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Wochenblatt für Pulsnitz, Radeberg, Königsbrück, Radeburg, Moritzburg und deren Umgegend. Redigirt unter Verantwortlichkeit der Verleger E. Förster in Pulsnitz und Th. A. Hertel in Radeberg. M ». 4«. Freitag, den 4. October. 18SO. Diese Zeitschrift erscheint jeden Freitag in einem ganzen Bogen und kostet vierteljährig 7 Ngr. 5 Pf. — Bestell ¬ ungen, Inserate aller Art, welche die gespaltene Zeile mit 8 Pfennigen berechnet werden, und in Pulsnitz und Radeberg spätestens bis Diens tags Abends, in Königsbrück, Radeburg und Moritzburg bis DienstagsNachmitt. abzugebe» sind, nehmen in Pulsnitz und Radeberg die Heraus geber, in Königsbrück der Kaufmann Andreas Grahl, in Radeburg der Buchbinder Günther, in Moritzburg die Post-Expedition, in Grvßenhayn der Buchbinder Hohlfeldt, so wie alle Postämter an. Zeitereignisse. Dresden, 29. September. Werfen wir zum Schluffe des Monatö einen kurzen Blick auf die deutschen Zustande. Preußen verharrt entschieden dabei, den Bundestag nicht zu beschicken, er klärt vielmehr alle Verfügungen dieser Behörde für ungesetzlich und daher für unverbindlich. Oesterreich seinerseits hat eben so entschieden in einer Note vom 15, Sept, die von Preußen vorge- schlagencn freien Confcrcnzen abgelehnt und erklärt, daß cs sei nerseits „an Dem festhalten werde, was cS für recht und er sprießlich erachten müsse." Der österreichische Bundestag ist den Ansichten Hassen- pflug's beigetrcten und hat daö Gcbahren der kurhessischen Stände auf Grund des Bunocsbcschlusses von 1832 für Re bellion erklärt. Prcnßcn dagegen hat unterm 23. Sept, an seinen Vertreter in Kurhcssen eine Note gesendet, worin das Unternehmen des kurfürstlich hessischen Ministeriums offen als Verfassungslruch bezeichnet und der Widerstand deö Volkes und der Beamten gegen diese Maßregeln geradezu ein legaler genannt wird. Der Bundestag endlich droht mit Intervention in Kurhcssen, während Preußen beiMetzlar und Paterborn Trup pen zusammenzieht, um dem nach Befinden entgegen zu treten. Preußen verlangt ferner zur Verwaltung des Bundcseigcn- thums eine neutrale Commission, die selbst von Oesterreich be- vorwortet wird. Der Bundestag aber lehnt dieses Ansinnen ab, ja Baiern und Hannover protestiren austrücklich dagegen. Hassenpflug publicirt den oberwähnten Bundesbeschluß, der ständische Ausschuß aber erklärt, daß der Bundestag längst auf gehoben fei und in Kurhessen nichts zu sagen habe. Hassenpflug will die widerspenstigen Beamten aushungcrn und ihnen keine Gehalte mehr zahlen lassen, vom Volke aber werden Anstalten getroffen, dieselben durch freiwillig zusammengcschosscne Beiträge zu befriedigen. So stehen die Sachen und scheinen mehr als je zu feiner endlichen Entscheidung hinzudrängcn. Wir halten es auch für fein ungünstiges Zeichen, daß in demselben Augenblicke Herr v. Radowitz in den Vordergrund tritt. Denn was man auch von diesem Manne halten mag, das muß ihm der Feind zuge stehen, daß er von jeher ein Gegner des Bundestags war, und daß er langst die absolute Nothwendigkeit erkannt hat, dem Drange der deutschen Nation, wie er seit dem Freiheitskriege ricsenstark herangewachsen ist, Rechnung zu tragen. Ohne ihn — sagt d. D. A.Z. sehr richtig — ohne ihn hätte die preußische Re gierung sich nie an die Spitze der deutschen Sache gestellt, ohne wäre sie längst wieder zu der alten Allianz znrückgekehrt; sein königlicher Herr und Meister würde, alles wahren Nationalge fühls, das in ihm lebt, ungeachtet, dem Anstürmen von allen Seiten nachgegeben haben. Aber wir sagen noch weiter, ohne Hrn. v. Radowitz hätte die reaktionäre Partei, gestützt auf die mächtigen Verbündeten in Wien und in Petersburg, noch im letzten Augenblicke die Verfassung Preußens zu Grunde gerichtet. Wenn sväter die Geschichte der ersten beiden Monate dieses Jah res zur öffentlichen Kenntniß gelangt, dann wird Jeder sehen, was Preußen hierin demselben Manne zu danken hat, der dafür die grenzenlose Wuth der Neaction und den Haß des Auslandes geerntet hat, ohne durch den P eis des Vertrauens im eignen Lande dafür entschädigt worden zu sein. — 30. Sept. Heute ist zum erstenmal in Sachsen das alte Wahlgesetz von 1831 wieder gehandhabt worden, indem die Meißner Ritterschaft sich hier versammelt hatte, um einen lebens länglichen Pair zu wählen, der an die Stelle des Herrn v. Zeh- men, welcher vom König zum Mitglied der ersten Kammer er nannt worden, in die erste Kammer eintretcn soll. Der Kreis- Vorsitzende Herr v. Welck leitete die Wahl. In seiner Einleit- ungSredc erwähnte er mit großem Triumph, daß durch die jetzi gen Verhältnisse die Ritterschaft in ihre althergebrachten Rechte, auf welche sie niemals Verzicht geleistet, wieder eingesetzt wor den sei. Nach zweimaliger Abstimmung wurde der Amtöhaupt- mann v. Egidy in Döbeln gewählt. Nach ihm hatte der Kam- mcrhcrr v. Rochow (zur Unionspartei gehörig) die meisten Stimmen. Auch der vormalige Abgeordnete Oehmichen aus