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Ottendorfer Zeitung. Vie „Vttendvlfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abend». Lezugsprei»^ vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahm« »»« Inseraten bi» »»»mtttag m Nh». -Inserat« w«rd«n »tt >o ps ^fLr di« Spaltzitl« berechn, kabellarischer^Latz nach desondtrem Laris Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühl« in Groß-Dkrilla Freitag den 16. November 1906. Nr. 138. Oertliches und Sächsisches. Dttendorf-Bkrilla, den ^8. November — * Am Bußtage und am Totenfestsonntage sind Konzerte und andere geräuschvolle, namentlich mit Musikbegleitung verbundene Vergnügungen, insbesondere Tanzbelustigungen, darunter auch Privatbälle, weiter theatralische Vorstellungen und Schaustellungen, öffentliche Aus- und Umzüge, Vogel- und Scheibenschi ßen (am Totenfestsonntage jedoch mit Ausnahme theatralischer Vorstellungen) untersagt. Doch wird vorausgesetzt, daß zu den theatralischen Vorstellungen, die am Totensestsonntage wie auch am Vorabend des Bußtages zur Aus führung kommen, nur angemessene ernste Stücke gewählt werden. An den Vorabenden der beiden Festtage sind gleichfalls Tanzbelustig ungen, darunter Privatbälle, am Vorabend des Bußtage» auch Konzertmustk und sonstige mit Musikbegleitung verbundene geräuschvolle Ver gnügungen verboten, die Aufführung ernster Musikstücke jedoch gestattet An den genannten beiden Festtagen und ihren Vorabenden ist ferner die Abhaltung und öffentliche An kündigung von Gast- und Schankwirten be sonders dem Vergnügen gewidmeter Veran staltungen, wie Schlachtfeste, Schmäuse, Skat turniere etc., nicht gestattet. Auch ist die Ab haltung öffentlicher Versammlungen aller Art an diesen beiden Tagen gänzlich verboten. —* Wir kommen den Beginn der eigent lichen Weihnachtszeit ziemlich nahe, kommenden Sonntag über acht Tage haben wir den Gedächtnistag für die verstorbenen in der evangelischen Kirche und dem letzten Sonntag im Kirchenjahr, und dann hebt mit der Adventszeit auch das ganze frohe, immer schöne Weihnachtstreiben an. Vorsichtige Leute, namentlich die Damenwelt, wenn sie die Herstellung von allerlei Weihnachtsgeschenken ins Auge gefaßt hat, machen sich schon früher mit dem Herannahen der großen Festzeit ver traut und sie spähen schon von der November- Mitte ab nach dem Neuesten und Allerneuesten, was sie später als Weihnachts-Angebinde dar- bringcn können. Dresden. In der hiesigen Lederfabrik von Heinrich Bierling, G- m. b. H., ist am Sonn abend ein Ausstand ausgebrochen. Dec Grund hierzu war, daß einem Arbeiter, der schon wiederholt zu Differenzen Veranlassung ge geben hatte, gekündigt worden war, weil er einen anderen Arbeiter ohne jede Veranlassung angegriffen und geschlagen hatte. Die Kündigung erfolgte erst nach genauer Unter suchung des Falles und Gegenüberstellung beider Arbeiter, wobei der Angreifende in allen Teilen eingestehen mußte, daß er ohne jeden Grund und ohne gereizt worden zu sein, den andern geschlagen hat. Hervorzuheben ist noch, daß beide Arbeiter in verschiedenen Gruppen ihre Beschäftigung hatten und somit eine direkte Reibungsfläche zwischen beiden nicht vorlag. Nachdem der Arbeitsausschuß von der Fabrikleitung die Rücknahme der Kündigung verlangt, diese aber abgelehnt worden war. legt» der größte Teil der Arbeiterschaft, welcher dem Verbände der Lederarbeiter angehört, ohne Rücksicht auf die vereinbarte achttägige Kündigung und demnach unter Kontrakibruch plötzlich die Arbeit nieder. Königsbrück. Auf dem Gefechtsschießplatz bei Königsbrück wird in der Zeit vom 19. bis mit 29. November das Königliche Jn- fanterie-Negiment Nr. 178 täglich von 9 Uhr Bormittags bis 3 Uhr Nachmittags Einzel- und Gruppenschießen abhalten. Bautzen. In der Nähe des Güterbahn- hofs in Bautzen stürzte sich am Montag ein aus Schmölln in Schlesien stammender Knopf macher mit gezücktem Messer auf einen eine Kah vor sich her treibenden Fleischergesellen mit dem Rufe „Das G ld oder das Leben I" Durch schleunige Flucht brachte sich der Be drohte in Sicherheit Mit mehreren Männern verfolgte er bald darauf den Straßenräuber. Dieser wurde eingeholt und der Polizei über geben. Meißen. Ein Fall von Proselytenmacherei (Bekehrungssucht) wird aus Meißen berichtet. Ein katholischer Gewerbsgehilfe, der mit einer evangelischen Frau verheiratet und im Besitze eines evangelisch getauften und erzogenen Kindes war, ^wünschte, da er sein Ende er wartete, den Besuch eines katholischen Geistlichen Dieser, der Pfarrer Bodenburg von St. Benno kam, suchte aber, bevor er dem Sterbenden die Tröstungen der Religion spendete, die Zu sicherung von der Frau des Kranken z» er halten. daß das Kind katholisch erzogen würde. Da dieses Verlangen von der Frau entschieden zurückgewiesen wurde, erklärte der Geistliche, daß er dann auch ihrem Manne nicht die Sterbesakramente reichen könnte, und verließ die Wohnung. Als dann späterhin der Tod des Mannes von seiner Frau beim kalholischen Pfarramt angezeigt wurde, bemerkte ein anderer Geistlicher, daß die Beeidigung wohl bester durch die evangelische Geistlichkeit voll zogen würde, da der Verstorbene wohl mehr zur evangelischen als zur katholischen Kirche hingeneigt habe. Dieses geschah denn auch und ein evangelischer Geistlicher vollzog die Einsegnung des von seiner eigenen Kirche lieb los behandelten. In vorstehender Weise wird der Vorfall vom „Meißner Tageblatt" dar- gestellt. welches ^daraus vom Pfarrer Boden burg eine Zuschrift erhielt, in der dieser den Sachverhalt zugibt und erklärt, daß jede Kirchengemeinschaft das Recht habe, gemäß ihrer eigenen Satzungen mit ihren Mitgliedern zu verfahren Wenn einem Mitgliede einer religiösen Vereinigung diese Bestimmungen nicht gefielen, dann stände es ihm frei, in ge sunden wie in kranken Tagen diese Gemein schaft zu verlasten, Das „Meißner Tagebl." bemerkt dazu mit Recht, daß derartige Satzungen nicht dem Geiste Christi und dem Geiste unserer Zeit entsprechen. Die Wahrheit des Wortes, daß der Hochmut der Priester der Religion mehr schadet als die Skepstst der Philosophen, wird durch diesen Vorfall wieder beleuchtet. Großenhain. Im hiesigen AmtSgerichtS- gefängnts entleibte sich in der Nacht zum Donnerstag die wegen Brondstiftungövsrdacht seit Montag in Untersuchungshaft befindliche Anwohnerin der Berliner Straße, deren An wesen am Sonntag Abend ein Raub der Flammen wurde. Der ebenfalls in Unter suchungshaft genommene Ehemann der so jählings aus dem Leben Geschiedenen leugnet dem Vernehmen nach immer noch die ihm mit zur Last gelegte Tat. Döbeln. Mit welchem Raffinement mit unter Betrügereien auSgcführt werden, beweist wieder einmal folgender Fall, der in Döbeln vorgekommen ist: Vor einigen Tagen meldete ein in Fischevdorf wohnhafter Former bei einer Döbelner Sterbekaste, deren Mitglied er und seine Frau ist. 'daß die letztere gestorben sei und er um Auszahlung deS Sterbegeldes bitte. Den Worten wurde selbstverständlich Glauben geschenkt und das Sterbegeld in Höhe von 36 M. ausgezahlt. Wenige Tage daraus er schien auf der Sterbekasse wieder eine Frau mit der Anzeige, daß sich aus Gram darüber, daß seine Frau gestorben sei. der Former entleibt hab?, sie bitte um Auszahlung des Sterbegeldes. Dem Kassierer war die Sache diesmal doch nicht ganz geheuer und ec ver anlaßte die Frau zunächst zur Beibringung einer Sterbcurkunde. Gleichzeitig wurden aber auch Erörterungen angestellt über den wirklichen Tod der Ehefrau und da stellte es sich heraus daß beide Eheleute frisch und gesund sich in Fischendorf ihres Daseins freuen. Die Todes erklärungen waren also nur vorgespielt, um sich widerrechtlich einen Vermögensvotteil zu verschaffen, was ja in einem Falle auch ge lungen war. Der Staatsanwalt wird dem sauberen Ehepaar sicher nun begreiflich machen, daß man mit dem Tode nicht so leichtfertig spielen darf. Waldheim. Es ist eine Beruhigung für die gesamte Welt, wenn ein Scheusal wie Dittrich, der nenn Frauenmorde auf dem Gewissen hat, und trotzdem nicht unter dem Beile des Scharfrichters zu sterben brauchte, weil er für unzurechnungsfähig erklärt wurde, in einer Weise unschädlich gemacht worden ist. daß er nach menschlichem Ermesten nicht wieder die Freiheit gewinnen kann. Dittrich wurde jüngst unter Beobachtung außerordentlicher SicherhcitSmaßregeln zu dauernder Internierung in die Jrrenabteilung des Zuchthauses zu Waldheim eingeliefert. Dort ist er in einer Isolierzelle untergebracht und wird trotz seiner bei früheren Ausbrüchen au» der Irrenanstalt Herzberg bewiesenen Schlauheit die Freiheit sicher nie wieder erlangen, da diese Jcren- stalion sich in einem Flügel deS Zuchthauses befindet und somit nicht nur gegen die Außen welt vollständig abgeschlossen ist, sondern auch dem strengen Ueberwachungssystem der Straf anstalt mit unterliegt. Da Dittrich indessen bei kräftigster und anscheinend auch normalen Gesundheit ist, so wird er zu den Arbeiten der Zuchthäusler mit herangezogen. Jedenfalls darf die Welt aufatmen, daß sie diesen furcht baren Verbrecher nun in sicherem Gewahrsam weiß. Chemnitz. Die hiesigen Bahnumbauten machten die Beseitigung dreier alter Eisenbahn brücken an der Oststraße, Bernsdorfer Straße und Reichenheiner Straße notwendig. Der Abbruch der letzteren Brücke wurde im Hin blick auf den dortigen starken Verkehr be schleunigt oorgenommen. Zu diesem Zweck rückte ein Pionierkommando aus, das für die Sprengung der Brücke gleichzeitig eine wert volle praktische Utbung darstellte. Das Pionierkommando traf unter Führung des Oberleutnants Bergmann aus Riesa ein und bestand aus 1 Leutnant, 1 Feldwebel, 2 Unter offizieren und Neun Pionieren des Riesaer 2. Pionierbataillons Nr. 22. Zur Sprengung war auch ein Geheimer Baurat aus Dresden, sowie zahlreiche andere Herren der Baubehörde erschienen. In dem Mittleren Pfeiler, den beiden Bogen und dem linken Widerlager der Brücke waren insgesamt 40 Löcher angebracht, in die 200 Sprengkörper, jeder mit 200 Gramm Sprengmunition gelegt wurden. Die Sprengung, die elektrisch durch Glühzünder vorgenommen wurde, geschah unter furchtbarer Detonation Ein ungeheurer Steinregen erfolgt, indes wurde nur ein Teil der Brücke zerstört, wodurch eine teilweise Wiederholung der Sprengarbeiten nötig wurde und die Bahnzüge eine Ver spätung von Über eine halbe Stunde erlitten. Die zweite Detonation war noch gewaltiger als die erste. Der durch die Sprengung in der Umgebung der Brücke angerichtete Schaden ist dank der getroffenen Anordnungen gering, dennoch wurden in den nächstgelegenen Ge bäuden zahlreiche Fensterscheiben zertrümmert, ein Staketzaun, eine in der Nähe befindliche Verkaufsbude wurde zerstört, Wn älterer Privatmann, der unter einer Ladentüre inner halb der Absperrung stand, wurde von einem der niedersallenden Steine getroffen und verletzt. Lößnitz Beim Durchforsten eines Fichten waldes in Dittersdorf wurden, unter einer Fichte versteckt, in einem Kästchen 4 Taschen uhren und 2 Uhrketten gefunden. Vermutlich rühren die Wertgegenstände von einem ^Dieb stahl her- Steinhübel bei Seiffen. Wegen Verdachts Meineide geleistet zu haben, wurde der Fabrik besitzer Schlieder und der Holzdrechsler Dietze verhaftet und dem Gerichtsgefängnis Sayda zugeführt. Jägersgrün. Eine Ziegenzuchtgenoffenschaft ist hier gebildet worden, ihre Aufgabe ist, durch die Einführung frischen Blutes die Ziegenzucht in der hiesigen Gegend zu heben. Zu diesem 5. Jahrgang. Zwecke ist eine Anzahl Rehziegen nebst Zucht bock aus Rheinhessen bezogen worden. DaS Unternehmen findet auch seitens des Staates finanzielle Unterstützung. Hohenstein-Ernstthal. Im benachbarten Dorfe Tirchheim schlachtete, au» Anlaß des Kirchweihfestes, der dort wohnende Gutsbesitzer Emil Sonntag Fische, wobei er sich mit dem Messer eine kleine Wunde an der Hand zu- zog. Nach einigen Tagen schwoll plötzlich der ganze Arm bedenklich an, und trotzdem Sonntag sofort den Arzt zu Rate zog war dem 50 Jahr» alten Mann nicht mehr zu helfen. Die Blutvergiftung war schon so weit vorge- schritten, daß der kräftige Mann nach schrecklichen Schmerzen starb. Ec hinterläßt eine Frau und 3 Kinder. Leipzig. Eine ganze Anzahl Diamanten Saphire, Rubinen und wertvolle mit Edel steinen besetzte Schmuckstücke wurden in dem Besitz eines 24jährigen Barbier» ^Schwerner aus Kanin (Russisch-Polen) vorgefundcn. Ec wurde verhaftet, als er einen Teil der Gegen stände verkaufen wollte. Ueber den Erwerb machte er die widersprechendsten Angaben/ Schkeuditz. Am Donnerstag erschoß sich hier mittelst Revolver der 14jährige Schul knabe Nehrkorn. Furcht vor Strafe dürfte die Ursache der Tat gewesen sein. Der jugend liche Selbstmörder hatte einen bei seinen Eltern wohnenden Schlafburschen etwa 20 M. aus dem Koffer gestohlen, das Geld vertan und sich für den Rest jedenfalls di« Schuß waffe gekauft, mit der er sich dann den Tod gab. Schönheide i. Erzg. Seit ca. 11 Wochen dauerd nun der Kampf in der Bürstenindustrie und trotzdem ist an ein Ende derselben noch nicht 'zu denken. Die Zahl der Streikenden nimmt stetig zu, obwohl viele Arbeiter und Arbeiterinnen anderweitig in Arbeit getreten sind. In der letzten Zeit schloffen sich dem Streikenden auch ca. ISS Heimarbeiter und Arbeiterinnen an. Die Produktion hier und in Rothenkirchen steht auf einem niedrigen Standpunkt. Der Streik schlägt auf beiden Seiten derbe Wunden, und es wäre «in baldiges Ende im Jntereff« der Allgemeinheit nur wünschenswert. M Plauen. Die Sektion de» neunjährigen Sohnes de» Fletschermeister» Neidhardt hat er geben, daß der Knabe an Alkoholvergiftung ge storben ist. Wie wir mitgeteilt haben, ist dem Jungen, der an Scharlach erkrantt war, durch den Plauener „Naturheilkundigen" Unterbrrger Liter Cognak eingeflößt worden, damit er zum Schwitzen kommen sollte. — In den späten Nachmittagsstunden de» Dienstag» sind die Personalien de» Selbst mörders, welcher von der Elstertalbrücke sprang, sestgestellk worden. E» ist der 20 jährige Sohn Walter de» hiesigen Tischler» Roth. Da» Motiv zu der schrecklichen Tat ist noch nicht festgestellt. — 100 Flaschen Wein, ein Faß Brannt wein, Mer und Sekt wollte di« 26 jährig« Inhaberin eines „alkoholfr-ien" Cafe» in Plauen im Vogtland für ihren Privatgebrauch sich zugelegt haben. So behauptete dies« „alkoholfreie" Wirtin wenigsten» vor dem Schöffengericht, vor dem sie sich wegen Schank vergehens, Uebertretung der Polizeistunde re. zu verantworten hatte. DaS Gericht traut« jedoch der jungen Witwe diesen Hang zu geistigen Getränken nicht zu, zumal au» Zeugenaussagen hervocging, daß nach Eintritt der Polizeistunde, wenn die Gaststube ge schloffen war, oft noch lustige Zechereien statt- gefunden hatten. Es erkannte daher auf Ein ziehung der von der Polizei beschlagnahmten Getränke und auf Verhängung einer Geldstrafe von 60 M. Markneukirchen. Von einem harten Schicksalsschlag ist der Tischlermeister Stark betroffen worden, indem er in der Nacht zum 7. November plötzlich vollständig «rblindet ist.