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„MXcn-vrscr Zeitung" »scheint Dienstag, Donners- lag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch dir Post bezogen 1,20 Mark. Loilakzeilung für die Ortschaften Gttendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahmt von Inseraten bi, »«mittagUhr. Inserate werden mit io p 'fkr bi» Spaltzeil« berechne LabellarischrrZSad nach besonderem Taris Druck und Verlag von .Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Lür die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla Nr. 155. Dienstag, Len 25. Dezember 1906. 5. Jahrgang. pflichtfeuerwehr betr. Das Verreicknis clen VklicklseuervoesirmLnnsckssten liegt von beute ab eine Docke lang während der üblichen Expeditionszeit im Gemeindeamt — Registratur — zu Ottendorf-Moritzdorf aus. Vtten-irf-Vkrilla, am 23. Dezember 1906. Der Vorsitzende des Feuerlöschverbandes. lämpchen daran, denn die Elektrizität ist eine Kraft, die sich heute jedermann, auch der Laie, zunutze zu machen versteht. Wer aber von dem alten traditionellen Kerzenlicht am Weihnachis- baum nicht abweichen will, der befestigt eine unendliche Menge Lichter in schönen, blitzenden Haltern am Baum, denn das haben wir ja olle herausgefunden, je mehr Lichter, desto schöner und märchenhafter erscheint der Christ baum. Das früher so beliebte „Engelshaar" hat dem sogenannten „Eistau" (in Streifen geschnittenes Staniolpapier) weichen müssen, statt ver Watte belegt man den Baum mit unver brennbarem Asbest, der den winterlichen Schnee noch täuschender, als jene imitiert. Dis Spitze des Baumes krönt das Banner der Weihnachts zeit: „Ehre sei Gott in der Höhe!" Die Äst? neigen sich unter dec Fülle der süßen Früchte aus Zucker, Marzipan und Schokolade, der vergoldeten Äpfel und Nüsse, der gläsernen Kugel und Sterns. Die weiß gedeckten Gabentische Und mit Tannen- und Mispeizweigen belegt und tragen außer den Geschenken die traditionellen Teller mit Äpfeln, Nüssen und Naschwerk. Auf jedem Teller liegt das mit ein m Tannenzweiglsin geschmückte Kärtchen, welches den Namen des zu Beschenkenden trägt. Wenn dann am heiligen Abend die Glocke erklingt und die Tür sich öffnet, dann tönt es innen aus dem Fuß des Weihnachtsbaumes, der eine Spieluhr birgt, leise, leise: „Stille Nacht, heilige Nacht!" Junge Kinderstimmen fallen ein und die heilige Weih nacht senkt sich hernieder auf glückliche Menschen. Der Meiknackts-feiertage wegen gelangt ckie näckkte sKummer freitag nackmittag 2ur Ausgabe. O Stille Nacht! O I So stille rings! — Nur ferne Glocken! . . .! Sie geh'» so feierlich und sacht, Und auf geheimnisvollen Socken t Zieh'» Gottes schleierweiße Flocken Gleich irren Sternen durch die Nacht. Und wie sie fallen, licht und lose, H Ivie Wunder sich an Wunder sticht, Erschließt mit bräutlichem Gckose I Im weiten Feld die Lhristusrose, Lin hehrer Zauber, ihr Gesicht. t Und wo sic blüht im stillen Grunde, H Noch halb im Glitzerschnee versteckt, H Da wird so andachtsvoll die Runde, 8 Und flüsternd raunt's von Mund zu Munde: H „Die Lhristusrose ist erweckt!" Da geht ein Gruß durch Wald und Heide, E Lin Sehnen schweift um Hof und Haus; ck Die Fichte steht im Silbcrkleidc I Und haucht im blitzenden Geschmeide Des Weihrauchs süße Wolke aus. j Dahin der Lrde Not und Bangen, H Aufs neue grünt, was längst verdorrt; e? Die stille Hoffnung kommt gegangen 1 Und küßt von den vergrämten Wangen Die Tränen herben Leides fort. I Und wen, sich schon die Tage neigen, E wem längst die goldnc Zeit verrann — M Noch einmal und'mit heil'gem Schweigen Z Aus lichtumstrahlten Tannenzwcigen Sicht ihn die Jugend träumend an. 'z Die Freude schwebt ob Markt und Gasse», 's Auf alle» Schwellen harrt das Glück; H In Liebe wandelt sich das Hasse» — x Die Seele kann das Heil nicht fassen! was ihr verloren, kehrt zurück. — I V stille Weihnacht! — Zeige Lieder . .! Der Himmel senkt sich erdcnwärts . . . Lin lichter Lngel schwebt hernieder — Vie Lrde hat den Himmel wieder 'E Und seinen Trost das Menschenherz. Weihnachten! „Siehe, ich verkündige euch große Freude!" So hallt die Weihnachtsbolschaft noch heute durch die Lande. Wieder erklingen die holden Wckhnachtslieder, die uns die Mutter in den stillen Dämmerstunden vor dem Feste gelehrt hat, und die Freude klopit an die Tür der Paläste und an die Hütten der Armut, herzlich begrüßt von alt und jung. Alle Mühe, Plage Und Sorge des Alltags wird gewaltsam zurück gedrängt und Liebe krönt das schönste aller Fest«. — Wenn unsere heutigen Zeilen den rührigen Hausfrauen in die Hände kommen, sind sie sicher eifrig beschäftigt, die letzte Hand an den Ausbau der weihnachtlichen B-scheerung zu legen und haben so viel Interesse an Unseren Geplauder, als dasselbe mit dem WeihnacktSseste zusammenhängt. Daher wollen wir schweigen von den köstlichen Gaben der Mode, obgleich sie sich uns gerade jetzt in so großer Fülle darbielen, und den lieben Familien müttern ein wenig bei ihren Vorbereitungen zum Christfest behilflich sein. — Wie man heute den Weihnachtsbaum schmückt, lehrt uys auch die Mode, sowie ihre Verbündete, die Industrie. Wie würden unsre Vorfahren staunen, wenn sie sähen, wie herrlich wir jetzt unsern Weihnachts baum zu schmücken verstehen. Nicht selten er strahlen jetzt statt der Kerzen elektrische Glüh' Oertliches und Sächsisches. Vttcndorf-Vkrilla, den 24. Dezember zgo» — Unsern werten Lesern übermitteln wir mit der heute erscheinenden Nummer ein kleines Weihnachtsgeschenk in Form eines praktischen Wandkalenders für das Jahr 1907, der sicher allen Freunden und Gönnern der „Ottendorfer Zeitung" eine willkommene Gabe sein wird. —* Am ersten Weihnachtsfeiertag findet im Gasthof zum „schwarzen Roß" von der hier bestens bekannten Königsbrücker Stadtkapelle ein Instrumental-Konzert I statt, daß in Anbetracht des äußerst niedrig bemessenen Eintrittspreises und der wirklich guten Leistungen der genannten Kapelle einen besonders zahlreichen Besuch erwarten läßt. (Siehe auch Inserat). Dresden. Die Polizei fahndet eifrig auf einen etwa 30 Jahre alten unbekannten Mann, der am Sonnabend abend in den Keller eines Wildprcthändlers cinzubrechen versuchte und dabei den Hausdiener des Geschäfts durch einen Stich in die Brust verletzte. Eisenberg-Moritzburg, Hier trieb der 14 jährige Sohn der Frau Gutsbesitzer Eichhorn die Pferde an die Göpelmaschine. Dabei kam derselbe mit dem rechten Fuß in die Kamm räder des Göpels, wobei ihm die Flechsen durchschnitten wurden. Radeburg. Der Ortsgeistliche van Berbis dorf, Herr Pastor May, wurde vom Kirchen- vwstcmd zu Zeithain nach vorausgegangener Gastpredigt für die dort erledigte Pfarrstelle zum Pfarrer gewählt. Kamenz. Kinder haben Engel! In einer Dachwohnung auf der Oststraße waren zwei Kinder in Abwesenheit der Mutter eingeschlossen worden. Als das eine derselben fortgesetzt Schreie ertönen ließ, wußte das andere keinen anderen Rat, als durch das offene Fenster im zweiten Stocke zu steigen und auf dem Dache an der Rinne entlang zu dem benachbarten Fenster zu gelangen zu suchen, wo eS die Scheibe eindrückte und die Nachbaibewohner herbeirief, durch die Glassplitter sich aber blutende Verletzungen zuzog. Dippoldiswalde. Vom Eisenbahnzug über fahren wurde heute abend auf der Ulberndorfer Straße an einer Bahnübergangsstelle ein Last- geschirr des Fuhrwcrkbesitzers Schauer. Der Geschirrführer wurde lebensgefährlich verletzt, ein Pferd getötet und das zweite beschädigt. Lichtensee. Den eifrigen, unermüdlichen Nachforschungen der K. Gendarmerie ist es gelungen, eine Person zu ermitteln, kgegen die ich die dringendsten Verdachtsmomente ge> läuft haben, (daß sie den vor kurzen ge meldeten Raubnnfall an der Butterfrau Guks von Zeithain verübt hat. Betreffender ist fest genommen worden. Man fand bei ihm ver- chiedene der geraubten Gegenstände vor, so- »aß wohl anzunehmen ist, daß man „den Rechten" hat. Der unerhörte Fall eines Straßenraubes in der sonst so absolut sicheren Gegend wird also dank der Gendarmerie bald eine Sühne finden. Frankenberg. Hier fand man in einem Hausgrundstück der Neustadt die Leiche eines 15 jährigen Bäckerlehrlings auf, die mit 'dem Halse in einem an einer Leiter befestigten Tragkand Haig. Wie mitgeteilt wird, hatte der junge Mensch die Gewohnheit, öfter an der betreffenden Stelle Turnübungen vorzunehmen. Es ist Ursache zu der Annahme vorhanden, daß der Lehrling an dem Tragbande wiederum geturnt hat und dabei von einem plötzlichen Schwächeanfall heimgesucht worden ist — in einer Lage, aus der er sich dann nickt mehr zu befreien vermochte. Chemnitz. In dem Monstre-Prazeß gegen den Wildschützen Schönfeld und Genossen wurde am Sonnabend das Urteil gesprochen. Der Hauptangeklagts Schönfeld, bei dem es sich um 69 vollendete schwere und im Rückfalle begangene Diebstähle und um Wilddieberei handelte, wurde zur höchsten zulässigen Strafe von 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Mai erhielt 9 Jahre Zuchthaus zudiktiert. Die Geliebte Schönfelds, die Haupthehlerin Rohstock, wurde zu 2 Jahren 10 Tagen, Hehler Heinick zu 1 Jahr 9 Monaten, die Gebrüder Unger wegen Hehlerei zu je 1 Jahr 6 Monaten verurteilt, während ihre Wilddieberei B. Lichten» Herger mit 1 Jahr 6 Monaten und Simm mit 1 Jahr Gefängnis zu büßen haben. Mai und Schönfeld erhielten außerdem je 10 Jahre, die Nohstock 5 Jahre Ehrenrechtsverlust und alle drei wurden unter Polizeiaufsicht gestellt. Zwei Angeklagte wurden freigesprochen und die anderen erhielten Gefängnisstrafen in der Dauer von 7 Monaten 2 Wochen bis herab zu je 1 Woche zudiktiert. Schönau, Der Magazinverwalter der be kannten Fahrradfabrik von Winklhofer und Jaenicke in Schönau, Paul Röder, der seit dem Jahre 1900 Messing, Roheisen und Kupfer- absälle im Gesamtwerte von mindestens 17 778 M. veruntreut und verkauft und das Geld in seinem Nutzen verwendet hat, wurde vom Landgericht Chemnitz zu zwei Jahren Ge fängnis und dreijährigem Ehrenrechtsverlust verurteilt. Der Mann war so sicher vor Entdeckung, daß er mit dem eigenen Geschirren der Firma Posten im Werte bis zu 500 Mk, fortschaffen ließ Von der Direktion wurde er als tüchtiger Beamter bezeichnet. Hohenstein-Ernstthal. Ein großes Auf gebot von Arbeitskräften, so ganze Kolonnen Arbeiter aus Leipzig Halle, Kamenz sind in den Letzten Tagen hier eingetcosfen, um die durch den Rauhfrost eingetretenen Schäden an den Telephonleitungen zu beseitigen. Seit Montag ist der Fernsprechverkehr im ganzen Erzgebirge so gut wie abgeschnitten. Trotzdem die hier herrschende Kälte nn Arbeiten an den Telephonleitungen sehr erschwert, wurden doch am Sonnabend ungefähr 100 Anschlußleitungen wieder hergestellt, denen dann in den nächsten Tagen noch weitere folgen werden. Da die Telephondrähte vielfach auf die Leitungsdrähte des Oberlungwitzer Elektrizitätswerkes fallen, entsteht Kurzschluß, wodurch der Betrieb des Werkes gehemmt wird. Viele Fabriken welche mit elektrischer Kraft arbeiten, mußten mehrere Male den Betrieb «instellen. Die hiesige Seidenweberei von Lotze steht seit einigen Tagen ganz still, da der Rauhfrost erhebliche Defekte an der Licht- und Kraftanlage gebracht hat. Auch an den Obstbäumen und in den Waldungen ist viel Schaden entstanden. Leipzig. Eine gräßliche Bluttat hat sich in den Mittagstunden am Sonnabend im Hausgrundstück Moltkestraße 28 zugetragen. Daselbst wohnt in der dritten Etage der Barbier Ernst Ulrich, der an der Ecke der Brandvorwerkstraßc und der Moltkestratze 18 sein Barbiergeschäft betreibt. Seine Be schäftigung hält ihn den Tag über von der Wohnung fern. Die Frau ist ihm gestorben. Seine beiden Töchter, die etwa 21jährige Lisbeth und die 17 jährige Anna Frieda Ulrich besorgen den Haushalt, Ulrichs haben Zimmer an Untermieter abgegeben. Zu den Unter mietern gehört auch Christo Miancoff, geboren am 14. Mai 1887 in Grabovo in Bulgarien. Miancoff wohnte seit fünf Monaten bei Ulrich und trieb in Leipzig Musikstudien. Zwischen der 17 jährigen Anna Frieda Ulrich und dem 19 jährigen Bulgaren scheint sich nun hinter dem Rücken des Vaters des Mädchens ein Liebesverhältnis angesponnen zu haben, das aber arg unter den EisersuchtSanwandlungen des Orientalen zu leiden hatte. Am Freitag kam Anna Frieda abends erst gegen 11 Uhr nach Hause. Das gab dem Bulgaren aufs neue Anlaß zur Eifersucht. Sonnabend mittag gegen »/i 12 Uhr ging er zu den beiden Mädchen, die in der Küche beschäftigt waren. Er rief die Frieda unter einem nichtigen Vor wande heraus und ging mit ihr in da» neben der Küche nach dem Hofe zu gelegene einfenstrig« Arbeitszimmer der Mädchen. Hier scheint cs nun zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden gekommen zu sein. Plötzlich ergriff Miancoff eine Plättglocke und schlug mit ihr auf das wehrlose Mädchen ein. Er zer trümmerte der Unglücklichen die Schädeldecke. Bewußtlos sank das Mädchen zu Boden. Bei diesen Anblick griff der Bulgare nach einer Schere und bracht« sich selbst eine allerdings ganz leichte Verletzung am linken Handgelenk bei. Der Schmerz brachte den Rasenden zu viehischer Wut. Er stürzte sich mit derselben Schere auf sein Opfer und stieß ihm das spitz« Instrument quer durch den Hals, sodaß die Schere im Halse stecken blieb. In diesem gräßlichen Zustande hauchte die Unglückselige ihr Leben aus. Die Schere hatte die Schlagader durchstochen. Der Tod trat durch Verblutung ein. Ein im Hause wohnender Kaufmann holte einen Schutzmann und einen Schlosser herbei. Auf das Klopfen der beiden öffnete Miancoff die Tür. Er ließ sich ruhig fesseln und abführen. Auf der Treppe aber brach er zusammen. Man requirierte nun mehr, wie die „Leipz, N. N" berichten, den Krankenwagen, und in ihm erfolgte die Ueber- sührung des Verbrechers nach dem Kranken- Hause St. Jakob. Da die Verletzungen Miancoffs sich als ganz leicht erwiesen, ward der Verbrecher bereits abends 6 Uhr durch Kriminalbeamte aus dem Krankenhaus abgeholt und dem Polizeigefängnis zugeführl. Er ist, wie verlautet, der Sohn eines reichen bulgarischen Spinnereibesitzers. Aus dem oberen Vogtland. Hier herrscht eine grimmige Kälte. Im Gebirge sind Höhen, Täler und Wege verweht. Der Verkehr ist sehr erschwert. Plauen. Die Kellnerin Frida Hoppe aus Dresden wurde wegen Kindesmordes in Lengenfeld verhaftet und in das hiesige Land- gerichtSgefängniS «ingeliefert^ Sie hatte ihr Kind erwürgt und dann den Leichnam in den Abort des Naundorfer Bahnhofes geworfen.