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Wochenblatt fü r Pulsnitz, Radeberg, Königsbrück, Radeburg, Moritzburg und deren Umgegend. Rediairt inner Vennnwortlicbkcil der Verleger E. Förster in Pulemtz und Th. A. Hertel in Radeberg. MO. 22. Hr e i t a g, den 31. Mai. 18ÄO« Diese Zeitschrift erscheint jeden Freitag in einem ganzen Bogen und kostet vierteljährig 7 Ngr. 5 Pf. i>r«vnm>ivr«i>a». — Bestell, ungen, Inserate aller Art, welche die gespaltene Zeile mit 8 Pfennigen berechnet werden, und in Pulsnitz und Radeberg spätestens bis Diens tags Abends, in Königsbrück, Radeburg und Moritzburg bis Montags Nachmitt. abzugeben sind, nehmen in Pulsnitz und Radeberg die Heraus geber, in Königsbrück der Kaufmann Andreas Grahl, in Radeburg der Buchbinder Günther, in Moritzburg die Post-Expedition, in Großenhayn oer Buchbinder Hohlfeldt, fo wie alle Postämter an. Zeitereignisse. Dresden, 25. Mai. Heute früh 7 Uhr bewegte sich unter Glockengeläut cm langer Trauerzug von der großen Brüdcrgassc aus durch die nach dem Eliaökirchhofe am Zicgelfchlage führen den Straßen unserer Stadt. An der Spitze desselben gingen eine größere Zahl von protestantischen Geistlichen, unter ihnen die Geistlichen der hiesigen rcformirten und englischen »Gemeinde, im Ornate. Ihnen folgten in bunter Mischung die Vorstände und Räthe der Ministerien, des Consistoriums und anderen höheren Collegicn, die anwesenden Abgeordneten, die Mitglieder des Stadlraths und des CtadtvcrordnetencollegiumS, cme große Zahl von Candidaten und Lehrern, selbst der katholische Clerus war vertreten, außerdem Tausende von Verehrern des Entschla fenen. Auch I)r. Harleß war im Zuge; doch weder in der Mitte der Geistlichen, noch sonst wie als Mitglied dieses Standes er kennbar. — Es waren die sterblichen Ueb.rreste des am 22. d. M. früh oahingeschiedeuen verewigten >>r. Christoph Friedrich v. A m m o n, welche zur Ruhe bestattet wurden. Von Lausenden damals willkommen geheißen und mit den begründetsten Hoffnungen be grüßt, hatte er heute vor 37 Jahren, am 25. Mai 1813, seinen Einzug m seine Amtswohnung gehalten; und heute, am 25. Mai 1850, nach einem für Staat, Kirche und Schule reich gesegneten Wirken seines dem vollen Lichte zugewandten Geistes, hielt das, was sterblich an ihm war, unter der Theilnahme der ganzen Be völkerung Dresdens, seinen Auszug aus dieser Wohnung, nach dem am gestrigen Abend die hiesigen Gesangvereine dem Ver klärten durch Fackelgesang einen Beweis der Liebe und Verehr ung dargebracht hatten. Unter dem vom Hoforganisten Schneider geleiteten Gesänge des Chorals „Jesus, meine Zuversicht" zur Gruft gebracht, ward der mit einem Lorbcerkranze und mit Palmenzwcigcn geschmückte Sarg hinabgescnkt, als die anwesenden Söhne, Schwiegersöhne und Enkel des Verewigten, die Geistlichen u. s. w. einen Kreis um das Grab geschlossen hatten. Hierauf ergriff Consistorial- rath und Hofprediger vr. Francke das Wort, indem er in seiner gediegenen Weise die große Persönlichkeit des Tobten zum Haupt gegenstande seiner Rede machte. Meisterhaft vor Allem war die Art und Weife, wie der Redner des Strebens von Ammons, die Gegensätze auf dem Gebiete des Glaubens und des Lebens aus zugleichen und zu versöhnen, gedachte, und wir sprechen geviß nur im Sinne der großen Mehrzahl derer, welche diese Grabrede gehört und nicht weniger im Sinne derer, die sie nicht gehört ha ben, die Erwartung aus, daß dieselbe dem Drucke übergeben werden wird. Der Gesang der Arien: „Aufcrstchn, ja aufcr- stehn," „und Grab! deck' ihn sanft!" beschloß diese würdige, vom heitersten Frühlingshimmel begünstigte Todtenfeier. So ruhen denn Reinhard nnd von Ammon, diese beiden Zierden SachscnS und der evangelischen Kirche Deutschlands, auf demselben Fried- Hofe Dresdens unfern von einander und bezeugen der Nachwelt, daß Verschiedenheit des kirchlichen Standpunktes weder den Se gen der Wirksamkeit, noch auch die Achtung der Mitwelt nnd das dankbare Andenken der Nachwelt beeinträchtigen kann, sobald nur Erleuchtung und Duldsamkeit Hand in Hand mit einander gehen. In dem jüngst Vollendeten dieser beiden ehrwürdigen Todten erkennen wir mit dem Grabredner einen Leitstern für die Kirche, der nicht untergegangcn ist, und hoffen, daß die Zeil kom men werde, wo das Licht desselben, unbehindert von den Uebeln der Gegenwart, im vollen Glanze wieder aufgeht. — 20. Mai. In diesen Tagen gingen wieder mehrere Urtheile gegen graoirtere Maiangeklagtc beim Stadtgericht ein. Zwei, der Vergolder Tempel und der Schneidergeselle Friedrich Wilhelm Hahn hier, wurden zum Tode und zwei andere, der Schuhmachcrgesellc Fischer aus Salzgitter in Hannover, ein Israelit uud der hiesige Aufläder Janke zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurtheilt. — ES ist merkwürdig, daß das Leben des Königs von Preußen und des Kaisers von Oesterreich an einem und demsel ben Tage (22. Mai) bedroht war, hier durch mörderische, dort durch des Zufalls Hand. Als nämlich der Kaiser von seiner