Volltext Seite (XML)
französische Anteilnahme. Der Bürger meister von Cherbourg hat an den deutschen Konsul ein Schreiben "gerichtet, in dem er die aufrichtige Anteilnahme der Bevölkerung an dem Unfall, der dem deutschen Dampfer „Kaiser Wilhelm der Große" im dortigen Hafen zu- gestoßen ist, zum Ausdruck bringt. Glvckcnsprung zn Erfurt. Während des Läutens der Glocken auf dem Bartholomäusturm zu Erfurt zersprang am Bußtag die älteste und größte Glocke. Sie wird Herabgelaffen und nach Apolda gefahren werden, um in der Gießerei der Gebr. Ullrich umgegoffen zu werden. Das Geläute gehört der Barfüßer- gemeinde. Der mittlere Teil des Turmes ge hört der Stadt und das Parterre origineller weise dem Musikalienhändler Mensing. Zum Altonaer Raubmord im Eisen- bahncoupv. Der Vater des Raubmörders Rücker bat jetzt der Witwe des ermordeten Zahn arztes Claußen einen Brief gesandt, der, wie folgt, lautet: „Sehr geehrte Frau! Gestatten Sie mir, herzliches Beileid zu dem Ableben Ihres Gemahls auszusprechen. Meine Frau, mein 16 jähriger Sohn und ich sind vollständig gebrochen über die verabscheuungswürdige Mord tat meines Sohnes. Wir wünschen, er wäre tot oder im Korker. Hegen Sie bloß keinen Haß gegen uns, auch mögen Ihre Kinder keinen solchen gegen meine haben. Darum bittet in ständigst mit Hochachtung I. Rücker." Eine Familientragödie hat sich in Stade a. d. Elbe abgespielt. Dort hat der Arbeiter Schilling seiner Frau und seinen drei Kindern, die im Alter von einem halben, fünf und sieben Jahren stehen, Gift beigebracht. Als . dann das Mittel bei den unglücklichen Opfern seine Wirkung auszuüben begann, scheint der Ehemann von Neue gepackt worden zu iein, denn er holte selbst einen Arzt herbei. Dieser veranlaßte sofort die Überführung der schwer Danieoerliegenden nach dem Krankenhause; doch erscheint es fraglich, ob noch Rettung mög lich sein wird. Schilling, der sich zu dieser ent setzlichen Tat durch andauernde Ehezwistigkeiten hat Hinreißen lassen, ist sofort in Haft abgeführt worden. Zweimal Zwillinge. In Simbach am Inn in Niederbayern wurden den Bäckersehe leuten Brandhuber zum zweitenmal in diesem Jahre Zwillinge und zwar jedesmal Mädchen beschert, das erstemal am 5. Januar, zum andern am 21. November. König Leopold von Belgien und Prinzessin Luise von Koburg. Wie ver lautet, hat König Leopold der Prinzessin Luise den Vorschlag gemacht, eine Villa in einem bestimmten Orte zu bewohnen, wohingegen er sich verpflichtet, alle Ausgaben der Prinzessin zu bestreiten; Hauptbedingung sei jedoch, daß üe aufhöre, ihre jetzige Lebensweise fortzusetzen. Die Prinzessin soll das Angebot abgelehnt haben, obwohl sie sich in mißlichen finanziellen Verhältnissen befindet. Schulknaben als Brandstifter. In Detschen brach auf dem Grundstücke des Fabri- lanten Medr ein Brand aus, der glücklicher weise bald gelöscht werden konnte. Als Brand- slifier wurden vier Schulknaben ermittelt, die sich einen „Spaß" machen wollten. Weibliche Advokaten. In Paris haben zwei Frauen, Frau Benecech, die Gattin eines "wvokaten, nnd Frau Mill den Advokateneid abgelegt. Mit den beiden weiblichen Advokaten, bie die Pariser Anwaltschaft schon zählte, hat Paris also jetzt vier weibliche Advokaten. vb. Wn schwieriges Werk. Die franzö- wche Akademie der Wissenschaften teilt mit, daß sie hoffe, die 8. Auflage thres großen Wörter buches bis zum Buchstaben „C" Ende nächsten wahres herausgeben zu können. Da die Aus- Me im Jahre 1877 begonnen wurde, wird bas ganze Werk nach dem jetzigen Stande der Arbeiten erst in 250 Jahren vollendet werden. Tod eines adligen Kutschers. In «aint Germain (Frankreich) starb in seinem Lebensjahre an einem Herzschlag Marquis b° Loz de Goltgourant, der Letzte eines alten bretagnischen Adelsgeschlechts. Seit Jahren batte er seinen bescheidenen Lebensunterhalt als Ötscher verdient. Bet einem Eisenbahnunglück zwischen Nori und Leeds in England sind mehrere Personen ums Leben gekommen. eb. Ein Bett für Automobilisten. Ein englischer Erfinder hat sich ein Feldbett paten tieren lassen, das von Motorfahrern benutzt werden kann. Das Bett enthält eine Matratze und pneumatische Kiffen. Im geöffneten Zu stande kann es auch als Tisch, im geschlossenen als Sitz benutzt werden. Banditenplage in Italien. In Monreale bei Palermo wurde eine ganze Bauernfamilie von vier Personen in ihrem von einem Orangen hain umgebenen Häuschen ermordet aufgefunden. Die schrecklich verstümmelten Leichen lagen unbe kleidet da, das Haus war völlig auSgeraubt. Damals waren über 100 Personen infolge Genusses dieser Wurst erkrankt, mehrere sind gestorben. Noch jetzt befinden sich einige Patienten in bedenklichem Zustande. Gegen die Schuldigen soll mit aller Strenge des Gesetzes vorgegangen werden. A Eine wiederaufgesührte Mordszene. Die amerikanische Justiz braucht bisweilen eigen tümliche Beweismittel. So wurde jüngst, wie aus Mexiko berichtet wird, ein amerikanischer Zugführer namens S. L. Hampton, der einen Neger getötet hatte, gezwungen, die ganze Mordszene wieder aufzuführen, damit ein Photograph sie aufnehmen konnte; die Bilder sollen dann als Beweismittel für die Ge schworenen dienen. Das Schauspiel wurde mit ruf'Les von Osstenneick unci Katien. Seit der für Österreich so ruhmvoll verlaufenen Seeschlacht bei Lissa ist die österreichische Marine- Verwaltung bestrebt gewesen, den größten Teil der flüssigen Gelder auf den Schiffbau zu verwenden und Kriegsschiffe zu bauen, die sich besonders für einen Seekrieg in der Adria vorzüglich eignen. Wenn die Seeschlacht bei Lissa seinerzeit nur durch die geniale Führung eines Tegctthoff ge wonnen werden konnte, da das Schiffsmatcrial der österreichischen Marine in keiner Hinsicht dem italie nischen ebenbürtig war, so könnte der österreichische Staat heutzutage mit noch viel mehr Aussicht auf Erfolg sich mit seinem damaligen Rivalen in einen Seekrieg cinlast'en, weil die krassen Unterschiede zwischen den österreichischen und italienischen Ma ¬ rinen, welche 1866 vorhanden waren, nicht mehr bestehen. Allerdings besitzt Italien 17 Schlacht schiffe, Österreich nur 11, Italien 6 Panzer, Öster reich nur 3, Italien 7 kleine Kreuzer, Österreich nur 5, aber die Schiffe der österreichischen Marine sind, wie schon erwähnt, speziell für die Adria gebaut. Italien dagegen kann infolge seiner geographischen Lage nie seine gesamte Seemacht nach der Adria schicken und die Schiffe für das Fahrwasser des Adriatischen Meeres konstruieren lasten. Der außerordentliche Tiefgang der italie nischen Schiffe bedingt es, daß der einzige Kriegs- hafcn Italiens in der Adria, Venedig, die größeren Einheiten heute nicht aufzunehmen vermag. Allem Anschein nach haben sechs Banditen die schauerliche Tat vollführt. — In Mqzzara bei Trapani hatte der Maler Vito Balsatore eben falls ein gefährliches Abenteuer mit Briganten zu bestehen. Er zog auf seinem Esel mit Malerschirm und Staffelei ruhig des Weges, als zwei Briganten ihm aus einer Hecke die Worte: „Ihr Gesicht auf die Erde!" entgegen- dounerten. Der Maler warf sich auch sofort zu Boden, erfaßte aber dabei seinen Revolver, schoß einen der Briganten nieder und machte den andern nach furchtbarem Ringen auf Leben und Tod dingfest. Der Maler blieb unversehrt. Ermordung eines Deutschen in Mai land. Auf offenem Felde, außerhalb Mailands, wurde mit einem Revolverschuffe im Kopfe die Leiche eines gut gekleideten jungen Mannes aufgefunden, die man nach mitgeführten Papieren als die des 24jährigen Wilhelm Meißner aus Wittenberg erkannte. Anfänglich wurde Selbst mord angenommen, jedoch mehren sich Anzeichen, die auf Raubmord deuten. Revolverattentat auf einen Lehrer. Im Treppenhause der Realschule zu Arezzo in Italien hat ein im Examen durchgefallener 19 jähriger Abiturient, der Sohn eines Anwalts, auf den Professor Padrone, Lehrer der Natur wissenschaften, mehrere Schüsse abgefeuert, die diesen an Ohr und Stirn verwundeten. Sodann kehrte der Schüler die Waffe gegen sich selbst und erschoß sich. Die Maffenerkrankungen in Baals. Die nunmehr beendete Untersuchung über die Ursache der kürzlich vorgekommenen Masien- erkrankungen in Vaals (Holland) hat ergeben, daß in Verkauf gebrachte Wurstmengen aus total verdorbenem Fleisch hergestellt waren. großer Feierlichkeit, in Szene gesetzt. Schon vorher wurde in der Presse mit gebührendem Nachdruck darauf hipgewieien, und zu dem fest gesetzten Termin begab sich der Richter mit einer Anzahl Polizisten, mit einigen bevor zugten Zuschauern und den nötigen Zeugen zu dem Schauplatz der Tragödie, einer Spelunke niedrigster Art, iu der die amerikanischen Neger verkehren. Der Gefangene, der mit hoch erhobenem Haupte einhermarschierte, wurde von einer Wache geleitet. Als man am Tatorte an gelangt war, übernahm ein Stellvertreter die Rolle des Opfers — es war ein Schreiber des Richters — und spielte sie mit großem Eifer durch. Alle beteiligten Personen wurden in die richtige Stellung gebracht, wobei es nicht ohne Streit über die Genauigkeit in den Einzelheiten abging, dann wurde der Apparat aufgestellt und eine Reihe von Photographien aus genommen. Ein Bild zeigte die Szene, wie das Opfer das Lokal verließ, die Hände dicht auf die erste schwere Wunde gepreßt, während der Mörder sich anschickte, dem Neger eine zweite Kugel in den Rücken zu schießen. Die Bilder zusammen mit den Zeugenaussagen sollen die Geschworenen in die Lage versetzen, die näheren Umstände bei der Mordszene genau zu erkennen. Man ging so sorgfältig bei dieser Aufführung vor, daß es fast vier Stunden dauerte, bis sie zu Ende war. eb. Ein teurer Hundespielplatz. Eine Amerikanerin, Miß Josephine Wendel, besitzt in New Aork einen eingezäunten Platz, für den ihr kürzlich 2V« Millionen Mark geboten wurden. Sie hat jedoch das Angebot abgelehnt, weil — der Platz der Spielplatz ihres Hundes ist und dieser beim Verkauf des Platzes keinen Raum haben würde, auf dem er sich tummeln kann! — Echt amerikanisch! Ein Ehepaar während der Hochzeits feier erschossen. Ein blutiges Drama spielte sich dieser Tage in Brooklyn (Ver. Staaten von Amerika) ab. Der Italiener Gustav Sylvester hatte sich mit einer Landsmännin, der bild hübschen Italienerin Josephine Pinew, ver heiratet. In einem Restaurant im Herzen der italienischen Kolonie Brooklyns fand die Hoch zeitsfeier statt. AIS die Lustigkeit der Gäste den Höhepunkt erreicht hatte, fielen plötzlich zum allgemeinen Entsetzen der Festteilnehmer mehrere Revolverschüffe, ohne daß man in der Auf regung erkannte, wer die Schüsse abgegeben hatte. Der junge Ehemann und seine Frau wurden lebensgefährlich verwundet und starben bald nach der Einlieferung in das Kraükenhaus. Ferner wurden zwei Gäste tödlich getroffen, während eine Frau und ein Kind leicht verletzt wurden. Man glaubt, daß es sich um ein Eifersuchtsdrama handelt. Dem Täter gelang es, unbehindert zu entkommen. Gewaltige Erdbebe« in der Südsee. Aus Viktoria in Britisch-Kolumbien wird von einem dort eingetroffenen Dampfer berichtet, daß in der Südsee ein schweres Erdbeben und Sturm fluten stattfanden. In Deutsch-Neu-Guinea sei der Schaden sehr erheblich. Viele Ein geborene haben ihr Leben verloren, und die Berge zeigen große Risse. b. Ein sonderbarer Aufenthaltsort. In Japan gibt es eine Gemeinde von etwa 20 000 Seelen, die in dem Becken eines erloschenen Vulkans lebt. Sie hält mit der Außenwelt fast gar keinen Verkehr, sondem lebt in dem von einer 80 Fuß hohen Mauer umgebenen Kessel als ein Staat im Staate. Gericdwkalle, 88 Berlin. Zur Verhütung der Verbreitung von ansteckenden Krankheiten war eine Regierungs- polizciverordnung ergangen, welche Barbieren vor schreibt, daß die Barbiere die Gesichter ihrer Kunden mit angefeuchteten Händen, nicht aber mit nassen Lappen abwaschen sollen. Aus Grund dieser Re- rierungSpolizeiverordnung war ein Barbier in Strafe genommen worden, weil er beim Abwaschen der Gesichter seiner Kunden verbotswidrig einen Frott-er- lappen verwendet hatte. Während die Vorinstanzen die Polizeiverordnung aus formellen Erwägungen für nicht rechtsgültig erachteten, erklärte das Kammcr- gericht die Polizeiverordnung in materieller Hinsicht sür ungültig, weil die Polizeiverordnung durch das Gesetz vom 28. August 1905, bett, die Bekämpfung von ansteckenden Krankheiten, beseitigt sei; das frag liche Gesetz regle die in Rede stehende Materie er schöpfend und laste für Polizeiverordnungen der beregten Art keinen Rauni. Ansbaeb. Die Strafkammer verurteilte nach viertägiger Verhandlung den 38jährigen Bankier Friedrich Heinlein, der eine Anzahl Kunden durch Berechnung zu hoher Provision, zu hoher Zinsen und Ansetzung unrichtiger Kurswerte an ihrem Ver mögen geschädigt hat, wegen mehrfachen Sachwuchers, Betruges, Betrugversuches und Vergehens gegen das Börsengesetz zu einem Jahr Gefängnis, 5000 Mark Geldstrafe und drei Jahr Ehrverlust. Paris. Vor dem Zuchtpolizeigericht batte sich die Forschungsreisende Frau Madelnine Mosse wegen Betruges zu verantworten. Mit Hilse von Empfeh lungsschreiben einflußreicher Leute hatte sie zur Gründung von Gewerbeschulen in Marokko 40 000 Frank gesammelt, die sie aber sür sich verbrauchte. Die Angeklagte wurde zu einem Jahr Gefängnis verurteilt mit der Bewilligung eines Strafauf schubes. buntes Allerlei. ob. Schnell geholfen. Ein Gauner fuhr mit seiner Frau über Land. Plötzlich ging das Pferd durch und voller Schrecken schrie di« Frau: „Ich würde 20 Mark geben, wenn ich aus dem Wagen wäre!" — „Spare dein Geld!" sagte der Mann, „gleich wirst du draußen sein!" Und so war eS. Das läht tief blicke«. Sie: „Du darfst mich nicht küssen, bis wir endgültig verlobt finv!" — Er: „Bestehst du wirklich darauf ?" — Sie: „Ich habe es bis jetzt wenigstens immer versucht." -»««« denn ich um Liebe diene, wird mir Liebe zum Lohne werden." „Wenn du deinen Willen, dem eines andern Unterordnen willst und nichts weiter begehrst Liebe, warum verläßt du dann dies Haus M in der so viel einfacheren und natürlicheren Weise an der Hand eines Gatten?" Paula wandte sich langsam von ihm ab und Mit der Türe zu. . „Du verstehst mich nicht, Onkel! Verzeihe, °oß ich dich störte." „Nicht so, Paula! Du mußt es deinem Unen Onkel wohl zugute halten, wenn er sich jucht so schnell in den Gedanken finden kann, einzige Kind seines Bruders freiwillig uemde Dienstbarkeit auf sich nehmen zu sehen. Wenn du aber meinst, dein Glück auf diesem s^ge zu finden, so will ich tun, was ich kann, "ein Vorhaben zu fördern." »Ich danke dir, Onkel." „Was sür eine Stelle wünschest du einzu- »ehmen?" „Wären meine Kenntnisse regelmäßiger und Mündlicher, so würde ich die Stelle einer Ehrerin jeder andern vorziehen; so aber kann H nur hoffen, mich als Gesellschafterin nützlich Zöchen zu können." . "In einem vornehmen Hause natürlich, wo ^'."n dem gesellschaftlichen Leben der Familie . „Nein, Onkel, ich brauche nichts als Sülle Arbeit; es ist mir genug, wenn meine Nellschaft einem Menschen Freude macht, hjfs das Rechte gewiß für mich zu finden „Ich will es versuchen. Wohin du aber auch gehst, du mußt mir versprechen, Paula, nie aufhören zu wollen, dies Haus als deine Heimat zu bettachten." „Das verspreche ich dir!" Sie zog die Hand des Oheims bewegt an ihre Lippen. Einige Wochen waren nach diesem Abend vergangen, da suchte Steinberg Paula in ihrem Zimmer auf. „Hast ou von einer Stellung für mich ge hört?" rief diese ihm erwartungsvoll entgegen. „Wenn es dir noch immer ernst mit deinem Vorhaben ist —" „Es ist mein aufrichtiger Ernst damit." „Dann glaube ich etwas für dich gefunden zu haben, was dir zusagen wird." „Wo und bei wem?" Paulas noch von der Krankheit blasse Wangen röteten sich vor Erwartung. „Ich habe Jnsemte an mehrere bedeutende Zeitungen gesandt und verschiedene Anerbietungen darauf erhalten, darunter auch die einer alten Dame, welche ein junges Mädchen um sich zu haben wünscht, das ihr bei der Beaufsichtigung des großen Hauswesens, dem sie vorsteht, eine Hilse wäre." „Beides würde ich sehr gerne tun." „Aber die Besitzung dieser Dame ist sehr weit von hier entfernt, sie liegt bei N." „Die Entfernung ist mir gleichgültig." -Ich habe Erkundigungen über die Dame bei Bekannten eingezogen und von allen Seiten ihre Mldung und seltene Herzensgüte rühmen hören. Sie fühlt sich jetzt besonders einsam, da ihr einziger Sohn, der viel auf Reisen ist, sie für längere Zeit verlassen hat." „Wer ist diese Dame?" fragte Paula ge spannt. „Frau Rittergutsbesitzerin Ebert. „Konstantins Mutter," flüsterte Paula, in der Überraschung nach dem neben ihr stehenden Sessel greifend, um sich darauf zu stützen. Eine Fülle von Gedanken flutete über ihre Seele und machte sie sprachlos. „Du brauchst das Anerbieten ja nicht an zunehmen, wenn du keine Lust hast," sagte der Onkel, ihr Schweigen für eine Ablehnung haltend. „Nein, Onkel," Paula richtete sich entschlossen auf, „tue die nötigen Schritte, ich will die Stelle annehmen. — Es ist Gottes Stimme, die mich zu seiner Mutter ruft," sagte sie leise vor sich hin, als er Vormund das Zimmer ver lassen hatte. „Wem könnte ich wohl lieber dienen wollen, als ihr? Gott hat Mitleid mit der Unruhe meines Herzens gehabt und mir den Weg gezeigt, den ich wandeln soll." * * * Mr sind in Konstantin Eberts Heimat und treten in den großen, hinter dem Hause ge legenen Garten, dessen Bäume und Gebüsche - schon zweimal grün wurden, seit ihr Besitzer in der Ferne weilt. An einem sonnigen geschützten Plätzchen j unter einem großen Akazicnbaume, dessen Weiße Blütentrauben die Luft mit schwerem Dust e»-! füllen, sitzt eine bejahrte Frau. Der Schnee des Alters liegt auf ihrem Haupte, aber aus ihren Augen leuchtet ein Herz, das jung und warm geblieben ist, trotz der Jahre. Ihre welke Hand ruht liebreich auf dem dunklen Haar eines jungen Mädchens, das sein Angesicht in ihren Schoß verborgen hatte. „Nun weißt du alles, meine Mutter; ich habe dir nichts verborgen. Kannst du mir ver zeihen ?" „Ich habe dir schon längst verziehen, Kind." „Du wußtest es, Mutter?" rief Paula, hasüg ihr Angesicht erhebend. „Nicht alles, mein Kind, nicht alles. Manches ließ mich deine Bitte ahnen, deinen Namen in meinen Briefen an Konstantin nicht zu erwähnen, andres las ich zwischen den Zeilen von Kon stantins Briefen. Wie töricht meine Kinder waren, wußte ich trotzdem nicht." „Aber nun weißt du es. Sage mir, ob ich bleiben oder gehen soll, jetzt da er kommt." Sie sah angstvoll bittend in die freundlichen Augen über sich. „Hat Paula das Herz, Konstanün noch länger auf sein Glück warten zu lassen?" „Mutter, weißt du denn, ob ich noch zu seinem Glücke nötig bin ? Er hat ja meine Liebe verworfen, als er damals von mir ging." Die alte Frau lächelte. „Willst du mir Konstantins letzten Brief noch einmal vorlesen? Wo mag er nm sein? Ich konnte ihn heute nicht auf meinem Nähtische finden." P» « (Schluß folgt.)