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Dit „Vttcndoifer Zeitung" »scheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen t,20 Mark. Annahme von Inseraten bi» vormittag z« Uhr. ^Inserat« werden mit io Pf für dir Spattzeile berechn« TabellartscherZSatz nach besonderem Tarif Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von Hermann Rühl« in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla Nr. 130. Sonntag, den 28. Oktober 1906. 8. Jahrgang. jngs- Weu « 1». chrer- Herr <n cmstr. !N Mg. besonder» ;eniert. l 3 Stdn de. Der i erteilt: :r Saal cricht er- M, raße 1. Innerhalb der nächsten 14 Tage findet behufs einer gemeinsamen Uebunz der Freiwilligen Feuerwehren OttenäorL und Ouunsrsäort eine Alarmierung statt. Um eine Beunruhigung der hiesigen Einwohnerschaft und der der Nachbarorte zu ver meiden, wird dies hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Otteväork-AloritLäork und Ouunersäork, am 26. Oktober 1906. Die Gemeindevorstände. Oertliches und Sächsisches. Vttcndorf.Dkrilla, den rr. Oktober Mtz. — Wegen des bereits begonnenen Kon- bnnandenunterrichts werden Eltern oder Pfleger der Konfirmanden darauf aufmerksam gemacht, daß beim Beginn des Vorbereitungöunterrichts die Tausbescheinigung oder eine mit der Tausbescheinigung versehene standesamtliche Geburtsurkunde dem betreffenden Geistlichen einzuhändigen war. Für diejenigen Konfirmanden, die nicht im Besitze der Taufbescheinigung sind ist diese seitens der Eltern oder Pfleger baldigst von der betreffenden Kirche zu er bitten. Ungetanste Kinder werden zur Konfir mation nicht zugelassen. — Das Wiedersehen der Gräfin Montignoso Mit ihren beiden ältesten Söhnen, den Kron prinzen Georg und dem Prinzen Friedrich Christian von Sachsen trug das Gepräge -roß-r Herzlichkeit und alles ist durchaus günstig verlaufen. Die Gräfin hat sich er freulicherweise mit Rücksicht auf die Kinder lehr zu beherrschen gewußt. Das Wiedersehen mährte von vormittags 9 bis 11 Uhr, also jivei Stunden. Schon vor der festgesetzten Feit schauten die Prinzen wiederholt an gelegentlich zum Fenster hinaus, bis endlich Pferdegetrappel den nahenden Wagen dw Mutter verkündete. Die Gräfin hatte zu Hrem einfachen dunklen Kostüm Federhut und hrrmeltnboa angelegt, Ihre Mutter, eine Heine, rundliche Dame folgte Mit der Prinzessin Anna Monika Pia. Das erste Wiedersehen Mar tiefergreifend, aber bald war eine frohe Ttimmung hergcstM und viele, viele Fragen MurdeN gestellt und beantwortet. Mit der Familie de« sächsischen Gesandten Freiherrn von Friesen vereinigte man sich zum gemein samen Frühstück«. Die Zeit des Zusammen lein» wurde bis zum letzten Augenblicke auS- genutzt. Dann erfolgt« der Abschied kurz und lnnig. Hierauf kehrte die Gräfin in ihr Hotel jurück. Al« sie, begleitet vom Gesandten, in ber Haustür erschien, wehten ihr Frauen mit bem Taschentüchern entgegen, und Männer schwenkten die Hüt« wobei „Hochl" gerufen Murde. Die Gräfin lächelte und dankte, ihre Mutter brach glückselig in Tränen aus. Un- Mittelbar nach der Abfahrt der Mutter kamen b>k Prinzen mit verweinten Augen herunter vnd fuhren nach dem Bahnhöfe, um die Aeise nach dem Süden zu ihrem Vater und jur Hochzeit ihres Onkels fortzusetzen, Sie Machten einen Umweg, um am Hotel der Mutter vorbeizukommen, und sahen hinauf, vhne indessen die Mutier zu erblicken, die von ihrem Vorbeikommen wohl keine Kenntnis hatte. — Der Elbeverkehr hat im Vergleich mit vK gleichen Periode des Vorjahres allerdings ^genommen, doch ist dies nicht so sehr eine Folge des Ausstandes, sondern auf den ganz bedeutenden Waggonwaage! zurückzusühren, der sich noch in keinem Herbst so stark fühlbar lachte, wie gerade Heuer. Am Mittwoch vcr- ivgte beispielweise die Aussig-Teplitzer Eisen bahn nicht einmal über 100 freie Waggons, lsvb Kohlenwerke, die in normalen Zeiten weit . igo Waggons im Tage fördern, mußten mit der Beistellung von 5 (!) Waggons ' "Gnügen. Dagegen ist bisher noch immer . M Mangel an Kahnraum eingetreten und I Zuzug der Fahrzeuge ist bisher ganz I vormal, der den Anforderungen jederzeit zu entsprechen in der Lage ist. Die Wirkung deö Schifferstreiks macht sich in Berlin in schwer schädigender Weise auf den Betrieb hiesiger industrieller Etablissements gellend, die ihre Rohmaterialien aus dem Wasserwege beziehen. Die größeren Transportgesellschaften, deren Schiffe auf Elbe, Havel und Spree fahren, nehmen seit vier Tagen keine Güter mehr an. Sie sind aber auch nicht in der Lage, ihre Schiffe zu entladen. Diese müssen mit der vollen Ladung unter Bewachung vorläufig liegen bleiben. So liegen viele Schiffe mit Kohlen- und Holzladungen, Baumaterialien, mit Eisen, Draht, Kupfer, Schienen, Well blech auf der Spree und der Havel. — Funkentelegraphie ohne Funken. Die drahtlos- Telegraphie wird von den deutschen Behörden, der Post sowohl als dem Heer, als Funkentelegraphie bezeichnet. Man hat daraus die Worte Funker, Funkenstation, Funkenspruch usw. gebildet. Dieser Sprechbildung scheint ein eigentümliches Geschick beschieden zu sein. Sie wird in absehbarer Zeit garnicht mehr zu treffen. Die Erfindung der Verwendung von ungedämpften Wellen bei der drahtlosen Telegraphie wird nach der Ansicht der Fach leute dazu sühreu, daß man von der Ver wendung von Funken ganz absieht. Die Funkentelegraphie wird also eine Telegraphie ohne Funken werden. Es ist auch nicht ein- zusehen, warum die gangbare und zutreffende Bezeichnung drahtlose Telegraphie nicht von den Behörden gebraucht werden soll. Wie die Funkentelegraphie ist das Wort zur Hälfte deutsch. In allen Kultursprachen wird die drahtlose Telegraphie als solche bezeichnet. Sie ist auch die glücklichste und anschaulichste Be zeichnung. Das ist eben das Neue und Ver blüffende an der Erfindung, daß die Stationen ohne Leitung, ohne verbindenden Draht mit einander sprechen können. Daß bei der Her stellung drahtloser Stationen auch Drähte zur Verwendung kommen, isi ganz nebensächlich. Die Sprache benutzt bei der Namengebung das am meisten in di« Augen fallende Merk mal. Man denke z. B. nur an zahlreiche deutsche Tiernamen. Es handelt sich durchaus nicht darum, eine Art von philosophischer Wesensbestimmung zu geben, wie das den Behörden vorgeschwebt zu haben scheint. Das Wort drahtlos läßt zudem eine Reihe von Satzbildungen als Adjektiv oder Adverb zu. — Ueber die Beförderung der Unteroffiziere im Frieden sind neue Bestimmungen in Kraft getreten, die die soziale und wirtschaftliche Lage der Unteroffiziere wesentlich verbessern. Unter Gewährung der höheren Gebührnisse dürfen nach 5 jähriger Dienstzeit in etatsmäßigen Stellen befindliche Unteroffiziere zu Sergeant n befördert werden. Nach 9 jähriger Dienstzeit dürfen in etatömäßigen Stellen befindliche Sergeanten zu Vizefeldwebeln oder Vizewacht meistern ernannt werden. Von den in der Kompagnie mit der Waffe dienenden Sergeanten darf jedoch nur je einer zum Vizefeldwebel oder Vizewachtmeister befördert werden. Den Sergeanten, die infolge dieser Beschränkung von der Beförderung ausgeschlossen bleiben, dürfen die höheren Gebührnisse gewährt werden. Ohne Gewährung der höheren Gebührnisse dürfen nach neunmonatiger Dienstzeit Einjährig- Freiwillige Gefreite, die sich besonders aus- zeichnen, zu überzähligen Unteroffizieren ernannt werden. Dresden. Tödlich verunglückt ist am Freitag vormittag in der Anton Reicheschen Blechwarenfabrik in Dresden Plauen der 19 jährige Klempner Maucksch- Er kam beim Putzen einer in Betrieb befindlichen Schnell presse ins Getriebe, als er im Begriffe stand, den Putzlappen aus der Presse zu entfernen. Der Kopf wurde ihm völlig zerquetscht. — Ein Lastführer, der mit seinem Geschirr Steine nach dem Rathausneubau brachte, wurde am Freitag früh von seinem Wagen an eine Wand gedrückt. Dabei wurde ihm der Brustkorb zerquetscht. Der Tod trat sofort ein. — Am 20. d. M. ist hier in der Person des 27jährigen Kellners Max Emil Wehder aus KattmarSdorf ein äußerst gefährlicher Fahrraddieb ermittelt und festgenommen worden. Bis jetzt sind ihm 10 Fälle nachgewiesen worden. Er ist auch geständig. Räder erlangt oder wenigstens dazu den Versuch gemacht zu haben. In seinem Besitze wurden außerdem 5 unechte Ringe vorgefunden, die er zu Geschenkzwecken gekauft haben will. «Man glaubt jedoch, daß er derartige Ringe als echte verkauft und somit auch Betrügereien verüb! hat. Deuben. Im angetrunkenen Zustande be drohte am Mittwoch der Fabrikschneider Nitzsche seine Gattin mit Totschlag, worauf sich diese aus der Wohnung entfernte. In der Nacht zum Donnerstag hat Nitzsche dann seinen Leben durch Erhängen ein Ende gemacht. Pulsnitz. Mittwoch vormittag brach in dem an der Ecke des Obermarktes gelegenen Wohnhaus- des Herrn Liebscher ein Schaden feuer infolge Essendefekts aus. Das Grund stück ist vollständig niedergebrannt. Durch Einsturz einer Giebelwand kamen drei Feuer wehrleute zu Schaden. Ein Riemermeister Urban erlitt einen Armbruch und zwei Nippen brüche. Kupferschmiedemeister Hofmann erlitt einen Schlüsselbein- und Kniescheibenbruch; ebenfalls schwer verletzt wurde der Böttcher- qeselle Wilhelm- Der Besitzer des Grundstücks der versichert hat, war während des Brandes nicht anwesend Kamenz. Der Mörder Schilling wurde am Freilag früh von zwei Beamten der Dresdner Staatsanwaltschaft aus Kamenz ab geholt und mit dem Zuge 8 Uhr 43 Minuten nach Dresden gebracht, wo er in das Unter suchungsgefängnis des Kgl. Landgerichts ein geliefert wurde. Plauenschen Grund. Im Carolaschachte wurden die Bergleute Burgstein aus Nieder- häßlich und Köhler aus Deuben durch nieder gehende Kohlen derart schwer getroffen, daß der erstere sofort tot war, der letztere gefährliche Verletzungen am Kopf davontrug. Strehla. Havarie erlitt der mit Ziegeln beladene Kahn des Schiffseigners Herrn Krippstädt aus Coswig (Anhalt), welcher einen ihm entgegenkommenden Kahne ausweichen wollte und dabei auf den Heger bei Kreinitz geriet und fcstsaß. Nach Ableichterung von 1020 Zentnern konnte der Kahn wieder flott gemacht werden und seine Fahrt fortsetzen. Lommatzsch. Ein seltsames Jagdglück widerfuhr dieser Tage einem Gutsbesitzer in Zöthain bei Lommatzsch. Er hatte ein Jltis- eisen aufgestellt, und als er am frühen Morgen nachsah, hatte sich ein prächtiger aus gewachsener Iltis gefangen. Das Eisen wurde wieder ausgestellt und zu Mittag hatte sich ein kräftiger entwickelter — Junge im Alter von 5—6 Jahren derart gefangen, daß er nicht ohne Hilse freikommen konnte. Das ver hängnisvolle Fangeisen war aber mit diesen Opfer noch nicht zufrieden, sondern fing am Abend noch eine starke Ziege. Mehr kann man von einer guten Falle nicht verlangen. — Beim Rangieren ist in Lommatzsch der Weichenwärter Lüder verunglückt. Er hat sich beim Ankoppeln eines Gepäckwagens an die Lokomotive erhebliche Quetschungen zugezogen. Reichenau. Durch unvorsichtiges Umgehen mit einer Schußwaffe ist hier der 15 jährige Spielwarenmaler Alfred Schubert verunglückt. Der jung- Mensch hatte, während er sich in der Wohnung bei seinen Eltern aufhielt, eine geladeue Flobert-Pistole in der Hosentasche. Durch irgend eine Bewegung entlud sich die Pistole und die Kugel drang dem jungen Menschen in den Unterleib. Die Verletzung ist ernstlicher Natur; Schubert wurde alsbald in eine Zittauer Klinik gebracht. Freiberg. In einem Abort der Kaserne des hiesigen 1. Jäger-Bataillons Nr. 12 wurde der Rekrut Gräser von der zweiten Kompagnie erhängt ausgefunden. Der Grund zu der Tat ist bisher unbekannt geblieben. Gräser stammte aus Jüdenhein bei Zwickau und war von Beruf Bergarbeiter. Hohenstein-Ernstthal. Der nach Unter schlagung von 6000 Mark flüchtig gewordene Buchhalter Beckmann vom Lungwitzer Elektritäts- werk befindet sich nach einer hierher gelangten brieflichen Nachricht seit einiger Zeit in New- York. Grimma. Von d-m früh einhalb 5 Uhr von Engelsdors nach Döbeln — Dresden ver kehrenden Güterzuge hat sich am Donnerstag zwischen Großsteinberg und hier ein aus der Nervenheilanstalt Erdmannshain entwichener Lehrer überfahren lasten. Der Unglückliche war sofort tot. Aus dem Vogtlands. Großen Schaden erleiden Heuer die vogtländischen Obstzüchter durch die starke Zunahme der Eichhörnchen. Die flinken Tierchen wagen sich selbst am Hellen Tage in die in der Nähe des Waldes gelegenen Obstgärten, sowie auf die an den Land- und Staatsstraßen stehenden Aepfel- und Birnenbäumen, beißen die Früchte durch und fressen die Kerne heraus, während sie das übrige zu Boden fallen lasten. Man kann sich der gefräßigen Tiere nur dadurch erwehren, daß man auf sie schießt. Auch die Krähen plündern die Früchte der an den Straßen stehenden Obstbaume. vrk Käuberbaupimann von Köpenick verdaliel! Der Räuber der Köpenicker Stadtkaffe, der am Freitag morgen verhaftet wurde, ist ein in Tilsit geborener 57 Jahre alter Schuhmacher Wilhelm Voigt. Er ist dreimal wegen Dieb stahls mit Gefängnis und einmal wegen schwerer Urkundenfälschung mit 7 Jahren Zuchthaus und zuletzt wegen Einbruchs in die Gerichtskaste za Wongravitz vom Schwur gericht in Gnesen mit 15 Jahren Zuchthaus bestraft worden. Am 1. Februar d. I. wurde er aus der Strafanstalt entlasten und unter Polizeiaufsicht gestellt. Er hielt sich zuletzt in Wismar aus und kam von dort im Juli nach Berlin. Zunächst wohnte er in Nixdorf bei seiner dort wohnenden Schwester und Braut und zog dann nach der Langen Straße in Berlin, wo er am Freitag früh von zwei Berliner, einem Magdeburger und einem Hannoverschen Polizeikommistar, die sich gegen wärtig in Berlin befinden, verhaftet wurde. Er hatte in der Langenstraße unangemeldet bei einem Zeitungshändler gewohnt. Hier wurde Voigt von Polizeibeamten beim Frühstück an getroffen. Man fand bei ihm noch zwei Tausendmarkscheine und den eingcristenen 50-Markschein vor, Es ist festgestellt worden, daß Voigt niemals Soldat gewesen ist. Voigt erklärte beim Verhör, nach seinen Grundsätzen brächte er es nicht übers Herz, einer Privat person auch nur einen Pfennig wegzunehmen. Das eine große Sache mit Soldaten am leichtesten zu machen sei. daran habe er nie gezweifelt. Mit einer Uniform ausgerüstet und auf eine militärische Macht gestützt mache er alles, auch noch mit ganz anderen Leuten als dem Bürgermeister und den Kaffenrendanten von Köpenick.