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Ottendorfer Zeitung. Die .Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- >ag und Sonnabend abends. 8«j«grxreir virrteljährlilt , Mark. Durch die Post bezogen l,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahm« »»« Inserat«« bi» »»»mittag i« Uhr.' Inserate werden mit ;o p fit» dir Spa/tzrii« berechne Tabellarischeres«» nach besonderem Tarif Druck und Verlag von Hermann Rühle m Groß-Gkriila. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla Vr. 146. Mittwoch, den 5. Dezember 1906. 5. Jahrgang. holzversteigerung auf Okrillaer Staatsforstrevier. Im „Sajthof so« goldenen King" in Moritzdorf sollen Montag, den 10. Dezember 1906, von nachmittags V2 L Mr an 2824 w. Stämme ll/31 om Mittelst., 5069 w. Klötzer 8/31 6M Oberst., 10 ficht. Derb- stangen 9 em Unterst, und Dienstag, den 11. Dezember 1906, von vormittags 9 Uhr an !'/, Rm. h. u. 118H, Rm. w. Brennscheite, 14 Rm. h. u. 872 Rm w. Brcnnknüppei 4D/, Rm. w. Zacken 15 Rm. eich. u. 548*/, Rm. w. Acste, 176,2 Wllhdt- w. Brennreisig aus den Kahlschlägen in den Abt. 7. 52 u. 69, Durchforstungen in den Abt. 29. 33, 34. 35, kl, 70 und 76 u. Einzelhöljer in den Abt- 4, 18, 19, 20, 47. 77 und 78, gegen sofortige KtsnhlkNg versteigert werden. Vkrilla und Moritzburg, am 29. November 1906. lKgl. Forllreoiervecmaltuii» sigl. sailimitlmi. Oertliches und Sachfisches. Vttcndorf-Vkrilla, den Dezember ryos — * Bauernregeln für den Monat Dezember. Grüne Weihnacht, weiße Ostern, weiße Weih nacht, grüne Ostern. — Weihnachten im Schnee, Ostern im Klee. — Hängt zu Weih nachten Eis an den Weiden, kannst du zu Ostern Palmen schneiden. — Grünen am Christtag Feld und Wiesen, wird sie um Ostern Frost verschließen. — Klappern die Bäume von Eis in den WeihnachlStagen, so werden sie im nächsten Jahr viel Früchte tragen. — Wenns um Weihnachten ist gelind, sich dann noch viel Kälte einfindt. — Donner im Winterquartal, bringt uns Kälte ohne Zahl — Entsteiget Rauch den gesror'nen Flüssen, so ist aus lange Kälte zu schließen. — Dezember kalt mit Schnee, niemand sagt, o weh! — Dezember «arm, daß Golt erbarm! — Im Dezember sollen Eisblumen blühn, Weihnacht sei nur auf dem Tische grün. — Kommen Hasen und Ammern in die Gärten, will der Winter sich verhärten. — Goldammern in den Straßen bringen Kälte über die Maßen. — Liegen Adam und Eva (24.) im Klee, feiern sie Ostern dann im Schnee. -- Siehst du noch Zippen im Waldgchege, hat« mit der Kälte Noch gute Wege. — Dezember halt mit Schnee gibt Korn auf feder Höh. — Auf kalten Dezember mit tüchtigem Schnee folgt ein fruchtbares Jahr mit reichlichem Klee. — Kalter Dezember und fruchtbares Jahr sind vereinigt immerdar, — Dezember lind und naß gibt Ikere Speicher und Faß. — Dezember ver änderlich und lind, ist der ganze Winter ein Kind. — Ist« in der heiligen Nacht hell und klar, so gibt» ein segensreiches Jahr. — Vom Eise eine Brücke muß zu Weihnacht haben Bach und Fluß. — Wenn eü um Weihnacht schneit, dann der Hopfen gut gedeiht. — Der soeben erschienenen Rentablitäts- berechnung für die einzelnes Linien des Säch sischen Staat-eiscnbohnnetzcS ouf das Jahr 1905 mtnehmen wir folgendes: Das Staatseisenbahn- vetz hat sich im Laufe des Jahres erweitert durch den Hinzutritt der ab 1. Januar 1905 käuflich in den Besitz des Sächsischen Staates übergegangenen Linie Reichenberg Zittau, durch Fortsetzung der vollspurigen Nebenbahn Weißensand—Töltzschtalbrücke nach Lengenfeld, durch Verbindung der Stadt Eibenstock mit dem Unteren Bahnhof Eibenstock der Linie Chemnitz — Adorf und durch Fortführung der vollspurigcn Nebenbahn Pirna—Berggießhübel bis nach Gottleuba. Die Einnahmen sind um 7 897 412 M höher als die des Vorjahres, ste übersteigen die im Slaatöhaushaltsetat vorgesehene Summe »m 10 763 309 M. Der Zuwachs betrug im Personenverkehr 1742 885 Mk. im Güterver kehr 3 957471 M. und aus anderen Quellen 2197 055 M. Die Ausgaben sind gegen die de» Vorjahres um 6323113 M. höher, sie bleiben jedoch hinter den im Staatshauöhalts- Oat veranschlagten um 2840980 M. zurück. Der Ueberschuß ist dem voijährigrn gegenüber UM 1574 298 M. dem im Staatshaushaltetat veranschlagten gegenüber um 13904289 Mk. Die Verzinsung der vollspurigen Linien betiägt 1.840 Proz. Die schmalspurigen Linien er brachten 1,289 Proz. ihres Anlagekapitals. — Von den Normatspurbahnen verzinste sich am besten die Bahn Waldheim-Kriebethal und zwar mit 19,963 Proz. Die zweitbeste ist Zeithain- Elsterwerda mit 10,721 Proz., die ^Linie Klotzsche Schwepnitz steht an 35. Stelle mit einer Verzinsung ihres Anlagekapitals von 2,042 Proz. (im Vorjahre 2,886 Proz. In dieser Linie ist bekanntlich durch den Umbau des Teils Klotzsche—Königsbrück aus Schmal spur in Normalspur übermäßig viel Kapital verbaut worden, was ihre Rente sehr herab drückt. —* Die Durchführung der Sonntagsruhe bei der Reichspost fand am Montag ihren Abschluß. Von nun an werden Briefsendungen mit Nachnahme an Sonn- und FeieUagen den Empfängern nicht mehr vorgezeigt, auch dann nicht, wenn die Absender dies beantragt haben. Auch der sonntägliche Schalterdienst ist im Laufe der Jahre beschränkt worden. In größeren Städten werden zum Beispiel kleinere Postanstalten Sonntags nicht mehr geöffnet usw. Hand in Hand damit geht die Ein schränkung des inneren Dienstes der Post an Sonn- und Feiertagen, soweit dies möglich ist. Bestellt werden jetzt nur noch einmal Sonntags gewöhnliche Briefsendungen jeder Art. Eil sendungen und Telegramme. Es ist nicht be absichtigt, die Sonntagsbestellungen noch weiter einzuschränken. Drucksachen zum Beispiel all gemein von der sonntäglichen Bestellung aus zunehmen, würde den Dienst der Beamten kaum verhindern, da die Bestellung der Druck sachen hier zu Lande mit den Briessendungen geschieht, die Beamten also doch Dienst haben. Im übrigen hat die Durchsührung der Sonntagsruhe bei der Post vollständige Zu stimmung auf allen Seiten gefunden. Ein wendungen sind dagegen so gut wie garnicht erhoben worden. Königsbrück. Auf dem GefechtSschießplatz bei Königsbrück wird vom 10. bis mit 15. Dezember das Königliche Schützenregiment Nr. 108 täglich von 9 Uhr Vormittags bis 2 Uhr Nachmittags Vorbcreitungs- und Gruppenschießen abhalten. — In der Nacht vom Sonnabend aus Sonntag ist in einem Stallgebäude des Ritter guts Weißbach Feuer ausgebrochen. Es ge lang, das wertvolle Vieh nach dem Schäferei gebäude in Sicherheit zu bringen. Das Stall gebäude wurde zur Hälfte vom Feuer ver nichtet, dem Vernehmen nach ist etwas Ge flügel im Feuer umgekommen, größere Futter vorräte und Inventar sind verloren gegangen. Am Sonntag abend in der siebenten Stunde geriet auf demselben Gute noch die neben der Brandstelle gelegene Wohnung des Gutsvoigts, vermutlich von der Brandstelle aus, in Brand und wurde vom Feuer auch zerstört. In der selben Nacht, morgens in der vierten Stunde geriet ferner die stehengebliebene zweite Hälfte deS Stallgebäudes in Brand und wurde eben falls fast ganz vernichtet. Die ursprüngliche Enlstehungsursache des Feuers ist nicht er mittelt. Freiberg. Die Alten Herren des hiesigen bergakademischen Korps Teutonia haben in einer Zwangsversteigerung ein an der Ecke der Wallstraße und der Nonnenstraße in bester Lage der Stadt gelegenes Grundstück erworben Hier soll ein schönes, im Stite der alten Patrizierhäuser Freibergs gehaltenes Korpöhaus errichtet werden. Chemnitz. Der Rat der Stadt Chemnitz beschloß, die auf 380 000 Mark veranschlagte und mit einem Aufwand von 160 OOS Mark bereits teilweise zur Ausführung gelangte Um wandlung des KüchwaldcS in einen Waldpark nunmehr schneller und zwar in einem Zeitraum von 8 bis längstens 10 Jahren zur Voll endung zu bringen und zu diesem Zweck außer den alljährlich mit 10 000 M. in den städtischen Haushaltplan eingestellten Mitteln die er forderlichen Beträge nach Maßgabe von all jährlich aufzustellenden Sonderplanungen aus der Anleihe zu entnehmen. — Aus dem Fenster deS ersten Stockwerkes eines Hauses der Leipziger Straße stürzte in einem unbewachten Augenblick ein zweijähriges Mädchen in den Hofraum. Tas Kind starb kurz darauf an den erlittenen schweren Ver letzungen. Böhlitz-Ehrenberg. Der seit vorigen Montag vermißte Schulknabe Zwarg ist jetzt aufgefunden worden. Er hat sich seit seinem Verschwinden Tag und Nacht in eine Kalkkiste gesetzt, die auf einem Bauplatze an der Süd straße stand. Ein Bruder von ihm Hal ihm Lebensmittel gebracht, ohne den Aufenthalt zu verraten. Der Vater und die Mutter gehen tagsüber auf Arbeit und konnten nichts davon merken. Verschiedenen Leuten die in der Nähe des Platzes wohnen, ist es aufgefallen, daß der Knabe jeden Tag in der Nähe des Platze» etwas zu suchen hatte, Sie gingen deshalb hin und fanden, wie der Knabe seinen Bruder Brot brachte. Der Junge aus der Kiste liegt jetzt schwerkrank zu Hause nieder. Aus welchem Grunde er sich verborgen gehalten hat, sagt er nicht. Aus der Woche. Nachdem sich im Reiche der Habsburger da» Abgeordnetenhaus endlich mit der Fassung der Wahlresormlage restlos einverstanden erklärt hat, türmen sich vor dem vom Volke wie vom Kaiser in gleicher Weise ersehnten Gesetz neue und unvorhergesehene Hindernisse auf. Das österreichische Herrenhaus streikt nach wie vor und will von einer Wahlreform im Sinne der Regierung nichts wissen. Umsonst sind die Ermahnungen des greisen Kaisers, vergeblich die Bemühungen des Ministerpräsidenten von Beck, ja sie haben sogar einen völlig uner warteten Erfolg gezeitigt. Die Mehrheit des Herrenhauses drohte, durch ihren Sprecher, die Armee gegen die kaiserliche Hofburg in Wien führen zu wollen, falls der Kaiser (durch Fest halten an der Wahlreformvorlage) sie dazu zwänge, Unter solchen Umständen ists für die österreichische Regierung wahrlich eine Er leichterung, daß sich das gespannte Verhältnis zu Italien einigermaßen aufbefsert. Herr Princtti, der 1902 im Auftrage Italiens den Dreibundvertrag auf 10 Jahre verlängert hatte, erklärte nämlich einem österreichischen Diplomaten gegenüber, daß er in voller Freundschaft für Oesterreich den Dreibundvertrag erneuert habe. Was (nach seiner Ansicht) für den Dreibund gefahrdrohend sei, sei keineswegs das Verhältnis zwischen Italien und Oesterreich (d. h. ihr heimliches Ringen um die Herrschaft über das Adriatische Meer), sondern (wir ahnten es seit der „Extratour" in Algeciras) die deutsche Politik, die durch ihre Enfremdung mit Rußland und ihren wirtschaftlichen Wettlauf mit England zwei schwere Fehler gemacht habe. Dadurch seien England, Frankreich und Rußland zuein ander hingedrängt worden. Und ihrem Zu sammenschluß sei der Dreibund nicht gewachsen. Die Welt weiß also nun aus dem Munde eines berufenen italienischen Staatsmannes, wohin die Wege der Dreibundgenoffen weisen. Endlich ist die Melodie des Liedes auch dem Schwerhörigen verständlich gesungen worden. — Auf die naheliegende Frage, ob die Sache mit dem englisch-französischen Zusammenschuß unter Beitritt Rußlands wirklich (d. h. im Augen blick) so drohend aussieht, geben Zeitereignisse erschöpfende Antwort. Herr Clemenceau, der neue französische Ministerpräsident, war kürzlich im Senat gezwungen, wider Willen Geheim nisse aus seiner politischen Werkstatt auSzu- plaudern, die er gerne für sich behalten hätte. Fragt da vor allem Volke ein Senator in ziemlich heftiger Weise: „Besteht ein Militär bündnis zwischen Frankreich und England, ja oder nein?" Da enthüllte sich denn das seit Wochen dräuende Gespenst als eine gewöhnliche Zeitungsente, die sommerliche Langeweile und politisch-parlamentarische Leere einem eifrigen Schreibhelden in die phantasiereiche Feder Miert hat Herr Clemenceau verweigerte ölcher einfachen Frage die Antwort! Der chlaue und talentvolle Streber wußte wohl, laß ein „Ja" in diesem Augenblicke ihn zum „Bismarck der Franzosen" gemacht hätte, aber er schwieg — weil zwar Besprechungen über einen Militärverlrag der beiden Kanalstaaten tattgefunden haben, aber kein Vertrag, keine linkende Zusage unterzeichnet worden ist. Clemenceau muß neu die Karten mischen; denn man kennt seine Trümpfe. — Mas nun Ruß land anbelangt, so darf man wohl ohne weitere» sogen, daß die Bündnissähigkeit des nieder gebrochenen Reiches zur Zeit gleich Null ist. Dazu kommt noch die immer gleich betrübende Lage im Innern, bie durch die neuerlichen RegierungSmoßregeln nicht gebessert wird. Je mehr sich in Rußland die Neuwahlen zur Reichsduma nähern, um so mehr ist die Regierung bemüht, ihreu neuen Zielen Bahn zu schaffen. Die Abgeordneten aus dem ersten Parlament des ZarenlandeS, vor allem alle Unterzeichner des Wiborger Manifestes, da» Protest gegen die Dumaauflösung erhob, sind entweder verhaftet oder wenigstens unter An klage gestellt worden. Daß sie verurteilt werden — wegen welchen Vergehens, weiß man nicht — ist natürlich selbstverständlich! Im übrigen müht sich Herr Stolypin ernstlich um einige Reförmchen, die in den Kreisen des Volkes zwar keinen Anklang finden, aber den Anschein sozialreformischer Arbeit erwecken sollen. Wenn doch aus allen schönen Worten Taten sprießen könnten. Dos nordafrikanische Sultanat, in dem am I. Januar künftigen Jahres die neue, in Algeciras in wochenlangen Verhandlungen beschlossene Ordnung der Dinge eingeführt werden sollte, macht wieder in un liebsamer Weise von sich reden. Die Be völkerung, aufgestachelt durch Raisulit der nach dem Throne strebt, will sich mit allen Kräftcn, der Einführung einer Polizei Wiedersehen. Natürlich müssen die Mächte eingreisen. Spanien und Frankreich möchten auch gern, aber man legt sich nicht mit Unrecht die schwerwiegende Frage vor: Was soll werden wenn auf die Landung spanischer und französischer Truppen kriegerische Zusammen stöße erfolgten, die vielleicht die Entthronung des Sultans und damit einen Streit der Mächte um das Land nach sich ziehen! Wenn Frankreich und Spanien allein und eigen mächtig handeln, verletzen sie die Algeciras- Verträge. Und wie in solchen Fällen immer, ist England bereits mit einer Anzahl von Kriegsschiffen auf dem Plan erschienen, um „zur rechten Zeit dabei zu sein." Wer ver mag zu sagen, was noch in jenem Wetter winkel schlummert. — Deutschland stand in der abgelaufenen Woche im Zeichen der Kolonialdebatten. Was hatten einzelne Abge ordnete alles sagen wollen! Allein im jReichS- tage bliebs verhältnismäßig ruhig. Und das war gut so! Man sah sich einem neuen Manne gegenüber, dessen Pläne nicht gut an fechtbar waren und der Reichstag wird sich bis zur Etatsberatung sagen müssen: „Abworten!" Vom Wort zur Tat ist oft — leider nur all zu oft — ein weiter Weg; hoffen wir, daß er nicht allzu weit ist.