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Das Schicksal des SvionS. Nus Liegnitz wird gemeldet, das, der während der Kaiser manöver wegen Verdacht der Spionage ver haftete ehemalige österreichische Offizier Paul Bartmann demnächst nach Berlin und später nach Leipzig gebracht werden wird. Sechs Arbeiter verunglückt. In der neunten Kruppschen Kanonenwerkstätte stürzten bei der Aufstellung eines Laufkrans sechs darauf stehende Arbeiter ab und fielen auf Metallstücke. Zwei von den Leuten wurden schwer, die übrigen weniger gefährlich verletzt. Explosion. In der Reparaturwerkstatt des Kaufmanns Bendix zu Herne zündeten zwei Mechanikerlehrlinge Karbidgase mit einem Streich holz an. Die Folge war eine heftige Explo- kion, durch die sämtliche Fenster eingedrückt und andre Sachen stark beschädigt wurden. Die Lehrlinge wurden an Händen und im Gesicht erheblich verletzt. * X Ein merkwürdiges Kalb gestohlen. Ein sonderbarer Diebstahl beschäftigt zur Zeit die Polizei in Ludwigshafen in der Pfalz. Einem Merkwürdigkeitenbesitzer, der in einer dortigen Herberge vorübergehend Aufenthalt ge nommen hatte, wurde ein Kalb mit zwei Köpfen, sechs Beinen, vier Augen, vier Ohren und zwei Schwänzen gestohlen, das er in einem Behälter mit Spiritus aufbewahrte. Das seltene Objekt stellt einen Wert von 900 Mark vor. In dem Diebe wurde bald darauf der Schuhmacher Nikolaus aus Pirmasens fest gestellt, dessen Verhaftung aber bisher nicht er folgen konnte, da er mit der Diebesbeute flüchtig gewordeu ist. X Von einem Gendarmen erschossen wurde der Arbeiter Boratski in Ars a. Mosel, der durch den Ortsgendarmen Hilkenmeyer ver haftet werden sollte. Als der Beamte zur Ausführung seines Auftrages die B.sche Wohnung betrat, wurde er von B., seiner Mutter und seinen Freunden überfallen. Der Gendarm wollte nun von seinem Seitengewehr Gebrauch machen, es wurde ihm aber entrissen. Als die wiederholte Drohung, bei weiterem Widerstande zu schießen, keinen Erfolg hatte, gab er zwei Schüsse ab, von denen der zweite dem Boratski in den Unterleib drang, so daß der Getroffene bald darauf an den Folgen der schweren Ver letzung verstarb. Nach allgemeiner Annahme war das Vorgehen des Gendarmen durchaus gerechtfertigt, da er sich in der Notwehr befand. Ein schweres Grubenunglück ereignete sich in der Gräfin-Saura-Grube (O.-Schlesien). Hier wurden beim Pfeilerabbau fünf Bergleute durch Zusammenbruch von Kohlenmassen ver schüttet. Zwei der Verunglückten wurden schwer verletzt bald zutage gefördert. Von den übrigen drei Bergleuten wurden zwei tot nach oben gebracht. Unfall des Erzherzogs Rainer. Erz herzog Rainer, der den Herbst in Baden bei Wien zubringt, machte einen Spazierritt in der Weilburgstraße. Als ihm ein Automobil ent- gegenkam, scheute und bäumte sich das Pferd. Erzherzog Rainer stürzte aus dem Sattel auf die Straße, blieb aber unverletzt. Der Erz herzog erhob sich sofort, bestieg mit Hilfe des Stallmeisters das Pferd wieder und ritt zurück in seine Villa. Erzherzog Rainer steht im sio. Lebensjahr. Vor zehn Jahren ist Erz herzog Wilhem in Baden gleichfalls in der Weilburgltraße durch den Sturz vom Pferde ums Leben gekommen. Ein Kinderwagen-Blumenkorso. Als willkommene Neuheit im Pariser Straßenleben begrüßte das Publikum die durchaus gelungene Veranstaltung des ersten Blumenkorsos. Form und Schmuck der von Ziegen, Ponies und Hunden gezogenen Wagen boten allerliebste Überraschungen. An der Preisverteilung der aus den Korso folgenden Blumenschlacht be- 'eiligten sich die putzigen Wageninsaffen mit ' Eifer und Bravour. Vanderbilt-Automobilrcnnen. In dem Rennen um den Vanderbilt-Goldpokal, das auf Long-Island bei New Jork stattfand, siegte der Franzose Wagner, der von der ersten Runde an auf seinem Darracg-Wagen die Führung hatte. Er erhält demnach als Preis den berühmten Vanderhilt-Becher. Seine Durchschnittsgeschwin- bigkrit war weniger als eine Minute "die eng ¬ lische Meile, trotzdem die Bahn zahlreiche ge fährliche Kurven und Biegungen aufwies. Der Deutsche Jenatzp ging auf seinem Mercedes- Wagen als Fünfter durchs Ziel. Beim Rennen wurden zwei Personen getötet und zehn andere verletzt. Über 300 000 Personen hatten sich auf Long Island eingefunden, um dem Aus trag der großen Konkurrenz beizuwohnen. An dem Rennen nahmen fünf amerikanische, fünf französische, fünf italienische und zwei deutsche Wagen teil. SericktskaNe. Breslau. Die Verhandlung im Prozeß des Flaschenspülers Biewald, dem bei den Krawallen die gleiste aus ungeklärtem Anlasse ein dichtbesetzter Schnellzug und begrub eine große Anzahl von Passagieren unter seinen Trümmern. Die dichte Finsternis der Herbstnacht verhüllte furchtbare Schreckensszenen; Hilferufe, Wehklagen und wilde Verzweiflungsschreie erfüllten die Dunkelheit und bezeichneten den hilfsbereiten Nettem die Stellen, an denen verstümmelte Menschen in ihrem Blute namenlose Qualen litten. Sieben Passagiere wurden von ihnen tot unter den Trümmern hervorgezogen, an 50 wurden verwundet, 25 davon so schwer, daß ihr Aufkommen be zweifelt werden muß. Der in Rom ansässige deutsche Maler und Radierer Reder befand sich in dem fünften Waggon des entgleisten Schnell zuges. Seiner, Erzählung von dem Unglück Sterne. Da begann es auch schon zu winseln und zu schreien, zu beten und zu fluchen — nicht aus seinem Abteil, sondern aus allen Richtungen rings um ihn her. In seinem Ab teil rührte sich nichts. Als er sich nun erheben wollte, fühlte er eine Handbreit vor sich die Puffer eines Waggons, der sich in sein Abteil hineingeschoben hatte. Sein Wagen hatte sich etwas nach rechts geneigt, und das war Röders Rettung. Von seinen Mitreisenden sah er nichts mehr. Aber Blut rieselte von allen Seiten auf den Boden des Abteils. Röder selbst fühlte keine Schmerzen: er konnte sich bewegen, sich aus den Trümmern retten. Dann begann das Rettungswerk: Sieben Tote zog man aus den zerstörten Wagen hervor. Ihr Anblick aber Vom Soräon-Kennett-Kennen cler m Paris. In der großen Gordon-Bcnnett-Konkurrenz in Paris starteten bekanntlich Teilnehmer aus allen Ländern der Welt. Deutschland war ebenfalls sehr zahlreich vertreten. Ebenso Belgien, Italien und verschiedene andre Länder. Als Sieger aus der Konkurrenz ging der Führer des amerikanischen Ballons Leutnant Lahm hervor. Ursprünglich war eine Wettfahrt geplant, aus der aber infolge des ungünstigen Wetters eine Dauerfahrt wurde. Auf unsern Bildern sehen wir, wie sich die Ballons zu ihrer Fahrt rüsten. rechte Hand abgeschlagen wurde, gegen die Stadt- gcmeinde Breslau, ist nunmehr aus den 27. d. vor der fünften Zivilkammer des hiesigen Landgerichts anbcraumt worden. Görlitz. Wegen Majestätsbcleidigung verur teilte die Strafkammer den 47jährigen Arbeiter Putsch- keit zu drei Jahr Gefängnis. Putschkeit ist wegen Majestätsbeleidigung schon sechsmal vorbestraft. Würzburg. Das Schwurgericht Verurteille den Gattenmörder Tagelöhner Markert von Herlheim zu 12 Jahr Zuchthaus. öekweres Eisenbahnunglück in Italien. Auf der Strecke Mailand-Rom ereignete sich in der Nacht zum Sonntag ein entsetzliches Eisenbahnunglück. In der Nähe der am Po gelegenen lombardischen Festung Piacenza ent- entnimmt der ,B. L.-A/ folgendes: „Der Schnellzug Sarzana—Rom fuhr fahrplanmäßig und dicht besetzt abends nach acht Uhr von Mailand ab. Im Abteil Röders saßen noch drei Damen, die sich lebhaft unterhielten. Da, wenige Minuten vor zehn Uhr, erfolgte ein furchtbarer Stoß. Röder erhob instinktiv die Hände, um sich vor den herabstürzenden Koffern zu schützen, als ein zweiter, noch furchtbarerer Stoß erfolgte, nach dem ein Hagel von Eisen, Glas und Holzsplittern auf ihn herniederregnete. Ein heißer Strom tropfte ihm ins Gesicht, und gleichzeitig bemerkte er, wie eine ungeheure schwarze Masse sich knirschend und prasselnd durch die gegenüberliegende Wand schob und das Dach des Waggons wie einen Pappen deckel zerbrach — dann war alles totenstill. Als sich Röder klar wurde, daß ein ungeheures Unglück geschehen war, sah er über sich die war nicht so schrecklich wie jener der 25 Schwer verletzten. Einigen von ihnen waren beide Beine abgetrennt, einigen die Arme. — Einer Dame war die rechte Hand wie mit einem Messer zur Hälfte glatt abgeschnitten, am Stumpf saß noch der Handschuh. Hilse war schnell zur Stelle und wurde umsichtig geleitet. Kuntes Allerlei. Befähigungsnachweis. „Ich glaube nicht, daß Sie, Herr Leutnant, für das ganze Leben wirkliche Befriedigung am Landleben finden werden ..." — „An Ihrer Seite, gnädigste Komteß, ganz gewiß — interessiere mich überhaupt neuerlich fabelhaft für Land wirtschaft ..." — „Wirklich, Herr Leutnant?" — „Auf Ehre, meine Gnädigste — sogar Heu fieber durchgemacht." (Fust. Bl.-) Fragen überschüttet zu werden, so sah sie sich getäuscht. Julius Löwengaard ging wohl zehn mal mit auf dem Rücken verschränkten Händen in seinem Zimmer auf und nieder, ehe er über haupt ein Wort an sie richtete, und dann sagte er nur ganz kurz: „Wie lange spielt die Geschichte mit diesem Bildhauer schon? Seit dem Künstlerfeft?" „Ich verstehe nicht recht, wie deine Frage gemeint ist, lieber Vater! Wann ich ihn lieb gewonnen habe, weiß ich selber nicht. Es kann sein, daß es auf dem Künstlerfest war. Aber ich glaube, eigentlich geschah es doch wohl erst gestern in seinem Atelier." „Wie? — Höre ich recht? — Du wärest bei ihm gewesen?" „Ja, mit Herta. Es war doch nichts Ge fährliches dabei. Sie hatte die Absicht, sich von Bruno Meinardi modellieren zu lassen, um ihrem Manne eine Geburtstagsüberraschung zu be reiten, und da mußte sie natürlich hingehen, sich mit ihm zu besprechen." Löwengaard nahm seine schweigende Wande rung durch das Zimmer wieder auf. Nun glaubte er den eigentlichen Grund des ehelichen Zer würfnisses zwischen Herta und ihrem Gatten zu kennen, nnd die Versöhnungspläne, mit denen er sich seit dem gestrigen Besuche seiner älteren Tochter unablässig beschäftigt hatte, begannen wit einem Male festere Gestalt anzunehmen. Sie waren für den Augenblick jedenfalls bei weitem das Wichtigste und für Hildes kindische Berlobungsgeschichte blieb ihm daneben keine Zeit. „Höre!" sagte er, indem er vor ihr füll und sie durch einen strengen Blick einzu schüchtern suchte. „Ich will dieser romanhaften Albernheit gar nicht erst auf den Grund gehen, weil ich hoffe, daß du auch ohne eine empfind lichere Zurechtweisung von meiner Seite dahin gelangen wirst, dich ihrer zu schämen. Es inter essiert mich also nicht weiter, zu erfahren, was zwischen dir und diesem Bildhauer eigentlich vorgegangen ist, und worin eure sogenannte Verlobung bestanden hat. Der Herr wird morgen früh erfahren, wie ich über sein Ver halten denke und welchen Unannehmlichkeiten er sich mit einem nochmaligen Annäherungsversuche aussetzen würde. Damit ist nun, wie ich hoffe, die Sache erledigt." Ein tödlicher Schrecken durchzuckte plötzlich Hildes Herz. Jetzt erst kam ihr zum Bewußt sein, zu einem wie tollkühnen Schritt das un widerstehliche Verlangen, die Ehre des geliebten Mannes vor weiteren hämischen Beschimpfungen zu bewahren, sie hingerissen hatte. Was ihr Vater da zu tun beabsichtigte, war schrecklich. Sie mußte ja vor Beschämung geradezu ver gehen, wenn er Theodor Meinardi wirklich Vor würfe machte wegen seines heimlichen Ver löbnisses, von dem der Gescholtene selbst nicht das geringste wußte. Und nun erst zitterte eine herzbeklemmende Angst in ihrer Stimme, als sie hastig fragte: „Du willst doch nicht etwa an ihn schreiben? O, ich bitte dich, tue es nicht, wenigstens nicht jetzt, nicht gleich heute! Warte wenigstens damit, bis du Gelegenheit hast, ihn näher kennen zu lernen. Er ist ein so guter, vor trefflicher Mensch. Und er ist auch ein großer Künstler, der sicherlich weltberühmt werden wird." „Nach deiner persönlichen Überzeugung, das will ich wohl glauben." „Nein, nicht nur nach der meinen, sondern auch nach der Ansicht von Leuten, die viel mehr davon verstehen, als ich. Es ist ein Geheimnis, das ich damit preisgebe, aber unter solchen Umständen darf ich es wohl vor der Zeit ver raten : er hat in der Konkurrenz um das Goethe- Denkmal den ersten Preis davongetragen." Sie war sicher gewesen, damit eine gewaltige Wirkung hervorzubringen; aber Julius Löwen gaard machte nur eine ungeduldige Bewegung mit den Schultern. „Und wenn er ein zweiter Phidias wäre, an meiner Auffassung die Sache wie an meiner Entschließung wird dadurch nicht das mindeste geändert. Schlage dir die Kinderei aus dem Sinn, wenn du willst, daß wir gute Freunde bleiben. Und noch eines, Hilde! Du hast dich vorhin beispiellos unartig gegen Cäsar benommen. Er hatte dir nicht im geringsten Anlaß zu einem so heftigen Ausfall gegeben, und er mußte sich darum notwendig tief verletzt fühlen; du wirst dich also bei ihm entfchuldigen; denn dies ist wahrlich die kleinste Genugtuung, auf die er Anspruch hat." „Nein, das werde ich nicht!" rief Hilde mit Entschiedenheit. „Wenn er sich noch einmal unterstände, ähnliche Äußerungen zu tun, würde er von mir sicher die nämliche Zurecht weisung erfahren." „Aber ich befehle dir, ihn um Verzeihung zu bitten! Es hat leider den Anschein, als ob ich dir bisher zu viel Freiheit gewährt und deinen kindischen Launen zu oft nachgegeben hätte. Nun glaubst du vielleicht, auch in ernsten Dingen deinen Willen gegen den meinigen durch setzen zu können. Aber du bist im Irrtum. Und damit du nicht länger an der Ernsthaftig keit meiner Wünsche zweifelst, sollst du schon heute erfahren, was ich dir unter andern Um ständern wohl erst später mitgeteilt hätte. Cäsar hat die Absicht, sich nach erlangter Volljährigkeit um deine Hand zu bewerben, und ich habe ihm bereits zu verstehen gegeben, daß sein Antrag sowohl bei mir als bei dir eine günstige Auf nahme finden werde. Du wirst also von heute an dein Verhalten gegen ihn so einrichten, daß es dieser meiner Erklärung nicht widerspricht." „Vater!" schrie Hilde auf, und das Entsetzen, das sich in ihren Zügen spiegelte, machte Löwen gaard doch zweifelhaft, ob er sich in der Wahl seines Mittels nicht etwa vergriffen habe. „Wenn das dein Emst ist — wenn du wirklich die Ab sicht haben könntest, mir dies anzusinnen — ehe ich dazu meine Einwilligung gebe, ginge ich tausendmal lieber ins Wasser oder in die weite Welt." Daß er in diesem Augenblick weder mit Vorstellungen noch mit Drohungen etwas gegen Hildes leidenschaftlichen Widerspruch ausrichten würde, mußte Löwengaard nun wohl einsehen. Wenn er über dies eigenwillige junge Geschöpf den Sieg davontragen wollte, mußte er sich einer andern Taktik bedienen, und es war jedenfalls besser, die zwecklose Szene zu enden, ehe Hilde zu der Erkenntnis kam, daß es eigent lich ihr Vater war, der zunächst eine Niederlage erlitten habe. »» » (Fortsetzung solgt.)