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Wochenblatt _ für Pulsnitz, Nadeberg, Königsbrück, Radeburg, Moritzburg und deren Umgegend. Rediqirr unter Verantwortlichkeit der Denker <x. Förster in PulSnift und Th. A. Hertel in Radeberg. 18S» Freitag, den 12. April. IV». LS Diese Zeitschrift erscheint jeden Freitag in einem ganzen Bogen und kostet vierteljährig 7 Ngr. 5 Pf. pr«eiilli»er«»a«. — Bestell ungen, Inserate aller Art, welche die gespaltene Zeile mit 8 Pfennigen berechnet werden, und in Pulsnitz und Radeberg spätestens bis Diens, lngs Abends, in Königsbrück, Radeburg und Moritzburg bis Montags Nachmitt. abzugcben sind, nehmen in Pulsnitz und Radeberg die Heraus geber, in Königsbrück der Kaufmann Andreas Grahl, in Radeburg der Buchbinder Günther, in Mori'bürg die Post-Expedition, in Großenhayn ocr Buchbinder Hohlseldt, so wie alle Postämter an. Bericht aus Erfurt. Noch offener, als Hr. v. Radowitz, sprach sich gestern im Ausschüsse des StaakenhauseS Herr v. Carlowitz über die gegenwärtige Lage der Dinge aus. Da man jetzt an de» politischen Theil der Verfassung ge lange, sei er vom Verwalrungsrathe beauftragt, die Gesichtspunkte anzu deuten, welche sich demselben für dieses Gebiet der Revision als im Allge meinen cmpsehlungswcrth dargestellt haben. Der vorliegende Verfass ungsentwurf beruhe hier durchgehends auf der Voraussetzung, daß er für einen weit größern Staatencomplex Geltung erlangen werde als derjenige, der nun wirklich am engem Bundesstaate sesshafte. Es habe in dar Ad- ditionalaete den geänderten Verhältnissen noch nicht genügend Rechnung getragen werden können; vielmehr habe erst die Revision den Wegfall jener Voraussetzung nach allen Seiten zu berücksichtigen, sich übetäll auf den Boden des Wirklichen und gegebenen zu stellen, und diesem die Be stimmungen und Ausdrücke des Entwurfs anzupaffen. Es sei hier vor Allem das Verhältniß zu dem weiteren Bunde zu berücksichtigen, inner halb dessen der zu bildende engere seine Stellung einzunehmen habe. Man habe zu bedenken, daß die verbündeten Regierungen stets die Grundlagen der Bundesverfassung von 1815 als noch bestehend anerkannt haben, und diesen dürfe daher auch die jetzt festzustellcnde Verfassung nicht widerspre chen. Eine speeielle Fassung für die in diesem Sinne nvthwendigen Mo- difieativnen im Einzelnen vorzuschlagen, war Hr. v. Carlowitz nicht beauf tragt; der VerwalrungSrath giebt dies dem Ausschüsse anheim. Nur darauf müsse er besonders aufmerksam machen, daß L. 10 („Der Reichs gewalt ausschließlich -steht das Recht des Krieges und des Friedens zu") mit den Bestimmungen der BundeSaete nicht zu vereinigen scheine. Die Addftivnalactc habe zwar hier den Widerspruch schon auszuglcichen ver sucht, cs empfehle sich aber, das Wort „ausschließlich" ganz zu streichen. Im Uebrigen sei es vielleicht wünschcnswcrth, den Inhalt der Additional- nete sofort in die Verfassung herübcrzunehmen, soweit nicht vielfach noch durchgreifendere Acnderungcn erforderlich seien. Herr v. Carlowitz fügte diesen Eröffnungen noch einige Bemerkungen bei, denen er keinen vffici- elleu Charakter beizulegcn hat. Er wies auf die schwierige Stellung der neuen Union zu dem bestehenden Systeme der europäischen Staaten hin. Es werde nicht nur von Oesterreich und den drei Königreichen, die in dem Münchener Entwürfe sich an dasselbe «»geschloffen, Einspruch eingelegt, sondern man habe das Mißtrauen aller Großmächte gegen sich, und cs sci selbst die Zustimmung Englands und Frankreichs nicht zu erwarten, wenn man den Verfassungsentwurf nicht nach den angedeutetc» Principien um- arbeite. Herr v. Carlowitz ließ zweifelhaft, inwiefern dieser einzuschla- gcude Weg seinen persönlichen Ansichten und Wünschen entspreche, aber Gründe für denselben seien unstreitig in der heutigen Lage der gesamten europäischen Verhältnisse vorhanden, und er gebe dem Ausschüsse deren Erwägung anheim. Die Aufnahme dieser Mittheilungen war eine sehr ungünstige, und dieselben wurden fast allseitig einer scharfen, zum Theil sogar bitter» Kritik unterworfen. Es wurde hierauf die Frage aufgewor- sc», welches Verfahren nach Allem der Ausschuß weiter einzuhalten habe, und mehrere Mitglieder waren der Meinung, daß man am besten sofort von der doch wahrscheinlich erfolglosen Revisionsarbeit abstehe, dem Staatenhanse die Annahme der von den Regierungen vorgelegten Ver fassung kn I)Ioe Vorschläge, und es dann den letztem überlasse, wie sie . ihr verpfändetes Wort lösen würden. Zuletzt jedoch entschloß man sich, in der Vorrevision wie bisher unbeirrt fortzufahren, indem man erwog, baß die Eröffnung des Verwaltungsratkes mehr unbestimmte und sehr allgemein gehaltene Rathschläge und Andeutungen als positive Anträge in der Forni eines Ultimatums enthalte. Auch im Ausschüsse des Vvlkshau- seS betonte Herr v. Radowitz gestern besonders die drohende Haltung der Großmächte. ES scheint nicht zu bezweifeln, daß Rußland und Oester reich zwar nicht durchaus abgeneigt sind, eine» Zuwachs der preußischen Macht durch mehrere kleinere Staaten zu gestatten, deren jeder festen Basis beraubte Existenz die neue Cvnsolidimng Deutschlands auf conser- vativen Prümpicn fortwährend gefährden würde. Aber theils sucht man von dieser Seite diesen Zuwachs fortwährend zu schmälern und neue Ab falle heibcizufuhrcn, thciis stellt man vor Allem die kategorische Forder ung, daß der neue engere Bundesstaat nicht eine national-deutsche Be deutung beanspruche, daß er nicht als der erste feste Kern anftrete, um den alle übrigen deutschen Staaten sich früher oder später zu sammel» haben, daß er in seiner Verfassung und allen seinen Institutionen nirgend über den gegenwärtigen Bestand und das unmittelbare Wirkliche auf eine größere Zukunft Hinausweise. Unleugbar scheint durch die Erklärungen der Commissare eine gewisse Neigung zum Nachgebcn in der letztem Be ziehung hindurch, und da die Mehrzahl der Abgeordneten das Wesen und die Lebenskraft des Bundesstaates gerade in seinem nationalen Grund- princip findet, und dies schon in der ersten Anlage entschieden ausgedruckt wissen will, so herrscht in den meisten hiesigen Kreisen seit gestern eine nicht geringe Mißstimmung, und es tritt die lebhafte Besorgniß einer drohenden Verkümmerung des angcstrebten Resultats hervor. Anderer seits wird geltend gemacht, daß man im Unrecht sci, wen» mä» gegen die preußische Regierung die Anklage der Incousegueuz erhebe, und ihre gegenwärtige Auffassung der Dinge neu und überraschend finde. Viel mehr habe dieselbe sich längst offen über die Notwendigkeit ausgespro chen, den enger» Bundesstaat mir de» Fzmdamentm der Buudesverlräge