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Ottendorfer Zeitung. Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis^ vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahm« »»n JnsuaUn bi, »Zmittag i» VH». iZnstrat« w«rd«n mit zo Pf ;fiir di« Spaltzetl« bertchn» rabellarisch«;Satz nach brsonderem Tarif Druck und Verlag von Hermann Rühl« in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla Nr. 133. Sonntag, den 4. November 1906. 5. Jahrgang. Oertliches und SSchstsches. Gttendsrf.Vtrilla, den s. November M«. II Am vergangenen Mittwoch Abend hielt di« hiesige Freiwillige Feuerwehr im Gasthof zum schwarzen Noß das 5. Stiftungsfest be stehend in Konzert, Theater, Ansprachen und Ball ab. Das Konzert wurde von der hiesigen Kapelle unter Leitung des Dirigenten Herrn Löhnert vortrefflich gespielt. Die Stimmung jU erheitern, trug da» gelungene Theaterstück „Der Hauptmann, von der Feuerwehr" bei, es stellte gleichzeitig dar was für einen Segen eine sreiwillige Feuerwehr für den Ort sein kann. Die lebenden Bilder zeigten die Pflichten und Aufopferung die sich die Feuerweör auferlegt, denn sogar aus die Festlichkeit verzichtend eilt der Feuerwehrmann, Rettung zu bringen, wo Hilfe not ist. Der Hauptmann der Wehr, Herr Schlosiermeister Langenfeld, hieß die er schienenen Gäste herzlich willkommen. Herr Schuldirektor Endler brachte ein Hoch aus Se. Majestät den König als Protektor der Feuerwehren aus. Herr Gemcindevorstand Birnbaum dankte der Wehr für die stets bc- »iesene Treue und schloß mit einem Hoch auf die Freiwillige Feuerwehr. Als Käste der benachbarten Wehren waren die Wehren von Cunnersdorf, Klotzsche und Lotzdorf vertreten. Der Vertreter der Klotzscher Wehr wies auf das gute Einvernehmen der benachbarten Wehren hin und versprach auch dann zu kommen, wenn Hilfe nötig sei, mit einem Hoch aus die jederzeit bereite Feuerwehr schloß er seine Ansprache. Der den Schluß bildende Ball, welcher die anwesenden Gäste und die Mitglieder der Feuerwehr bis in die frühen Morgenstunden zusammenhielt, wurde durch das Kommando des Hauptmanns der Wehr zum Antreten unterbrochen. Herr Gcmrindevorstand Birnbaum gedachte hierauf in einer Ansprache derjenigen 14 Mann der Freiwilligen Feuer- kehr die al» Mitbegründer derselben den Bewohnern des Ortes in unverdrossener und elbstloser Weise hilfebringend zur Seite landen und erhielten dieselben für die Treue >er 6 jährigen Dienstzeit ein« Auszeichnung in Lkrnenform welche an den Kragen der Uniform zu tragen ist. Nach diesem nahm der Ball seinen Fortgang. Möge die Freiwillige Feuerwehr in guten Einvernehmen untereinander und den Bewohnern gegenüber verbleiben und rusen auch wir der Feuerwehr ein „Gut Schlauch" zu. —* Die diesjährigen KtrmeSfeste haben mit heutigen Sonntag in unsrer Gegend ihren Anfang genommen. Das sind Festtage für die ländliche Bevölkerung und auch für manchen Städter, der Verwandte oder Freunde auf dem Lande hat Wie schon der eigentliche Name „Kirch- iveih" besagt, ist dieses Fest kirchlichen Ur sprungs. Man seierte es in den früheren Zeiten zum Andenken an die Kircheneinweihung in den einzelnen Ortschaften. Von den hierbei üblichen gottesdienstlichen Handlungen "hielt die Festlichkeit wohl den Namen Kirch- Aesse, und diese Bezeichnung wurde dann im Volksmunde zu dem Worte Kirmse oder Kirmes zusammengezogen. In unserer Zeit Hal sich natürlich diese Bedeutung des Festes vollkommen vermischt. Man feiert eben ein lustiges Volksfest, bei dem es gilt, gut und viel zu essen und zu trinken. Und natürlich bildet den Schluß ein gemütlicher Tanz, Sonntagsruhe im Geldbrstelldienst. Am Reformationstage wurde das Publikum das letzte Mal an einem Feiertage vom Geidbries- träger ausgesucht, da von morgen an die regelmäßige Geldaustragung ruhen wird. Höchstens, wenn zwei Feiertage auf einander solgen, wird der Geldbriefträger an einem derselben sich einstellen. Da die Postverwaltung jedoch bis auf Widerruf gestatten wird, aus nahmsweise den Empfängern von Postan- WeisungSgcldern und Wertbriefen diese im Fall dringender Notwendigkeit am Postschalter aus zuliefern. Allerdings bedingt diese Ausnahme die Vorzeigung eines Ausweispapieres. Bei kleineren Betrögen kann unter Umständen der Militärpaß genügen, immerhin hängt es von der Ansicht des Postbeamten ab, diese Papiere in jedem Falle als hinreichende Legitimationen anzusehen. Die Paß- oder Postausweiskarte genügt bei jeder Betragshöhe, während Trau- schaune, Konfirmationsscheine und ähnliche als Postlegitimationen nicht gelten. Zur Ver meidung von Schwierigkeiten der Ausfolgung von Wertsachen an nicht regelmäße Abholer an Sonn« und Festtagen ist es immer empfehlenswert, die Zustellung durch Eilboten nach der Wohnung zu bcantragen. Hierfür sind 25 Pfennige zu entrichten. Da die Postbehörde die außergewöhnliche Abholung nur solange gestatten wird, als Unzuträglichkeiten für den Dienstbetrieb sich daraus nicht ergeben dürste es angezeigt erscheinen, zu diesem Hilfs mittel auch nur im äußersten Bedarfsfälle zu greifen. Beim Ueberhandnehmen solcher außer gewöhnlicher Nachfragen nach den Geld sendungen wird sicher das nur versuchsweise zugestandene Abholnngöverfahren von kurzer Dauer sein. Dresden. In der Nacht zum Donnerstag brannte die dem Fuhrw-rksbesitzer Seifert in Dobritz an der Niedersedlitzer Straße gelegene Feldscheune vollständig ab. Der weithin sichtbare Feuerschein hatte eine Anzahl Feuer wehren herbeigcrufen. Man vermutet Brand stiftung. — Zu dem in letzter Nummer gemeldeten Unfälle wird folgendes berichtet: Der Unfall spielte sich nicht ganz in der geschilderten Weise, sondern folgendermaßen ab: Das dreijährige Kind war in Abwesenheit der , Eltern aus seinem Nettchen aufgestanden und hatte, um nach der Mutter zu sehen, das Fenster geöffnet und dabei jedenfalls das Gleichgewicht verloren wobei es zum Fenster hinausgestürzt war. Herr Ofensetzmeister Paade war zuerst aus den Unfall aufmerksam geworden. Während letzterer Mi einem eventuellen Absturz des Kindes dieses aufzufangen versuchte, eilte Herr Hermann Roitzsch, Amtsgerichtsschreiber die vier Treppen hinauf. Da die Wohnung ver schlossen war, zerschlug er die Tür und konnte nun mit einer dazugekommenen Nachbarin (nicht der Mutter) das Kind aus seiner gefahr vollen Lage befreien. Es war beim HerauS- sallen mit dem Hemdchen an einem Haken hängen geblieben, wäre aber trotzdem herunter gefallen, wenn es sich nicht mit den Händen an der Dachrinne festgehalten hätte. Es ver hielt sich in der gefährlichen Lage vollständig ruhig. — Ein sehr bedauerlicher Unfall hat am Donnerstag nachmittag Herrn Kommerzienrat Pfund betroffen. Er war eben vom Vorder perron eines Straßenbahnwagens auf der Bautzner Straße abgestiegen, als ein einem Hamburger Herrn gehöriges Automobil nahte, das um den Straßenbahnwagen herumfahren wollte und hierbei Herrn Pfund niedecriß. Herr Kommerzienrat Pfund erlitt hierbei drei Rippenbrüche und Hautabschürfungen am Kopf und Arm. Die Herren im Automobil brachten den Verletzten nach der Diakoniffen- anstalt, wo ihm umgehend Hilfe zuteil wurde Sein Befinden war am Freitag den Um ständen angemessen zufriedenstellend, ernste Be sorgnisse sind glücklicherweise nicht vorhanden. Leuben, Vermißt wird der Kohlenhändler Moritz Benedix von hier. Er hat sich am 24. v. M. früh zwischen 9 und 10 Uhr aus seiner Wohnung Dresdner Straße 23 entfernt, ohne bis heute zurückzukehren. Ein an seine Familie hinterlassener Brief läßt vermuten, daß er sich ein Leid angetan hat. Es wird gebeten, Wahrnehmungen über Aufenthalt oder Auffindung an den Gemeindevorstand gelangen zu lasten. Der Vermißte ist von kräftiger Statur, 48 Jahre alt, ungefähr 1,66 bis 170 Meter groß, hat schwarzes Haupthaar, starken dunkelblonden Schnurrbart. Als be sondere Kennzeichen gelten an der linken Backe ein Muttermal, über dem linken Ohr ein kleines Büschel weißer Haare, auf dem Rücken ein Gewächs in der Größe einer Brombeere. Bekleidet war Benedix mit einer dunkelgrünen Jagdjoppe, dunkler Hose, weichem Filzbut, brauner Unterhose, weißem Barchent« Hemd und Federstiefeletten. Radeburg. In einer am Sonntag vom Konservativen Verein im Amtsbezirk Radeburg im Saale des Hotels „zum Hirsch" hierselbst veranstalteten öffentlichen Versammlung hielt Herr Landtagsabgeordneter Knobloch-Radeberg einen längeren Vortrag über „die wichtigsten Beratungögegenstände des letzten Landtags und die aus diesem für den nächsten Landtag ver bliebenen Aufgaben. Ohorn bei Pulsnitz. In der Nacht zum Donnerstag, bei dem heftigen Orkan, wütete gegen einhalb 1 Uhr in unserem Orte ein größeres Schadenfeuer, dem vier Gebäude zum Opfer fielen. Bereits schon am Freitag vor acht Tagen brach bei der Wirtschaftsbesitzerin Amalie Ring verw. Menzel Feuer aus, welches bald unterdrückt wurde. Abermals entstand gegen 12 Uhr nachts bei der genannten Frau in der Scheune Feuer aus, das rasch um sich greifend, bald auch den Schuppen und das Wohnhaus einälcherte. Hierbei fiel das meiste Mobiler dem Feuer zum Opfer, ferner ver brannten zwei Schweine. Durch den herrschenden Sturm entstand Flugfeuer, wodurch das Grund stück des Herrn Kleinstück ebenfalls vom Feuer ergriffen wurde und vollständig niederbrannte. Als Entstehungsursache wird Brandstiftung angenommen. Bautzen. Vollständig niedergebrannt sind am Mittwoch mittag gegen 1 Uhr im Orte Salga bei Klix die aus sechs Gebäuden be stehenden beiden Wirtschaften der Gutsbesitzer Benad und Schneider. Das Feuer entstand auf noch unbekannte Weise beim Besitzer Benad und verbreitete sich infolge des Sturmes schnell auf zwei Wohnhäuser, zwei Scheunen und zwei Stallgebäude. Der Schaden ist bedeutend, versichert hat nur der WirtschastS- besitzer Benad, Sebnitz. Am Mittwoch abend machte hier der 19 jährige Handlungsgehilfe Hugo Hühner in der Wohnung seiner Eltern durch einen Schuß in das Herz seinem Leben ein Ende. Das Kartenspiel soll die Ursache zu dieser un seligen Tat gewesen sein. Königstein. Der Sturm der letzten Tage hat besonders im Elbtale stark gehaust. Namentlich auch in den Forsten hat er er heblichen Schaden angerichtet. So wird aus Rosenthal bet Königstein berichtet, daß der Windbruch im Walde ganz bedeutend ist. In Schandau wurde ein Bugsierdampfer loS- geristen und zwischen zwei Schleppzüge ge trieben. Das Deck wurde arg beschädigt' Wie aus Schmilka gemeldet wird, ist im Laufe der Donnerstag Nacht bei dem orkan- ähnlichen Winde in Arnsdorf bei HerrnS- kretschen ein größeres Schadenfeuer auS- gebrochen. Es waren bis morgens 4 Uhr die Kirche, die Pfarre, die Volksschule und einige Wirtschaften ein Raub der Flammen geworden. ^Zauckerode. Unweit der Bombastusfabrik erfolgte ein Einsturz der Halde des früheren Schönbergschen Schachtes. Die Masten stürzten in die Tiefe und eS gähnt jetzt ein Abgrund von ungefähr 50 Meter dem Beschauer ent gegen. Auf dem Grund befindet sich ein Wasterstand von 25 Meter Tiefe. Weinböhla. Nach den Aussagen der Spargelzüchter wird voraussichtlich das Jahr 1907 ein sehr gutes Spargeljahr werden. Die Witterung des vergangenen Sommers ist dem Wachstum des Spargels sehr förderlich gewesen, so daß der Ansatz von neuen Trieben ein recht befriedigender ist, auch sind die jungen Triebe in ihrer Entwickelung bereits sehr weit vorgeschritten, Siebenlehn. Unter dem Verdacht« der Brandstiftung wurden hier kürzlich mehrer« Personen verhaftet. — Der al» Zeuge in der SchwurgerichtS- verhandlung gegen Päßler anwesende Schuh macher Greiff aus Breitenbach ist in Unter« suchungshaft genommen worden. Er ist ver dächtig den Brand angelegt zu haben, welchem im Jahre 1905 sieben Häuser zum Opfer ge- fallen sind. Böhrigen. Die Webwarenfabrik von G. Lehmann, Aktiengesellschaft, welche über 300 Arbeiter beschäftigt, hat ihre Liquidation beschlosten. Die Firma ist jedoch noch auf Monate hinaus stark beschäftigt. Geringswalde. In der Stuhlindustrie droht abermals ein Streik auszubrechen. In folge bet der dortigen Firma H. Ettig und Söhne ausgebcochenen Lohndifferenzen kündigten am 12. d. M. etwa 32 Stuhlbauer. Da diese Kündigung trotz bewilligter Lohnaufschläge seitens der Arbeiter nicht zurückgezogen wurde, haben am vorigen Sonnabend elf Firmen der Geringswalder Stuhlfabrikanten - Vereinigung ihren sämtlichen organisierten Arbeitern ge kündigt, sodaß etwa 750 Mann demnächst feiern werden. Es dürfte nicht ausgeschlossen sein, daß falls diese Angelegenheit nicht ge regelt wird, in diese Bewegung noch weiter« Ortschaften der Stuhlbranche gezogen werden. Thalheim. Am 19. Oktober hatten die Arbeiter der hiesigen Strumpffabrik von Neukirchner, insgesamt 344, die Kündigung eingereicht, um am Sonnabend in den Streik einzutreten. Am Donnerstag wurde aber die Kündigung zurückgenommen, nachdem den Arbeitern schriftlich verschiedene Zugeständnisse gemacht worden waren. Die Firma bewilligte eine Arbeitszeitverkürzung von fünf Stunden pro Woche. Erhöht wurden die Löhne bei den Kottonarbeitern um 5—10 Prozent, bet den Pagetarbeitern um 5—14 Prozent und bei den Aufstoßern um 10—13 Prozent. Teilweise wurden auch noch die anderen von den Arbeitern gestellten Forderungen bewilligt. Annaberg. Hier ist ein noch nicht acht zehn Jahre alter Kürschnerlehrling und besten Geliebte, eine ebenfalls «rst achtzehn Jahr« alte Fabrikarbeiterin, unter dem schweren Verdachte der Tötung ihre» vier Wochen alten Kinde» verhaftet worden. Glauchau. Verhaftet und dem Amts gerichte zugeführt wurde am Donnerstag der 17 Jahre alte im hiesigen Bahnrestaurant be schäftigte Hausdiener Schröder aus Wurzen. Er war am Sonntag nach Wurzen gefahren, hatte sich in das elterliche Wohnhaus einge« schlichen und bann bei Nachtzeit aus dem Schreibtische seines Vaters 200 Mark ent wendet. Außer diesem Diebstahl hat Schröder auch solche bei seinem jetzigen Dienstherrn verübt, Niederhaßlau. Lebensgefährliche Ver letzungen erlitt am Freitag der 13 jährige Schulknabe Hahn, der sich von seinen Kameraden auf einem Neubau mittel» Flaschenzugs in die Höhe ziehen ließ, wobei der Strick riß und der Knabe aus beträchtlicher Höhe herabstürzte. Er trug eine schwere Gehirnerschütterung sowie doppelte Arm- und Beinbrüche, vermutlich auch bedenkliche innere Verletzungen davon. Plauen. Die Familie des Fleischermeisters Max Neidhardt ist von einem schweren Schicksalsschlage betroffen worden. Innerhalb weniger Stunden hat das Ehepaar am Donnerstag seine beiden einzigen Kinder — Knaben im Alter von acht und neun Jahren — durch den Tod verloren. Beide Knaben waren an Scharlach erkrankt. Der jüngere starb vormittags. Darauf holte man den Naturheilkundigen Unterberger hier, seine» Zeichens Zimmermann. Dieser gab dem älteren Knaben Liter Kognak ein, worauf das Kind verschieden ist. Unterberger wurde verhaftet und in das Untersuchungsgefängnis gebracht.