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Ottendorfer Zeitung : 07.11.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190611072
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19061107
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19061107
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-11
- Tag 1906-11-07
-
Monat
1906-11
-
Jahr
1906
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 07.11.1906
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k)olMscke AunÄsekAu. Deutschland. * Der Kaiser hat für das nächste inter nationale Automobilrennen im Tannusgebiet einen Preis gestiftet. * Das Kaiserpaar hat 20 OM Mk. für die Säuglingspflege gespendet. * Der Kammergerichtsrat Strähler, der die Untersuchung gegen den bisherigen Gouverneur von Kamerun, Jesko von Puttkam er, leitet, ist von seiner Reise nach Kamerun zurück gekehrt. Direkt Belastendes haben, wie ver lautet, die Untersuchungen für den Gouverneur nicht ergeben. Es sei daher anzunehmen, daß daS Disziplinarverfahren gegen v. Vuttkamer bald sein Ende erreicht haben werde. Dieser wird wahrscheinlich endgültig aus dem Reichs dienste scheiden und seinen Abschied nehmen. *Die preuß. Unterrichtsverwal tung hält es nunmehr für geboten, da der Widerstand der polnischen Schulkinder gegen den Religionsunterricht in deutscher Sprache anhält, ihren Standpunkt dieser Bewegung gegenüber ausführlich darzulegen. In einem Rundschreiben werden die Lehrer ermahnt, wie bisher von Misthandlungen der Kinder abzusehen, dagegen aber unter allen Umständen die Schulzucht auf recht zu erhalten. Der Widerstand der Kinder soll durch Nachsitzen geahndet bezw. durch Ver zögerung der Schulentlassung um ein halbes Jahr bestraft werden. Österreich-Ungarn. *Erzherzog Otto von Osterreich, der Bruder des Thronfolgers Erzherzogs Franz Ferdinand, ist am 1. d. unerwartet rasch ge storben. Eine schwere Operation am Kehlkopf, der er sich im Dezember des vergangenen Jahres unterziehen mußte, hat ihn von seiner heimtückischen Krankheit nicht befreien können. Zwar besserte sich in den letzten Wochen schein bar wieder sein Zustand, der Verfall der Kräfte war aber unaufhaltsam. Ohne schweren Kampf wurde er von seinen Leiden erlöst. * Im Finanzausschuß des ungarischen Abgeordnetenhauses erklärte Minister präsident Wekerle auf eine Anfrage bezüglich der Erhöhung des Rekrutenkontingents, es sei eine anerkannte Tatsache, daß diese notwendig sei. Es sei nur die Frage, in welchem Maße und unter welchen Bedingungen diese Erhöhung stattfinde. Die Regierung habe in dieser Frage keinerlei Verpflichung übernommen. Bezüglich des Übereinkommens zwischen der ungarischen Koalition und der Krone erklärte der Minister, der Reichstag werde Aufklärung über das Pro gramm der Regierung erhalten, das auf diesem Übereinkommen ruhe. Frankreich. * Ministerpräsident Clemenceau erklärte ihn besuchenden Journalisten, die Lage in Süd- Oran (Algier) sei jetzt erheblich gebessert, und betonte, daß die Schwierigkeiten nicht von französischer Seite gekommen, sondern vielmehr durch die Eingeborenen geschaffen worden seien. * Bezüglich des Gesetzentwurfes betr. eine Arbeiterpensionskasse verlautet, daß der Finanzminister dieser Kasse zunächst einen jährlichen Beitrag von 130 Millionen zu- führeu will. Der Finanzminister hofft, es werde ihm möglich sein, 50 Millionen Mehr erträgnis aus der Einkommensteuer und achtzig Millionen aus einer Erhöhung der Erbschafts steuer zu erzielen. * Der vom Ministerrat gebilligte Gesetz entwurf wegen Aufhebung der Kriegs gerichte enthält die Bestimmung, daß von Militärs begangene Verbrechen und Vergehen gegen das gemeine Recht von den 'gewöhnlichen Gerichten und nur Vergehen gegen die Dis ziplin von den militärischen Disziplinargerichten abgeurteilt werden sollen. England. * Das Oberhaus zeigt bei der Weiter- beratung des Unterrichtsgesetzes, daß es in seiner großen Mehrheit fest entschlossen ist, den Kamp' mit der liberalen Regierung und dem Uüterhanse aufzunehmen. Der Gesetzentwurf, der im Unterhause in Übereinstimmung mit der Regiemng keinen Widerspruch fand, wird im Oberhause so durchgreifenden Änderungen unter zogen, daß die Regierung schon jetzt die neue Fassung des Gesetzes für unannehmbar erklärt. Italien. *Aus Regierungskreisen verlautet, die Gültigkeit des zwischen England, Frankreich und Italien bezüglich Abessiniens abgeschlossenen Übereinkommens sei nicht abhängig von der Zustimmung des Kaisers Menelik. Das Über einkommen sei diesem mitgeteilt worden, um ihm zu zeigen, daß seine Interessen durch die Verabredungen, die die drei Mächte unter einander getroffen haben, nicht beeinträchtigt würden. Norwegen. * Storthingpräsident Berner brachte eine Tagesordnung ein, die die Bereitwilligkeit des Erzherzog Otto von Österreich ch. Storthings zum Zusammenwirken mit der Regierung bei der Lösung der vorliegenden großen Aufgaben ausspricht. Der Antrag wurde mit 103 gegen 18 Stimmen angenommen. Nach dieser Abstimmung zu urteilen, die mit starker Mehrheit der Regierung das Vertrauen aus drückt, dürfte die gefürchtete Ministerkrise end gültig beseitigt sein. Spanien. * Der Ministerrat beschloß trotz aller Angriffe von feiten der Cortes an seinem Pro gramm, die Handelsverträge und Zollsätze be treffend, festzuhalten. Es werden also auch ferner an dem einmal von den Cortes ge nehmigten Zolltarif-Änderungen vorgenommen werden, falls der Abschluß der schwebenden Handelsvertragsverhandlungen solche notwendig erscheinen läßt. Rastland. *Der Zar ist mit seiner Familie von Peterhof nach Zarskoje Selo über gesiedelt. * Der kommandierende General des russischen fünften Armeekorps, Baron Mülle r-Sako- melski, ist zum zeitweiligen Generalgouverneur der Ostseeprovinzen ernannt worden. *Die Petersburger Polizei stellte fest, daß die bei dem letzten Bombenattentat ge raubte Geldsumme von rund 400 000 Rubel über Finnland per Schiff ins Ausland geschafft worden ist. In den an der finnländischen Bahn gelegenen Villenorten wurden eingehende Unter suchungen vorgenommen und einige Personen verhaftet. Balkanstaaten. * In diplomatischen Kreisen wird eine An näherung Osterreich-Ungarns an Bul garien bemerkt. So wird gemeldet, der österreichisch-ungarische Vertreter in Sofia Graf Thurn habe jüngst bei seiner Rückkehr vom Urlaube besondere Grüße des Kaisers Franz Joseph an den Fürsten Ferdi A Paul unä Paula. 2j Novelle von Helene Stökl. «Fortsetzung.) Konstantin konnte selbst den Eindruck nicht begreifen, welchen der Jüngling trotz seines ab lehnenden Benehmens auf ihn gemacht hatte. Gehörte er selbst doch, wie er sich nur zu wohl bewußt war, nicht zu den Menschen, welche sich schnell anschließen und leicht Bekanntschaften an knüpfen. Sein von Natur ernstes Wesen, Er fahrungen und Enttäuschungen, die keinem er spart bleiben, der, einer fieseren Lebensanschauung hingegeben, die Höhe des Lebens erreichte, hatten ihn zurückgezogen gemacht und auf sich selber an gewiesen. Seine Mutter war vielleicht das einzige Wesen, dem er eineu vollen Einblick in sein Denken und Fühlen erlaubte. Bor ihr lag sein Herz ganz offen undfaltenlos da, sie kannte seine geheimsten Wünsche und auch das leise Sehnen seines Herzens, das selbst ein reich- bewegtes Leben und sorgenfreie angenehme Lebensverhältnisse bisher nicht zu stillen vermocht hatten. Er war der Sohn eines Gutsbesitzers, welcher die reichen Mittel, über die er zu ge bieten hatten, zu einem freundlichen Aufbau keines Lebens und einem heiteren Genüsse des selben verwandte und seine liebste Aufgabe in der sorgfältigen Erziehung seines Sohnes sah. Die künstlerische Anlage, welche sich schon früh bei demselben zeigte, erfüllte ihn mit freudigem Stolze und er tat alles, dieselbe zu fördern. Seine Ausbildung wurde auch dann nicht unter brochen, als ein unerwartet früher Tod den Vater den Seinen entriß. Seine Mutter verwaltete die Güter in so umsichtiger und einsichtsvoller Weise, daß Kon stantin, nachdem er die Kunstakademie verlassen hatte, nicht gezwungen war, immer auf seiner Besitzung zu verweilen, sondern seiner Neigung, auf größeren Reisen die Wett kennen zu lernen, in der beruhigenden Zuversicht folgen konnte, Haus und Hof in den besten Händen zurück- zulafsen. So hatte er die letzten zehn Jahre seines Lebens bald daheim bei der Mutter, bald auf Reifen zugebracht, seine Kunst, die er nicht eben um des Gewinnes willen auszuüben brauchte, mit reiner Begeisterung pflegend. Jetzt beab sichtigte er, über Triest und Venedig nach Italien zu reisen, das Land ganz nach Belieben zu durchstreifen, überall da verwettend, wo sich ihm Gelegenheit bot, Skizzen zu entwerfen die er dann später in der Stille seines heimatlichen Lebens auszuführen gedachte. Zu den Punkten, die ihm von früheren Reisen noch in der Erinnerung standen und die er deshalb wieder auffuchen wollte, gehörte Schloß Duino, dessen Verwalter ihm befreundet wm. So sehen wir ihn einige Tage später auf der Fahrt dorthin in einer Barke, deren Segel in ein zeltartiges Dach verwandet wm, das die Strahlen der fast senkrecht Hernieder scheinenden Mittagssonne abhielt und doch der frischen Seeluft von allen Seiten freien Zutritt gestattete. „Wann werden wir in Duino ankommen? wandte er sich an einen der Schiffer, der eben das Ruder sinken ließ, um einen forschenden Blick auf das Meer und den Himmel zu werfen, nand überbracht. Auch scheint man in Wien grundsätzlich geneigt zu sein, im nächsten Handels verträge das lange ersehnte Übereinkommen, die Vieheinsuhr betreffend, zuzugestehen. * Die serbische Skupschtina hat den Handelsvertrag mit der Türkei ein stimmig angenommen. Amerika. * Der Mini st errat der argentini schen Republik beschloß, im Kongreß eine Vorlage über Vergrößerung des Hafens von Buenos Aires einzubringen. Afrika. * Aus Marokko kommen wieder günstigere Nachrichten. Nach Meldungen aus Tanger herrscht in der Umgegend der Stadt Ruhe, da die Ein geborenen, die vernommen haben, daß Frank reich und Spanien Truppen landen werden, wenn die Sicherheit von Tanger bedroht würde, solchen fremden Eingriff vermeiden wollen. Man hofft, daß mit dem Beginn der Feldarbeiten verhältnismäßige Sicherheit eintreten wird. Dreizehn von Raisuli gesandte Gefangene sind unter starker Bedeckung in Tanger eingetroffen. Australien. *Die Regierungen von Australien und Neuseeland stimmten nach langem Zögern dem Abkommen zu, das Frankreich und Eng land bezüglich der neuen Hebriden (Errichtung einer gemeinschaftlichen Kohlenstation) geschlossen haben. Staatskauskaltssorgen in Frankreich. Die Weigerung des bisherigen Finanz ministers Poincarö, auch dem Ministerium Clemenceau anzugehören, war, wie die ,Schl. Ztg/ schreibt, mit dem Beschlusse der Budgetkommission der zweiten Kammer begründet, die Poincarö- schen Vorschläge für Sanierung des Budgets zu verwerfen und ein „Budget des Scheins" auf zustellen, dessen Einnahmen über Gebühr hoch, dessen Ausgaben gleichsfalls über Gebühr niedrig veranschlagt werden sollen. Das Budget Poincar^s stellte das Erfordernis für 1907 mit 4010 Millionen Frank fest, während es für 1906 mit 3709 Millionen Frank bewilligt worden war; von einem Jahre zum andern ist es um volle 301 Millionen Frank gestiegen. Davon rühren 81 Millionen Frank von neuen Staatsausgaben her, die mehrere jüngst verab schiedete sozialpolitische Gesetze — wie das über die Fürsorge für Greise und Kranke — nach sich ziehen. 215 Millionen Frank stellen Forderungen des Kriegsministers dar, darunter 193 Millionen Frank, die im laufenden Jahre zur Vervollständigung der Kriegsausrüstung ausgegeben worden sind, ohne daß die Volks vertretung sie bewilligt hätte. In den folgen den Jahren wird eine Einschränkung des Auf wandes in bescheidenem Maße vielleicht beim Heereserfordernis möglich sein; dafür wird die Flotte sehr große neue Ansprüche stellen, und die sozialpolitischen Gesetze werden schon im Jahre 1908 einen weiteren Mehraufwand von 91 Millionen Frank nötig machen. Im Vor anschläge für 1906 wurde das Gleichgewicht auf dem Papier nur mit Hilfe von 93 Millionen Frank außerordentlicher Einnahmen (Reuten- und Schatzscheinausgabe und chinesische Ent schädigung für den Kriegszug gegen die Boxer) hergestellt, die sich 1907 nicht wiederholen. Die Einnahmen vermindern sich überdies durch Herabsetzung der inländischen Briestaxe und der Fahrradsteuer und durch die Steuerbefreiung der Hausbrenner um rund 53 Millionen. So mit ergab sich ein Fehlbetrag von rund 475 Millionen, den Poincard zu decken hatte. Er nahm nun an, daß die Einnahmen infolge ihrer regelmäßigen Zunahme etwa 122 Millionen mehr als im laufenden Jahre betragen werden und wollte durch Steuererhöhungen und neue Steuern 109,5, durch eine Anleihe 244 Millionen erlangen. Der Ausschuß der Kammer be zifferte durch allerhand Rechenkunststückchen das durch Anleihe zu deckende Defizit nur auf 62 Millionen, lind dabei erfordern die sozial politischen Pläne der Regierung weitere enorme Opfer. Es gehört der ganze Optimismus um ein paar Worte mit seinem Gefährten zu wechseln. „Ich fürchte, eher als uns lieb ist." „Wie meint Ihr das?" „Ich denke, die Bora kommt, wir müssen das Segel aufspaunen k" »Die Bora?" wiederholte Konstantin lebhaft und blickte voll Interesse um sich. Eben noch war der Himmel strahlend rein und die Oberfläche des Meeres spiegelglatt ge wesen, jetzt aber kamen vom Karst her dunkle Wolken gezogen und das Meer begann plötzlich, ohne daß man einen Luftzug wahrnehmen konnte, unruhig zu werden und sich mit weißem Schaum zu bedecken. Und kaum war es den Schiffern gelungen, das luftige Dach der Barke wieder zum Segel zu verwandeln, als der Wind einherjagte, ur plötzlich und gewaltig wie ein wildes Roß, das sich von der Herrschaft des Reiters bestell hat. Wo er das Meer mit seinem Atem anblis, ward es zur kochenden, schäumenden Flut. Wie in jähem Schrecken bäumte sich das kleine Boot hoch auf, um dann in wilder Flucht Vor dem Winde dahinzuschießen. „Laßt uns nach Miramara zurückkchren!" rief Konstantin durch das Heulen des Windes dem ihm zunächst stehenden Schiffer zu. „Wir find noch nicht weit davon entfernt!" „Gegen die Bora zu kämpfen wäre ver gebliche Mühe. Es bleibt uns nichts übrig, als so schnell wie möglich die Felsen von Duino zu erreichen zu suchen, dort sind wir geborgen." „Mrd wohl das Boot dem Winde stand haften?" fragte Konstantin. eines Caillaux dazu, sich mit solchen Budget künsten zu identifizieren. ^on und fern. Eine dem Untergange geweihte Fischer- flotte scheint nach dem ,B. L.-A.' die Seefischer flotte der Unterelbe zu sein. Sie ist die letzte, welche als Kleingewerbetreibende gegenüber den großen Hochseefischerei-Gesellschaften den Hochsee- sischfang betreibt. Die Regierung ist durch die Vermittelung des deutschen Seefischerei-Vereins andauernd bemüht, diese Flotte, welche besonders in den letzten beiden Jahren so schwer vom Schicksal verfolgt worden ist, durch reichliche Unterstützungen vor dem gänzlichen Verfall zu bewahren. Die Flotte umfaßte im Jahre 1837 noch 275 Hochseefischerkutter, doch war bis zum Jahre 1897 die Zahl bereits auf 232 gesunken, und gegenwärtig bilden nur noch 160 Fahrzeuge die deutsche Segelseefischerflotte. Seit dem Jahre 1882 hat sie 106 Fahrzeuge durch spurloses Ver schwinden in See und durch Strandungen ver loren, und es haben hierbei über 200 Menschen ihren Tod in den Wellen gesunden. Der Feldmarschall als Kartoffel arbeiter. Kurze Zell, ehe Feldmarschall Graf Häseler sich vom aktiven Dienst zurückzog, wollte ein früherer Untergebener, höherer Offizier, ihm auf seinem nahe Berlin gelegenen Gute Harnekop einen kurzen Besuch machen. Er kommt hin, der öffnende Diener bedauert, ihn nicht melden zu können, da Se. Exzellenz auf dem Felde sei. Der Besucher will nicht gern die Fahrt umsonst gemacht haben, nimmt auch an, daß der Gutsherr nach einem Besichtigungsgange in absehbarer Zeit zurückkommen müsse und will Watten. Da meint der Diener halb verlegen, Exzellenz würde kaum vor Wend heimkehren. „Nun gut, so werde ich ihn auf dem Felde aufsuchen." Er läßt sich einigermaßen, zuiecht weisen und geht querfeldein auf einen Kartoffel acker, wo er schon von weitem die Leute, in der Reihe gebückt stehend, Kartoffeln „buddeln" sieht. Er kommt näher, da erblickt er mitten in der Reihe eifrig arbeitend Se. Exzellenz den Herrn Grafen! Die Begrüßung ist liebens würdig wie stets, aber kurz, denn, so erklärt Graf H., jetzt ist keine Essenspause, lind so arbeitet er fort während einer kurzen Unter haltung. Es stellt sich nun heraus, daß die Arbeiter tags zuvor um Lohnerhöhung ein gekommen waren, und daß Graf Häseler erklärt hatte, erst müsse er wissen, ob die Arbeit in der Tat so schwer sei, um die Erhöhung zu recht- fertigen. Und so war er am Morgen mit hinausgezogen auf das Feld, in Reih und Glied arbeitend, Pause machend nur, wenn seine Arbeiter Pause machten, sein aufs Feld ge brachtes Essen verzehrend, wenn die Arbeiter aßen. Den ganzen Tag hatte er die ungewohnte schwere Arbeit mit durchgehalten, um abends zu erklären: „Ja, ihr habt recht, es ist schwer, die Lohnerhöhung wird bewilligt." Zu dem schrecklichen Vorfall im Wolfskäfig in Halle a. S. wird gemeldci, daß der zweijährige Knabe Wuttig nunmehr gestorben ist. Wie sich das entsetzliche Unglüa zugetragen, weiß niemand genau. Das Kind wird wahrscheinlich in der Nähe des Käfigs ge spielt haben. Der Wolf hat es an die Eiien- stäbe herangezogen und die Arme fast bis zu den Achseln abgefressen. Oder das Kind M zutraulich an den Käfig herangetretcn und Hai mit den Händchen das Tier streicheln wollen. Die Mutter hatte eine Besorgung gemacht, und als sie nach einer Viertelstunde wieder zuriw- kam, fand sie ihren Liebling ohne Anne im Blute vor dem Käfige liegen. Daß der Kleine keine Angst vor dem Untier hatte, ist erklärlich, denn die Mutter fütterte regelmäßig die Tiere der Versuchsstation, und oft wird das Kind wi der Mutter vor den Käfigen gestanden haben. Seit mehr als dreißig Jahren hält die Ver suchsstation die verschiedensten Tiere, und noch nie ist irgend etwas passiert. Als das Kind mit dem Krankentransportwagen fougebrachl wurde, . war es bei vollem Bewußtsein. Ler Vater tröstete es noch und sprach ihm lieb zu, und auf dem ganzen Transporte in die Klinik verharrte der Kleine ruhig in seinem Schmerze. Der Schiffer lachte. „Das hat schon Ägercs mitgemacht." Konstantin wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Meere zu. Wie wühlte der Wind die Wellen auf, daß sie in wildem Aufrubc hastend und jagend einander überstürzten und überholten! Wie peitschte er die schweren Wolken am Himmel dahin, bis sie zerrissen und flatternd heruiederhingen! Die vielen Schiff« und Boote, welche eben noch so ruhig das Meer durchzogen hatten, waren wie weggefegt- Sie hatten eisig den schützenden Hafen von Tuest aufgesucht oder waren in der Bucht von Maggia verschwunden. Nur ein einzelnes kleines Segelboot kämpfte nicht weit von ihnen ebenfalls mit den Wellen. „Die wollen auch nach Duino!" rief der Schiffer Konstantin zu. Wie zwei Möven, die der Geier jagt, flogen die kleinen Boote über das Wasser dahin, dem altersgrauen Schlöffe zu, das sich fest und trotzig aus dem Wellengebraus zu seinen Füßen auf seiner einsamen Klippe erhebt. Jetzt nahten sie den Felsen und schoflen mitten in die Brandung der Wellen, welche hier in ewigem Kommen und Gehen mit dumpfem Brausen an dem scharfkantigen Gestein zerschellen. Der weiße Gischt sprang hoch an den Fahr zeugen in die Höhe und überschüttete die darin Sitzenden mit seiner salzigen Flut. Schon aber hatten sie den kleinen von Steinmauern um gebenen Hafen erreicht und tanzten auf den hier nur mäßig erregten Wellen. Vom Ufir aus warf man ihnen Stricke zu und zog die Boote daran ans Land.
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