Vermutlich ein sehr reicher Mann." „Man hält ihn dafür und es ist möglich, daß man sich nicht täuscht, obgleich bei Leuten seines Schlages eine Vermögensschätzung immer ihr Bedenkliches hat." „Was für ein Geschäft ist es, das er be weibt ?" „Mit zwei oder drei Worten läßt sich das nicht sagen. Man könnte ihn einfach einen Speku lanten nennen, wenn er nicht zeitweilig wieder Fabrikbesitzer, geschäftsführender Direktor einer Pferdebahngesellschaft, Organisator eines neuen Seebades und wer weiß was sonst noch wäre. Jedenfalls hat er seine Hände immer gleichzeitig in einem Dutzend verschiedener Unternehmungen." „Also ein kaufmännisches Genie? Einer von den Männern, die über Nacht Millionen aus der Erde stampfen?" „Oder über Nacht aus Millionären zu Bettlern werden. Ja, einer von denen ist er allerdings." Julius Löwengaard war ihnen inzwischen zu nahe gekommen, als daß sie ihn noch länger hätten zum Gegenstand ihres Gesprächs machen können. Ein kleiner schwarzbärsiger Herr hatte ihn jedoch eben beim Rockärmel genommen. „Hören Sie, Liebster, ist es wahr, daß Ihr Neffe mit dem Braunen Unglück gehabt hat, den Sie von dem Rittmeister von Holleuffer kauften?" „Allerdings. Aber es war glücklicherweise nicht von Bedeutung. Er ist jetzt schon beinahe genesen." „Na, das hätte leicht schlimmer ablaufen können. Sie erinnern sich wohl, daß ich's Ihnen voraussagte. Ich kenne das Teufelsvieh zu genau. Und Holleuffer selbst hat Ihnen kein Geheimnis daraus gemacht. Es war mir eigentlich unverständlich, wie Sie das Pferd trotzdem erwerben konnten." „Vielleicht verstehe ich zu wenig davon," sagte Löwengaard kühl, indem er sich gleichzeitig von dem kleinen Manne losmachte. In der nächsten Sekunde sah er sich dem Doktor Geißler gegenüber, der schon vorher unmittelbar neben ihnen gestanden haben mußte. Er wollte mit kurzem Kopfnicken an ihm vorübergehen ; aber der andre vertrat ihm in seiner ungenierten Weise geradezu den Weg. „Na, haben Sie den Artikel gelesen, Herr Löwengaard? Famos, nicht wahr?" Der Angeredete hatte eine sehr reserviette Haltung angenommen. Selbst das verbindfiche Lächeln, das sonst beinahe niemals von seinem Antlitz verschwand, war jetzt verschwunden. „Was für einen Artikel meinen Sie, Herr Doktor?" „Was sonst, als den Aufsatz über die neu entdeckten Lager von Kalisalzen bei Hellstadt I Ich weiß übrigens, daß Sie ihn gelesen haben, denn ich habe Ihnen ein Exemplar der ,Tages presse' ja höchsteigenhändig zugesandt." „Das war sehr liebenswürdig. Aber ich kann mich leider nicht erinnern. Man schickt nm so viele Zeitungen ins Haus, daß der Tag zweiundsiebzig Stunden haben müßte, wollte ich sie alle lesen. Und überdies, welches Interesse sollte gerade dieser Artikel für mich haben ?" Doktor Maximilian Geißler lachte. „Ah, >4 verstehet Ihre Beteiligung ist vorläufig noch Geheimnis. Das konnte ich nicht annehmen; aber ich werde mich selbstverständlich für die Folge danach sichten. Vielleicht geben Sie nur morgen einige Informationen. Ich gedachte Ihnen ohnehin in einer andern Angelegenheit meine Aufwartung zu machen." . Er hielt es für überflüssig, auf eine Er klärung Löwengaards zu warten, ob ihm der angekündigte Besuch auch genehm sein wurde, sondem gesellte sich schon wieder zu einer andern Gruppe. Der Blick, der ihm folgte, war nicht von der freundlichsten Asi, und als Julius Löwengaard gleich darauf seines Schwieger sohnes ansichtig wurde, fragte er ihn mit einem merklichen Klang von Unmut in der Stimme- „Ist es denn wirklich schon ganz unvermeidlich