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Ottendorfer Zeitung : 14.12.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-12-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190612148
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19061214
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19061214
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-12
- Tag 1906-12-14
-
Monat
1906-12
-
Jahr
1906
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 14.12.1906
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OoliEcke Kunätcbau. Deutschland. * Dec Kaiser wird gelegentlich seines Aufenthaltes in Bückeburg am 13. d. dem nahe belegenen Stift Obernkirchen einen Besuch ab statten. * Die braunschweigische Thron folge f r a g e, die am 22. Januar n. end gültig erledigt werden soll, ist, entgegen allen ändern Meldungen, noch keineswegs geklärt. Der Herzog von Cumberland weigert sich nach wie vor für sich und seinen ältesten Sohn auf Hannover zu verzichten und erklärt eine Verzichtleistung seines jüngsten Sohnes für genügend. Damit aber ist sowohl Preußen, wie die braunschweigische Regierung nicht ein verstanden. * Der neue Reichshaushaltsetat verlangt einen Unterstaatssekretär für die Reichs kanzlei sowie die Schaffung einer neuen Direktor stelle im Auswärtigen Amt, und ebenso eine dritte Direktorstelle beim Aufsichtsamte für Privat versicherung. * Der neue Kolonialetat fordert für die Schutzgebiete einen Reichszuschuß von 22^ Millionen. * Im Reichstage wird die Angelegenheit des falschen Hauptmanns von Köpenick im Anfang des nächsten Jahres besprochen werden. Auch im Bundesrate wird man sich im Anschluß an die Ergebnisse des Prozesses gegen Wilhelm Voigt mit dem Auswei- sungszwange der Polizei beschäftigen. *Jn der B ud g e t ko m mi ssio n des Reichstages kam es angeblich zu leb haften Auseinandersetzungen. Der Grund wird von den Beteiligten geheim gehalten. Frankreich. *Das spanisch-französische Ein verständnis, an dem auch England nicht unbeteiligt ist, soll mehr und mehr gefestigt werden. Wie aus Paris berichtet wird, sollen zu diesem Zwecke König Eduard und König Alfons noch im Laufe dieses Winters zu gleicher Zeit nach der französischen Haupt stadt kommen, um über alle schwebenden Fragen ins reine zu kommen. *Die Deputiertenkammer nahm bei der Beratung des Kriegsbudgets einstimmig ein Vertrauensvotum sür den Kriegs- minister Picquart an. * In allen PariserKirchen verkündeten die Pfarrer, daß sie ohne die gesetzlich vorge schriebene Anmeldung die Leitung des Gottes dienstes fortzusetzen gewillt sind. Minister Briand erklärte das Gerücht, daß zwischen Clemenceau und ihm Meinungsverschieden heiten in der Kirchenfrage bestehen, für haltlos. Die Regierung sei entschlossen, der Gerechtigkeit freien Lauf zu lasten. * Die Deputiertenkammer nahm die Vorlage über den Rückkauf derWestbahn mit 364 gegen 187 Stimmen an. Schwede». * Im Reichstag wurde aus Anlaß der Debatte über die Ausfuhr von schwedischen Eisenerzen im deutschen Reichstage der Be schluß gefaßt, die Frage der Regelung der Ver hältnisse hinsichtlich der nordländischen Eisenerz lager baldmöglichst aufzunehmen. Spanien. *Das Kabinett ist nunmehr engültig ver vollständigt. Zum Marineminister ist der Vizeadmiral Marquis Tesoro ernannt worden. *Jn der Deputiertenkammer er klärte in Beantwortung mehrerer Anfragen der Minister des Äußern Perez Caballero, das Vorgehen Frankreichs und Spaniens in Marokko sei ein gemeinsames und erfolgte unter Zustimmung der andern Nationen. Die Polizei werde zunächst in den acht durch die Akte von Algeciras bestimmten Häfen errichtet werden. Rußland. * Graf Witte verwahrt sich in einer öffent lichen Erklärung nachdrücklichst gegen die weit verbreitete Meinung, daß er nach dem Posten des Premierministers strebe. Ein solcher Ge ¬ danke sei töricht, da Stolypin augenblicklich die Wahlen vorbereite und allein geeignet sei, mit der künftigen Duma zu arbeiten. * Die Reformarbeiten für die innere Verwaltung der russischen Ostsee- Provinzen machen seit einiger Zeit schnelle Fortschritte. Nach einer Meldung aus Riga hat die Reformkommission des dortigen Gou vernements die Aufhebung des Kirchenpatronats rechtes für die Großgrundbesitzer beschlossen. Die Geistlichen werden künftig von dem aus drei Kurien hervorgegangenen Kirchenrat gewählt. Balkanftaaten. * Wie immer hat auch diesmal derSultan im letzten Augenblick nachgegeben. Ein Irade ordnet die von den Militäradjutanten verlangte Zuweisung von 300 Mann besonders ausge bildeter Mannschaften des dritten Korps zu Saloniki zur mazedonisch e n Gendarmerre an. Infolgedessen unterblieben die in dieser Angelegenheit beabsichtigt gewesenen Schritte aller Botschafter. * Boris Sarafow, der seit vier Monaten als Revisor der inneren Organisation Maze donien bereiste, ist unversehrt nach Sofia zurückgekehrt, trotz der hohen Prämie, die die Pforte auf seinen Kopf ausgesetzt hat. Sara fow erklärt, die mazedonische Bevölkerung zeige eine zuversichtliche, ja gehobene Stimmung und volles Vertrauen zu der revolutionären Organisation, an der sie eine Stütze gegen den türkischen Druck finde, übrigens sei ein Nachlassen der Gewalttätigkeiten und Aus schreitungen gegen Christen festzustellen. Das Hauptübel sei zurzeit das Wüten der griechischen und serbischen Banden. Amerika. *Wie aus San Francisco gemeldet wird, hielt der amerikanische General konsul in Jokohama, Miller, der in der Heimat eingetroffen ist, an die Studenten der Staats-Universität in Berkeley eine Ansprache, in der er erklärte, Krieg sei das letzte, woran die Japaner heute dächten. Worum es sich für die Zukunft zwischen Japan und Amerika handele, sei der Kampf um den W elt h and el. Japan sei bestrebt, seine Beteiligung am Welt handel immer mehr zu vergrößern und wenn Amerika nicht rasche Fori schritte mache auf den Gebieten, auf denen es gegenwärtig nur langsam fortschreite, werde Japan bald den Handelsverkehr auf dem Stillen Ozean be herrschen. Afrika. * Die Lage in Marokko hat sich seit dem Eintreffen des französisch-spanischen Geschwaders durchaus nicht verbessert. Da man sich immer noch nicht über die Anzahl der zu landenden Truppen einig ist, hat Raisuli Zeit gefunden, mit den übrigen Rebellen Frieden zu schließen und nun sich mit ihnen zu gemeinsamem Wider stande zu vereinigen. *An der Grenze von Algerien und Marokko wurden französische Kamel reiter von marokkanischen Räubern überfallen und erlitten schwere Verluste. Bsieu. *Dem auf der Konferenz von Portsmouth im vorigen Jahre mit so vieler Mühe her gestellten Fried enszustand inOstasien drohen bedenkliche Erschütrerungen. Die Ver handlungen über einen Handelsvertrag zwischen Rußland und Japan sind zum Stillstand gekommen, und über die Auslegung der auf die Fischerei- und Schiffahrtsrechte sich beziehenden Punkte des Friedensprotokolls be stehen bei beiden Mächten völlig entgegengesetzte Auffassungen. Wie es heißt, soll Japan un mögliche, mit der Ehre Rußlands unvereinbare Forderungen stellen. Die von Tokio an- gerusene Vermittelung Englands und der Ver. Staaten ist angeblich abgelehnt worden. ' Großes Aufsehen erregt in Tokio ein Vorkommnis in der j ap ani s ch en M arine. Ein des Diebstahls verdächtiger Matrose soll gebunden, geknebelt und während einer ganzen Nachr an einem Balken ausgehängt und mit eisernen Tauen gezüchtigt worden sein. Der Mann sei gestorben. Es liefen schon häufig Gerüchte um über grausame Behandlung der Mannschaften durch die Unteroffiziere deS Land heeres und der Marine. *Ein persischer Ministerrat ent schied sich dafür, mit der Auszahlung des rück ständigen Soldes an die Truppen zu beginnen. DemMier Reichstag. Am 10. d. steht zunächst auf der Tagesordnung bis dritte Lesung des Gesetzes zur Ausführung der Algeciras-Akte. Abg. v. Strombeck (Zentr.): An der General akte kann keine Änderung vorgenommen werden, wir können sie nur annehmen, wie sie ist. Einzelne Be stimmungen sind in der Allgemeinheit wenig bekannt geworden. Hierauf wird bas Gesetz auf Antrag v. Nor mann (kons.) en bloc angenommen. Darauf wird das Gesetz betr. die Kontrolle deS Reichshaushalts, des Landeshaushalts von Elsaß-Lothringen und des Haushalts der Schutzgebiete für das Rechnungsjahr 1906 in rrster und zweiter Lesung ohne Debatte ge nehmigt. Das Haus tritt sodann in die dritte Lesung des Gesetzes betr. das Urheberrecht an Werken der bilLenden Künste und der Photo- graphie. Es wird sofort in die Spezialdebatte ein getreten. 88 1—22 werden ohne Debatte angenommen. Zu 8 23: „Für Zwecke der Rechtspflege und der öffent lichen Sicherheit dürfen von den Behörden Bildnisse ohne Einwilligung des Berechtigten sowie des Abgebildeten oder seiner Angehörigen vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zu Schau gestellt werden", liegt folgender Abänderungsantrag der Abg. Albrecht u. Gen. vor: Der Reichstag wolle beschließen, in 8 23 nach dem Worte „dürfen" einzuschalten „nur auf richterliche Anordnung", nach dem Worte „Angehörigen" ein zuschalten „angefertigt", dem 8 23 den Satz zuzu fügen: „Die richterliche Anordnung darf nur auf Grund reichsgesetzlicher Bestimmungen erteilt werden". Nach Begründung des Antrages durch Abg. Stadthagen spricht sich Staatssekretär Graf Posadowsky gegen den Antrag aus. Auch der Abg. Henning (kons.) bittet, den Antrag abzulehnen. Der Antrag wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und einzelner Freisinniger abge lehnt und § 23 in der Form der zweiten Lesung angenommen. Ebenso der Nest des Gesetzes. Auf Antrag des Abg. Müller-Meiningen wird be schlossen, daß das Gesetz am 1. Juli 1907 statt am 1. Januar 1907 in Kraft treten soll. Darauf wird das ganze Gesetz einstimmig ange nommen. Es folgt die dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Abänderung der Ge - werbeoronung. (Einführung des kleinen Be fähigungsnachweises für das Baugewerbe.) Abg. Schrader (srs. Vgg): Man darf das angesehene Baugewerbe nicht dadurch schädigen, daß man es willkürlich der polizeilichen Bevormundung aussetzt. Wenn die Polizei auf Einstellung eines einzelnen Baues erkannt hat, ist der Unternehmer zeitlebens schwer geschädigt. Es handelt sich hier um eine Maßregel von weittragendster Bedeutung; im Interesse nicht nur der Unternehmer, sondern auch der andern Gewerbetreibenden empfehle ich die Ablekmung. Geh. Rat Spielhagen: über Baueinstellun gen entscheidet nicht die Polizei, sondern die Ver waltungsbehörde klagt auf Einstellung, worauf dann ein ordentliches verwallungsgerichtltches Verfahren gemäß 88 20 und 21 der Gewerweordnung statt- findct. Abg. Böttger (nat.-lib.) regt die Ausdehnung des Befähigungsnachweises auf das Tiefbaugewerbe an und spricht sich sür die Vorlage aus. Geh. Rat Spielhagen: Das Gesetz soll auch aus den Tiefbau Anwendung finden. Man wird natürlich Umgehungen versuchen, aber das dürfte wegen der notwendigen geeigneten Strohmänner nicht leicht werden. Abg. A r ohme (soz.): Wir können für das vorliegende G setz nicht stimmen. Ursprünglich war es ein Arbeiterschutzgesetz mit antizünftlerischen Tendenzen. In der Kommission aber haben die Zünftler das Übergewicht erlangt. Man hat die Zuziehung der Arbeiter zur Kontrolle verweigert, weil man gefürchtet hat, daß dies den Sozial demokraten zugute kommen wurde. Allein es ist notwenoig, daß man die Bauarbeiter zur Kontrolle zuzieht, ixun sie sind sicher geeigneter als die ! theoretisch gebildeten Beamten, Umerlassungsmaß- j regeln zu bemerken. Wenn Sie auch heute die Zuziehung ablehnen, werden Sie doch eines Tages aus Notwendigkeitsgründen darauf zurückkommen. Abg Paul lkom.): Die alten zünfUerischcn OrgsNiüüUrn"' t^- cu wir nicht brauchen, wir müssen solche haben, die der heutigen Zeit ange paßt sind. In der Vorlage ist die Tendenz de» Arbeitsrschutzes ganz besonders stark zum Ausdruck gekommen. Die Zuziehung der Bauarbeiter zur Kontrolle bietet keine Gewähr für die Sicherheit; die Sozialdemokraten tun immer so, als ob die Bauunternehmer schuld an den Unfällen wären. Man kann Unfälle nie ganz aus der Welt schaffen, man kann sie nur beschränken, und die Vorlage hat den Zweck, nur gewissenhafte Unternehmer dem Ge werbe zuznsühren, ein Umstand, der von dieser Seite Wenigstens Gewähr bietet, daß zum Schutze der Arbeiter nichts unterlassen werden wird. Für eine Zuziehung der Arbeiter zur Kontrolle kann ich nickt eintreten, unter den heutigen Verhältnissen wenigstens noch nicht. Abg. Erzberger (Zentr.): Wir werden sür den Gesetzentwurf stimmen, den wir als eine Ab schlagszahlung auf unsre langjährigen, auf Festigung des Handwerks gerichteten Forderungen betrachten. Der Vorwurf des zünftlerischen Geistes, den die Sozialdemokraten erheben, ist ganz ungerechtfertigt. Arbeitcrschutz und Handwerkcrschutz sind an einem Tage geboren worden. Wären Sie keine fo einseitige Klassenpartei, dann müßten Sie auch für das Handwerk schon aus Gerechtigkeits gefühl emtreten. Wir »vollen den Bauarbeiterschutz gewiß reichsgesetzlich geregelt wissen, nur erwarten wir statt parteipolitisch gefärbter Anträge einen brauchbaren Entwurf. Man kann z. B. dem Bau herrn nicht eine solidarische Haftpflicht mit dem Bau unternehmer aufbürden. Der Schutz der Bauarbeiter mich auf dem richtigen Wege, das ist auf Grundlage des 8 120 s der Gewerbeordnung, in Angriff ge nommen werden. Er ist eine Konsequenz der Ge danken, die zur Einführung der Fabrikinspektion geführt haben; den Arbeitern soll nicht die gesamte Kontrolle überantwortet werden, sie sollen bloß daran beteiligt werden. Die Rechte, die seinerzeit der Fabrikinspektion ihre Zustimmung nicht ver weigert hat, ist also mit ihrer Opposition gegen einen besseren Bauarbeiterschntz im Unrecht. Hoffent lich legen uns die verbündeten Regierungen bald einen solchen Entwurf vor. Abg. Cuno (freis. Vp.) tadelt, daß Art. II den Befähigungsnachweis in das Gesetz bringe. Darauf wird das ganze Gesetz in der General abstimmung angenommen. ^on j^ab und ^ern. Geschenk des Kaisers. Der Krieger- verein von 1870/71 zu Caub a. Rh. richtete kürzlich in anbetracht der geschichtlichen Ver gangenheit des Ortes durch Vermittelung des Deutschen Kciegerbundes zu Berlin an den Kaiser ein Bittgesuch um Überweisung einiger alter Kanonen. Der Monarch hat nunmehr den Befehl erteilt, daß aus den alten Beständen des Zeughauses zwei Geschütze nach Caub abzugeben seien, die neben dem Kriegerdenkmal Aufstellung finden sollen. Das Urteil gegen den falsche» Haupt mann von Köpenick ist am 7. d. rechtskräftig geworden. Voigt hatte sich bereits am Tage der Urteilsverkündung mit der Strafe einver standen erklärt. Auch der Staatsanwalt hat auf weitere Rechtsmittel verzichtet, so daß es bei den vier Jahren Gefängnis verbleibt. Voigt wird voraussichtlich schon in nächster Zeit nach dem Sirafgesängnis in Tegel übergesührt werden. Die Wohltäterin, die dem falschen Hauptmann eine Lebensrente zusichern wollte, hat ihre Ab sicht wahr gemacht. Ihre Erklärung liegt jetzt in schriftlicher, bindender Form vor. Auf der Fahrt zur Sonnenfinsternis. Die Expedition der Hamburger Sternwarte nach Samaeka zur Beobachtung der Sonnen finsternis am 14. Januar hat unter der Leitung des Direktors Schorr unter Mitführung einer umfangreichen Ausstattung wertvoller Instrumente die Ausreise angelreten. Die Reise erstreckt sich zunächst nach Petersburg zur Vereinigung mir einer russischen und einer französischen Expedition. Der Zar hat den Hamburger Herren freie Fahrt aus den russischen Bahnen gewährt. Die Pocken in Metz. Die Pocken epidemie greift nun auch auf die Umgegend von Rietz über. Aus dem Dorfe Mecleuves sind acht Pockenkranke ins Metzer Hospital ge schafft worden. Auch in einer der Hauptstraßen von Rietz ist wieder ein neuer Krankheitsfall zu verzeichnen. Es ist Garnisonbefehl ergangen, daß sich sämtliche verheirateten Unterosfiziere mit ihren Familieiuniigliedem einer Schutzimpiung zu unterziehen haben. K Oer Meg rum Oerzen. 4ss Novelle von F. Stöckert. Hier auf diesem lauschigen Plätzchen, wo Me litta so oft mit Dr. Bergen zusammen gesessen, hier wird er es jetzt sprechen, das erlösende Wort. Die Qualen der Eisersucht, sie trieben ihn dazu, o, und sie will ihn reichlich belohnen sür diese bangen Augenblicke, mit dem ganzen Reichtum ihrer Liebe. Wie ihr Herz klopft, wie sie in süßer Verwirrung die Augen niederschlägt. - „Hören Sie auf die Stimme eines Freundes," fährt Bergen fort, „dem Ihr Wohl am Herzen liegt, nehmen Sie nicht an der Vorstellung teil, ich bitte Sie darum." Seine Stimme hat vor innerer Erregung einen eigenen, tonlosen Klang, heiße Angst leuchtet aus seinen Augen, die so flehend auf das junge Mädchen gerichtet sind. Doch an Melitta prallt alles wirkungslos ab, sie hat ganz andre Worte erwarret. Warum sagt er nicht: ich liebe dich unsäglich, ich will dich zu meinem Weibe machen, darum kann ich es nicht dulden, daß du mit einem andern dich an einer Schaustellung beteiligst. — Was sollen diese lang weiligen Worte von der Stimme eines Freundes, dem ihr Wohl am Herzen liegt, sie klangen kalt und nüchtern gegen den Sturm von Gefühlen, der in ihrem Herzen wogte. — Ach, sie ahnte nicht, daß die Brust des Mannes neben ihr noch viel leidenschaftlicher bewegt war als die ihre. Er wußte kaum, was er gesprochen, Worte vermochten es nicht auszudrücken, was er in diesem Moment empfand, aber seine ganze Seele lag in seinen Augen. Das junge Mädchen jedoch hatte sich schmollend von ihm gewandt, sie schämte sich ihres törichten Hoffens. Zum Glück nahte jetzt mit langen Schütten Herr von Strahl. „Der Herr Papa hat nichts dagegen," sagte er triumphierend. Melitta warf einen scheuen Seitenblick auf das finstere Antlitz ihres Nachbars; der ge kränkte Mädchenstolz, er mußte gerächt werden, kein Tropfen follte ihm nun erspart werden von dem Leidenskelch, welchen er zur Strafe für sein langes Zögern leeren sollte bis auf die Neige. „Das ist ja herrlich von meinem Lebens würdigen Papa," rie sie jetzt mit jubelnder Stimme, „ich wäre trostlos gewesen, wenn er es verboten hätte, aber er gehört glücklicher weise nicht zu den Haustyrannen. Bitte, ge leiten Sie mich zu der Damengruppe dort hin über, ich glaube, sie beraten schon die Kostüme, da dürfen wir nicht fehlen." „Sie machen mich zum Glücklichsten der Sterblichen," flüsterte Strahl, indem er ihr galant den Arm bot und sie durch den Saal führte. Wie in wüstem Traum befangen, schaute Bergen ihnen nach. Hätte Melitta nur ein einziges Mal den Blick gewandt und in das bleiche, vom herben Schmerz entstellte Antlitz geschaut, sie hätte nimmer den Mut gehabt, ihr loses Spiel weiter zu treiben. Es lag etwas Verzweifeltes in feinem Blick, welcher der zier lichen kleinen Gestalt folgte. „Nun ist wohl alles vorüber," murmelte er. „Der Traum ist aus. Und ich dachte daran, sie zu meinem Weibe zu machen; iu diesen Tagen wollte ich meiner Mutter alles sagen und dann das geliebte Mädchen in ihre Arme führen. Ach, ich meinte, das Herz des Mädchens zu kennen und mußte mich so täuschen." Er hatte den Kopf dicht hinter den Topf gewächsen, die in dieser Ecke gruppiert waren, verborgen. Durch das grüne Blättergewirr sah er die Gestalten der Anwesenden sich hin und her bewegen; ihm war es, als zöge ein buntes Puppenspiel an seinen Augen vorüber. Dumpf, unverständlich drang das Stimmgewirr an seine Ohren. Seine Rolle war zu Ende hier, er mochte gehen, niemand würde ihn vermissen. Noch einmal ruhte sein Blick auf Melittas zier licher Gestalt im mattblauen Seidenkleide und dem Schmuck von Korallen, der so gut zu dem schwarzen Haar stand, dann zog er sich un bemerkt in eins der leeren Nebenzimmer zurück und von dort stahl er sich hinaus ohne Ab schied, hinaus in die stille, feuchtwarme Früh- lingsnacht. Kein Stern leuchtete an dem wolkenverhangenen Himmel, alles dunkel, farblos. So farblos, so von dunklen Wolken verhangen, lag das Leben vor ihm, durch das sich wie ein Heller, lichter Streifen unvergeßlich schöne Tags gewoben. Denn vergessen, das fühlte er, würde er nie jene Stunden, die er in Melittas holder Nähe verlebt. Oft noch wird ihr liebliches Md ihn umschweben, er wird ihre süße Stimme hören, ihr Helles Lachen, aber er wird nie zu ihr zurückkchren, nie sich wieder von all dem holden Zauber, der über ihre Erscheinung ausgegossen, betören lasten, denn er hat den Glauben an sie und ihre Liebe verloren. Melitta war doch etwas bettoffen über das plötzliche Verschwinden des Doktor Bergen. W Auge flog unruhig durch den Salon, sie durch schritt die Nebenzimmer, aber nirgends war der Entflohene zu entdecken. „Er wird wiederkommen," tröstete sir sich, „es ist ja eigentlich gar kei» Grund vorhanden, mir zu zürnen." Aber er kar» nicht wieder, er schien für Melitta unsichtbar geworden zu sein. Das Scharlachfieber grassier» unter den .Kindern, hatte er, sich entschuldigend, zu dem Kommerzienrat gesagt; seine Zeit wär» gänzlich von seinen Pattenten in Anspruch ge nommen. Melitta schüttelte ungläubig das Köpfte« bei diesem Bericht ihres Papas. Sie glaubte nicht an diesen plötzlichen Ausbruch der Epi demie. Ihr Herz begann sehr unruhig zu wer den. Sollte er wirklich so tief gekränkt sein und nie wieder zu ihr zurückkehren? Was sollte sie denn nun beginnen, wie ihn nun wieder ver söhnen? Unmutig schaute sie hinaus in den Hellen, sonnigen Frühlingstag. Wenn er mir ein einziges Mal vorüberginge und nur gan- verstohlen zu ihrem Fenster hinaufblickte, wo die duftigen Frühlingsblumen in reichster Füll« standen, eine Welt hätte sie hingegeben für euren Gruß, einen Blick von ihm. Er sckien jedoch die Straße, die er sonst täglich passierte, ängstlich zu vermeiden, scharlach- kranke Kinder mußten in dieser Gegend nicht za finden sein. Draußen vor der Stadt, auf de» einsamsten Pfaden, da finden wir den junge» Doktor wieder. Und der Helle Sonnenschein und das Blühen und Werden in der Natur, es deucht ihm ein höhnender Kontrast mit dem Zu-
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