Volltext Seite (XML)
Weigerung, sie zu heirathen, hauptsächlich den Umstand ange geben, daß sie von einem Kaufmanne, mit dem und dessen Frau sic eineö Abends nach Hause gefahren, vor dem Anssteigen aus dem Wagen sich habe umarmen und küssen lassen und dadurch einer Untreue oder wenigstens des Verdachts derselben schuldig geworden sei. Oer erste Richter wies deßhalb die Klägerin ab, der zweite verurtheilte dagegen den Beklagten, die Klägerin bin nen 14 Tagen zn heirathen. Dagegen legte der Verklagte das Rechtsmittel der Revision ein. Das Ober-Tribunal hat auf Grund zweier Zengen-Aussagen cs für erwiesen angenommen, daß die Klägerin von dem Kaufmanne umarmt und geküßt wor den sei, und da sie jenen Vorfall verschwiegen habe, ja, sogar demselben in Abrede stelle, so liege allerdings ein Verdacht gegen ihre Sittenstrenge vor, und könne ihr Verlobter um so weniger zur Eingehung der Ehe verpflichtet sein, als nach den Vorschriften des gemeinen Rechts der Rücktritt vom Ehegclöbnisse nicht an bestimmt formulirte Gründe gebunden sei, sondern nur einen ver nünftigen Grund (eruisn rutionalk) erfordere, welcher letztere unter das richterliche Ermessen falle. Aus diesen Gründen wies der höchste Gerichtshof die Klägerin ab und fand deßhalb auch keine Veranlassung, nebenlicgendc, aber erst spater zur Sprache kommende Fragen zn entscheiden. * Miß Greenfield, eine Negerin, welche als Opernsängerin in Amerika einen bedeutenden Ruf erworben hat, wird in diesen Tagen in Wien erwartet, von wo sie sich nach Berlin zu begeben beabsichtigt. * Der Brand des englischen Dampfers „die Amazone,, giebt Dujardin zu Lille Veranlassung, die Verdünstung des Dampfes zum Löschen bei Feuersbrünsten in Erinnerung zu bringen. Seit 1837 ist dies Mittel mehrere Male mit gutem Erfolge angcwen- det worden, und dies würde ohne Zweifel öfter geschehen sein, wenn es bekannter gewesen wäre. Auch glaubt er, daß auf diese Weise die Amazone zu retten gewesen wäre. Er erzählt noch einen Fall, wo der Dampf mit gutem Erfolg zum Löschen eines bedeutenden Brandes verwendet worden ist. Dies war im Januar dieses Jahres. In einer großen Flachsspinnerei zu Douäi war Feuer ausgebrochcn und machte in wenigen Augenblicken so bedeutende Fortschritte, daß das Gebäude verloren schien, bevor noch die Spritzen zur Stelle waren. Da machte Jemand den Vorschlag, den Dampf aus dem Kessel im Hcchelsaal frei zu lassen. Eine Röhre durchschnitt zwar das ganze Zimmer, aber sie war hier mit keinem Hahn versehen. Man zerhieb sie daher mit einer Axt und der nun hervorbrechende Dampf löschte die Feuers brunst wie durch Zauber in wenigen Minuten. . * Die vollständige Herstellung des zweiten Gleises auf der PariS-Straßburger Eisenbahn wird nicht lange mehr auf sich warten lassen. Nach Berichten aus Baden und Würtembcrg schrcitetanchdcrBau der Bruchsal-Bietigheimer Linie rasch voran, so daß bis zum August künftigen Jahres die Strecke von der französischen Grenze bis Ulm vollständig befahren werden kann. Die Reise von Paris nach Ulm wird alsdann in etwa 22 Stunden urückgelegt werden. Die ganz ungewöhnliche Zunahme des Güterverkehrs auf der Paris-Straßburger Eisenbahn hat die Verwaltung genöthigt, ihr Material außerordentlich zu vermehren. Im nächsten Frühlinge werden die Eisenbahnen Badens und Würtembergs wohl genöthigt sein, Nachtzüae einzurichten, inso fern sie den dringenden Anforderungen des Verkehrs überhaupt, wie den Ansprüchen der Post Genüge leisten wollen. * Die neue Kochanstalt auf der preußischen Corvctte „Dan zig" isi nach den Berichten preuß. Blätter jedenfalls ein kleines Meisterwerk in ihrer Art. Beinahe in der Mitte des Decks be findet sich ein großer starker kupferner Kasten mit zahllosen Röh ren , Hähnen und Einsatztöpfen. Auf letztere wirken stark erhitzte Wasserdämpfe ein und machen allerlei Speisen in sehr kurzer Zeit gar. Zu beiden Seiten der Küche stehen zwei große Wasserbe hälter, in deren Jnuerm sich vielfach gewundene sogenannte Schlangen befinden, in welchen sich die vorbezeichneten Dämpfe condcusiren und abkühlen, und endlich, nach langer Wanderung, als reines, klares und kühles Wasser ablaufen. Auf diese Weise wird das Meerwaffer völlig trinkbar gemacht. Es ist dies Ver fahren, eben seiner Einfachheit wegen, von enormer Wichtigkeit. Nicht allein daß zu jeder Zeit frisches Wasser für die Besatzung vorhanden, waS bis jetzt, im vollsten Sinnedes Worts, nie durch geführt werden konnte, sondern der beträchtliche Naum, der sonst eben den Wasserfässern Vorbehalten werden mußte, kann jetzt an derweitig verwendet werden. Der ganze Apparat ist eine Er findung des Fabrikanten Rochcr zu Nantes in Frankreich, dessen erster Werkmeister, Herr Paris, eigens zu dem Zwecke nach Dan zig gekommen ist, um jenen großen Apparat zusammenzusetzen. Daß diese Arbeit nicht von inländischen Meistern ausgeführt werden konnte, hat, abgesehen von der für diesen specicllen Fall vorauszusetzendcn Ungcübtheit, hauptsächlich darin seinen Grund, daß Herrn Rocher's Erfindung auch für Preußen patentirt ist. * Die Seeschlange hat sich wieder sehen lasse», —diesmal wie es scheint, nicht in der Nähe der irischen Küsten, von wo ans man viel sieht, waö nicht ist sondern in den vstindische» Gewässern. Cavitän Vaile, vom „Banham", auf der Fahrt von Madras nach England, hätte sie beinahe gefangen. De» Kopf und ei» 30 Fuß langes Stück des Körpers sah er mit seinen Leute» ganz deutlich; auch Flossen wurde» wahrgenommen. Die ganze Länge schätzte er auf 130 bis 150 Fuß und die Dicke des Bauches wie ein gutes Barrel. Zuweilen spie das Ungethüm Wasser aus. Näher als 1200 Fuß konnte man ihm nicht kommen. * Die Zeitungen aus Gothenburg bestätigen das Verunglücken des englische» Dampfschiffes „Victoria" i» der Nacht vom 8. zum 9. d. M. a» der Küste bei Gothenburg. Das Schiff befand sich auf der Reise »ach St. Petersburg von Hull mit einer sehr werthvollen Ladung, die auf zwei Millionen Thaler geschätzt wird. Von den Passagieren sind 23 Personen gerettet worden; 3 Passagiere und 5 Mann der Besatzung, welche sich in einem Boote zu retten suchten, sind dabei ertrunken. Wie viele Menschen sonst dabei ums Leben gekommen, wird nicht angegeben. Die Leiche des CapitänS ist ans Land getrieben und gesunden worden. * Der „ Lloyd" schreibt: Durch fast alle Blätter, die „Allg. Ztg." nicht ausgenommen, macht die Notiz die Runde, der berühmte Maestro Rossini habe sich in Triest angekauft, beschäftige sich dort mit Fischefangen, die er i» eigener Person mit einer weißen Schürze vor, auf dem Fischplatze feil biete. Die „Breslauer Zeituug" hat sich von einem Spaßvogel diesen Bären zuerst aufbinden lasse» u»d dort wäre die Notiz allenfalls zu be lächeln, wundern aber muß es, dergleichen ohne eine Bemerkung die Runde i» den Zeitungen machen zu sehen.