Volltext Seite (XML)
Vie „Dttendslfec Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich ; Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Annahme »»« Inserate« bi, »«mittag ,« Uh«. Inserat» werden mit ,o p üfiir die Spattzrile berechn» LatellarischerZSatz nach besonderem Laris Lokalzeitung für die Ortschaften GLLendorf-Okrilla mit Moritzdors und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühl« in Groß-Gkrilla Nr. 143. Mittwoch, den 28. November 1906. 5. Jahrgang. Die Anfuhr von l30 rbm Steine aus dem Hermsdorfer Bruche nach hiesiger Radeburgerstraße sowie die Bespannung des Schneepfluges auf die Jahre 1907, 1908 und 1909 soll Mittwoch, den 28. dieses Monats abends 8 Uhr im „Teichhaus" hier öffentlich an den Mindestfordernden vergeben werden. Meudorf-Moritzdorf, den 25. November 1906. Der Gemeindevorstand. Gemeinde-Rechnungen auf1903 liegen von hmte. ab 4 Wochen im Gemeindeamt (Kaffe) während der üblichen Geschäftszeit zur Einsichtnahme aus, was hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebracht wird. Ottendorf-Moritzdorf, am 23. November 1906. Der Gemeindevorstand. Zufolge Verordnung des Innern vom 27. Oktober 1906 hat in Zukunft alljährlich und zwar am 1. Dezember eine beschränkte Viehzählung stattzufinden. Nach K 3 dieser Verordnung wird am erwähnten Tage eins Umfrage in den Gemeinden durch Beauftragte der Gemeindeverwaltung vorgenommen und ist dabei die Zahl sämtlicher an diesem Tage in den einzelnen Grundstücken (Häusern, Gehöften, Anwesen, Schlacht- und Vieh häfen, Tierkliniken und dergleichen Anstalten) und den dazu gehörigen Nebengebäuden vor handenen Pferde, Rinder, Schafe, Schweine und Ziegen festzustellen und in die Zählliste nach der dort getroffenen Unterscheidung und unter gleichzeitiger Angabe der Katasternummer des betreffenden Grundstücks sowie der Namen der Viehbesitzer einzustellen. Es wird die Erwartung ausgesprochen, daß die beteiligten Viehbesitzer den mit der Zählung Beauftragten die erforderlichen Auskünfte mit Bereitwilligkeit erteilen werden. OtteiiäorL-LIoritLäork, am 25. November 1906. Der Gemeindevorstand. Seitliches und Sächsisches. Gttendorf-Dkrilla, den L-. November MS —* Von feiten der Staatseisenbahnver waltung sind die Dienststellen angewiesen worden, während der Wintermonate allen Gütern, die leicht durch Frost leiden, z. B. Mineralwasser in Kosten, destilliertes Wasser in Ballons, Bier, Wein usw., sowohl bei der Einlagerung auf den Güterbödsn und bei der Verladung, als auch bei der Umladung ganz besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Diese Güler sind nach der Anlieferung und nach der Entladung auf den Güterböden, sowie während der Beförderung in dm Güterwagen geschützt zu lagern, sodaß die Kälte auf sie nicht direkt einwirken kann. Auch muß das zur Ver packung dienende Stroh in geeigneter Weise wieder zum Schutze der Güter auf Güterböden usw verwendet werden Die Sendungen sind dann sofort dem Empfänger von der Be stimmungsstation zuzurollen, Maßnahmen, die dem verfrachtenden Publikum willkommen sein werden. —* Der Mangel an großer Scheidemünze, über den wieder geklagt wird, soll nach Möglichkeit beseitigt werden. Der Bundesrat hat eine Vorlage über die wettere Aus prägung von 20 Mill. Mark in Fünfmark stücken dem zuständigen Ausschüsse überwiesen. Königsbrück- Aus dem Gesechtsschießplatze bei Königsbrück wird das Königliche 2. Jäger- Bataillon Nr. 13 in der Zeit vom 3. bis mit 6 Dezember täglich von 9 Uhr Vorm, bis 3 Uhr Nachm Einzel- und Gruppenschießen abhalten. Radebeul. Ein bi einer Herrschaft in Stellung b-findliches Dienstmädchen aus Mechterstädt in Koburg-Gotha hatte heimlich geboren und das Kind in die Abortgrube ge worfen. Das Mädchen mußte der Dresdner Frauenklinik zugeführl werden, wodurch das Verbrechen zur Kenntnis der Staatsanwaltschaft kam. Die vorgenommene Sektion des Kindes ergab, daß es gelebt halte. Stadt Wehlen. Am Bußtag nachmittag wurde in der Kantine des zwischen Rathen und Wehlen gelegenen Steinbruchs des Herrn MatlheS-Stadt-Wehlen ein Einbruch verübt, wobei eine Flasche Schnaps und verschiedene Gläser gestohlen worden sind. Als Täter er mittelte man zwei 18jährige Mädchen und zwei 13 jährige Schulmädchen aus Stadt Wehlen. Den Schnaps haben die vielver sprechenden Mädchen getrunken. Eines von den Schulmädchen konnte infolge des SchnapS- genusses am Donnerstag nicht die Schule be suchen. Nossen. Als der Gutsbesitzer Götze in Schrebitz bei Nossen am Montag nachmittag einen Baum fällen lassen wollte, schickte er einen Pferdejungen (gebürtig aus Meißen) mit der Weisung voraus, am Wipfel des Baumes ein Seil anzubringen, um den Baum damit wuchten zu können. Der Gutsbesitzer begab sich später selbst an die Stelle, fand aber zu seinem Schrecken den Pferdejungen etwas über dem Erdboden am Seile schwebend tot vor. Der Junge hatte seinen Auftrag auSgesührt und war, nachdem er das Seil am Wipfel befestigt, sogleich an diesen herabgerutscht. Dabei hatte sich auf noch unaufgeklärte Weise eine Schlinge gebildet, die den armen Menschen erdrosselte. Selbstmord ist ausgeschloffen. Chemnitz- Auf dem Geleise der Industrie bahn zwischen Stein 4 und 5 der Stellerei 2, nahe dem ersten Bahnwärterhäuschen am Küchwald, fuhr am Sonntag vormittag der von Leipzig kommende beladene und mit zwei Lokomotiven bespannte Güterzug Nr. 7384 den ihm vor Chemnitz-Altendorf entgegenkommenden Küterzug Nr. 7472 in die Flanke. Der Zusammenstoß war von .furchtbarer Wirkung 14 Wagen wurden bei dem Anprall sofort aus den Gleisen gehoben und fielen zu beiden Seiten des Dammes nieder. 9 Wagen sind total zertrümmert. Der Sachschaden ist be deutend. Gegenwärtig ist man mit Auf räumungsarbeiten beschäftigt. Menschen sind nicht verletzt. Die Ursache des Zusammen stoßes war, wie weiter mitgeleilt wird, darin zu suchen, daß vermutlich infolge des dichten Nebels der Leipziger Zug das Haltesignal überfuhr. — Zu den Eisenbahnzusammenstob wird noch berichtet: Insgesamt sind bei dem wuchtigen Zusammenstoß 21 Wagen aus dem Gleisen gehoben und den Damm hinabgeworfen worden, acht Wagen sind total zertrümmert Diese Wagen haben Mehl, Gips, Ziegel, Sand und Kartoffeln enthalten. Beide Güterzüge haben je zwei Lokomotiven gehabt. Der Führer der ersten Maschine des Leipziger Zuges hat angeblich des überaus starken Nebels wegen, der um diese Zeit jenseits des KüchwaldeS in der Talniederung lagerte, das Sperrsignal nicht sehen können und ist infolge dessen weiter gefahren. Im letzten Moment retteten sich die Führer der beiden Züge durch Abspringen. Die erste Maschine des Leipziger Zuges fuhr im Augenblick des Zusammenstoßes dem vierten Wagen des nach Altendorf be stimmten Zuges in die Flanke. Die beiden Lokomotiven des Leipziger Zuges sind be schädigt, Der Schaden, der sehr bedeutend ist, läßt sich noch nicht abschätzen. Der Güter verkehr ist am Montag abend wieder ausge nommen worden, die Ausräumungsarbeiten dauern noch fort. — Eine Liebkstragödie ereignete sich hier am Sonnlag nachmittag. Der am 28. Ok tober 1879 in Halle a. S. geborene ledige Lylograph Karl Hermann Reinhardt, wohnhaft Klosterquergaffe 21, 2. Etg. bei Schreyer, tötete seine Braut, die Putzarbeiterin Luise Anna Ulbricht geboren ebenfalls zu Halle am 8, Dezember 1878, wohnhaft Klosterquergaffe 6, 1. Etg. bei Köhler, in deren Wohnung. Während das Mädchen über Putzarbeiten ge beugt auf einem Stuhle saß, näherte sich ihr Reinhardt und schoß sie von der Seite in die Schläfe. Das Mädchen war sofort tot. So dann richtete Reinhardt die Waffe gegen sich und erschoß sich gleichfalls. Der Grund zu dem Mord und Selbstmord dürfte in der Auf hebung der Verlobung der beiden jungen Leute sein. Die Leichen wurden erst am sMontag früh gefunden. Aus der Woche. Die französische Republik hat ein unerhörtes Ereignis erlebt. Hintereinander sind drei ihrer Minister durch Kammerbeschluß ausgezeichnet worden, indem man ihre Reden für würdig befand, an allen öffentlichen Gebäuden des französischen Landes angeschlagen zu werden. Solchen Maucranschlag kennt man sonst in der ganzen Welt nicht. In Frankreich ist er not wendig, will man wirklich entscheidende Reden dem Volke bekannt geben. Wie die französische Republik jährlich verhältnismäßig die wenigsten Bücher auf den Markt bringt, so stehts auch mit dem Zeitungslesen. Der Politiker will den Redner nicht nur hören, er will ihn sehen, ihn anstaunen, wie auf dem Jahrmarkt ein Wundertier, sich an seinen Worten berauschen, wie an den auswendig gelernten Worten eines Schauspielers auf dem Theater. Was vermag der gute Redner in Frankreich nicht alles durch Worte. (Als einst die Nationalgarde ihren von Elba zurückgekehrten Kaiser sah, wollte sie, dem Befehl ihres Obersten folgend, auf ihn schießen. Napoleon I. aber kannte die Franzosen: „Kinder", sagte er, „da sehe ick die Feldzeichen, die uns von Schlacht zu Schlacht den Sieg zeigten." Dabei klangen verhaltene Tränen aus seinen Worten. Und mit einem begeisterten; „"Vivs I'smpsrsur" (es lebe der Kaiser) senkten die Gardisten ihre Schießeisen.) In Frankreich macht der Vortrag des Redners Glück. Die drei Reden, die Programmrede ClemenceauS, die Rede des Arbeitsministers Viviani und die des Kultusminister Briand werden in der Zeitgeschichte noch einmal ein gehend gewürdigt werden müssen, wenn sich erst unterscheiden läßt, wie weit das Ministe rium Clemenceau aus seinen wohlklingenden Worten segenbringende Taten zu schaffen ver mag. Was die Regierung verspricht, sind Kulturerrungenfchaften, um die gekämpft zu ;aben dem Volke wie der Regierung eine lauernde schone Erinnerung bleiben wird. — Das englische Kabinett des Herrn Campbell« gannermann hat unerwartet schnell noch ein- nal die Oberhand gewonnen. Der Burenein« all in die Kapkolonie, der dem liberalen Ministerium Schwierigkeiten zu machen drohte, >st ausgegangen wie das berühmte Hornberger Schießen. In Johannesburg werden di« l4 „Burenbefreier" hinter Kerkermauern lange Zahre über eine neue allgemeine Erhebung Südafrikas gegen das englische Joch nach lenken können. Man fing sie ein, ehe sie achten Anhang gefunden hatten. Aber damit st das Füllhorn des Glücks, das über Herrn B. (wie die Engländer glatt und einfach hren Premierminister nennen) in dieser Woche rusgeschüttelt ward, noch nicht erschöpft- Dberhaus und Unterhaus sind auf dem besten Wege, sich über die mißliche Frage des neuen Interrichtsgesetzes zu einigen. Chamberlain jat also den Zusammenbruch des Liberalismus im Regierungstisch falsch prophezeit. — Allen Anschein nach werden in nächster Zeit die /Mächte" wieder eine gemeinsame Angelegen« seit zu ordnen haben. Die Zustände in Marokko, die mit jedem Tsge unsicherer und mhaltbarer werden, machen das Eingreifen )er mit der Ausführung der „AlgeciraS-Akte" beauftragten Mächte Spanien und Frankreich mbedinzt notwendig. Nun ist nicht ausge- chloffen, daß die militärische Besetzung Marokkos Verwickelungen nach sich zieht, die uir vermieden werden können, wenn alle „Mächte" rechtzeitig von allen „Schritten" der leiden Schutzmächte unterrichtet werden. Vor- äufig sollen in Tanger, der Hauptstadt Marokkos, 1500 Mann spanischer Truppen ;elandet werden. Der Sultan wird tief in einen Beutel (oder in den seiner Untertanen) zreifen muffen, um die unliebsame und un- -rbetene Einquartierung mit günstigem Wind« vteder loszuwerden. — Die Well steht äugen« ilicklich im Zeichen der Monarchenreisen. König Haakon von Norwegen ist in England. Man kennt jetzt den versteckten Zweck seiner Reise. Norwegen beabsichtigt nämlich mit den Nordmächten einen Neutralitätsoertrag abzu- chließen, und da sendet nun die Regierung den König aus, um die einzelnen in Betracht kommenden Regierungen zu sondieren, d. h. auSzuhorchen. Der König von Griechenland hat sich in Balkanfragen von Wien nach Rom begeben und der ungekrönte „König von Amerika", Theodore Roosevelt, ist von Panama nach Portoriko gereist, wahrscheinlich um noch vor Ablauf seiner Amtsperiode die südlich amerikanischen Staaten für die nsrdamerikanische Union zu gewinnen. Die für Deutschland wichtigste Reise unternahm der König Friedrich von Dänemark nach Berlin zum Besuche des deutschen Kaisers. Es ist seit langer Zeit — seit über 40 Jahren — daß Dänemark dem Deutschen Reiche solche Höflichkeit bezeigt. Hat man sich im Dänenland überzeugt, daß der Wiener Friede (der Schleswig-Holstein dem Dänenkönig entriß) fortwirkende geschichtliche Kraft hat und daß er nicht umgestoßen werden kann? Gut, die Versöhnungshand nimmt Deutschland gern, weit entfernt, in unsrer „Vereinsamung" aufzuatmen, daß endlich „einer" wenigstens kommt. — Daheim sind alle schwebenden Fragen erledigt. Der „Hauptmann von Köpenick" ist vergessen, wie Hohenlohes Tagebuch, von Podbielski spricht man wenig, weil man auf den neuen preußischen Landwirtschaftsminister v. Armin hofft, der Kanzler bleibt — bis aus weiteres — und nur die bange Fleischnotsrage hallt auch in dieser Woche unverändert durch das Reich. Wann wird kommen der Tag, an dem auf lustigen Herdfeuern wieder brät das Schwein, lange und schmerzlich entbehrt?